Protocol of the Session on May 20, 2005

Wenn es aber nun so ist und die Polizei in dieser Situation handeln muss – im Einsatz selbst halte ich dann die Null-Toleranz-Politik gegenüber gewalttätigen Störern für richtig, und sie wird auch künftig fortgesetzt werden.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Ich sage Ihnen auch: Solange man das tut, kann es auf die politische Gesinnung derer, die Gewalt anwenden – auch zur Störung des Versammlungsrechts, das ein hohes Grundrecht ist –, nicht ankommen. Das ist allerdings eine prinzipielle Frage.

Nun zu Berlin. Es hat zwei Vergleiche gegeben. Wieso war es am 1. Mai in Berlin so friedlich und in Leipzig so gewalttätig? Das kann ja nur an der Polizei liegen.

(Zurufe von der CDU und der PDS)

Das ist ganz einfach: Die gewalttätigen Chaoten, die sonst in Kreuzberg waren, waren in diesem Jahr in Leipzig. Das ist die Antwort.

(Klaus Bartl, PDS: Am 8. Mai!)

Soll ich Ihnen einmal etwas sagen, Herr Abg. Bartl? Es waren Mitarbeiter des Landeskriminalamtes vor Ort, die ihre ganzen schlimmen Chaoten aus Berlin wieder erkannt haben.

(Dr. André Hahn, PDS: Es waren Hunderttausende! – Zuruf des Abg. Klaus Bartl, PDS)

Jetzt will ich Ihnen noch etwas sagen: Das Verhalten der Berliner Polizei am 1. Mai der letzten zehn Jahre als Erfolgsgeschichte der deutschen Polizei zu bezeichnen halte ich auch für einen Witz.

(Zuruf von der CDU: Ja! – Zuruf der Abg. Caren Lay, PDS)

Es gibt noch einen anderen Vergleich. Der Abg. Lichdi und andere haben gesagt: Wenn es bei der großen Demonstration am 8. Mai gelungen ist, dass es gar nicht erst zum Aufzug nach der Demonstration der NPD gekommen ist, warum war das in Leipzig nicht möglich? – Das ist in der Tat eine zentrale Frage, und die Antwort ist ganz einfach: Es ist genauso erfolgt.

Genau in der Phase, in der es aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht mehr möglich war, den Worch-Aufzug ohne weitere erhebliche Störungen durchführen zu lassen, ist der Einsatz abgebrochen worden und die Teilnehmer wurden aufgefordert, zurückzukehren. Vorher war dies allerdings nicht der Fall.

Es gibt noch einen Unterschied: In Berlin gab es ein friedliches Bürgerfest, während in Leipzig insbesondere dort, wo es zum Einsatz von Wasserwerfern gekommen ist, etwa 150 Menschen eine Sitzblockade gemacht und vorher Straßensperren errichtet haben. Das ist ein gewaltiger Unterschied. Dort ist es, wenn es um diese Größenverhältnisse geht, Auftrag der Polizei, den politisch schrecklichen, aber rechtlich genehmigten Aufmarsch auf diesem Weg durchführen zu lassen. Das ist der Punkt. Als es aber dann am Roßplatz eine andere Situation gab und die Verhältnisse so waren, dass ein Weitergehen unverhältnismäßig gewesen wäre, hat sich die Polizei dort genauso verhalten wie die Berliner Polizei am 8. Mai.

Meine Damen und Herren! Trotzdem – ich will die Sache keineswegs kleinreden oder beschönigen –:

(Dr. André Hahn, PDS: Ach so?)

Neben vielen Verletzten tritt durch solche Ereignisse auch ein Rufschaden für Leipzig und den Freistaat Sachsen ein.

Vorhin habe ich noch etwas vergessen: Wie war das mit dem Volkshaus und dem Deutschen Gewerkschaftsbund? Dazu möchte ich gern etwas sagen.

Es trifft zu, dass die Demonstration Worch weit weg war von dem DGB-Haus. Es trifft auch zu, dass – jedenfalls relativ absehbar – keine Aussicht mehr bestand, dort hin zu kommen. Das Haus ist aus einem anderen Grund geräumt worden. Der DGB hatte eine Genehmigung, auf

seinem Grundstück, in seinem Garten und auf dem Bürgersteig ein Fest durchzuführen. Daran hat er sich nicht gehalten, sondern er hat die ganze Straße benutzt.

(Zuruf des Abg. Klaus Bartl, PDS)

Das ist auch rechtlich unstreitig. So weit, so gut. Nun könnte man sagen: Lassen wir fünfe grade sein und sehen angesichts der Gesamtsituation darüber hinweg!

Nun war es aber so, dass die Straßenbahn dort entlang fährt und – –

(Zurufe der Abg. Kerstin Köditz, Klaus Bartl und Dr. Volker Külow, PDS)

Herr Abg. Külow, darf ich Ihnen sagen: Nach dem, was mir vortragen worden ist, haben Sie alles andere als irgendeinen Beitrag zur Deeskalation am 1. Mai geleistet.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung – Uwe Leichsenring, NPD: Aha!)

Ich wollte aber den Gedanken weiterführen. Dort fährt die Straßenbahn und es war Wunsch der Polizei, der von mir gebilligt wird, möglichst schnell viel Normalität wieder herzustellen, also den Straßenverkehr in die Innenstadt möglichst schnell freizugeben.

(Klaus Bartl, PDS, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Ich würde den Gedanken gern zu Ende führen, Herr Bartl, dann können Sie Ihre Zwischenfrage stellen. – Deshalb ist der DGB gebeten worden, die rechtswidrige Nutzung des Straßengeländes zu beseitigen. Er ist drei Mal dazu aufgefordert worden, dann ist die Räumung vonstatten gegangen und der DGB-Vorsitzende ist von der Straße getragen worden.

Dazu muss ich bei allem Respekt vor dem DGB-Vorsitzenden, unserem ehemaligen Kollegen Lucassen, sagen: Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund und sein Vorsitzender haben sich an die Rechtslage, an Recht und Gesetz zu halten.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Jetzt würde ich die Zwischenfrage gestatten.

Herr Bartl, bitte.

Herr Staatsminister, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie über das spezielle Verhalten des Abg. Külow informiert worden sind, und darf ich fragen, auf welcher Weisungsgrundlage es die „Erfassung“ des Verhaltens von Abgeordneten dieses Hohen Hauses gibt?

Die gibt es überhaupt nicht. In der Tat ist von vielen Abgeordneten berichtet worden. Es haben mir auch Abgeordnete berichtet, und Sie selbst haben von Abgeordne

ten berichtet, die Probleme hatten. Für uns ist das Verhalten von Abgeordneten bei solchen Demonstrationen, auf die Sie zu Recht hingewiesen und die Sie angemahnt haben, ein sehr wichtiger Punkt, der auch Beachtung findet. Da, finde ich, ist es wichtig, ob sich jemand deeskalierend, wie viele Abgeordnete aus diesem Hause, oder meiner Meinung nach eher eskalierend betätigt. Nach mir vorliegenden Informationen hatte ich durchaus diesen Eindruck.

(Zuruf des Abg. Dr. Volker Külow, PDS)

Meine Damen und Herren! Ich möchte – –

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich möchte jetzt keine Zwischenfrage mehr zulassen, ich überschreite sowieso die Redezeit der Staatsregierung. Herr Lehmann schaut schon streng, deshalb möchte ich gern zum Schluss kommen.

Ich möchte noch einmal den Gedanken aufgreifen und ausdrücklich sagen, dass ein solches Ereignis für Leipzig und den Freistaat Sachsen schwierig ist und einen Rufschaden bedeutet. Die Frage ist, wie wir das verhindern können. Wir müssen auch deshalb auf diese Fragen Antworten finden, weil – es wurde bereits zitiert – der Abg. Worch für die nächsten 14 Jahre am 1. Mai und am 3. Oktober ähnliche Demonstrationen angemeldet hat.

Meines Erachtens können diese Antworten durch viele Diskussionen im Vorfeld gefunden werden. Ich habe im Innenausschuss gesagt und möchte es hier unterstreichen: Ich stelle mich jeder seriösen, guten, öffentlichen Diskussion über Versammlungsrecht für Rechtsextremisten und Linksextremisten und Gewalt, wo auch immer, in Leipzig, soweit sie nicht parteipolitisch befördert oder von Parteien dazu eingeladen worden ist. Eines ist klar: Wir werden das Problem nicht so lösen, dass wir Politiker-, Richter- oder Polizeischelte betreiben. Die allerbeste Antwort wäre – diese hat Herr Seidel völlig zu Recht gegeben –, dass Herr Worch mit seinen Rechtsextremisten zu Hause bleibt.

(Beifall bei der CDU)

Herr Worch ist in Sachsen nicht erwünscht.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Genauso sind aber gewalttätige Linksextremisten in Sachsen nicht erwünscht.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich möchte den eingesetzten Polizisten meinen Dank aussprechen. Ich appelliere an alle demokratischen Kräfte, die Auseinandersetzungen mit dem Rechtsextremismus engagiert, aber gewaltfrei zu führen. Ich will es nachdenklich zum Schluss sagen: Ich bin es leid und finde es bitter und traurig, dass die Gefahr besteht, dass sich Demokraten streiten, weil sich Extremisten gegensei

tig hochschaukeln und die Polizei, die ihre Pflicht tut, zum Sündenbock gemacht werden soll.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)