Protocol of the Session on May 19, 2005

Ich komme jetzt zum Thema und möchte keine Zwischenfrage beantworten. – Frau Günther-Schmidt, wir haben sonst immer das Vergnügen, Ihren Rücken zu sehen. Ich wüsste nicht, warum ich auf Ihre Zwischenfrage antworten sollte. Der verbale Umgang verschiedener Abgeordneter und auch bestimmter Mitglieder der Staatsregierung gegenüber meiner Fraktion zeugt aus meiner Sicht immer wieder davon, dass das Verständnis des Begriffes Demokratie weit von dem entfernt ist, was dazu in jedem Lexikon steht. Aber sei es drum. Ich komme jetzt direkt zum Thema des Antrages.

Unsere Große Anfrage umfasste zwei Teile, die im engen Zusammenhang mit dem Thema Demokratie stehen; erstens die Tatsache, dass der Ministerpräsident des bevölkerungsreichsten deutschen Bundeslandes, nämlich von Nordrhein-Westfalen, in einem nicht veröffentlichten Brief an die so genannte Föderalismuskommission praktisch die Auflösung der Bundesrepublik Deutschland zugunsten der EU vorschlägt und dass die politische Öffentlichkeit trotz des versehentlichen Bekanntwerdens dieses Briefes keine Notiz davon nimmt, ja die Äußerung regelrecht leugnet, obwohl sie schwarz auf weiß vorliegt; zweitens die nicht weniger bemerkenswerte Tatsache, dass die beiden Regierungsparteien in Sachsen, die CDU und die SPD, in ihrer Koalitionsvereinbarung das Zusammenwachsen Sachsens mit allen möglichen nichtdeutschen Ländern in höchsten Tönen beschwören, aber mit keinem Wort auf das Staatsziel des Zusammenwachsens der neuen und der alten Bundesländer eingehen, ich wiederhole: mit keinem Wort, nicht mit der leisesten Andeutung.

Dies ist für mich Anlass, die Staatsregierung zu fragen: Ist für Sie die Vollendung der Wiedervereinigung Deutschlands auch in wirtschaftlicher und sozialer Sicht noch ein Staatsziel und hat dieses Vorrang vor der so genannten EU-Integration? Lautet die Antwort nein, was die Koalitionsvereinbarung in der Tat nahe legt, ist diese Staatsregierung aus meiner Sicht nicht nur eine Verfassungsfeindin,

(Martin Dulig, SPD: Das sagen die Richtigen!)

sondern sie begeht auch Verrat an der Einheit Deutschlands. Das wiegt in meinen Augen allemal am schwersten, läuft aber im Prinzip auf das Gleiche hinaus.

Meine Damen und Herren! Die Große Anfrage, die hier zur Debatte steht, hat die NPD-Fraktion eingereicht, um auszuloten, ob das Staatsverständnis der Sächsischen Staatsregierung als Vertreterin der herrschenden politischen Klasse in Deutschland noch dem grundgesetzlichen Verständnis des demokratischen deutschen Bundesstaates entspricht.

Da angesichts der mit Zwangsmaßnahmen forcierten EU-Fremdbestimmungen wohl niemand mehr bestreiten kann, dass die staatliche Unabhängigkeit Deutschlands infrage gestellt ist, ist es höchste Zeit, dass wir diese Frage offen diskutieren und dem Volk tatsächlich zur Entscheidung vorlegen. Wir Nationaldemokraten haben uns genau dies als Aufgabe gestellt. Wir werden mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln die schrittweise Demontage des deutschen Nationalstaates, des

Grundgesetzes und der demokratischen Selbstbestimmungsrechte zum politischen Thema Nummer eins in der Öffentlichkeit und – soweit uns möglich – auch in den Parlamenten machen. Das hätte spätestens bei der Ratifizierung des Maastrichter Vertrages geschehen müssen, wurde aber in sträflichster Weise versäumt. Jetzt muss das von uns Nationaldemokraten nachgeholt werden, und zwar zunächst hier im Sächsischen Landtag.

Das ist logisch und folgerichtig, meine Damen und Herren; denn die Verteidigung der Eigenstaatlichkeit, der Volkssouveränität, der demokratischen Selbstbestimmungsrechte und der in Gemeinschaftsbezogenheit und kultureller Identität verankerten Menschenwürde ist in jedem Land die vornehmste Aufgabe der patriotischen Kräfte.

Meine Damen und Herren, unsere Große Anfrage wurde am 4. März vom Staatsminister und Chef der Staatskanzlei, Hermann Winkler, beantwortet. Ich möchte hier zunächst auf unsere wichtigste Einzelfrage zur Föderalismuskommission und die entsprechende Antwort der Staatsregierung eingehen.

Wir haben gefragt, ob der Brief des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten, Peer Steinbrück, vom Januar 2004 an die Vorsitzenden der Föderalismuskommission der Staatsregierung bekannt ist. Dabei hatten wir unter anderem festgestellt, dass der Verfasser laut Pressemeldungen anregt, das Staatsziel der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Deutschland – das ist der Artikel 72 Grundgesetz – bis auf Ausnahmefälle aufzugeben, die entsprechenden Kompetenzen des Bundes weitgehend abzuschaffen und die Harmonisierung der Lebensverhältnisse in Deutschland im Wesentlichen nur noch indirekt im Rahmen der Harmonisierungsbestrebungen innerhalb der EU weiter zu verfolgen, wofür dann nicht mehr die Staatsorgane der BRD, sondern nur noch die entsprechenden EU-Instanzen zuständig sein sollen.

Darauf antwortete der Staatsminister mit folgenden Worten – ich zitiere –: „Der Brief ist der Staatsregierung bekannt. Die von der Fragestellerin behaupteten und nicht näher bezeichneten Pressemeldungen geben den Wortlaut des Briefes nicht korrekt wieder. Vielmehr bezogen sich die Äußerungen von Herrn Ministerpräsidenten Steinbrück auf eine Neuordnung der Gesetzgebungskompetenzen von Bund und Ländern im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung und der Rahmengesetzgebung – Artikel 72 Abs. 2, Artikel 74, 74a und 75 Grundgesetz. Ziel war die klare Zuordnung der Kompetenzen von Bund und Ländern, jedoch nicht eine Stärkung der Kompetenzen der Europäischen Union zulasten von Bund und Ländern.“

Verehrte Zuhörer! Der Brief von Herrn Steinbrück liegt uns vor. Wir wissen, dass sein Inhalt eine zentrale Rolle bei den Auseinandersetzungen in der Föderalismuskommission spielte. Dagegen spielte entgegen der eifrigen Beteuerungen der Politiker und der Medien die Frage der Bildungsqualität fast gar keine Rolle in den kontroversen Diskussionen der Kommission. Dies stellte zum Beispiel der an der Kommissionsarbeit beteiligte Staatsrechtler Prof. Dr. Meyer in einer Podiumsdiskussion hier im Dresdner Blockhaus am 2. Januar dieses Jahres fest.

Herr Staatsminister de Maizière war selbst dabei, könnte dies also bestätigen.

(Staatsminister Dr. Thomas de Maizière: Könnte!)

Entscheidend für die Schwierigkeiten der Kommission war vielmehr der Umstand, dass der Artikel 72, in dem die Zuständigkeit des Bundes für die Herstellung und Bewahrung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Deutschland geregelt ist, im krassen Gegensatz zur realen Machterweiterung der EU steht und dieser Verfassungskonflikt mit zunehmender EU-Integration immer deutlicher wird.

Es gibt Bestrebungen in der derzeit herrschenden politischen Klasse, diesen Mangel an Europatauglichkeit des Grundgesetzes, wie man es nennt, auf elegante Weise zu beseitigen, und zwar in einem Abwasch mit der Föderalismuskommission, also ohne dass es dem ohnehin für dumm gehaltenen Volk besonders auffällt. Dass diese Zäsur in der Geschichte der BRD nicht ganz unproblematisch ist, liegt auf der Hand, meine Damen und Herren. Das ist meines Erachtens der wirkliche Grund für das vorläufige Scheitern der Föderalismuskommission gewesen und nicht der vorgebliche Konflikt zwischen Bund und Ländern um die Bildungspolitik.

(Staatsminister Geert Mackenroth: Sie waren ja dabei!)

Hierzu möchte ich den Brief von Herrn Steinbrück direkt zitieren: „An dieser Stelle wird die Europatauglichkeit des Grundgesetzes zu berücksichtigen sein. Die Kataloge der Artikel 74, 74a und 75 Grundgesetz sind im Einzelnen daraufhin zu überprüfen, ob die dort geregelten Sachgebiete nicht mittlerweile der Harmonisierungskompetenz der Europäischen Union unterliegen und damit dasselbe Ziel verfolgen wie das bundesstaatliche Rechtsgut gleichwertiger Lebensverhältnisse.

Dort, wo dies der Fall ist, beispielsweise in weiten Bereichen des Wirtschaftsrechts, stellt sich dann die Frage, wie der Bund überhaupt noch auf Sachgebieten eine Kompetenz zur Herstellung oder Wahrung gleichwertiger Lebensverhältnisse eingeräumt bekommen kann, wenn diese Kompetenz bereits durch die EU ausgeübt wird. Einen ähnlichen Gedanken hat Prof. Dr. Meyer in der Sachverständigenanhörung dargelegt, also vor dem Hintergrund der Auslegung der Artikel 72 Abs. 2, 74, 74a und 75 Grundgesetz durch das Bundesverfassungsgericht für viele Sachgebiete. Er bezweifelte, dass überhaupt noch eine generelle Erforderlichkeit zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse für den Bund bestehen kann.“

Selbstverständlich schreibt Steinbrück in seinem Brief auch von einer Neuordnung der Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern. Diese sieht aber so aus, dass praktisch alle Aufgaben der Bundesrepublik zur Wahrung der Einheit Deutschlands durch EU-Kompetenzen ersetzt werden sollen. In diesem Rahmen sollen dann die deutschen Länder als Provinzen der EU lediglich Zugriffsgesetzgebungskompetenzen erhalten, soweit ihnen die Brüsseler Bürokratie überhaupt noch einen Spielraum lässt.

Dazu schreibt Steinbrück: „Für derartige Fälle kann ich mir allenfalls vorstellen, dem Bund noch eine Umset

zungskompetenz einzuräumen, die sicherstellt, dass die lediglich an die Mitgliedsstaaten gerichtete Richtliniengesetzgebung der EU auch rasch und vollständig bundesweit umgesetzt wird. Für diesen Fall muss aber dann den Ländern eine inhaltlich nur durch den Rahmen der EU-Gesetzgebung beschränkte Zugriffsgesetzgebung eingeräumt werden, da neben der Kompetenz der EU zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse auf dem entsprechenden Sachgebiet nicht gleichzeitig noch eine entsprechende Kompetenz des Bundes existieren kann.“

Des Weiteren schreibt Steinbrück: „Aber auch bei den Materien der Artikel 74, 74a und 75 Grundgesetz, bei denen keine Kompetenz der EU zur Harmonisierung der rechtlichen Regelung feststellbar ist, wird man sorgfältig zu prüfen haben, ob denn eine solche Harmonisierungskompetenz auf der Ebene des Bundes verblieben sein kann, denn aus meiner Sicht wird man angesichts der bereits erreichten Integrationstiefe innerhalb der EU generell davon ausgehen müssen, dass die Kompetenz zur Harmonisierung von Rechtsvorschriften, die dem Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Herstellung und Wahrung von Rechts- und Wirtschaftseinheit dient, im Prinzip auf die Ebene der EU abgewandert ist. Wenn man diese Analyse teilt, stellt sich zwangsläufig die Frage, ob denn für die Sachbereiche, für die nicht einmal die EU eine Kompetenz zur Harmonisierung rechtlicher Regelungen hat, noch eine entsprechende Harmonisierungskompetenz auf der Ebene des Bundes angenommen werden kann.“

Fazit: Für jene Bereiche, in denen die Kompetenzen zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse zur EU abgewandert sind, kann die Bundesrepublik Deutschland keine Kompetenzen behalten. Aber in den anderen Bereichen, in denen nicht einmal die EU eine Regelungskompetenz hat, kann der Bund erst recht keine haben. Mit anderen Worten: Der Bund ist abgeschafft, zumindest was die Wahrung der Einheit Deutschlands betrifft, oder, drastischer ausgedrückt, die Bundesrepublik Deutschland ist dann abgeschafft.

Genau die eben wörtlich zitierten Ausschnitte aus dem Steinbrück-Brief haben wir auch vorher sinngemäß wiedergegeben, und zwar sowohl in unserer Großen Anfrage als auch in Redebeiträgen einer Plenarsitzung im Dezember 2004. Damals hatten wir sie aus einem Artikel der „Süddeutschen Zeitung“ vom 2. Februar 2004. Inzwischen liegt uns auch der vollständige Wortlaut des Briefes vor. Er deckt sich einwandfrei mit dem Zeitungsartikel und mit unseren Zitaten.

Angesichts dieses eindeutigen Sachverhaltes frage ich jetzt die Staatsregierung: Wie kommt Herr Minister Winkler dazu, unsere Fragen zum Steinbrück-Brief in der schon zitierten Weise zu beantworten: „Die von der Fragestellerin behaupteten und nicht näher bezeichneten Pressemeldungen geben den Wortlaut des Briefes nicht korrekt wieder“ – so war es zu zitieren aus dem Brief von Herrn Staatsminister Winkler. Diese Formulierung des Ministers ist ja nicht etwa als klare Aussage zu werten, dass die Zitate dem Sinn nach falsch seien, sondern nur, dass der Wortlaut nicht exakt mit den Originalworten dort übereinstimmen, was ohnehin klar war, denn es handelt sich ja um eine indirekte Wiedergabe und nicht

um Zitate unsererseits. Aber nach den von mir soeben vorgetragenen wörtlichen Zitaten aus dem Brief kann es an der sinngemäßen Richtigkeit unserer vorhergehenden Wiedergaben überhaupt keinen Zweifel geben.

Die Antwort der Staatskanzlei auf unsere Große Anfrage ist somit aus meiner Sicht ein ganz bewusster Versuch zur Täuschung des Parlamentes, und zwar in besonders frivoler, was heißen will leichtsinniger Form, denn die Staatsregierung war in der Föderalismuskommission vertreten, kannte den Brief und die Diskussionen darüber und sie hätte davon ausgehen müssen, dass der Brief durchaus auch der NPD vorliegen könnte.

Aber noch eindeutiger hat meines Erachtens Herr Minister de Maizière dies unkorrekt wiedergegeben, denn anlässlich unserer Beiträge in der Landtagsdebatte über die Föderalismuskommission im Dezember letzten Jahres erklärte er ganz lapidar, die von uns sinngemäß zitierten Aussagen Steinbrücks würden in gar keiner Weise dem Inhalt des Briefes entsprechen.

Meine Damen und Herren! Dies ist deswegen von ungeheurer Bedeutung, weil die Äußerungen Steinbrücks auf eine praktisch vollständige Aufhebung der zentralen Aufgabe des Bundes in unserem föderalen Staatswesen hinauslaufen, nämlich der Wahrung gleichwertiger Lebensverhältnisse und damit der Einheit Deutschlands, jenes indirekten Staatszieles, das zum Beispiel Herr Bartl von der PDS hier im Landtag so oft im Munde führt. Es gibt gar keinen Zweifel, dass durch diese Tendenz der Bestand der Bundesrepublik Deutschland aufs Äußerste gefährdet wird. Da die zu dieser Entwicklung führende, verharmlosend als Abwanderung bezeichnete illegale Abtretung der Mehrzahl der Bundeskompetenzen an die EU ohne jegliche kritische Hinterfragung einfach hingenommen wird, tragen die Äußerungen außerdem zur Aufgabe der in Artikel 20 Abs. 2 Grundgesetz vorgeschriebenen demokratischen Legitimationskette und damit zur Beseitigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung bei. Mit anderen Worten, meine Damen und Herren: Eine Partei, die sich diese Auffassung und Ziele zu Eigen macht, ohne das Volk zu befragen, ist nach unserer Ansicht nach Definition in Artikel 21 Abs. 2 Grundgesetz eindeutig verfassungswidrig.

Nachdem nach unseren Informationen Peer Steinbrücks Thesen ein Schwerpunktthema der Föderalismuskommission bildeten und die etablierten Parteien in konspirativ anmutender Weise versuchen, eben diesen Umstand vor dem Volk zu verschleiern, um womöglich bei nächster Gelegenheit durch eine Wiederaufnahme der Kommission das Ansinnen Steinbrücks doch durchzubringen, ist nach meinem Dafürhalten die Verfassungswidrigkeit der daran beteiligten Parteien sogar mit Händen zu greifen. Dies stelle ich als Angehöriger einer nationalen Oppositionspartei fest, die ausgerechnet auf Betreiben eben dieser Parteien noch vor kurzem verboten werden sollte und auch weiterhin von Ihnen mit Kriminalisierungsversuchen und Verbotsdrohungen überzogen wird.

Herr Dr. Müller, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich möchte keine Zwischenfragen beantworten.

(Prof. Dr. Cornelius Weiss, SPD: Sehr demokratisch!)

Ich habe meistens auch kein Glück mit Zwischenfragen, Herr Prof. Weiss, ja?

Meine Damen und Herren! Es wird höchste Zeit, dass die Schuldzuweisungen an Deutschlands Patrioten und das falsche Spiel mit den Begriffen Verfassungs- und Demokratiefeindlichkeit aufhören, denn die Wirklichkeit sieht anders aus, als die Etablierten es glauben machen wollen. Deutschland braucht heute die nationale Bewegung gerade zur Verteidigung seiner staatlichen Unabhängigkeit und der demokratischen Freiheiten seiner Bürger. Die wahren Verfassungsfeinde sitzen nicht in so genannten rechten politischen Lagern, sondern dann eher in solchen Kommissionen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Die CDU-Fraktion? – Nein. Die SPD-Fraktion? – Herr Prof. Weiss, bitte.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Mit der uns vorliegenden Großen Anfrage „Aktueller Stand der Föderalismusreform“ haben die so genannten Nationaldemokraten diesem Hohen Hause einen weiteren Beweis dafür geliefert, dass sie nicht nur für die Demokratie und den inneren Frieden in unserem Lande eine Bedrohung darstellen, sondern auch für den Wirtschaftsstandort Sachsen respektive Deutschland.

(Beifall bei der SPD, der FDP und den GRÜNEN – Höhnisches Lachen bei der NPD)

Ich werde nachfolgend dieses durchaus harte Urteil begründen, es mir jedoch dabei ersparen, inhaltlich auf das Thema Föderalismus einzugehen, ist doch aus der Fragestellung klar erkennbar, dass es der NPD überhaupt nicht um die Behandlung dieser für die Zukunft unseres Landes wichtigen Thematik geht. Die Neonationalsozialisten brauchten nur irgendeinen an den Haaren herbeigezogenen Vorwand, um uns wieder einmal ihre aberwitzigen Glaubenssätze darzustellen.

Die ganze Vorlage – das zeigt auch der Beitrag meines Vorredners, Dr. Müller – stützt sich letztendlich auf einen Brief des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten, dessen Inhalt von der so genannten NPD-Denkfabrik so lange mit dümmlichen Spekulationen und wirrer Ideologie aufgeblasen wurde, bis am Ende diese Große Anfrage fertig war.

Liebe Kolleginnen und Kollegen Demokraten! Ich weiß nicht, wie es Ihnen bei der Lektüre dieses Pamphlets ergangen ist, insbesondere bei der Begründung der NPDVorlage. Ich für meinen Teil fühlte mich konfrontiert mit einer riesigen, allumfassenden Verschwörungstheorie. Gemäß den hier schon viel zu oft wiederholten Mutmaßungen des Herrn Gansel ist die Weltgemeinschaft ja seit mindestens 150 Jahren tagaus, tagein voll damit beschäftigt, das deutsche Volk mittels teuflischer Ränke

und Intrigen ins Verderben zu stürzen. Die neueste Strategie dieser Weltverschwörung gegen uns heißt offenbar „vereintes“ Europa. Den Beweis für die Existenz dieser unserer „üblen Machenschaften“ liefert angeblich die Koalitionsvereinbarung von CDU und SPD, weil sie – ich zitiere jetzt die NPD-Mutmaßungen – „an keiner Stelle das Zusammenwachsen der neuen Bundesländer mit den alten Ländern als politisches Ziel nennt, während andererseits die Aufgabe, das Zusammenwachsen von Europa weiter zu fördern, als vorrangig dargestellt wird“. Auf eine solche Interpretation muss man erst einmal kommen. Dafür gibt es übrigens den Fachausdruck Rabulistik.

Herr Prof. Weiss, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja. Bitte, Herr Kollege.

Zu den eben angesprochenen Äußerungen eine Zusatzfrage: Ist Ihnen bekannt, dass ein Mitarbeiter der NDP-Landtagsfraktion, Per Lennart Aae, mehrfach unter anderem auf der Internetseite der NPD die Überzeugung geäußert hat, erstens, dass die von Peer Steinbrück in diesem ominösen Brief angeblich gemachten Vorschläge den Tatbestand des „Hochverrats“ erfüllen; zweitens, dass der nordrhein-westfälische Ministerpräsident mit krimineller Energie an der Abschaffung der Bundesrepublik arbeitet, und drittens, dass mit dem Brief ein triftiger Grund – so die NPD – für ein Verbot der SPD geschaffen worden sein soll?

(Heiterkeit bei der FDP, der CDU, der PDS, der SPD, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Vielen Dank; ich habe davon gehört. Ich konnte es aber einfach nicht glauben und hatte bisher keine Zeit, das zu verifizieren. Aber ich muss schon sagen: Hochverrat, Verbot der SPD und Abschaffung der Bundesrepublik – –