Protocol of the Session on June 26, 2009

Auf einen Punkt möchte ich noch eingehen, weil wir immer vorgeworfen bekommen, die FDP würde nur für das gemeinsame längere Lernen sein. Das wäre alles Teufelszeug, denn das würden ja die Linken auch wollen. Es gibt einen kleinen Unterschied, Herr Colditz: Für uns gibt es längeres gemeinsames Lernen nur, wenn Sozialkompetenz mit Leistungsorientierung verbunden wird.

Zum Thema Leistungsorientierung brauchen wir uns nur mal das Handeln der Regierung anzusehen, insbesondere des CDU-Kultusministers. Ich frage nur: Wer hat denn die Bildungsempfehlung aufgeweicht? Wer hat dafür gesorgt, dass Mittelschulstandorte gefährdet werden? Wer hat dafür gesorgt, dass das Gymnasium unter Druck steht, die Qualität zu halten? Das war doch ganz klar die CDU, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der FDP und der Linksfraktion – Zuruf der Abg. Caren Lay, Linksfraktion)

Die SPD hat ihre Aktie daran. Aber Sie, Herr Flath, waren der Minister, der das entschieden hat. Ich kann nur sagen: Die Wähler wissen, wofür die einzelnen Parteien und Fraktionen stehen, und ich vertraue auf eine sehr kluge Entscheidung am 30. August.

(Beifall bei der FDP)

Wird noch weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Meine Damen und Herren! Damit ist die 2. Aktuelle Debatte, beantragt von der Fraktion der FDP zum Thema „Schluss mit Schulschließungspolitik von CDU und SPD – Weitere Einschnitte im Schulnetz verhindern“, abgeschlossen und der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 2

Bericht des 2. Untersuchungsausschusses der 4. Wahlperiode zum Antrag von 31 Abgeordneten der Linksfraktion, 7 Abgeordneten der FDP-Fraktion sowie 6 Abgeordneten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses (Drucksache 4/9265 und Drucksache 4/9422) "Untersuchung der Verantwortung von Mitgliedern der Staatsregierung für etwaige schwerwiegende Mängel bei der Aufdeckung und Verfolgung krimineller und korruptiver Netzwerke unter Beteiligung von Vertretern aus Politik und Wirtschaft, von Richtern, Staatsanwälten und sonstigen Bediensteten der sächsischen Justiz, Polizei, von Landes- und kommunalen Behörden sowie für das Versagen rechtsstaatlicher Informations-, Kontroll- und Vorbeugungsmechanismen in Sachsen (Kriminelle und korruptive Netzwerke in Sachsen)" sowie abweichende Berichte

Drucksache 4/15777, Unterrichtung durch den 2. Untersuchungsausschuss der 4. Wahlperiode

Wir kommen zur Aussprache. In der ersten Runde spricht zunächst die Linksfraktion, dann folgen CDU, SPD, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Die Debatte ist eröffnet. Herr Bartl, bitte.

(Klaus Bartl, Linksfraktion: Gleich der Berichterstatter?)

Ja, sicher, wenn der Berichterstatter erst sprechen will, kann er das tun.

(Caren Lay, Linksfraktion: Das war so abgesprochen!)

Bitte schön.

Vielen Dank, Herr Präsident.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich erstatte jetzt den Bericht des 2. Untersuchungsausschusses. Entsprechend der Entscheidung des Untersuchungsausschusses wurde der Vorsitzende zum Berichterstatter bestimmt.

Um dieser Rechenschaftspflicht des Untersuchungsausschusses genügen zu können, hat der Untersuchungsausschuss am 9. Juni 2009 den Beschluss gefasst, dass er sowohl seine Beweisaufnahme als auch seine Untersuchungen beendet, obgleich er – das sei an dieser Stelle ausdrücklich hervorgehoben – nach der übereinstimmenden Auffassung aller seiner Mitglieder aus verschiedenen, noch näher darzulegenden Gründen nicht in der Lage war, den Einsetzungsauftrag auch nur in Annäherung vollständig zu erfüllen.

Der Ausschuss hatte sich unverzüglich nach seiner Sitzung vom 27. Juli 2007 konstituiert und in dieser Sitzung auch bereits die ersten Beschlüsse zur Beweiserhebung gefasst. Sie betrafen nahezu wortgleich gemäß den Anträgen von den Koalitionsfraktionen und den Oppositionsfraktionen zunächst das Anliegen an das Sächsische Staatsministerium des Innern zur Übergabe sämtlicher im damaligen OK-Referat 33/34 des Landesamtes für Verfassungsschutz zur Beobachtung der Organisierten Kriminalität geschaffenen Akten, Aktenteile und sonstigen Unterlagen in der Fassung, wie sie vom Landesamt für Verfassungsschutz vorher der Parlamentarischen Kontrollkommission vorgelegt wurden und wie sie nach deren Beschluss vom 15. Mai 2007 der Staatsanwaltschaft übergeben wurden.

Mit Schreiben vom 28. August 2007 teilte der Sächsische Staatsminister des Innern dem Ausschuss mit, dass das Sächsische Staatsministerium der Justiz gegen eine Herausgabe der Akten des Landesamtes für Verfassungsschutz im Hinblick auf § 477 StPO Bedenken geäußert habe. Es wurde also der Einwand vorgetragen, dass die Herausgabe dieser Unterlagen an den Untersuchungsausschuss den Zweck der zwischenzeitlich durch die Staatsanwaltschaft Dresden eingeleiteten Ermittlungen gefährden könne. Der Ausschuss äußerte hierüber in der anschließenden 2. Sitzung vom 30. August 2007 gegenüber dem Beauftragten der Staatsregierung im Ausschuss sein Erstaunen, da die Parallelität zwischen der Untersu

chungstätigkeit eines Untersuchungsausschusses und einem laufenden Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft in der parlamentarischen bzw. in der gesellschaftlichen Praxis geradezu die Regel ist.

Mit Schreiben vom 14. September 2007 teilte der Sächsische Staatsminister des Innern dem 2. Untersuchungsausschuss mit, dass er die Herausgabe der abgeforderten Unterlagen generell ablehne. Dies unter Berufung darauf, dass der den Untersuchungsausschuss einsetzende Landtagsbeschluss verfassungswidrig sei. Das Sächsische Staatsministerium des Innern bezog sich dabei auf zwei vom Sächsischen Staatsministerium der Justiz in Auftrag gegebene Rechtsgutachten, die behaupteten, der Einsetzungsbeschluss sei zu unbestimmt, er nehme Wertungen vorweg, verstoße gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung und greife in den Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung ein. Darüber hinaus stünden der Herausgabe der Akten – später zum Teil aufgegebene – Einwände des Bundesamtes sowie anderer Landesämter für Verfassungsschutz entgegen. Zudem sei schließlich die Gefährdung der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu befürchten. Mit diesen Gründen wurde die generelle Herausgabe von Unterlagen verweigert.

Im Weiteren brachten die Vertreter der Staatsregierung im Ausschuss auch zum Ausdruck, dass bis zur Klärung dieser verfassungsrechtlichen Einwände Zeugen, die der Ausschuss laden wolle und die in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis mit dem Freistaat Sachsen bzw. seinen Behörden stehen, keine Aussagegenehmigung erhalten werden. Da sich diese Position der Staatsregierung in anschließenden informellen Gesprächen und Verhandlungen nicht überwinden ließ, der Untersuchungsausschuss aber durch diese Konstellation weithin an den ihm durch den Landtag aufgegebenen zielführenden Untersuchungen gehindert war, erhob er – der Ausschuss – nach entsprechender Beschlussfassung in seiner 8. Sitzung am 17. Dezember 2007 eine Organklage gegen die Sächsische Staatsregierung beim Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen.

Am 29. August 2008 traf der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen über diese Klage folgende Entscheidung – Zitat –: „Es wird festgestellt, dass die Antragsgegnerin den Antragsteller dadurch in seinen verfassungsmäßigen Rechten aus Artikel 54 Abs. 4 Sächsische Verfassung verletzt hat, da sie die Vorlage der mit den Beweisbeschlüssen ADS 3, 5, 10, 11, 17 und 21 angeforderten Akten, Aktenteile und sonstigen Unterlagen abgelehnt hat.“

Nach den Feststellungen dieses Urteils des Verfassungsgerichtshofes war mithin der 2. Untersuchungsausschuss von Anfang an wirksam eingesetzt. Die parlamentarische Untersuchung – so weiter das Gericht in seinen Gründen – liege im öffentlichen Interesse. Es gebe ein evidentes öffentliches Interesse an der Aufklärung des Sachverhaltes. Der Einsetzungsbeschluss werde den Geboten der Bestimmtheit und Begrenztheit gerecht. Den Fragenkatalogen lasse sich ein ausreichend konkretes Arbeitspro

gramm entnehmen. Die Bezeichnung des Untersuchungsgegenstandes enthalte keine unzulässig vorweggenommenen Feststellungen und Wertungen.

Auch greife der Untersuchungsgegenstand nicht in unzulässiger Weise in die Bereiche der Judikative ein. Allerdings verletzten Teile des Untersuchungsauftrages den nach dem Gewaltenteilungsprinzip geschützten Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung. Dabei handelt es sich um die Bereiche 5, 7 und 8, die Maßnahmen der Staatsregierung zum Gegenstand hatten, die von dieser erst in Reaktion auf die Berichterstattung in den Medien eingeleitet worden seien. Diese seien mithin in einem Zeitpunkt der Einsetzung des Untersuchungsausschusses zum Großteil noch nicht abgeschlossen gewesen. Gleiches gelte für das Krisenmanagement und die Informationspolitik der Staatsregierung, die nicht Untersuchungsgegenstand sein könnten.

In seiner anschließenden 17. Sitzung am 2. September 2008 verschaffte sich der Untersuchungsausschuss einen Überblick über die Auswirkungen dieses Urteils auf die bereits beschlossenen Beweisanträge und stellte fest, dass die vom Verfassungsgerichtshof für ungültig erklärten Teile des Untersuchungsauftrages den Beweisbeschluss ADS 17 betrafen, welcher im Übrigen nach einer Neufassung durch die Antragsteller später in der 28. Ausschusssitzung am 27. Januar 2009 erneut beschlossen wurde.

In der besagten 17. Sitzung vom 2. September 2008 verständigte sich der 2. Untersuchungsausschuss angesichts der Tatsache, dass ihm effektiv im Hinblick auf die Dauer der Legislaturperiode ein Zeitfenster von circa neun bis zehn Monaten für eigene Untersuchungen verbleibt, darauf, von der Gliederung des Einsetzungsauftrages abzuweichen, diese daher nicht chronologisch abzuarbeiten. Vielmehr beschloss er, sich in einer Art Selbstbeschränkung zunächst mit der Untersuchung der Tätigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz, insbesondere dessen Referats Organisierte Kriminalität, zu befassen, das in der Dauer seiner Existenz von 2003 bis Mai 2006 die hinreichenden Entscheidungen des Landesamtes für Verfassungsschutz auf der Leitungs- und Präsidialebene sowie dessen Zusammenwirken mit dem Sächsischen Staatsministerium des Innern und der Parlamentarischen Kontrollkommission, speziell im Bereich der weiteren Informationspflichten aus § 17 des Sächsischen Verfassungsschutzgesetzes, getroffen hat.

Demgemäß wurde weiter beschlossen, zunächst die Arbeitsebene des Landesamtes für Verfassungsschutz bzw. des zuständigen OK-Referats, hiernach die Leitungsebene des LfV, dann die Aufsichtsebene im Sächsischen Staatsministerium des Innern und schließlich die Führungsebene im Landesamt für Verfassungsschutz und im Sächsischen Staatsministerium des Innern zeugenschaftlich zu vernehmen. Dies mit der weiteren Verabredung, dass dann, wenn dieser Komplex abgeschlossen sei, über die weiteren Beweiserhebungen eine Verständigung im Ausschuss erfolgt.

Am 30. September 2008 vernahm dann der Untersuchungsausschuss als ersten Zeugen den Sächsischen Datenschutzbeauftragten Andreas Schurig. Dies deshalb, weil es der Sächsische Datenschutzbeauftragte war, der mit seiner Beanstandung vom September 2006 die Existenz der entsprechenden umfänglichen Datenbestände, die während der Arbeit des Referats 33/34 des LfV zur Beobachtung von vermeintlichen Strukturen der Organisierten Kriminalität angelegt worden waren, überhaupt erst öffentlich gemacht hatte.

Jenseits der vorstehend in Bezug genommenen grundsätzlichen Verständigung in der Ausschusssitzung vom 2. September 2008 begann dann auch relativ zeitnah die Übersendung der von den Behörden des Freistaates Sachsen durch den 2. Untersuchungsausschuss per Beweisbeschlüssen zumeist Monate zuvor abgeforderten Akten und Aktenteile. Diese waren in verschiedene Geheimhaltungsstufen klassifiziert und teilweise gesperrt. Da behördlicherseits um Zeitaufschub wegen der Klassifizierung teilweise großer Aktenbestände in Geheimhaltungsstufen ersucht wurde, diskutierte der 2. Untersuchungsausschuss kontrovers, ob dies angesichts des ohnehin immensen Zeitverlustes zu gewähren sei, zumal die Klassifizierung bereits während der verfassungsgerichtlichen Auseinandersetzungen hätte erfolgen können.

Der 2. Untersuchungsausschuss hat dann im Laufe der Zeit in Realisierung von 27 Beweisbeschlüssen von verschiedenen Behörden insgesamt 788 Aktenordner, davon 500 Ordner als offene Unterlagen, 89 Ordner als „Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch“, 32 Ordner als „Verschlusssache Vertraulich“ und 149 Ordner als „Verschlusssache Geheim“ in seinen Aktenbestand aufgenommen. Vom Landesamt für Verfassungsschutz wurden 125 Ordner als „Verschlusssache Geheim“ klassifiziert und 27 Ordner als „Verschlusssache Vertraulich“ eingestuft. Adressaten von Beweisbeschlüssen, die von dort aus auch realisiert wurden, waren darüber hinaus das Staatsministerium des Innern, verschiedene Staatsanwaltschaften, insbesondere die Staatsanwaltschaft Dresden, die Generalstaatsanwaltschaft und weitere Behörden, bis hin zum Bundeskriminalamt. Insgesamt wurden in der Geschäftsstelle des Ausschusses 446 Vorgänge als Ausschussdrucksachen erfasst.

Der Ausschuss hat – nachdem sich dessen Mitglieder im Einvernehmen darauf verständigt hatten, um den eingetretenen Zeitverlust zumindest partiell aufzuarbeiten, zu den turnusmäßigen Sitzungen nach dem Sitzungsplan des Sächsischen Landtages zehn Sondersitzungen, die teils über mehrere Tage und auch bis in die Nachtstunden reichten, durchzuführen – insgesamt 55 Beweisanträge behandelt und beschlossen. Davon betrafen 29 Anträge Herausgabeverlangen an Dienststellen und Behörden des Freistaates Sachsen wie auch außerhalb des Freistaates. Betreffend besagter Akten, Aktenteile und Dokumente wurden 33 Anträge durch die Fraktionen gestellt.

Darüber hinaus erfolgte auf entsprechenden Begehr die Ladung von insgesamt 75 Zeugen; diese Zahl an Zeugen

sollte also gehört werden. In den dann 15 Beweiserhebungssitzungen, die der 2. Untersuchungsausschuss ab Ende September 2008 durchführen konnte, wurden 31 Zeugen, davon fünf zweimal, vernommen. Circa 50 bereits beschlossene Zeugenvernehmungen konnten aus verschiedenen Gründen – sowohl wegen des nahenden Endes der Legislaturperiode und damit der Beweisaufnahme, aber auch weil die betreffenden Zeugen wegen behaupteter bzw. tatsächlicher Vernehmungsunfähigkeit oder aus Gründen vorab erklärter Auskunftsverweigerungsrechte oder auch aus gerechtfertigten persönlichen Gründen nicht erreichbar waren – nicht mehr durchgeführt werden.

In erheblichem Umfang wurde die Tätigkeit des Ausschusses auch dadurch erschwert bzw. verzögert, dass der 2. Untersuchungsausschuss umfängliche, so in der bisherigen Tätigkeit von Untersuchungsausschüssen des Sächsischen Landtages nicht gekannte Geheimschutzvorkehrungen vornehmen musste.

Bereits in der 2. Ausschusssitzung am 30. August 2007 war deutlich geworden, dass ein großer Teil der beizuziehenden Akten in den Geheimhaltungsgrad „VS Vertraulich“ bzw. „VS Geheim“ klassifiziert worden war. Dies hatte nicht nur zur Konsequenz, dass der Untersuchungsausschuss betreffs der Lagerung der entsprechenden Aktenbestände umfängliche räumliche und sächliche Voraussetzungen schaffen musste, sondern auch, dass Personen, die zu Sachverhalten vernommen werden sollten, die den besagten Geheimhaltungsgraden unterfielen, nicht offen oder auch nur in geschlossener Sitzung des Ausschusses angehört werden konnten, sondern in Sitzungen, die dem Geheimhaltungsgrad „VS Geheim“ entsprachen. So wurden nahezu sämtliche der neun vernommenen Mitarbeiter des damaligen Referats 33/34 – OK-Beobachtung – des Landesamtes für Verfassungsschutz – zwölf Mitarbeiter waren insgesamt dort beschäftigt – in sogenannter indirekter Vernehmung, das heißt nur über Tonleitung, vernommen, bei Anwesenheit in Räumlichkeiten, die dem Untersuchungsausschuss selbst nicht bekannt gewesen sind.

Wesentliche Belastungen ergaben sich darüber hinaus aus den gleichen Geheimhaltungsgründen dahin gehend, dass auf Verlangen der Staatsregierung bzw. der die Akten herausgebenden Stellen nur solche Mitarbeiter der Landtagsverwaltung bzw. der Fraktionen mit den als „Geheim“ eingestuften Aktenbeständen Kontakt haben durften respektive Zugang zu selbigen hatten, die auf der denkbar höchsten Sicherheitsüberprüfungsstufe, nämlich auf der Stufe Ü 3, sicherheitsüberprüft waren. Die Sicherheitsüberprüfungen nahm in Amtshilfe das Bundesamt für Verfassungsschutz vor.

Darüber gab es intensive Auseinandersetzungen. Speziell gab es Einwände seitens der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der Fraktion der FDP und der Linksfraktion, dass zum einen die Dauer der Sicherheitsüberprüfung der Mitarbeiter die Tätigkeit des Untersuchungsausschusses weiter erschwere bzw. verzögere und dass darüber hinaus

eine Überprüfung der Mitarbeiter von Oppositionsfraktionen durch das Landesamt für Verfassungsschutz nicht denkbar und nicht hinnehmbar sei. Eine derartige Ü3Überprüfung – das darf ich anmerken – hatten zur Zeit der Einsetzung des 2. Untersuchungsausschusses nur ganz wenige Mitarbeiter der Landtagsverwaltung und kein einziger Mitarbeiter einer Fraktion.

(Christian Piwarz, CDU: Doch, doch!)

Insgesamt erwarben schließlich neun Mitarbeiter der Landtagsverwaltung und vier Fraktionsmitarbeiter die für Betreuungsaufgaben beim 2. Untersuchungsausschuss erforderliche Sicherheitsüberprüfungsstufe 3 und weitere drei Fraktionsmitarbeiter die Stufe Ü 2, was sie zumindest partiell ermächtigte, Zugang zu Verschlusssachen des 2. Untersuchungsausschusses zu haben.

Der Untersuchungsausschuss dankt an dieser Stelle ausdrücklich dem Präsidenten des Sächsischen Landtages, der dem Ausschuss für die Vernehmung von Zeugen zu geheimhaltungsbedürftigen Sachverhalten seinen besonderen Beratungsraum, den Raum A 108, im Landtagsgebäude nicht nur zur Verfügung stellte, sondern auch veranlasste, dass dieser mit entsprechender Sicherheitstechnik versehen wurde.

Der Ausschuss muss konstatieren, dass die zu beachtenden Geheimhaltungsbedingungen bzw. das dadurch notwendige Prozedere zwar zu lückenhaften Wahrnehmungen in der Öffentlichkeit von den Zeugenaussagen und zu Brüchen in der Vernehmungsreihenfolge durch die Ausschussmitglieder führten, jedoch als alternativlos akzeptiert werden mussten, sollte es nicht zu weiteren Zeitverzögerungen wegen verfassungsrechtlicher Streitigkeiten mit der Staatsregierung bzw. sonstigen die Aussagegenehmigung erteilenden Stellen kommen. Der 2. Untersuchungsausschuss fasste über bestehende Geheimhaltungsvorschriften von Landtag und Staatsregierung hinausgehende eigene Geheimhaltungsbeschlüsse, die nicht zuletzt auch dem Schutz von Daten Betroffener und Dritter dienen sollten.

Trotz aller Vorkehrungen zur Sicherung der entsprechenden besonders schutzwürdigen Aktenbestände musste der Untersuchungsausschuss feststellen, dass aus dem besonders gesicherten Akteneinsichtsraum A K 92, in welchem Mitglieder des Ausschusses, der Staatsregierung und entsprechend überprüfte Mitarbeiter nur im Beisein von Mitarbeitern der VS-Stelle des Sächsischen Landtages Akten einsehen durften, aus einer Akte, die in der ADS 162 beinhaltet war, zwei Unterlagen fehlten, die ursprünglich als Verschlusssache „Nur für den Dienstgebrauch“ klassifiziert gewesen sind. Von diesem am 21. Januar 2009 im Zuge der Akteneinsichtnahme durch den Regierungsbeauftragten beim 2. Untersuchungsausschuss, Herrn Leisner, festgestellten Dokumentenverlust wurde der Ausschussvorsitzende am gleichen Tag in Kenntnis gesetzt, welcher hiernach entsprechend die Obleute informierte und die Sache zur Beratung im Ausschuss stellte. Am 28. Januar 2009 wurde dem Ausschussvorsitzenden im MDR-Funkhaus in Leipzig von

einem Redakteur der Sendereihe „Fakt“ eine Unterlage übergeben, die inhaltsgleich den Dokumenten entsprach, welche offenkundig aus dem Akteneinsichtsraum in Verlust geraten waren. Es handelte sich allerdings um eine andere Fassung, was durch den beinhalteten Aufdruck des Wortes „Entwurf“ nachvollziehbar war. Der 2. Untersuchungsausschuss hat betreffs dieses Aktenverlustes Strafanzeige erstattet, die derzeit unter Sachleitung der Staatsanwaltschaft Dresden durch das Landeskriminalamt Sachsen im Zuge eines Ermittlungsverfahrens, unter anderem wegen Verwahrungsbruchs, Diebstahls und Verrats von Dienstgeheimnissen, bearbeitet wird.

Der Ausschuss hat während seiner gesamten Tätigkeit umfängliche Zuschriften von Petenten mit unterschiedlichsten Anliegen entgegengenommen. In der Mehrzahl handelte es sich um Schreiben, mit welchen die Petenten darum ersuchten, eigene Fallkonstellationen, in welchen sie sich vermeintlichen kriminellen und korruptiven Netzwerken ausgesetzt sahen, zum Gegenstand der Untersuchungstätigkeit zu machen. Sämtliche diesbezügliche Petitionen wurden den Fraktionen bzw. den Obleuten bekannt gegeben und in umfänglicher Korrespondenz mit den Petenten unter Verweis auf die vom Ausschuss zu beachtenden Bedingungen anhand des Einsetzungsauftrages erläutert.

Der Untersuchungsausschuss hat quasi gleitend im Zuge der Beweisaufnahme erste Zeugen auch aus Bereichen außerhalb des Landesamtes für Verfassungsschutz bzw. der Staatsregierung vernommen, so die Kriminalhauptkommissare Wehling und Keetmann von der Polizeidirektion Leipzig, den Kriminalkommissar Kaziur, ebenfalls vom Kommissariat Organisierte bzw. Bandenkriminalität der Polizeidirektion Leipzig, sowie schließlich, gegen Ende seiner Tätigkeit, erste direkte Wahrnehmungszeugen, wie die Anfang der Neunzigerjahre zur Prostitution im damaligen Kinderbordell „Jasmin“ in Leipzig gezwungene Zeugin mit dem Pseudonym „Sarah“, und schließlich in seiner letzten Sitzung am 9. Juni 2009 den renommierten Kölner Rechtsanwalt und Strafverteidiger Dr. Ulrich Sommer.

Unter anderem wegen der bereits im Herbst 2007 von Vertretern der Linksfraktion und dem Vertreter der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragten Vernehmung dieses Zeugen, also des Rechtsanwaltes Dr. Sommer, welche die Ausschussmehrheit – unter Verweis auf die wegen der verweigerten Herausgabe von Akten seitens der Staatsregierung fehlenden Unterlagen zur Prüfung der Zeugenaussage – verweigerte, kam es im Übrigen im Juni 2008 zu einem weiteren Organstreitverfahren vor dem Sächsischen Verfassungsgerichtshof, das die Abg. Klaus Bartl, Caren Lay, Johannes Lichdi, Dietmar Pellmann und Andrea Roth als Antragsteller gegen den 2. Untersuchungsausschuss als Antragsgegner wegen Verletzung von Minderheitsrechten führten.

In diesem zu Aktenzeichen Vf 99-I-08 vor dem Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen geführten Organstreitverfahren sprach der Verwaltungsgerichtshof