Die aktuelle, wirklich sehr prekäre finanzielle Lage des Zweckverbandes hat die derzeitige Staatsregierung ganz allein zu verantworten. Daran gibt es keinen Zweifel. Die FDP-Fraktion hält weiterhin an ihrer Forderung nach einem Sächsischen Landesmuseum fest, einem Landesmuseum, an dem sich der Freistaat Sachsen, die Kommunen sowie private Träger oder Stifter beteiligen sollen. Das ist machbar, das ist sinnvoll. Vor allen Dingen schafft es Sicherheit für die Mitarbeiter und die langfristige Museumsentwicklung.
Sehr geehrte Damen und Herren! Unsicherheit besteht auch bei der Zukunft der Wismut-Kunst. Wie eine Kleine Anfrage bestätigt, ist auch hier seit 2005 überhaupt nichts passiert – keinerlei Aktivitäten, keinerlei Gespräche. Sachsen schaut einfach zu, wie sich möglicherweise die Bundesregierung die Kunstwerke und Artefakte der neuzeitlichen Bergbaugeschichte einverleibt.
Oder nehmen wir das geplante Haus der Archäologie in Chemnitz. Bereits im März 2006 hat Ihre Amtsvorgängerin, Frau Staatsministerin Stange – die heutige Oberbürgermeisterin Ludwig –, verkündet, dass das Haus der Archäologie künftig im Kaufhaus Schocken in Chemnitz zu Hause sein werde und im Jahre 2010, also im kommenden Jahr, seine Tore öffnen werde. Wir alle einschließlich meiner Person wollen, dass das Vorhaben zum Erfolg geführt wird. Wir alle wissen aber auch, dass wir von einem Eröffnungstermin noch weit entfernt sind. Noch in der Ende April vorgelegten Museumskonzeption heißt es, dass die Eröffnung für 2011/2012 angestrebt sei. Dass die Eröffnung für 2011 nicht einmal ansatzweise realistisch ist, liegt klar auf der Hand. Wer rechnen kann, der weiß genau, dass ein Eröffnungstermin des Hauses der Archäologie Mitte 2012 – bei 42 Monaten Bauzeit plus sieben Monaten für die Museumseinrichtung – utopisch erscheint. Zweifel an der derzeitigen Terminkette durch die FDP-Fraktion sind daher durchaus berechtigt. Alles andere ist Vorgaukeln falscher Tatsachen.
Sie machen hier Wahlversprechen, die Sie bereits morgen nicht halten können. Aber das hat bei der SPD inzwischen Tradition.
Für die Chemnitzer Bürger ist jede weitere Verzögerung nicht mehr akzeptabel. Ich verweise ausdrücklich auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage vom Juli 2008 mit der Drucksache 4/12368. Ich zitiere: „Nach aktuellen Planungen ist nunmehr eine 42-monatige Bauzeit nach Unterzeichnung des Mietvertrages vorgesehen. Im Anschluss daran werden noch einmal sieben Monate für die Muse
umsausstattung benötigt“. Die FDP-Fraktion im Sächsischen Landtag fordert die Staatsregierung auf, bei dem voraussichtlichen Eröffnungstermin für das Haus der Archäologie endlich Licht ins Dunkel zu bringen oder den Projektablaufplan zu überarbeiten. Zielsetzung muss sein, den bisherigen Plan zu straffen, damit es zu keiner weiteren Terminverschiebung kommt. Spätestens der Eröffnungstermin im Jahr 2012 muss gehalten werden.
Sehr geehrte Damen und Herren! Angedacht und bisher auch nur halbherzig umgesetzt ist das Thema der kulturellen Bildung. Auch hier hätten wir mehr Engagement der Staatsregierung erwartet. Das Modellprojekt, jedem Kind ein Musikinstrument in die Hand zu geben, ist ein guter und richtiger Schritt. Wir begrüßen es sehr, dass mit diesem Projekt Kindern die Möglichkeit gegeben wird, ein Musikinstrument auszuprobieren und kennenzulernen. Doch bisher ist und bleibt es nur ein Modellprojekt, welches nicht jedem Kind die Möglichkeit einräumt.
Mit wie wenig Elan und Kraft die Staatsregierung das Thema der kulturellen Bildung angeht, sehen wir auch daran, dass bei der Anzahl der Museums- und Theaterpädagogen an Einrichtungen des Freistaates Sachsen seit 2003 kein Anstieg zu verzeichnen ist. Bei diesem Tempo wird die pädagogische Vermittlung von Kunst und Kultur alsbald prähistorischen Charakter haben. Dabei muss es uns allen am Herzen liegen, dass unsere Kinder und Jugendlichen bei einem Museums- oder Theaterbesuch so viel wie möglich mit nach Hause nehmen. Wir müssen zukünftig unsere zahlreichen sächsischen Kultureinrichtungen verstärkt als außerschulische Lernorte begreifen und mehr unterstützen. Dazu brauchen wir mehr kulturpädagogisches Personal. Ohne funktionierende Vermittlungs- und Bildungsarbeit für alle Generationen können die Kultureinrichtungen im zunehmenden Kampf um Aufmerksamkeit nicht bestehen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Die lang angekündigte Museumskonzeption konnte nun endlich vorgelegt werden. Es handelt sich um eine Konzeption, die wichtig für die Zukunft ist und Anhaltspunkte für die weitere Entwicklung gibt. Es ist eine Konzeption, auf die sehr lange gewartet wurde.
Das Haus der Archäologie mit dem Standort Chemnitz beispielsweise soll mit den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und den Staatlichen Ethnologischen Sammlungen zu einer sächsischen Museumsstiftung zusammengeführt werden. Die Einrichtung der vorgenannten sächsischen Museumsstiftungen lehnt die FDP-Fraktion im Sächsischen Landtag ab.
Aus Einsparungsgründen ist die Idee durchaus nachvollziehbar, aber praktikabel ist die angestrebte Lösung nicht. In einer sächsischen Museumsstiftung werden die bereits für sich erfolgreichen Sammlungen an Selbstständigkeit verlieren. Das Museum in Chemnitz wäre damit auch immer eine Enklave im Vergleich zu den geballten Kunsteinrichtungen in Dresden.
Längst überfällig war auch der Kulturwirtschaftsbericht des Wirtschafts- und des Kultusministeriums. Das nun „kurz vor knapp“ vorgelegte Werk bildet eine Grundlage für die weitere Diskussion zur konzeptionellen Weiterentwicklung des Kulturstandortes Sachsen – nicht mehr und nicht weniger. Es ist ein 80 000 Euro teurer Bericht, der vorrangig aus statistischen Erhebungen der Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft besteht. Es ist ein politisches Armutszeugnis auf die Frage: Wann werden Handlungsempfehlungen umgesetzt? Die einzige Antwort darauf ist: „Es wird sukzessive geprüft.“ Das schrieb Staatsminister Thomas Jurk auf eine Kleine Anfrage mit der Drucksachennummer 4/13052.
Meine Damen und Herren! Das ist kulturpolitische Orientierungslosigkeit. Das ist Orientierungslosigkeit, die sich wie ein roter Faden durch die 4. Legislaturperiode zieht. Es reicht nicht aus, Kulturthemen auf das Papier zu bringen oder auf Tagungen oder in Ausschüssen zu diskutieren. Vielmehr müssen wir unsere Kulturlandschaft und ihre Einrichtungen für die Zukunft fit machen – auch über 2020 hinaus.
Dafür müssen zukunftsfähige Strukturen geschaffen werden. Es müssen Strukturen geschaffen werden, die einerseits den finanziellen Rahmen langfristig vorgeben und andererseits den Kultureinrichtungen weitgehenden Freiraum zukommen lassen. Freiraum ist wichtig, damit sich Kultur entfalten und gelebt werden kann.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die FDPFraktion steht für eine solche Politik. Wir stehen für eine Politik, die auf kulturelle Vielfalt, Offenheit und Freiheit setzt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Kulturland Sachsen – gern schmückt sich der Freistaat mit diesem selbst gewählten Beinamen. Immer wieder taucht er in den sogenannten Sonntagsreden auf, auch wenn mittlerweile kein Wochentag mehr davor sicher ist; das durchaus zu Recht.
Unser Kulturland besitzt eine herausragende Tradition als Heimat hervorragender Künstlerinnen und Künstler. Es ist eine Hochburg künstlerischer Leistungen in der Gegenwart. Sachsen wäre ohne seine Kultur tatsächlich nur die Hälfte wert.
Reichtum verpflichtet. Wir müssen täglich aufs Neue beweisen, inwieweit wir in der Lage sind, unserem kulturellen Erbe gerecht zu werden. Diesem Erbe gerecht werden heißt, nicht nur die materiellen Hinterlassenschaften aufzupolieren und in immer schöneren Schloss- und Museumshüllen auszustellen. Es heißt auch, seine ideellen
Werte zu vermitteln. Das bedeutet, in Sachsen ein Umfeld zu schaffen, das die Künstlerinnen und Künstler dazu einlädt und es ihnen ermöglicht, sich produktiv und provozierend mit der Gesellschaft auseinanderzusetzen. Schließlich bedeutet es auch, allen Menschen in unserer Gesellschaft – egal, ob jung oder alt, und gleich, welchen sozialen und materiellen Hintergrund sie haben – die Teilhabe an der Kulturgesellschaft zu ermöglichen.
Es geht nicht nur darum, beispielsweise die Staatlichen Kunstsammlungen oder die Staatskapelle so auszustatten, dass sie als Kulturbotschafter für Sachsen in der ganzen Welt stehen. Es geht auch und vor allem darum, dass sich die in Sachsen lebenden Menschen ihrer Identität bewusst werden können. Es geht darum, sie zu befähigen, aktiv am Kulturleben und an künstlerischen Auseinandersetzungen teilzunehmen – also einen demokratischen Umgang mit einer demokratischen Kultur zu pflegen.
Kunst und Kultur benötigen Freiheit vom Staat und durch den Staat. Ihre Entwicklung muss frei von jeglicher staatlicher Bevormundung und Gängelung sein. Zugleich ist Kultur aber ein öffentliches Gut, dessen Finanzierung der staatlichen Garantie bedarf. Dies zu ermöglichen und damit dem zweifellos großen kulturellen Erbe Sachsens gerecht zu werden ist eine Aufgabe, der wir uns immer wieder stellen müssen. Dies einzulösen ist eine große Chance für den Freistaat in Zeiten des Wandels.
Frau Dr. Stange, Sie haben in Ihrer Regierungserklärung ausführlich zu den Grundsätzen der Kulturpolitik gesprochen und dafür, wie ich meine, zu Recht Beifall aus allen demokratischen Fraktionen erhalten. Es ist unübersehbar, dass es zwischen uns, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Ihnen, viele Gemeinsamkeiten in den Grundanschauungen und Zielen gibt. Das kann auch nicht anders sein, da es nicht nur um eine Kultur der sozialen Demokratie geht, sondern allgemein um Kultur in einer offenen, freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft.
Wir GRÜNEN verstehen uns als konstruktive Opposition. Deshalb möchte ich an dieser Stelle das tun, was nicht Aufgabe der Opposition und deshalb eher unüblich ist: Ich möchte die Ministerin loben. Lob gebührt zuerst der gelungenen Fortschreibung des Kulturraumgesetzes. Die Entfristung des Gesetzes und die Festschreibung der erhöhten Zuwendungen des Freistaates sind Erfolge, die zu Recht die einmütige Unterstützung des Landtages fanden. Zugleich dürfen sie aber kein Ruhekissen sein.
In der Diskussion zur Novellierung leuchteten sehr unterschiedliche Auffassungen dazu auf, was die Kultur und ein Kulturraumgesetz leisten können. Nach wie vor fehlt die explizite Ausrichtung hin zur zeitgenössischen Kunst und bewussten Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen. Es fehlt auch die Verpflichtung zu Kulturentwicklungsplänen. Es fehlt die überfällige Regelung der Stadt-Umland-Beziehungen und nicht zuletzt die Dynamisierung der Finanzzuwendungen. Solche Fehlstellun
gen sind dringend zu beseitigen, denn das Kulturraumgesetz ist das wichtigste Instrument, um in Zeiten des demografischen Wandels vom Vogtland bis zur Lausitz und nicht nur in den Großstädten Leipzig, Dresden und Chemnitz ein reiches Angebot an Theatern und Orchestern, Festivals und Museen zu erhalten.
Zu loben ist auch die offene und transparente Art, wie mit Akteuren und Interessierten die Kulturpolitik in den letzten Jahren gemeinsam entwickelt wurde. Gläserne Werkstatt und Kulturblogs sind Beispiele, die Sie zu Recht genannt haben.
Damit ist im Vergleich zur vergangenen Legislaturperiode ein völlig neuer Stil in das Ministerium eingezogen.
Ein grünes Wahlplakat mit Ministerin Stange als „Totengräberin der Kultur“ wird es also höchstwahrscheinlich nicht geben.
Wir haben heute eine Reihe kulturpolitischer Grundsätze und Ziele in der Fachregierungserklärung gehört, die wir teilen. Aber im Gegensatz zu uns stehen Sie, Frau Dr. Stange, zurzeit in politischer Verantwortung. Da reicht es nicht, auf Konzepte und Studien zu verweisen, sondern es stellt sich die Frage: Wo bleibt die Umsetzung? In welchem Maße haben Sie es geschafft, das Kabinett zu überzeugen? Geben Sie die Entwicklung sächsischer Kulturpolitik vor oder tut das nicht eher Schattenkulturminister Unland, der wichtigen Vorhaben die Finanzierung verweigert?
Frau Dr. Stange, viele Ihrer Vorhaben zielen in die richtige Richtung, aber Sie stehen in Gefahr, zu einer Ankündigungsministerin zu werden, die mit ungedeckten Schecks arbeitet.
Auch mit Ihrem neuen, transparenten Stil haben Sie es nicht geschafft, in Koalition und Regierung die in 14 Jahren absoluter CDU-Mehrheit gewachsene Selbstgefälligkeit zu beseitigen, die Hinweise, Anregungen oder gar Kritik oft gegen eine Wand prallen lässt. Durch diese Selbstgefälligkeit, die teilweise in Arroganz mündet, ist Dresden und damit auch Sachsen gerade dabei, den Welterbetitel für das Dresdner Elbtal zu verspielen.
Daran ändern auch die in den letzten Tagen so kämpferischen Töne der Staatsministerin Stange nichts. Sosehr ich Ihnen als Mensch abnehme, dass Sie entsetzt über den Verlust des Welterbetitels sind, so sehr tragen Sie als Ministerin dieser Regierung die Verantwortung dafür.
Auch die SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag hat ihren Lippenbekenntnissen niemals parlamentarisches Handeln folgen lassen. Weder die zahlreichen Anträge zum Erhalt
des Welterbes noch unser Gesetzentwurf, der für die Welterbestätten zumindest einen Schutzstatus wie in Sachsen-Anhalt erreichen wollte, hatte in diesem Parlament eine Chance.
Meine Damen und Herren von der SPD! Wider besseres Wissen haben Sie den Welterbezerstörern von CDU und FDP stets zu einer parlamentarischen Mehrheit verholfen. Das ist und bleibt die politische Schuld der sächsischen Sozialdemokratie.
Sachsen ist ohne Kultur nur die Hälfte wert, hatte ich gesagt. Deshalb ist es umso bedauerlicher, dass auch in dieser Legislaturperiode Kulturpolitik im Grunde genommen Finanzpolitik war. Gerade wer nicht müde wird, den Weltrang der Ethnographischen Sammlungen und der Staatlichen Kunstsammlungen zu betonen, muss bitte erklären, warum ausgerechnet diese Einrichtungen, die damit betraut sind, die sächsischen Kulturschätze zu bewahren, auszustellen und auch zu vermarkten, im Stellenabbaukonzept der Staatsregierung mit einem weiteren Stellenabbau von 30 % und mehr konfrontiert werden.
Es ist ja nicht so, dass die staatlichen Museen bis dato keine Stellen abgebaut hätten. So bemerkenswert es ist, dass die Restaurierungen von Schloss und Zwinger – also die Investitionen – vorangehen, so unverständlich ist diese kontraproduktive Personalpolitik. Was nützt die schönste Hülle, wenn die Museen in ihr die Arbeit mangels Personal nicht in der notwendigen Qualität leisten können? Sei es die Steigerung der Besucherzahlen durch attraktive Sonderausstellungen, seien es anspruchsvolle museumspädagogische Aufgaben oder gar die Restaurierungsarbeiten.
An der Finanzierung scheitert auch die Arbeit im Sächsischen Industriemuseum. Was nützt ein neuer wissenschaftlicher Beirat, den Sie in Ihrer Rede erwähnt und gelobt haben, ein Beirat, der die Industriekultur auf solide theoretische Füße stellen soll, wenn unter diesen Füßen kein sicherer finanzieller Grund ist?