Frau Dr. Stange, wollten Sie sprechen? – Gut, dann können wir noch nicht zum Schlusswort kommen. Entschuldigung. Bitte, Frau Ministerin Dr. Stange.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag nennt in einem Atemzug zwei Problemfelder der sächsischen Wirtschaft, die im Grunde nichts miteinander zu tun haben. Ich möchte deshalb für Klarheit sorgen und die Dinge sachlich betrachten.
Zunächst zu Palla: Das SMWA stand bereits seit dem Spätsommer 2008 mit der Geschäftsführung des Unternehmens Palla Creativ Textiltechnik in Kontakt. Ziel war es zunächst, dass Unternehmen beim Aufbau einer Hausbankverbindung zu unterstützen. Die Gespräche führten jedoch auch aufgrund der Finanzkrise nicht zum gewünschten Erfolg. Daraufhin hat das Unternehmen im November 2008 einen Insolvenzantrag gestellt.
Das SMWA hat dem Insolvenzverwalter am 29. Januar 2009 eine konditionierte Rettungsbeihilfe in Form eines Darlehens in Höhe von 4 Millionen Euro in Aussicht gestellt, nachdem der Verwalter eine grundsätzlich positive Fortsetzungsprognose erstellt hatte. Die Inaussichtstellung der Rettungsbeihilfe sollte es dem Unternehmen erleichtern, Aufträge zu erhalten. Parallel dazu hatte das SMWA die Kabinettsentscheidung vorbereitet und die EU-Notifizierung eingeleitet. Die Sächsische Aufbaubank als darlehensgewährende Stelle hatte die Eckpunkte des Darlehensvertrages mit dem Verwalter verhandelt. Das Darlehen wurde schließlich nicht gewährt. Grund dafür war nicht zuletzt die ablehnende Haltung des Verwalters und Geschäftsführers im Hinblick auf die Risikobereitschaft für das Unternehmen Palla Creativ. Insolvenzverwalter und Geschäftsführung haben Mitte März 2009 mitgeteilt, dass der vorgelegte Fortführungsplan des Unternehmens nicht mehr den aktuellen Gegebenheiten entsprach und ein erheblich höherer Finanzierungsbedarf abzusehen war.
Diese Information erreichte die Staatsregierung unmittelbar nach der Kabinettsbefassung am 17.03. über die Gewährung der Rettungsbeihilfe, die aufgrund der ursprünglichen Fortführungsplanung positiv entschieden wurde. Die Auszahlung der Rettungsbeihilfe wäre erst nach einer positiven Kabinettsentscheidung möglich geworden. Dies war dem Insolvenzverwalter aber auch bekannt.
Der Insolvenzverwalter und die Geschäftsführung von Palla stellten jedoch am 18.03.2009 in einer Besprechung im SMWA klar, dass wegen höherer Finanzierungsbedarfe die Gesamtfinanzierung nicht mehr gegeben sei. Hinzu kam, dass ein wesentlicher Finanzierungspartner von Palla nicht mehr bereit war, die Sanierung im geplanten Umfang zu begleiten, sodass auch die zuvor besprochenen vertraglichen Eckpunkte bei der Beihilfe – also zum Beispiel die Darlehenssicherheit – keinen Bestand mehr hatten. Wegen der nicht gesicherten Gesamtfinanzierung des Rettungskonzeptes und der fehlenden positiven Fortführungsprognose konnte die Rettungsbeihilfe trotz positiver Kabinettsentscheidung nicht ausgereicht werden.
Investoren für die Palla gab es nach Angaben des Verwalters nicht. Unter diesen Bedingungen war es aus Sicht der Staatsregierung auch nicht mehr vertretbar, das Darlehen zu gewähren.
Im Übrigen: Die Staatsregierung hat bereits in ihrer Antwort auf die Kleinen Anfragen des Abg. Stefan Brangs, Drucksache 4/15267, ausführlich dargelegt, dass seit Anfang 2004 intensive Bemühungen des SMWA und des Textilbeauftragten Prof. Rudolf dahin gingen, dem Eigentümer des Unternehmens Wege aufzuzeigen zu neuen, zukunftsweisenden Technologien und Produkten. Diese Initiative wurde vom Eigentümer weder aufgegriffen noch umgesetzt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was nun Enka Elsterberg anbetrifft, so dürfte auch den Antragstellern nicht entgangen sein, dass das Wirtschaftsministerium und mein Kollege Jurk persönlich sehr intensiv um eine Erhaltung des Standortes bemüht sind. Dennoch führt kein Weg an der Erkenntnis vorbei, dass eine Erhaltung durch Fortführung oder durch Verkauf die Bereitschaft der Eigentümer voraussetzt, von einer Schließung abzusehen. Diese Bereitschaft besteht trotz mancher Verlautbarungen vom örtlichen Geschäftsführer leider nach wie vor nicht.
Die Staatsregierung wird deshalb die weitere Entwicklung aufmerksam begleiten und nichts unversucht lassen, dem Standort eine Zukunft zu ermöglichen. Sie steht deshalb auch mit Interessenten im vertraulichen Gespräch, die den Standort in ihre Investitions- bzw. Ansiedlungsüberlegungen einbeziehen. Es geht der Staatsregierung um die Arbeitsplätze und die Menschen vor Ort.
Sie dürfen versichert sein, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir keine Möglichkeit auslassen werden, im Sinne dieser Maxime zu handeln. Ich glaube, es bedarf dazu auch nicht des Anstoßes der NPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Heidan, es ist schon komisch: Wenn der Herr Jurk oder die Frau Stange oder sonst irgendjemand
sich einer Sache annimmt, dann ist es natürlich „sich kümmern“ und wichtig und gut. Wenn wir es tun, dann ist es Populismus. Ich glaube, da widersprechen Sie sich doch immer wieder selbst.
Wir haben einiges gehört, was nicht alles gemacht worden ist oder werden soll oder möchte oder kann. Es hat ja alles nichts gebracht, ob das bei Qimonda war oder bei Biria oder bei Margon oder ob das jetzt hier ist. Angeblich wurde immer viel gemacht, aber letztendlich kommt nichts dabei heraus.
Was ich nicht gehört habe, weder von Frau Stange noch von Ihnen, Herr Heidan, ist ein einziger Grund, der gegen unseren hier vorliegenden Antrag spricht. Sie sind mit keinem Wort, mit keinem Argument auf den Antrag eingegangen. Sie haben hier nur behauptet, das ist irgendwie Populismus usw.
Ich lasse jetzt abstimmen über den NPD-Antrag und bitte bei Zustimmung um ihr Handzeichen. – Die Gegenstimmen, bitte? – Stimmenthaltungen? – Bei wenigen Stimmen dafür ist der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bevor ich zu meiner Rede komme: Sie haben sicher davon gehört, die UNESCO hat Dresden den Welterbetitel aberkannt.
Dies ist ein schwarzer Tag für Sachsen. Diejenigen, die diese Schande verschuldet haben, die sollten sich schämen.
Ich finde es bezeichnend, dass hier die Zwischenrufe von der rechten Seite kommen, die darüber Freude ausdrücken. Ich glaube, das richtet sich selbst.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir stellen Ihnen heute unser Konzept SachsenTakt 21 vor, mit dem wir eine Renaissance des Schienenverkehrs und des öffentlichen Personennahverkehrs einleiten wollen.
Wir müssen leider feststellen, dass bisher in Sachsen der Straßenverkehr gegenüber dem ÖPNV eindeutig bevorzugt wird. Der SPNV/ÖPNV wird in diesem Land immer noch als Lückenbüßer für diejenigen vorgehalten, die
noch nicht oder nicht mehr Auto fahren können. Als Hauptverkehrsmittel gelten Autos und dafür möglichst breite Straßen. Ein völliges Fehlverständnis, das der Gesellschaft schon seit Langem teuer zu stehen kommt.
Erstens müssen wir uns über die Grundsatzeinstellung einig werden. Es ist nach unserer Überzeugung Aufgabe des Staates, allen Bürgerinnen und Bürgern individuelle Mobilität zu ermöglichen. Der Autoverkehr kann aber eben dies nicht leisten, da er Kinder, Alte oder Ehepartner von Pendlern ausschließt. Mobilität für alle kann eben nur der ÖPNV leisten.
Zweitens. Mobilität für alle zu gewährleisten gilt auch und gerade für den ländlichen Raum. Der Landesentwicklungsplan und die Politik dieser Koalition lassen den ländlichen Raum aber allein. Ihre Politik ist allein darauf gerichtet, breite Straßen in die Ballungsräume zu bauen; so nachzulesen in Ihrer Koalitionsvereinbarung. Damit glauben Sie allen Ernstes, die Mobilitätsfragen des ländlichen Raumes gelöst zu haben.
Drittens. Entgegen allen gegenteiligen Behauptungen wird der Autoverkehr in Europa weitaus stärker subventioniert als der ÖPNV. Nach Schätzungen der Europäischen Umweltagentur wurde der Straßenverkehr 2007 in Europa mit 125 Milliarden Euro, der Schienenverkehr aber nur mit 73 Milliarden Euro subventioniert. In Sachsen wiederum ist die Schere noch größer.
Prof. Becker von der TU Dresden hat bereits 2001 die externen Kosten des Verkehrs berechnet, die die Nutzer eben nicht bezahlen. Sie können sich merken: nicht internalisierte Kosten insgesamt 6,5 Milliarden Euro im Jahr, davon allein 6,2 Milliarden Euro verursacht durch den Straßenverkehr.
Im Übrigen ist bekanntlich die CO2-Bilanz des SPNV/ÖPNV um zwei Drittel günstiger als die des Straßenverkehrs.
Diese drei Gründe – Mobilitätsgewährleistung für alle, größere volkswirtschaftliche Effizienz und bessere Klima- und Umweltbilanz – sprechen für einen massiven Ausbau des SPNV/ÖPNV.
Meine Damen und Herren! Wir Bündnisgrüne wollen ernst machen mit der Verlagerung von motorisiertem Individualverkehr zum Schienenverkehr und zu einem besseren ÖPNV. Wir wollen den SPNV/ÖPNV zum Hauptverkehrsmittel in Sachsen machen.
Trotz durchaus vorhandener Verbesserungen ist der Schienenverkehr in Sachsen mangelhaft. Es fehlt insbesondere an einem sächsischen Gesamtkonzept für einen besseren SPNV. Im Fernverkehr sind die Mängel altbekannt und auch in diesem Hause viel beklagt: indiskutable, nur zweistündige Verbindungen von Dresden nach Berlin und überlange Fahrzeiten auf dieser Strecke. Der gesamte südwestliche und ostsächsische Raum ist vom Fernverkehr abgehängt. Die Deutsche Bahn lässt Sachsen in ihren Planungen beim Ausbau links liegen. Leipzig ist eigentlich auch nur noch als Wegestation von Berlin nach München im Netz vorhanden.
Wie wacklig der Zweig nach Dresden ist, zeigt die Misere über die ICE-Fahrzeuge, die natürlich auf der Strecke Dresden–Leipzig ausgetragen wurde. Die Fehlentscheidung für den Ausbau der Thüringer-Wald-Strecke droht bald sogar den ICE-Anschluss von Leipzig infrage zu stellen. Das ist ein Sachverhalt, der, wie mir scheint, noch nicht richtig bemerkt worden ist.
Mir ist natürlich bekannt, dass der Fernverkehr eigenwirtschaftlich von der Deutschen Bahn betrieben wird, wie mir jetzt gleich Frau Stange in Vertretung von Herrn Jurk sagen wird. Aber es waren eben in den letzten Jahren immer sozialdemokratische Verkehrsminister auf Bundesebene, die den verhängnisvollen Kurs eines Herrn Mehdorn politisch stets abgedeckt haben. Es ist doch Herr Tiefensee aus Sachsen, der eine Privatisierung der Bahn ohne ausreichende Leistungsvereinbarung betrieben hat.
Wir freuen uns darauf, dass die Bürgerinnen und Bürger bei der Bundestagswahl auch über die verfehlte Form der Bahnprivatisierung werden abstimmen können.