Protocol of the Session on June 25, 2009

(Zuruf der Abg. Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion)

Wir als Koalition haben seit dem Jahre 2006 einen schuldenfreien Haushalt vorgelegt, der zeigt, dass die Sozialdemokraten etwas davon verstehen, mit Geld umzugehen.

(Zuruf der Abg. Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion)

Das zeigen wir auch im Bund, dass wir davon etwas verstehen, denn dort ist der Bundesfinanzminister über Parteigrenzen hinweg anerkannt. Es geht um die Frage, ob in bestimmten Bereichen antizyklisch gehandelt wird, um das Thema Binnenkaufkraft noch einmal in den Fokus zu rücken.

(Dr. Monika Runge, Linksfraktion: So ist es!)

Es ist doch unbestritten, dass wir diesbezüglich ein Problem haben. Wir müssen doch erkennen, dass es Menschen gibt, die von dieser doch so reichen Gesellschaft einfach ausgeklammert sind und daran nicht mehr teilhaben können. Deshalb sind es heute vielleicht nicht mehr die Zigarre oder der Zylinder, die Sie im Bild hatten, oder der Rheinische Sauerbraten, dann ist es vielleicht der Zigarillo, das Cabrio und die Fettuccine mit Lachssauce. Aber es ist doch so, dass es nach wie vor ein Oben und ein Unten gibt, nämlich die Reichen haben zunehmend mehr Einkommen in diesem Land und die Armen werden leider Gottes immer ärmer.

(Beifall des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Genau das ist der Punkt, der mich umtreibt und weshalb ich noch einmal hier vorn stehe. Wenn wir Löhne von 3,80 Euro in Wechsel- und Nachtschicht haben und behauptet wird, es gebe nicht mehr den armen ausgemergelten Arbeitnehmer und es gebe nicht mehr den Großen mit der Zigarre, dann sagen wir: Es gibt es diese Arbeitnehmer, die mit 3,80 Euro Stundenlohn eine Familie ernähren müssen, die Nachtschicht fahren und ergänzend Sozialleistungen benötigen. Diese fühlen sich in dieser Gesellschaft nicht mehr angenommen. Sie fühlen, dass sie diese Gesellschaft außen vor lässt. Deshalb macht es Sinn, dass wir über Mindestlöhne sprechen.

Wichtig ist mir auch zu sagen, dass es nicht nur SchwarzWeiß, sondern auch viele Grautöne gibt, und bei diesen Grautönen geht es darum, diejenigen zu belasten, die mehr stemmen können und breitere Schultern haben. Diesbezüglich macht es Sinn, über eine Vermögensteuer, über eine Erbschaftsteuer oder über die Anhebung des Spitzensteuersatzes nachzudenken.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und der Linksfraktion)

Gibt es noch Redebedarf von anderen Fraktionen? – Die Fraktion DIE GRÜNEN hat noch eine Minute und 39 Sekunden Redezeit. Aber bitte nicht so schnell sprechen. Denken Sie an die Stenografinnen.

Herr Pellmann, wenn Sie wirklich einen Systemwechsel wollen und kein Systemkritiker sind und damit die andere Seite der Medaille meinen, wie ich es hier erklärt habe, dann müssten Sie für Grundsicherungen eintreten, und zwar für eine Grundsicherung für Kinder, für eine Grundsicherung für Menschen im erwachsenen Leben und für eine Grundsicherung für Rentner.

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion: Tun wir doch!)

Da fängt nämlich das Problem an. Wenn Sie die Teilhabe wirklich durchsetzen wollen,

(Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion, steht am Mikrofon.)

bitte keine Zwischenfragen, ich habe keine Zeit – brauchen Sie einen Systemwechsel. Sie behaupten das, aber Sie schreiben nicht „Grundsicherung“ oder wie Sie es machen wollen, sondern Sie schreiben hinein: 500 Euro Hartz IV, Mindestlohn etc.

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion: Das hat damit gar nichts zu tun!)

Die Debatte über den Mindestlohn bringt wieder so eine unheilvolle Wachstumsdebatte mit sich. Das werden Sie erleben. Sie haben die Preise erhöht für falsches Wachstum. Das haben Sie damit erreicht. Ich finde das sehr schlimm.

(Zuruf der Abg. Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion)

Empören Sie sich nur weiterhin, es tut weh, ich weiß. – Das Herumdoktern bringt nichts. Die Geschäftsgrundlage für die Verteilung auf hohem Niveau, von der Sie täglich und nächtlich offensichtlich träumen, ist geplatzt. Die Geschäftsgrundlage ist geplatzt und wir leben wieder in der Realwirtschaft, das heißt, auf dem niedrigen Niveau muss eine hoch intelligente Sozialpolitik gemacht werden.

(Zuruf der Abg. Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion)

Diese hat mehr mit Grundsicherungsmodellen zu tun als mit Steigerungen gegenüber der SPD. Das ist das, was ich vorgeschlagen habe, wie zum Beispiel das Progressionsmodell bei niedrigem Einkommen, um mehr Netto für Menschen mit wenig Einkommen zu erzeugen. Das ist viel klüger als das, was Sie vorgeschlagen haben. Die Menschen haben die Faxen dicke. Sie wollen zukunftsfeste Arbeitsplätze und nicht welche, die mit hohen Subventionen bezahlt werden und nach drei Jahren wegfallen, weil die Firma weiterwandert.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der FDP)

Damit ist die Debatte wieder aufgemacht. Soweit die einzelnen Fraktionen noch Redezeit haben, gebe ich die Runde noch einmal frei. Für die Linksfraktion Frau Abg. Lay; bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Unruhe im Saal)

Ich freue mich sehr, dass DIE LINKE heute zu einer solch lebendigen Debatte zur Wirtschaftspolitik beigetragen hat. Ich freue mich ausgesprochen, dass das Wahlprogramm der Linken so viel Aufmerksamkeit erfährt, auch wenn es nicht alle, Frau Hermenau, komplett gelesen haben.

(Stefan Brangs, SPD: Das ist Realsatire!)

An dieser Stelle sehen wir wieder: DIE LINKE wirkt! Auch im Sächsischen Landtag.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Auf den einen oder anderen Punkt möchte ich eingehen. Es ist schon recht putzig, wenn sich die CDU hier im Sächsischen Landtag hinstellt, plötzlich der Verstaatlichung der Banken oder aber einer besseren Kontrolle der Finanzmärkte das Wort redet, Herr Rößler. Wer hätte das gedacht? Das freut mich ausgesprochen. Ich kann Ihnen nur sagen: Tun Sie es doch! Sie regieren in Sachsen und im Bund. Außer Absichtserklärungen ist in dieser Frage bisher überhaupt nichts passiert.

(Klaus Tischendorf, Linksfraktion: Genau!)

Sie machen es sich vielleicht einfach, wenn Sie die Ursachen der Krise auf die Finanzspekulationen in den USA schieben. Ich muss sagen, Sachsen hat mit der Politik der maroden Landesbank entscheidend dazu beigetragen, dass wir jetzt auch in dieser Situation sind. Sachsen hat in diesem Finanzkasino ordentlich mitgemischt. Das ist doch die Wahrheit!

Die CDU hat der neoliberalen Politik des Sozialabbaus und der Exportorientierung doch jahrelang das Wort geredet. Deswegen tragen Sie Mitverantwortung an der Krise und deren Ausmaß, wie wir es derzeit haben.

Insbesondere auf die Dinge, die Sie, Frau Hermenau, hier gesagt haben, möchte ich noch einmal eingehen. Ich habe von Ihnen heute wirklich keine steuerpolitischen Vorschläge vernommen. Stattdessen schlagen Sie auf DIE LINKE ein. Ich hätte mich gefreut, wenn Sie vielleicht zu Ihrer Politik und Ihrer Verantwortung einmal Stellung genommen hätten.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Sie waren doch dabei, als die rot-grüne Bundesregierung die falschen Weichen gestellt hat,

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

zum Teil in verantwortlicher Stellung! Die Zulassung der Hedge-Fonds ist unter Rot-Grün passiert.

(Beifall bei der Linksfraktion und des Abg. Alexander Delle, NPD)

Die Absenkung des Spitzensteuersatzes hat auch RotGrün mitzuverantworten. An Ihren Widerstand kann ich mich einfach nicht erinnern.

(Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Im Gegenteil! Sie waren daran beteiligt, dass wir jetzt die Unterfinanzierung des Staates und der Länder haben. Das muss an dieser Stelle deutlich gesagt werden.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Zum Zweiten zu Ihren Ausführungen zur Sozialpolitik. Sie bemängeln, dass wir die Sozialpolitik des letzten Jahrhunderts verfolgen würden, und alle Ihre Vorschläge, die kommen, sind im Grunde von uns abgeschrieben.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Sie haben bei uns abgeschrieben!)

Sie, liebe Frau Hermenau, hätten in Regierungsverantwortung gemeinsam mit den Kollegen der SPD doch alle Gelegenheit gehabt, einen gesetzlichen Mindestlohn oder eine Grundsicherung einzuführen, vielleicht bei den Kindern angefangen.

(Beifall bei der Linksfraktion – Antje Hermenau, GRÜNE: Haben wir doch gemacht!)

Stattdessen haben Sie Hartz IV eingeführt. Das ist doch die Wahrheit! Ich habe auch noch in Erinnerung, was Sie im letzten Landtagswahlkampf in einem MDR-Interview zur Frage der Einführung der Bedarfsgemeinschaften gesagt haben. Da haben Sie dies verteidigt. Aus meiner Sicht ist das das Reaktionärste und Patriarchalischste aus dem letzten Jahrhundert, was ich mir überhaupt vorstellen kann.

(Beifall bei der Linksfraktion)