Protocol of the Session on May 15, 2009

(Beifall bei der Linksfraktion und des Abg. Alexander Delle, NPD)

Eines muss klar sein: In dieser Krise muss es uns darum gehen, die Investitionen aufrechtzuerhalten – dahinter stehen wir – und auch das Niveau der Investitionen so hoch wie möglich zu halten. Es muss uns darum gehen, die Nachfrage im Konsum so hoch wie möglich zu halten. Ich denke, dass die Besoldungserhöhung ein richtiges Signal war, da sie sich auch auf den Konsum in Sachsen voll durchschlägt. Das ist meines Erachtens ein positives Signal.

(Beifall bei der Linksfraktion – Zuruf des Abg. Holger Zastrow, FDP)

Was uns jetzt in der Diskussion bevorsteht, ist die Frage, wie wir mit dem vor uns liegenden Doppelhaushalt, den Sie alle wollten, umgehen. Ich will es vorwegsagen: Sie werden von mir nicht hören, dass wir einen Nachtragshaushalt fordern. Aber was im Bund gerade angedacht wird – Steinbrück sagte, innerhalb eines Monats werde er einen Nachtragshaushalt vorlegen –, sollte zumindest ein Maßstab sein, den wir Sachsen anlegen müssen. Es ist darüber zu diskutieren, erstens, wie wir mit dem Parlament umgehen und was die Einbeziehung der parlamentarischen Ebene in diese Mindereinnahmen angeht, zweitens, was die Geschwindigkeit angeht, mit der gehandelt wird, und drittens, was die Konkretheit angeht.

Ich möchte nicht erleben, dass wir am Ende über globale Minderausgaben sprechen müssen. Wir müssen eine klare Definition darüber haben, wo die Umschichtungen stattfinden werden, weil wir verhindern müssen, dass Sozialstandards gekappt werden mit der Begründung: Wir sind in der Krise und haben kein Geld mehr! Dabei werden wir nicht mitmachen.

Aus unserer Sicht ist sicherzustellen, dass die Sozialstandards in Sachsen erhalten bleiben, dass die Investitionen aufrechterhalten bleiben und dass wir das Konjunkturprogramm schnellstens und vollständig umsetzen. Wir werden nicht zulassen, dass Sie die Flucht in die Sommerpause antreten.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Für die SPD erhält der Abg. Pecher das Wort. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte daran erinnern, dass wir nicht einen Haushalt machen, um darüber zu debattieren. Wir machen auch keinen Haushalt, der unbedingt in Null aufgeht. Wir machen auch keinen Haushalt mit einer großen Sparbüchse, sondern wir machen einen Haushalt

für die Menschen in Sachsen. Unsere Aufgabe ist es, die auf uns zukommenden Probleme so zu meistern, dass sie für die Menschen in Sachsen nachvollziehbar und transparent sind und dass sie vor allem keine wesentlichen Einschnitte in die Lebensbereiche unseres Landes haben.

Insofern gebe ich meinem Kollegen Scheel durchaus recht, dass wir in vielen Bereichen auf die Solidarität der westdeutschen Länder angewiesen sind. Aber genauso richtig und wichtig ist es, dass wir mit unserem Haushalt vorsichtig und seriös agieren, weil wir es den Geberländern schuldig sind, dass wir das Geld, das wir einsetzen, vernünftig einsetzen und vor allen Dingen nicht über unsere Verhältnisse leben.

Es ist bereits angesprochen worden, dass die Investitionen aufrechtzuerhalten sind. Diesbezüglich sind wir uns in diesem Haus sicherlich alle einig, aber ich möchte das Augenmerk darauf legen – ich habe das auch so in einer Pressemitteilung benannt –, dass es wichtig ist, das System sächsischer Haushalt aufrechtzuerhalten. Wir können nicht mit schnellen Thesen und schnellen Maßnahmen mit der Amputationsschere in den Organismus Haushalt hineingehen und irgendetwas vornehmen, ohne zu prüfen und abzuwägen, welche Auswirkungen das letztlich auf den gesamten sächsischen Haushalt und damit auf den Vollzug im Land hat.

Ich möchte auf einen weiteren Punkt aufmerksam machen. Die Steuermindereinnahmen sind das eine, was den sächsischen Staatshaushalt betrifft, doch wir müssen beachten, sie werden zu einem Viertel auch auf unsere Kommunen durchschlagen. Es wird eine Herausforderung sein, diese Balance herzustellen, was die Steuermindereinnahmen im Land betrifft und wie sich das im künftigen FAG widerspiegelt, das heißt, dort die entsprechende Rücklage zu bilden.

Ich möchte davor warnen, in Pessimismus zu verfallen. Wenn man den heutigen „Pressespiegel“ liest, stellt man fest, dass es durchaus positive Signale gibt, was die Wirtschaft in Sachsen betrifft, ob das BMW in Leipzig, Siemens in Görlitz oder Coca in Schwarzenberg ist. Es geht darum, liquiditätsmäßig eine Lücke durchzustehen und das System sächsischer Haushalt im Gleichgewicht zu halten.

Ich glaube, dass wir diesbezüglich gute Voraussetzungen haben. Dieser Haushalt besitzt genug Elastizität und Rückgrat, um das auf uns Zukommende durchzustehen und die Wirtschaft in Sachsen so am Laufen zu halten, dass wir den Anschluss gewinnen, an den Aufschwung direkt anknüpfen und das Land weiterentwickeln können.

Es spielt für mich eine untergeordnete Rolle, ob wir jetzt Schulden tilgen oder perspektivisch darüber nachdenken, in dem einen oder anderen Bereich Liquidität anzufassen – also dort, wo wir Geld liegen haben, zum Beispiel Bürgschaftsrücklage –, um zu überbrücken, oder zu sagen: Wir gehen in manchen Bereichen mit den Zuführungen etwas sparsamer um, um in den nächsten zwei, drei Jahren entsprechendes Geld zur Verfügung zu haben

Stichwort Pensionsfonds. Das alles sind Themen, die man diskutieren kann, sollte und muss.

Ich appelliere an alle Verantwortlichen, sich Gedanken zu machen. Ich reiche dazu ausdrücklich die Hand. Wir sollten uns gemeinsam hinsetzen, um nach Lösungen zu suchen, wie wir die nächsten zwei, drei Jahre diesen sächsischen Staatshaushalt organisieren können. Das wird schwerpunktmäßig die Arbeit der nächsten Regierung sein, um an zukünftige Entwicklungen anzuknüpfen, ohne den gesamten Haushalt in Gefahr zu bringen oder mit schnellen Maßnahmen zu beeinflussen. Wir haben gute Chancen, das in die Reihe zu bekommen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Die NPD-Fraktion, bitte; Herr Delle.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich am 14. November 2008 an der gleichen Stelle stand und einen Antrag meiner Fraktion einbrachte, in dem wir die Staatsregierung aufforderten, den damals im Geschäftsgang befindlichen Entwurf des Doppelhaushalts für die Jahre 2009/2010 auf seine Nachhaltigkeit zu überprüfen und noch während der laufenden Haushaltsberatungen durch nachträgliche Änderungen und Ergänzungen im Haushalt zu verbessern.

Hintergrund der damaligen NPD-Initiative war eine Prognose des IWF, mit der vorausgesagt wurde, dass erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg die Wirtschaftsleistung in den drei großen Wirtschaftsräumen Europa, Fernost und Nordamerika gleichzeitig schrumpfen werde.

Ich machte damals darauf aufmerksam, dass die Eckwerte für den Haushaltsentwurf 2009/2010 schon im Februar 2008 bei einer Kabinettsklausur in Bad Düben festgelegt wurden, als die EZB noch von einem Wachstum von 1,8 % im Euroraum ausging, und dass angesichts der zu erwartenden dramatischen Steuermindereinnahmen durch die Weltwirtschaftskrise der Haushaltsentwurf der Staatsregierung schnell Makulatur sein würde.

Diese damalige Initiative der NPD-Fraktion war für die Staatsregierung und die hauptberuflichen Problemverdränger der CDU-Fraktion nur Anlass für ein paar schale Witzchen. Kollege Patt entblödete sich beispielsweise nicht zu behaupten, dass der Einbruch der Weltwirtschaftsleistung auf die Präsenz der NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag zurückzuführen sei.

Sie haben im November 2008 unseren Antrag abgelehnt, in dem wir Sie aufforderten, den Haushalt krisenfest zu machen. Fast auf den Tag genau ein halbes Jahr später hat uns die Wirklichkeit brutal eingeholt. Heute teilt das Statistische Bundesamt mit, dass die deutsche Wirtschaft zu Jahresbeginn regelrecht abgestürzt und das Bruttoinlandsprodukt im I. Quartal 2009 um 3,8 % gegenüber dem Vorquartal gesunken sei. Das ist mit Abstand der größte

Rückgang seit der Einführung der Quartalsvergleiche im Jahr 1970.

Hoch dramatisch ist auch die Prognose, die der Bund anlässlich der aktuellen Steuerschätzung der Öffentlichkeit präsentierte. Durch den heftigen Wirtschaftseinbruch muss die öffentliche Hand bis zum Jahr 2013 mit rund 316 Milliarden Euro weniger auskommen, als in den rosigen Zeiten des Pseudoaufschwungs veranschlagt. Auch mit Blick auf die Steuerschätzung muss festgehalten werden – die Steuerschätzer sind nur der Überbringer der schlechten Nachricht; im Kern basiert sie auf den Vorgaben der Bundesregierung –: Bei einem offiziell zu erwartenden Rückgang des Bruttoinlandsproduktes von 6 % ist ein drastisches Minus bei Steueraufkommen programmiert.

Vor dem Hintergrund dieser Zahlen ist die Steuerschätzung der Staatsregierung für den Freistaat, die jetzt von Steuermindereinnahmen von rund einer Milliarde Euro in Sachsen für das laufende Jahr ausgeht, mit großer Vorsicht zu genießen, denn auch diese Zahlen dürften sich bald als ein viel zu optimistischer Ansatz herausstellen.

Wirtschaftsminister Thomas Jurk hat zu Recht gegenüber der „Leipziger Volkszeitung“ festgestellt, dass die nun zwangsläufig anstehenden Haushaltssperren das kassieren werden, was wir im Konjunkturprogramm II vom Bund für unsere Kommunen bekommen werden. Deshalb, meine Damen und Herren, kann ich den Appell heute nur wiederholen, der damals bei Ihnen nur auf taube Ohren gestoßen ist. Machen Sie den Haushalt endlich krisenfest! Der dramatische Niedergang der globalen Wirtschaft und die nun eingeleiteten ruinösen, finanzpolitischen Wahnsinnsaktionen zugunsten der internationalen Hochfinanz sind auch für uns in Sachsen zwingende Gründe, eine fundamentale Kehrtwende in der regionalen und nationalen Wirtschafts- und Finanzpolitik einzuleiten. Die Wirtschaft, meine Damen und Herren, hat endlich wieder dem Menschen zu dienen und nicht umgekehrt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Die FDP-Fraktion erhält das Wort; Herr Zastrow, bitte.

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion: Das wird was Schönes werden!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Steuerausfälle sind natürlich äußerst unangenehm. Darin sind wir uns sicher einig. Aber trotzdem möchte ich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass uns keine finanzpolitische Steinzeit droht. Denn selbst für das voraussichtlich schlimmste Jahr, das Jahr 2010, wird prognostiziert, dass bundesweit immer noch 58 Milliarden Euro mehr Steuern eingenommen werden, als es zum Antritt der schwarz-roten Koalition im Jahr 2005 der Fall gewesen ist. Das heißt, wir dürfen nicht vergessen, auf welchem Niveau wir uns im Moment befinden.

(Beifall bei der FDP)

Ganz klar ist – trotzdem stimme ich in die Panikmache, die Sie, Herr Scheel, gepredigt haben, nicht ein –, dass uns beispielsweise die eine Milliarde, die in unserem Landeshaushalt wegen der Sachsen LB nun mal gebunden ist, momentan besonders schmerzt, weil wir sie nicht einfach so verwenden können. Man merkt auch, was man hätte tun müssen: in guten Zeiten für schlechte Zeiten entsprechend vorzusorgen.

(Beifall bei der CDU)

Der Freistaat Sachsen hatte – Kollege Flath, freuen Sie sich nicht zu früh – einiges getan. Das respektieren und unterstützen wir auch. Der Generationenfonds ist aus unserer Sicht der richtige Weg, an dem man ohne Abänderung festhalten sollte.

(Beifall bei der FDP)

Wir finden auch, dass es richtig ist, dass der Freistaat Sachsen in Sachen Schuldenabbau Wege gegangen ist, die vorbildlich für die Bundesrepublik Deutschland sind und wovon andere eine Menge lernen können. Auch das sollte weiter so gemacht werden.

Trotz alledem war die Reformkraft, die man in guten Zeiten hätte hinlegen können, aber leider auch in Sachsen zu gering. Ich erinnere nur daran, dass wir die große Chance hatten, mit einer gut gemachten Verwaltungsreform von den sehr hohen Verwaltungs- und Personalkosten in Sachsen mal richtig herunterzukommen. Man hätte mit entschiedenen Entbürokratisierungsmaßnahmen und mit der Bereitschaft zu mehr Aufgabenverzicht

(Mario Pecher, SPD: Personalabbau!)

Strukturen ändern müssen. Das haben Sie nicht geschafft, und das führt eben dazu, dass dieser Staat inzwischen zu teuer geworden ist und wir auf allen Ebenen über unsere Verhältnisse leben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Das gilt übrigens ganz unabhängig von der jetzigen Steuersituation. Das gilt in guten wie in schlechten Zeiten. Das wird eine Debatte der Zukunft sein; denn wir müssen die Frage beantworten, welche Leistungen unser Staat überhaupt noch erbringen kann und muss.

(Zuruf von der Linksfraktion)

Dazu will ich eines ganz klar sagen: Unser Staat muss sich künftig stärker mäßigen, aber auch die Ansprüche vieler Menschen an den Staat müssen sich mäßigen. Dazu zähle ich ausdrücklich die vielen zu stark fördermittelorientierten Unternehmen mit ihren Ansprüchen. Auch diese müssen sich mäßigen, wenn wir in Deutschland von der gerade wieder von der OECD bestätigten enormen Steuer- und Abgabenlast herunterkommen wollen.

All das ist die Voraussetzung dafür, dass wir in Deutschland endlich das machen können, was aus unserer Sicht so dringend notwendig ist, nämlich sehr konsequent die Steuern zu senken. Steuersenkung ist das entscheidende

Instrument, um beispielsweise die Binnenkonjunktur anspringen zu lassen. Es ist das entscheidende Instrument, um ein Signal an die berufstätige Bevölkerung unseres Landes zu geben und ihr endlich wieder mehr Netto vom Brutto zu lassen. Denn eines sollte Konsens auch in diesem Haus sein: Arbeit muss sich in Deutschland wieder lohnen.