Protocol of the Session on May 14, 2009

Die Finanzministerkonferenz hat darauf hingewiesen, dass der Hochschulpakt im Zusammenhang mit der Qualifizierungsinitiative in diese Überlegungen einzubeziehen ist und eine Beschlussfassung der Ministerpräsi

dentenkonferenz daher in diesem Zusammenhang erfolgen sollte – sprich: im Herbst dieses Jahres.

Die Finanzministerkonferenz hat außerdem angemerkt, dass sich die finanzpolitischen Handlungsspielräume durch die Wirtschafts- und Finanzkrise und das vorgesehene Schuldenverbot im Rahmen der Föderalismusreform II erheblich verengt haben.

Auf Initiative des Freistaates Sachsen hat die Konferenz der Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder am 07.05., also vor Kurzem, der Bundeskanzlerin und den Regierungschefs der Länder vorgeschlagen, den Entwürfen der Verwaltungsvereinbarung zum Hochschulpakt 2020, zur Fortsetzung der Exzellenzinitiative und des Paktes für Forschung und Innovation in der von der GWK beschlossenen Fassung zuzustimmen.

Das ist die Situation, in der wir uns derzeit vor der Ministerpräsidentenkonferenz, den Treffs der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin, befinden.

Grundlage für die Fortschreibung des Hochschulpaktes 2020 – wir haben das stark verkürzt, um transparent zu machen, was eigentlich passiert und was auf Sachsen zukommt – ist die KMK-Vorausberechnung der Studienanfängerzahlen bis 2020, und zwar mit Stand 2008. Danach sind bundesweit bis 2015 rund 276 000 zusätzliche Studienanfängerplätze gegenüber dem Jahr 2005 zu erwarten, für die der Bund nun eine Mitfinanzierung übernimmt. Das könnten die Länder, insbesondere die westlichen Bundesländer, nicht allein schultern.

Dabei steht einem Rückgang von rund 64 000 Studienanfängern in den Jahren 2011 bis 2015 gegenüber dem Ist 2005 in den neuen Bundesländern und Berlin auf der einen Seite ein Zuwachs um rund 340 000 Studienanfänger in den westlichen Bundesländern gegenüber. Also 64 000 weniger Studienanfänger in den neuen Bundesländern und Berlin, aber 340 000 Studienanfänger zusätzlich in den westlichen Bundesländern. Das ist die Situation, die es erforderlich macht, diesen Hochschulpakt zu schließen.

Herr Gerstenberg, Sie haben vorhin kritisiert, dass der Hochschulpakt nicht ausreichend ausfinanziert wäre. Es ist maßgeblich auf Sachsen und einige wenige andere Bundesländer zurückzuführen, dass der Hochschulpakt in der zweiten Phase besser ausgestattet ist als in der ersten Phase. Statt 22 000 Euro pro Studienplatz werden jetzt 26 000 Euro pro Studienplatz zur Verfügung gestellt. Das heißt – wenn man 1 000 Euro für Inflationsausgleich abrechnet –, dass 3 000 Euro ganz bewusst zur Verbesserung der Qualität der Lehre, zur Verbesserung der Betreuungssituation, in den Hochschulpakt geflossen sind. Das ist eine deutliche Verbesserung und auch ein Lernprozess gegenüber der ersten Phase des Hochschulpaktes.

Der Bund wird bis 2018, das heißt bis zur Ausfinanzierung, rund 3,6 Milliarden Euro für den Hochschulpakt zur Verfügung stellen, immer vorausgesetzt, die Ministerpräsidentenkonferenz und die Bundeskanzlerin stimmen Anfang Juni diesem Hochschulpakt zu.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese sehr unterschiedliche Entwicklung zwischen Ost und West führt dazu – Herr Gerstenberg, ich will noch einmal wiederholen, was Frau Raatz vorhin gesagt hat –, dass faktisch tatsächlich Geld den Studierenden folgt, nämlich von West nach Ost, den Studierenden, die wir aus den westlichen Bundesländern gewinnen können und die dann mit dem Geld des Bundes und der westlichen Bundesländer gemeinsam finanziert werden.

Auf dieser Grundlage erhält Sachsen, wenn es seine Verpflichtungen einhält, nämlich mindestens die KMKPrognose – das sind im Durchschnitt mindestens 14 000 Studienanfängerinnen und Studienanfänger in den nächsten Jahren –, in dieser Zeit etwa 145 Millionen Euro.

Ich denke, das lohnt sich, weil wir damit eine existenzielle Grundsicherung in den nächsten Jahren für unsere Hochschulen erreichen, in einer Zeit – und auch das bitte ich, sich noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen –, in der sich die Zahl unserer eigenen, unserer sächsischen Hochschulzugangsberechtigten nahezu halbiert, von heute 20 000 auf 11 500 zurückgeht, wenn nicht, Herr Wöller, in den Schulen ein Wunder geschieht.

Vor diesem Hintergrund ist es eine große Herausforderung für die Hochschulen, für das Land insgesamt, in den nächsten Jahren nicht nur attraktive Hochschulen zu schaffen. Dabei geht es – auch das bitte ich zu beachten – nicht allein um die Existenz der Hochschulen, nicht allein um die Arbeitsplätze der Hochschullehrer oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und auch nicht allein darum, Studierenden hier in Sachsen gute Bedingungen zu bieten; sondern es geht ganz maßgeblich darum, dass wir den akademischen Fachkräftenachwuchs in den Jahren nach 2010 hier in Sachsen sichern. Denn das, was ich gerade zum Einbruch bei den Zahlen der Hochschulzugangsberechtigten gesagt habe, bedeutet auch, dass wir nur noch etwa die Hälfte an medizinischem Fachkräftenachwuchs haben werden, wenn es uns nicht gelingt, junge Leute aus den westlichen Bundesländern und aus dem Ausland nach Sachsen zu holen.

Lassen Sie mich noch zum zweiten Teil kommen. Herr Gerstenberg, auch dazu hätte ich gern im Ausschuss Näheres gesagt, und ich bin auch bereit, das noch zu tun. Wir haben mitnichten gewartet, bis die Hochschulvereinbarung im Jahr 2010 ausläuft. Wir sind mit den Hochschulen im Dialog bei der Erarbeitung einer Hochschulentwicklungsplanung bis zum Jahr 2020. Ziel ist es, die künftigen Strukturen der sächsischen Hochschullandschaft an aktuelle, aber auch an heute absehbare Herausforderungen – ich habe sie gerade genannt – anzupassen.

Dabei sind demografische Faktoren genauso wie die Verpflichtungen aus dem Hochschulpakt zu berücksichtigen. Dabei ist aber auch zu berücksichtigen, dass wir ein breites Angebot an Studiengängen erhalten. Zu berücksichtigen sind außerdem die zukünftigen Anforderungen des Arbeitsmarktes, die Auswirkungen des BolognaProzesses – Frau Raatz hat darauf hingewiesen –, aber auch die Anforderungen einer leistungs- und wettbe

werbsfähigen Forschungsinfrastruktur; denn an jeder Hochschule hängen faktisch außeruniversitäre Forschungseinrichtungen.

Der Hochschulentwicklungsplan wird derzeit bei mir im Hause erarbeitet. Er wird noch in der Sommerpause in den Eckpunkten vorliegen, und ich gehe davon aus, dass wir im Herbst auf dieser Grundlage zügig an die Erarbeitung einer Hochschulvereinbarung mit den Hochschulen gehen können.

Diese Hochschulvereinbarung ist aber maßgeblich von dem abhängig, was dieses Hohe Haus im Rahmen von Haushaltsgesetzen bereit ist, an Prioritäten für den Bereich Hochschule und Forschung in den kommenden Jahren zur Verfügung zu stellen. Denn die schönste Hochschulvereinbarung nützt uns gar nichts, wenn sie nicht mit den finanziellen und personellen Ressourcen untersetzt wird, die dafür notwendig sind.

Insofern, lieber Herr Gerstenberg, liebe Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, auch wenn, wie gesagt, dieses Thema ungeheuer wichtig ist: Sie können davon ausgehen, dass all die Punkte, die Sie in Ihrem Antrag stehen haben, bereits im laufenden Prozess der Umsetzung sind, sofern sie tatsächlich derzeit umgesetzt werden müssen, was die Hochschulvereinbarung und den Hochschulpakt angeht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Herr Dr. Gerstenberg, Sie haben noch Redezeit als auch das Schlusswort. Wie entscheiden Sie sich?

(Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE: Für Redezeit!)

Für Redezeit; bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich für die Redezeit entschieden, da diese ein wenig länger ist.

Herr Dr. Schmalfuß, Sie haben uns mangelnde Aktivität im Ausschuss vorgeworfen. Auf dieses Niveau werde ich mich nicht begeben. Für Sie spricht immerhin, dass Sie dabei rot geworden sind. Ich möchte mich bei Ihnen auch ausdrücklich dafür entschuldigen, dass auf der Tagesordnung der nächsten Sitzung des Hochschulausschusses wiederum nur etwa fünf Anträge der GRÜNEN stehen werden. Wir werden in Zukunft deutlich fleißiger werden. Das kann ich Ihnen versprechen.

Frau Staatsministerin, auch ich hätte über diesen Antrag gern im Ausschuss debattiert, aber ich glaube, der 5. Sächsische Landtag wird zu einer Regelung finden müssen, nach der es möglich sein wird, Anträge im Ausschuss zu debattieren und zu behandeln und danach auch noch abschließend im Plenum zu behandeln. Das ist eine in deutschen Parlamenten übliche Form. Dieses Entweder-Oder, also im Ausschuss darüber sprechen und in der Sammeldrucksache versenken oder im Schnellver

fahren hier im Plenum behandeln, ist für die Diskussion äußerst unproduktiv.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Ich danke Ihnen ansonsten für Ihre Ausführungen, die auch einiges richtiggestellt haben, insbesondere Fehldarstellungen, die Herr Mannsfeld vorgenommen hat.

Gewundert habe ich mich aber über Frau Raatz. Wir kommen ja ganz leicht zusammen, wir haben nur einen Unterschied: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN als Oppositionsfraktion sind nicht dazu da, die Staatsregierung zu loben, sondern dazu, den Finger in die Wunden zu legen und das aufzuzeigen, was noch fehlt und was nicht stimmt. Aber wir kommen offensichtlich zusammen. Auch wir haben den Hochschullastenausgleich im Bundestagswahlprogramm. Ich kann nachvollziehen, dass es eine starke Diskussion gibt, weil auch die GRÜNEN in potenziellen Geberländern wie Baden-Württemberg nicht von vornherein begeistert waren.

Ich freue mich also, insbesondere auch von der Frau Ministerin gehört zu haben, dass dieses Prinzip nicht vom Tisch ist; denn, Herr Prof. Mannsfeld, der derzeit ausgehandelte Pakt ersetzt nicht ein solches Ausgleichssystem. Da sind die GRÜNEN nicht der Erfinder, und da war auch Herr Zöllner nicht der Erfinder. Die Erfinder waren wie so oft die Schweizer. Die machen nicht nur gute Uhren, sondern aufgrund ihres kleinteiligen föderalistischen Systems auch sehr gute Ausgleichssysteme zum Beispiel bei der Finanzierung der Hochschulen. Dort funktioniert es seit Jahren. Darauf beruht meine Hoffnung: dass das Bohren dicker Bretter vielleicht hier noch etwas dauert, aber dann auch erfolgreich sein wird.

Ich habe von Ihnen, Frau Raatz, gehört, dass es mit der SPD keinen Stellenabbau geben wird. Den Lastenausgleich haben Sie im Bundestagswahlprogramm. Es wird auch keine Studiengebühren geben. Ich habe also kein Wort gehört, das Sie hindert, diesem Antrag zuzustimmen.

(Zuruf der Abg. Dr. Simone Raatz, SPD)

Auf diese Zustimmung freue ich mich jetzt sehr.

Etwas anders sah das bei Herrn Mannsfeld aus. Sie müssen mir schon verzeihen, aber ich bin misstrauisch, wenn die CDU in Sachsen in Sachen Studiengebühren plötzlich eine Wendung macht. Ich würde mich ja freuen, wenn Ministerpräsident Tillich das ehrlich meint und, in welcher Koalition auch immer, auch nach der nächsten Wahl dieses Prinzip durchsetzt. Aber ich weiß, dass er damit auf eine tief verhärtete ideologische Gegenposition in der CDU-Fraktion stößt. Das, was Sie gesagt haben – Studiengebühren wären der effektivste Weg, den Grundsatz „Geld folgt Studierenden“ durchzusetzen –, ist ein weiterer Beweis dafür, wie tief dieses Denken verwurzelt ist.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Karl Mannsfeld, CDU)

Ich glaube, das Interessanteste ist, dass wir von Ihnen keinerlei Aussagen zu dem zweiten Teil unseres Antrages

gehört haben. Sie haben weder bestätigt, dass Sie bereit sind, den Umfang der Gesamtaufwendungen für die Hochschulen zu sichern, noch dass Sie bereit sind, die Personalkapazitäten beizubehalten. Und das ist die entscheidende Frage. Das ist das, was jetzt in den sächsischen Hochschulen diskutiert wird, und das müssten Sie eigentlich genauso gut wissen wie ich.

Die Hochschulen brauchen dieses Geld, sie brauchen auch diese Sicherheit, und sie brauchen sie vor allem für eine bessere Lehre. Es ist der völlig falsche Ansatz, zu sagen: Für das Ziel, mehr Studierende anzuziehen, haben wir doch unsere Werbekampagne „Pack dein Studium!“. Anziehend ist eine gute Lehre, und derzeit stöhnen die Hochschulen unter einer Überlast, die sie kaum kompensieren können. Ob mit oder ohne Imagekampagne – wirklich attraktiv können die sächsischen Hochschulen nicht werden, weil ihnen einfach die Luft unter dieser Überlast fehlt, um innovative Lehre zu konzipieren und umzusetzen.

Sie, Prof. Mannsfeld, wollen das nicht hören, aber die einschlägigen Rankings, bei denen die sächsischen Hochschulen nur Durchschnitt sind, sprechen für sich.

(Beifall des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Es ist aus unserer Sicht wichtig, eine gesicherte Finanzierung auch bei zurückgehenden Studierendenzahlen zu sichern, nicht nur um diese Atempause für die Hochschu

len zu schaffen, sondern auch, um bessere Betreuungsrelationen einzuführen. So könnten auch die Freiräume für die dringend notwendige Reform bei Bachelor- und Masterstudiengängen geschaffen werden.

Bitte zum Schluss kommen!

Erst wenn die Hochschulen wirklich die Luft für bessere Studienqualität haben, können sie mehr Studierende anziehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Dr. Gerstenberg, Sie können gleich hierbleiben zum Schlusswort. Oder ist das damit erledigt?

(Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE: Das ist erledigt!)

Gut.

Meine Damen und Herren, ich stelle nun die Drucksache 4/15329 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Die Gegenstimmen, bitte. – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und einer ganzen Reihe von Stimmen dafür ist diese Drucksache nicht beschlossen worden.