Protocol of the Session on March 19, 2009

Aber bei allen Bemühungen vonseiten des Wirtschaftsministers muss man auch sagen: Die Grundbedingungen für das Unternehmen sind und bleiben ungünstig. Die Wirtschaftskrise hinterlässt auch in der Chipbranche tiefe Spuren. Der Umsatz der inländischen Hersteller von Mikrochips wird nach Schätzungen 2009 um knapp ein Viertel schrumpfen. Das kann nicht ohne Auswirkungen auf Qimonda bleiben. Das Geschäftsjahr, das am 30. September 2008 endete, hat Qimonda wahrscheinlich mit einem Defizit von 1,9 Milliarden Euro beendet.

Natürlich kann man schlecht investieren, wenn man Verluste macht. Dabei ist aber schon vorher viel zu viel verpasst worden. In den für Qimonda und Infineon sehr erfolgreichen Jahren wurden die notwendigen Investitionen viel zu zögerlich umgesetzt. Das Mutterunternehmen Infineon hat in den Verhandlungen nicht den Eindruck erweckt, als sei es wirklich an der Rettung interessiert. Trotz der widrigen Umstände kämpft Thomas Jurk um Qimonda und um jeden Arbeitsplatz.

Die politisch Verantwortlichen auf allen anderen Ebenen zeigen dagegen sehr wenig Interesse daran, Hochtechnologien und Arbeitsplätze zu erhalten. Von den zuständigen Vertretern der Bundesregierung gibt es nur müde Absichtserklärungen ohne Folgen. Der Bundeswirtschaftsminister fliegt lieber in die USA, um die Chancen für Opel zu sondieren. Heraus kommt aber ein Schaulaufen für die Journalisten. Von staatlichen Beteiligungen an Unternehmen hält Herr zu Guttenberg in guter alter ordnungspolitischer Manier generell wenig. Eine Ausnahme scheint die Scheffler-Gruppe zu sein, die sich an ihrem Continental Deal mörderisch verhoben hat. Da ist dem CSU-Politiker die Jacke näher als die Hose. Die Arbeitsplätze von Scheffler liegen auch in Bayern, und nicht in Sachsen. Aber wie unser Wirtschaftsminister schon richtig sagte: Der Sitz von Qimonda ist München. Bayern ist deshalb auch betroffen, und die Europäische Union ist nicht wirklich bereit, dem letzten europäischen Halbleiterstandort unter die Arme zu greifen.

Dass hier mit europäischem Wettbewerbsrecht argumentiert wird, kann man nur als Farce bezeichnen. Europäischen Wettbewerb gibt es in dieser Branche nicht. Dresden ist der letzte europäische Standort, an dem Forschung und Entwicklung stattfinden. Es gibt jedoch einen ruinösen globalen Wettlauf der Chiphersteller. Wenn dieser so weitergeht, kann im Ziel nur ein Unternehmen übrig bleiben. Qimonda wird es nicht sein, wenn der Wettlauf auf asiatischer Seite weiter mit Milliarden Euro Staatshilfe unterstützt wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Trotz dieser ungünstigen Umstände wurde Tag und Nacht an einer Lösung gearbeitet, und dafür gibt es wirklich einleuchtende Gründe. Sachsen, Deutschland und Europa brauchen den Hightech-Standort in Dresden. Insgesamt wurde seit Beginn der Neunzigerjahre in den Chipstandort Dresden ein Volumen von knapp 12 Milliarden Euro investiert. So entwickelte sich das größte Halbleiterentwicklungszentrum in Deutschland, gleichzeitig das größte industrielle Forschungs- und Entwicklungszentrum in Ostdeutschland überhaupt. Wir sprechen über den sächsischen Mikroelektronikcluster. Qimonda und Infineon spielen für diesen Cluster eine zentrale Rolle. Unserer Meinung nach kann man nicht erst Leuchttürme bauen und beim ersten Sturm das Licht ausschalten. Das ist ein trauriger Umgang mit dem Erbe Kurt Biedenkopfs.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! In allen politischen Lagern besteht Konsens darin, dass wir Qimonda erhalten wollen. Das kann ich jedenfalls dem entnehmen, was die Staatsregierung, die sie tragenden Fraktionen und große Teile der Opposition vertreten. Einzig die FDP handelt wie immer nach der Devise „Nach uns die Sintflut!“ und hält weiter an ihrer marktradikalen Propaganda fest. Die vielen Menschen, die von der Insolvenz von Qimonda betroffen sind, spielen in ihrer liberalen Welt keine Rolle.

Kleiner wird der Konsens bei der Frage, wie sich der Freistaat bei der Rettung engagieren soll. Staatliche Beteiligungen sind aus unserer Sicht grundsätzlich ein

sinnvolles Mittel, um Unternehmen zu helfen. Thomas Jurk hat immer deutlich gemacht, dass sich der Freistaat bei Qimonda finanziell engagieren werde. Deshalb stehen wir dafür, dass wir uns für eine gewisse Zeit als Anteilseigner für Qimonda am Standort Dresden einbringen. Aus unserer Sicht geht das nur durch eine Minderheitsbeteiligung von mindestens 25 % und eine Aktie. Damit hätten wir die Sperrminorität, die ein Engagement absichern könnte; denn wir wollen Qimonda hier am Standort Sachsen erhalten. Das ist der beste Weg.

Ein mögliches Modell ist in der Vergangenheit bereits erfolgreich angewendet worden. Die Messegesellschaft war beim Vorgänger von Qimonda beteiligt und ist mit einem Gewinn von fast 80 Millionen Euro nach einiger Zeit wieder ausgestiegen.

(Dr. Monika Runge, Linksfraktion: So ist es!)

Dieser Ansatz wird auch vom Insolvenzverwalter als der erfolgversprechendste eingestuft.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eben waren wir draußen bei den Demonstranten. Dort sind uns Menschen begegnet, die Hoffnung haben – darauf, dass es weitergeht. Mir gefällt, dass die Belegschaft nicht aufgibt. Sie glaubt an ihr Unternehmen und an die Zukunft der von ihnen entwickelten Technologie. Daran glaube ich auch. Deswegen kann ich allen hier im Saal und auf der Tribüne versichern: Wir geben nicht auf! Wir kämpfen bis zum Schluss um Qimonda! Wir kämpfen um das Unternehmen und um jeden Arbeitsplatz! Wir werden jede Chance nutzen, damit Qimonda in Dresden eine Zukunft hat!

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und des Staatsministers Thomas Jurk)

Die NPD-Fraktion erhält das Wort; Herr Apfel, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal vorweg: Herr Jurk, es ist absurd, wenn Sie auch heute wieder vom aus dem Nichts kommenden privaten Großinvestor fantasieren, der Qimonda vielleicht in der zwölften Stunde dann doch noch in Gänze übernehmen würde. Sie wissen genauso gut wie wir alle, dass dies angesichts der schwersten Weltwirtschaftskrise seit Menschengedenken Wunschdenken ist.

Wir alle wissen: Ohne Staatsbeteiligung wird Qimonda zerschlagen werden. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Herr Jurk, ein Staat, der sich weigert, Verantwortung zu übernehmen, und keine Position bezieht, hat keine Verhandlungsposition mehr. Ihre Rede von heute hat wieder einmal gezeigt, dass die Regierung letztendlich nichts, aber auch gar nichts machen wird.

Welchen Unterschied stellt das heutige Zaudern doch zum Regierungshandeln vor eineinhalb Jahren dar? Erinnern Sie sich noch: Als im Dezember 2007 der Notverkauf der sächsischen Landesbank an die Landesbank BadenWürttemberg zu scheitern drohte, ließ sich die Staatsre

gierung nicht lumpen und stellte sofort eine gigantische Landesbürgschaft in Höhe von 2,75 Milliarden Euro bereit. Damals wurde nicht einmal darüber diskutiert, ob diese Maßnahme sinnvoll ist oder nicht. Die Vergabe der Bürgschaft wurde einfach durch Kabinettsbeschluss und ohne Nachtragshaushalt angeordnet, als ob wir noch immer in den seligen Zeiten der sächsischen Monarchie leben würden.

Ähnlich verhält es sich auch mit einem Finanzmonstrum namens HRE. 102 Milliarden Euro an Staatsbürgschaften wurden ihr bislang zur Verfügung gestellt, obwohl ihr früherer Vorstandsvorsitzender Georg Funke die Übernahme des Staatsfinanzierers DEPFA 2007 mit einem Roulettespiel verglich, da sie langfristige Kredite kurzfristig refinanziere. Funke und die anderen Vorstandsmitglieder und Manager wussten also genau, was sie taten, als sie die Bank mit ihrem verantwortungslosen Handeln in den Ruin trieben und ihr Vermögen verschleuderten. Obwohl die SLB und die HRE ganz eindeutig durch waghalsige und geradezu selbstmörderische Spekulationen nicht nur die eigene Existenz, sondern auch den Landes- und Bundeshaushalt aufs Spiel setzten, gab es keinen etablierten Bundes- oder Landespolitiker, der die Rettung dieser beiden Zockerbanken auch nur infrage gestellt hätte. Anzumerken bleibt noch, dass es sich bei beiden Instituten um Steuerflüchtlinge handelte, die ihre Geschäfte größtenteils nach Irland verlegt hatten, um dort unbehelligt vom Fiskus und von der deutschen Aufsicht am großen Spekulationsrad mitzudrehen.

Wie anders stellt sich doch die Situation dar, wenn es um Rettungsbemühungen für die deutsche Halbleiterindustrie geht, die zum großen Teil in und um Dresden angesiedelt ist! Während für Banken großzügige Rettungspakete in dreistelliger Milliardenhöhe aufgelegt werden, hat die Politik hier in Dresden, in Berlin und Brüssel für die Probleme der deutschen Chipindustrie, der das Wasser bis zum Hals steht, keinen Blick.

Dabei kann man die Situation, die spätestens bei der Insolvenz von Qimonda eingetreten ist, nur als dramatisch bezeichnen. Ein Dominoeffekt ungeahnten Ausmaßes droht, weil Qimonda mit seiner Muttergesellschaft Infineon Forschungseinrichtungen gemeinsam betreibt und nutzt. Ein völliger Ausfall Qimondas als größter und bedeutendster Teil des Dresdner Halbleiternetzwerkes wird zur Kettenreaktion führen, an deren Ende die Zerstörung der gesamten sächsischen Halbleiterindustrie stehen wird.

Der Journalist Uwe Kuhr hat in der „Freien Presse“ vom 12. März die Situation deshalb zu Recht mit dem Untergang der Titanic verglichen, da die momentanen Debatten um eine mögliche Qimonda-Rettung zu sehr auf das Unternehmen selbst fixiert seien, obwohl dies doch nur die Spitze des Eisberges sei.

Nein, meine Damen und Herren, machen wir uns nichts vor! Es stehen mittlerweile 12 Milliarden Euro an öffentlichen Geldern auf der Kippe, die seit der Wende für die Förderung der Halbleiterindustrie geflossen sind. Die

Staatsregierung scheint wild entschlossen zu sein, diese Fördermilliarden nun komplett abzuschreiben und Qimonda untergehen zu lassen. Der Insolvenzverwalter betont immer wieder, dass sich ohne Beteiligung Sachsens, Bayerns und des Bundes ein Investorenkonzept nicht durchsetzen lässt und eine Staatsbeteiligung mit Eigenkapital die einzige Möglichkeit sei, die Zerschlagung von Qimonda zu verhindern. Dieser letzten Möglichkeit verweigert sich die Staatsregierung allerdings aus rein ideologischen Gründen.

Es ist schon absurd. Die 12 Milliarden Euro an öffentlichen Fördergeldern, die in den letzten zwei Jahrzehnten in die Chipindustrie geflossen sind, waren für die an der Regierung befindliche CDU niemals auch nur einen kritischen Gedanken wert. Eine Staatsbeteiligung aber, die einen winzigen Bruchteil der schon ausgezahlten Fördersumme ausmachen würde, lehnt man mit der engstirnigen Begründung ab, dass ja niemand einen VEB Qimonda wolle.

Die Belegschaft wird derweilen mit einer ausgebufften Argumentationsstrategie hingehalten, mögliche Investoren würden auf eine staatliche Beteiligungszusage warten. Die Staatsregierung macht eine staatliche Beteiligung wiederum von der Zusage eines Investors abhängig. Mit solch argumentativen Zirkelschlüssen, die an die Frage erinnern, ob zuerst die Henne oder das Ei da war, will der Ministerpräsident seine eigene Führungsschwäche gegenüber seiner CDU-Fraktion verdecken, die ihm schon im Januar in der Frage eines Notkredites für Qimonda die Gefolgschaft verweigert hat. Das Ende vom Lied ist, dass die Entscheidungs- und Verantwortungsträger seelenruhig dabei zuschauen können, wie der Halbleiterstandort Dresden vor ihren Augen Schiffbruch erleidet und das wohl ehrgeizigste Industrieprojekt, das seit der Wende in Mitteldeutschland angestoßen wurde, immer mehr scheitert.

Im Übrigen steht die Staatsregierung mit ihrer Ignoranz gegenüber den existenziellen Problemen des größten ostsächsischen Arbeitgebers wahrlich nicht allein da. Für die Stadt Dresden – Zitat – „ist es nicht so dramatisch“. Mit dieser Stellungnahme zur Qimonda-Insolvenz wurde der Dresdner Wirtschaftsbürgermeister Dirk Hilbert von der FDP im „Handelsblatt“ am 3. Februar 2009 zitiert. Nun ist es eine traurige Wahrheit, dass die Halbleiterindustrie im Gegensatz zu Familienunternehmen, Fahrzeugherstellern und Banken in Deutschland keine Lobby hat. Es dürfte aber einmalig sein, dass ein Wirtschaftsbürgermeister einem in der eigenen Stadt ansässigen Großunternehmen derart in den Rücken fällt, wie es Herr Hilbert im Fall von Qimonda schon des Öfteren tat. Hat Herr Hilbert eigentlich noch nichts davon gehört, dass selbst nach konservativen Schätzungen des Wirtschaftsministeriums durch die Qimonda-Insolvenz bis zu 15 000 hoch qualifizierte Arbeitsplätze bedroht sind, und dass mit dramatischen Auswirkungen bis hin zur Hotellerie, Gastronomie und zum Immobilienmarkt gerechnet wird?

Herr Zastrow, ich weiß nicht, ob Sie eine ähnliche, marktradikale Haltung wie Ihr Parteifreund vertreten und ob für Sie der drohende wirtschaftliche Niedergang Dresdens auch nicht so dramatisch ist. Aber klären Sie doch mal Ihren ahnungslosen Parteifreund über die Bedeutung von Qimonda für die Region auf!

An dieser Stelle möchte ich noch einmal die Position der NPD klarstellen. Wir haben noch niemals die von CDULandespolitikern geschürte Euphorie über das nun angeblich im oberen Elbtal entstehende Silicon Saxony geteilt. Dieser alberne Anglizismus überdeckt schon immer die Tatsache, dass die Erfolge der Halbleiterindustrie mit horrenden Subventionszahlungen in Milliardenhöhe erkauft wurden und die gesamte Branche am Tropf eines launischen Weltmarktes hing, der ständig zwischen Boom und Depression geschwankt hat. Das Gerede von Silicon Saxony überdeckt weiter, dass der Standort Dresden gänzlich von den sogenannten Schweinezyklen der Prozessor- und Speichermarkenproduktion abhing und der so hoch gelobte Halbleiterleuchtturm Dresden schon immer eher einem einsturzgefährdeten Turmbau zu Babel glich.

Was hätte man mit einem Bruchteil des Geldes nicht alles machen können, um eine wirklich krisenfeste, beschäftigungsintensive und breit aufgestellte Wirtschaftsstruktur in Dresden und im oberen Elbtal zu fördern! Schon jetzt beschäftigen nach Angaben des Statistischen Landesamtes die mittelständischen Firmen mit bis zu 250 Beschäftigten doppelt so viele Leute wie die wenigen Großbetriebe, die es im Umkreis gibt. Schon jetzt also ist der Mittelstand der Arbeitsplatzmotor der Region, der seine großen wirtschaftlichen Leistungen ohne Milliardensubventionen erbringt.

Warum hat man beim Aufbau des IT-Standortes Dresden nicht mit einem Bruchteil der für die Halbleiterindustrie aufgewandten Gelder die kleinen Spezialisten und anwendungsbezogenen Mittelständler gefördert, die ihre Krisen in ihren Nischen überleben und im Abschwung Stabilität bieten? Dies alles hat die Staatsregierung in fahrlässiger Weise unterlassen, obwohl klar war und wir sie immer wieder darauf hingewiesen haben, dass die rein subventions- und weltmarktabhängigen Leuchttürme in den sächsischen Metropolen ganz schnell verlöschen werden, wenn die Weltwirtschaft in eine Krise gerät, genauso wie wir das jetzt erleben müssen.

Aus reinen ideologischen Gründen wurden in den letzen beiden Jahrzehnten immer nur Branchen mit hoher Export- und Weltmarktorientierung gefördert und damit einer entstehenden Monostruktur der Volkswirtschaft Vorschub geleistet, die am Ende dieser Entwicklung nur noch aus einigen, auf den Export ausgerichteten Branchen besteht.

Wir Nationaldemokraten waren über Jahre die Einzigen in diesem Hause, die den Umbau unserer Volkswirtschaft in eine reine Exportwirtschaft kritisiert haben, auch wenn inzwischen selbst einige Abgeordnete der Linken so

reden, als ob sie das Konzept der raumorientierten Volkswirtschaft erdacht hätten.

Davon unabhängig steht für uns außer Frage, dass der Halbleiterstandort Dresden mit seiner hohen Vernetzung von 1 500 Herstellern und Zulieferern und seinen circa 44 000 Arbeitsplätzen natürlich erhalten werden muss und die Erhaltung dieser Industrie natürlich auch nicht durch Träumereien vom großen Solarstandort Sachsen kompensiert werden kann. Die Sicherung des Halbleiterstandorts Dresden wäre die klassische Aufgabe einer deutschen Industriepolitik. Aber allein schon der Begriff Industriepolitik scheint im Gegensatz zu Ländern wie Frankreich, Japan, China, Taiwan oder Südkorea in Deutschland ein Fremdwort zu sein. Es ist kein Wunder, denn der Begriff der Industriepolitik ist eng mit dem nationalen Interesse verknüpft, dass er in Deutschland nach dem Wunsch der eigenen Politeliten nichts mehr zu gelten hat.

Dabei läge eine starke, innovative und in Deutschland beheimatete Halbleiterindustrie im höchsten Maße im nationalen Interesse, denn die beiden deutschen Schlüsselbranchen, der Fahrzeug- und der Maschinenbau, sind heute mehr denn je auf eine Vielzahl an elektronischen Steuerungselementen angewiesen.

Machen wir uns nichts vor: Die Halbleitertechnik ist zu einer Art Rohstoff geworden, deren günstigste Verfügbarkeit auf höchstem technischem Niveau entscheidend für die Wirtschaft eines Landes ist. Deshalb ist es auch Unsinn, wenn einige Tiefflieger aus den etablierten Parteien behaupten, dass Qimonda ja gar kein systemisch wichtiges Unternehmen sei. Das genaue Gegenteil ist der Fall, meine Damen und Herren. Wenn es Sachsen und dem Bund nicht gelingt, Forschung und Fertigung im Land zu halten, droht Deutschland auch in dieser Schlüsselindustrie vom Wohlwollen anderer Länder letztlich abhängig zu werden.

Sicher, in Zeiten, in denen Chips als billige Massenware den Weltmarkt überschwemmen, mag es zunächst verlockend sein, den schwierigen Markt anderen Nationen zu überlassen. Ein solches rein marktorientiertes Eintagsfliegendenken wird heute allerorten gepflegt. Das böse Erwachen käme aber auch hier schneller als gedacht, wenn man sich ausgerechnet in einer der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts von den Asiaten oder den Amerikanern abhängig machen würde.

Auch die Franzosen sind den Deutschen in der Wahrung ihrer wirtschaftlichen Interessen weit voraus und haben der Staatsregierung vor Kurzem gezeigt, wie beherztes Handeln aussieht. Als Zuschuss zur Forschung und Investition haben die Franzosen erst kürzlich 485 Millionen Euro in ihre Halbleiterindustrie gesteckt. Den Franzosen ist es im Zweifelsfall auch gleichgültig, was die EUWettbewerbskommission zu ihren Plänen sagt: Auch im Betreiben einer autonomen und selbstständigen Wirtschaftspolitik sind sie den Deutschen um Welten voraus.

In einem offenen Brief haben inzwischen über 37 Institutsleiter und Hochschullehrer, darunter Nobelpreisträger, an Bundeskanzlerin Merkel appelliert,

Qimonda zu retten. In dem Brief heißt es unter anderem – ich zitiere –: „Bei einer Insolvenz würden Deutschland und Europa eine strategisch wichtige Hochtechnologie aufgeben, deren innovative Ausstrahlung auf andere Industriezweige nachweisbar ist. Jeder Tag zählt. Die Existenz der Firma Qimonda und des Standorts Dresden ist für die Mikroelektronik als durchdringende Technologie in vielen Industriebranchen von zentraler Bedeutung für Deutschland und Europa. Um hierbei nicht in Abhängigkeiten zu geraten, die aus einer drohenden Monopolstellung von staatlich gestützten Halbleiterherstellern außerhalb der EU resultieren wird, ist die Erhaltung des Standorts Dresden von höchster Dringlichkeit.“

Meine Damen und Herren! Dem ist wenig hinzuzufügen. Mein Kollege Dr. Johannes Müller wird später noch unseren Änderungsantrag einbringen, da es sich unserer Auffassung nach die Antragsteller von Linksfraktion und GRÜNEN mit ihrer nicht näher erläuterten Forderung nach einem Qimonda-Erhalt doch etwas zu einfach gemacht haben.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Die FDP-Fraktion erhält das Wort. Herr Zastrow, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, wir sollten einmal versuchen, den Wahlkampf ein bisschen aus der Debatte herauszulassen.

(Beifall bei der FDP – Unruhe im Saal)

Beifall nach der ersten Wortgruppe – so kann es weitergehen und die Debatte ein Stück weit vom Kopf auf die Füße stellen. Für mich ist es ganz wichtig, dass wir vielleicht in der gesamten Debatte um den Wirtschaftsstandort Sachsen eine Frage beantworten, nämlich die, wer eigentlich der Träger der wirtschaftlichen Entwicklung des Freistaates Sachsen ist,

(Zuruf der Linksfraktion: Nicht die SPD!)

wo der wirtschaftliche Kern unseres Landes liegt und wo die Wurzeln des Erfolges der letzten Jahre liegen. Ich frage Sie, ob es tatsächlich die Großkonzerne sind und wirklich die Großkonzerne, die sich in den letzten Jahren vor allem darin einen Namen gemacht haben, dass sie undurchsichtige Umstrukturierungsmaßnahmen vorgenommen oder ihren Firmennamen binnen kürzester Zeit mehrfach geändert haben. Sind es tatsächlich die Großbetriebe, die vor allem deshalb zu uns gekommen sind, weil sie hier gigantische Subventionen und besondere Sonderrechte abgreifen konnten?