Protocol of the Session on March 12, 2009

Tagesordnungspunkt 6

Engagement belohnen – Sächsische Lehrer leistungs- und bedarfsgerecht vergüten

Drucksache 4/14825, Antrag der Fraktion der FDP

Es beginnt die einreichende Fraktion, die FDP; danach folgen CDU, Linksfraktion, SPD, NPD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Herr Abg. Herbst, bitte.

(Präsidentenwechsel)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dies ist eigentlich eine wunderschöne Fortsetzung der Debatte, die wir heute Morgen begonnen haben, nämlich über Lehrer und Anreize für Lehrer, in Sachsen zu arbeiten. Einige von Ihnen haben es ja mitbekommen: Seit einigen Wochen hängen in Deutschland schwarz-beige-farbige Plakate, auf denen steht: „Sehr guten Morgen, Herr Lehrer!“ und „Jetzt bewerben!“ – Das ist die Kampagne von Baden-Württemberg, und sie zeigt uns ganz klar, dass es einen bundesweiten Wettbewerb um gute Lehrkräfte gibt; und ob uns dieser Wettbewerb gefällt oder nicht – stellen müssen wir uns ihm.

Unsere Antwort heißt dabei nicht Verbeamtung oder bundesweiter Lehrereinheitslohn. Wir sind für einen Ansatz, der Einsatz, Fleiß und Kreativität belohnt.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb wollen wir eine leistungsbezogene Bezahlung für Lehrkräfte, und deshalb wollen wir eine Möglichkeit, Gehaltszuschläge für besonders umworbene Lehrer zu zahlen. Das Ziel Sachsens muss es sein, die besten Lehrer hier im Freistaat zu halten und die besten Schüler für den Lehrerberuf zu begeistern.

(Beifall bei der FDP)

Bei den Gehaltszuschlägen für besonders umworbene Lehrer existieren bereits heute tarifvertragliche Grundlagen. Unterbreiten wir den Lehrern, die uns besonders wichtig sind, doch ein gutes Angebot und halten wir sie hier in Sachsen! Natürlich werden einige einwenden: Dann gibt es Unterschiede. – Das ist so; aber ich halte es allemal für besser, Unterschiede zu machen, als dass guter Berufsnachwuchs Sachsen den Rücken kehrt, und Gleichmacherei hilft nicht, Lehrermangel zu bekämpfen.

(Beifall bei der FDP)

Leistungsorientierte Bezahlung ist keine ausschließliche Idee der FDP-Fraktion. Am 1. November 2006 trat ein Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst in Kraft, der ein völlig neues Element vorsah. Erstmals war darin ein Einstieg in die Leistungsbezahlung vorgesehen. Wir loben ja nicht immer die Gewerkschaften oder öffentlichen Arbeitgeber, aber zumindest war das ein positiver Ansatz. Der Haken daran: Leider wurde diese Klausel bundesweit nie umgesetzt; und am Ende kam es noch schlimmer: Im neuen Tarifvertrag vom 1. März 2009 wurde selbst dieser zarte Ansatz einer leistungsorientierten Bezahlung wieder gestrichen. Die Tarifpartner haben den Lehrern in Sachsen damit einen Bärendienst erwiesen. Wir bedauern das ausdrücklich.

(Beifall bei der FDP)

Immerhin haben selbst CDU und SPD das Problem schon einmal erkannt; denn sie waren es, die am 19. Juli 2004 einen Antrag mit der Drucksachennummer 4/9449 stellten. Der Titel lautete: „Einführung der leistungsbezogenen Bezahlung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Freistaat Sachsen“. Dieser Antrag hat es sogar auf die Tagesordnung des September-Plenums 2007 geschafft. Können Sie sich noch erinnern, was damit passierte? Herr Brangs stellte sich ans Mikrofon und sagte: Wir ziehen den Antrag zurück. Seine Begründung war: Als Politiker dürfen wir uns nicht in die Tarifautonomie einmischen.

Nun frage ich mich, warum bei dieser Diskussion gerade SPD-Stimmen bei Arbeitskämpfen immer besonders laut sind und man sich auch gern feiern lässt, und ich frage mich auch, wer eigentlich Arbeitgeber und Tarifpartner für die Lehrerinnen und Lehrer in Sachsen ist. Das ist doch wohl der Freistaat! Der Freistaat sollte daran interessiert sein, dass wir eine vernünftige Lösung für die Lehrerinnen und Lehrer finden.

(Beifall bei der FDP)

Es mag ja sein, dass die SPD tiefes Vertrauen in das Wirken des sächsischen Kultusministers hat. Ich muss

ganz ehrlich sagen, dass wir dieses Vertrauen nicht haben. Aber Sie haben in der Koalition vielleicht andere Erfahrungen gesammelt.

Meine Damen und Herren! Leistungsprämien sind angedacht, um besondere Leistungen zu fördern. Das spiegelt sich im Wort Leistungsprämie wider. Mangels Umsetzungsvereinbarung wurde das Geld bisher im Freistaat pauschal an die Beschäftigten ausgezahlt. Gleichmacherei statt gezielte Belohnung – das ist eigentlich der falsche Ansatz.

(Beifall bei der FDP)

Weil wir nicht nur kritisieren wollen, sondern auch loben, möchte ich ausdrücklich sagen, dass wir sehen, dass es im Haushalt einen Topf für Leistungsprämien gibt und dass diesen der Freistaat eingeführt hat. Aber wir sehen auch, dass es weniger als 1 % der gesamten Lohnsumme umfasst. Damit wirkliche Anreize zu schaffen ist schwierig.

Meine Damen und Herren! Wir wissen auch nicht, was in diesem Jahr noch passieren wird. Dass die Steuereinnahmen zurückgehen, ist klar. Heißt das aber auch, dass die Leistungsprämie gestrichen wird? Dazu darf es aus unserer Sicht nicht kommen.

(Beifall bei der FDP)

In der Begründung ihres Antrages von 2007 haben CDU und SPD festgestellt: Die leistungsbezogene Bezahlung enthält die Chance zur Erhöhung der Motivation der Beschäftigten. Damit haben Sie ganz recht. Genauso ist es und darum geht es. Wer sich im Unterricht besonders kreativ engagiert, außerunterrichtliche Aufgaben in Größenordnungen wahrnimmt und sich in besonderem Maße weiterbildet, der soll auch finanziell etwas davon haben. Meine Damen und Herren, wer mehr leistet als der Durchschnitt, der sollte auch mehr verdienen dürfen als der Durchschnitt. Dieser Auffassung sind wir jedenfalls.

(Beifall bei der FDP)

Nun werden einige einwenden: Leistungsorientierte Bezahlung kostet auch Geld. Herr Dr. Rößler als finanzpolitischer Sprecher weiß das. Doch schauen wir uns einmal an: Allein die jüngste Tariferhöhung kostet Sachsen etwa 200 Millionen Euro. Ich denke, dass man darin einen leistungsorientierten Bestandteil aufnehmen könnte. Das wäre machbar.

Dabei reden wir noch gar nicht über Ausbildungskosten. Jeder Lehrer, den wir hier in Sachsen an unseren Universitäten ausbilden, kostet mehrere 10 000 Euro. Nun ist es zwar eine schöne Aufbauleistung; dass wir dann vielleicht unsere Lehramtsstudenten nach Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen schicken, ist unsinnig. Auf diesen Soli-Beitrag können wir in Sachsen verzichten.

(Beifall bei der FDP)

Leistungsorientierte Bezahlung ist nicht nur Theorie, sondern sie funktioniert in der Praxis. Es gibt viele Vorschläge, wie man gerade an Schulen nach objektiven Leistungskriterien eine leistungsorientierte Bezahlung

umsetzen kann. Es gibt andere Bereiche, die das vormachen. Es gelingt den freien Trägern. Es gelingt privaten Unternehmen. Es gelingt dem Bund und es gelingt deutschen Kommunen als Arbeitgeber.

Wichtig ist uns, dass die individuelle Leistungsbewertung nicht durch die Kultusbürokratie vorgenommen wird. Hier ist vor allem die Schulleitung gefragt, aber auch Eltern und Schüler sollen mitreden können. Leistungsbewertung setzt voraus, dass Ziele gesetzt werden und dass die Einhaltung von Zielen überprüft wird.

Heute früh hatte Martin Dulig in der Debatte so schön gesagt: Haben wir den Mut, den Schulen mehr zuzutrauen. Wir trauen ihnen wirklich mehr zu. An solchen Punkten zeigt sich, ob man in der Lage ist, ein Stück weit Verantwortung einer zentralen Bürokratie abzugeben und Verantwortung vor Ort zu delegieren, damit die Motivation steigt.

Bei der leistungsbezogenen Bezahlung geht es nicht allein um Gehaltsfragen. Wir wissen auch, dass ein Lehrer, wenn er 200 Euro im Jahr mehr bekommt, seine Arbeitsleistung nicht komplett ändert. Es geht um eine Anerkennung von Leistung. Es geht um Motivation. Das Ziel des Ganzen ist eine bessere Unterrichtsqualität. Die höhere Unterrichtsqualität ist es, um die wir uns als Freistaat bemühen müssen. Dazu kann eine leistungsbezogene Bezahlung beitragen.

Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der FDP)

Das war die einreichende Fraktion. Es folgt die CDU-Fraktion. Sie hat Herrn Seidel gemeldet. Ich kann ihn jetzt gar nicht entdecken.

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE – Thomas Colditz, CDU: Ich bin beurlaubt! – Heiterkeit im Saal)

Das ist ein Novum; die CDU fällt heute aus. Dann kommt jetzt DIE LINKE an die Reihe. Frau Falken, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist jetzt wirklich ein wenig schade, denn ich hatte mich schon auf den Redebeitrag der CDU gefreut.

(Heiterkeit bei der Linksfraktion, der FDP und den GRÜNEN)

Das wäre eine sehr interessante Geschichte geworden, auf die man noch einmal hätte einsteigen können. Aber gut, dann konzentrieren wir uns eben auf den Redebeitrag von Herrn Herbst und auf den Antrag.

Um es gleich vorwegzusagen – und darüber werden Sie sich nicht sehr wundern –: Meine Fraktion wird diesen Antrag ablehnen.

Herr Herbst, Sie werden sich hoffentlich daran erinnern: Bereits im September haben wir nach einem Antrag Ihrer

Fraktion über dieses Thema hier im Hohen Haus diskutiert und gesprochen. Dabei haben wir deutlich festgestellt, dass wir in diesem Punkt nicht auf einen Nenner kommen. Soweit ich mich erinnere, gab es auch andere Fraktionen, die das nicht unterstützt haben.

Schule, Unterricht, Lehrer und Schüler zu betrachten wie ein Unternehmen oder einen Betrieb ist etwas, was uns extrem widerstrebt. Ich hoffe, dass das in Sachsen und hoffentlich auch in Deutschland niemals passieren wird.

(Beifall des Abg. Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion)

Herr Herbst, ich denke, sicher wird das ein wesentlicher Punkt sein, weshalb Sie nicht in die Regierung kommen werden. Aber falls doch, hoffe ich sehr, dass Sie genau die Punkte, die Sie in Ihrem Antrag gestellt haben, nicht umsetzen werden. Denn genau diese Punkte, die in dem Antrag stehen, wirken nicht motivierend, sondern eher demotivierend in den Schulen. Ich werde Ihnen das nachher an Beispielen darstellen.

Zunächst möchte ich wissen – ich hoffe, Sie gehen noch ein zweites Mal zum Pult oder beantworten das im Schlusswort –, was Sie eigentlich unter leistungs- und bedarfsgerechter Vergütung verstehen. Was sind denn für Sie Leistungen? Sie haben versucht, es kurz zu formulieren. Für die Feststellung der entsprechenden Leistungsgelder sind Leistungen für Sie Einsatz, Fleiß und Kreativität. Haben Sie sich einmal überlegt, wie man einen Lehrer im Schulbetrieb nach diesen drei Kriterien einschätzen kann und vor allem wer das tun soll?

Spitzenleistungen – was ist denn das? Wie schätzen Sie denn eine Spitzenleistung eines Lehrers an sächsischen Schulen ein?

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)