Fakt ist, dass der Abzug jedes Bundespolizisten natürlich die Personalsituation in der Polizei auf dem Territorium Sachsens verschärft. Das ist logisch. Daran ändern auch die 300 Anwärterinnen und Anwärter für 2009 und die 300 Anwärterinnen und Anwärter für 2010, die in die Ausbildung gehen, nichts, weil sie erst ab 2011/12 zur Verfügung stehen.
Die Bundespolizei war lange Zeit ein Argument, um von der Kritik am hausgemachten Stellenabbau in der Landespolizei abzulenken. Nun, da die Dinge ins Rollen kommen, fassen wir hübsche, aber – so sage ich es einmal – nutzlose Landtagsbeschlüsse.
Es gab hier das Argument, man brauche eine seriöse Kriminalitätsanalyse. Da bin ich erstaunt, Herr Bandmann. Ich dachte, die hätten wir schon gehabt, bevor überhaupt eine Zahl wie die 200 ins Gespräch kommt. Ich staune, dass das nicht der Fall ist, denn immerhin sind die Grenzen schon eine Weile, nämlich seit Ende 2007, offen. Natürlich brauchen wir eine solche Analyse. Dann wissen wir zumindest, wenn wir die Kriminalitätsrate nehmen, dass die Belastung gleich geblieben ist und es sogar leichte Rückgänge bei der Kriminalität in einzelnen Bereichen gibt. Insofern waren umfangreiche Maßnahmen nach der Grenzöffnung offensichtlich tauglich. Das muss ich auch zur Kenntnis nehmen.
Ich bitte Sie, weiter nachzudenken und die notwendige Symbiose zwischen Landes- und Bundespolizei im Auge zu behalten. Ich glaube, da wären auch andere Lösungen tauglich. Man könnte beispielsweise mit dem Bundesmi
nisterium darüber verhandeln, Möglichkeiten zu erschließen, dass zum Abzug vorgesehene Beamte auch – wenn sie es wünschen und die Möglichkeit besteht – in den Landespolizeidienst überführt werden könnten. Nach dem Bund-Länder-Abkommen ist es so, dass unter den Innenministern Einigkeit darüber besteht, dass Polizisten nicht gegenseitig abgeworben werden können. Bei einem Wechsel muss auch eine Versetzung aus dem anderen Land erfolgen. So ist die Praxis. Eine Lösung könnte aber auch sein, sich mit dem Bundesministerium darüber zu verständigen, dass Übernahmen ohne Tauschpartner möglich sind. Dafür gäbe es seitens der Beamten Interesse. Man sollte also viele Dinge bedenken.
Ich glaube aber nicht, dass man die Gesamtpräsenz der Bundespolizei in der Stärke, wie wir sie jetzt hatten, ewig aufrechterhalten kann. Da müssen wir realistisch sein und sollten lieber überlegen, wie die Sicherheit im Lande aussehen soll, danach dann die Landespolizei justieren und dabei Landes- und Bundespolizei verschränken.
Dazu sagt Ihr Antrag nichts, Herr Bandmann. Insofern ist er halbherzig. Eine Kollegin im Stadtrat sagt manchmal: „Das sind Hi-ni-scha-ni-Anträge“ – hilft nichts, schadet nichts. Wir werden uns der Stimme enthalten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am 8. November 2007 wurde im Sächsischen Landtag schon einmal ein fast gleichlautender Antrag der Koalition diskutiert. Er hatte die Drucksachennummer 4/8775 und stammte bereits aus dem Monat Mai 2007. Aus der Tatsache, dass Ihr damaliger Antrag zur Bundespolizeipräsenz in Sachsen erst einmal ein halbes Jahr im Geschäftsgang liegen blieb, bevor Sie ihn endlich ins Plenum eingebracht haben, schließen wir, dass dieses Thema gerade nicht zu Ihren politischen Herzensangelegenheiten gehört. Auch Ihre stets vollmundigen Beteuerungen vermögen den Eindruck nicht zu verwischen, Herr Innenexperte Bandmann.
Mit dem damals eingebrachten Antrag sollte die Staatsregierung ersucht werden, bei der gleichfalls schwarz-roten Regierung in Berlin darauf zu drängen, dass die bisherige Präsenz der Bundespolizei in Sachsen auch nach möglichen Organisationsveränderungen unverändert erhalten bleibt. Allzu bedeutend, Herr Bandmann, scheint Ihr Einfluss bei Ihrem Berliner Parteifreund Schäuble nicht zu sein, wenn Sie heute schon wieder mit einem fast gleichlautenden Antrag um die Ecke kommen müssen.
Die Überschrift wurde zunächst ein wenig umgeschminkt und ein zweiter Antragspunkt mit der Forderung nach einer zuverlässigen Kriminalitätsanalyse angehängt. Das, meine Damen und Herren, war es dann auch schon wieder. Meine Damen und Herren Koalitionäre! Wir sind zutiefst beeindruckt.
Sie fordern nun eine zuverlässige Kriminalitätsanalyse. Wenn Sie sich bemüßigt fühlen, eine solche Selbstverständlichkeit zu verlangen, dann stellt sich doch die Frage: Waren die bisherigen Kriminalitätsanalysen nicht zuverlässig, da es nun eines solchen klarstellenden Adjektivs bedarf? Wie wäre es, wenn Sie vielleicht noch hinzufügen, dass diese von Ihnen geforderte Kriminalitätsanalyse auch noch transparent sein solle? Vielleicht erfahren wir dann etwas über die Hintergründe, warum ausgerechnet bei Einbrüchen in Häuser und Autos im Raum LöbauZittau ein Kriminalitätsschwerpunkt im Freistaat Sachsen liegt.
Herr Bandmann, in Ihrer Presseerklärung vom 6. November 2008 rühmen Sie, dass – ich zitiere –„trotz Wegfalls der Grenzkontrollen die Kriminalitätsraten in den meisten Orten zurückgegangen seien“. Vielleicht wäre es Ihrer Meinungsbildung dienlich gewesen, wenn Sie nicht irgendwelchen imaginären Plakaten der NPD hinterhergejagt wären, die angeblich die NPD in Tschechien und in Polen aufgehängt haben soll, und Sie sich stattdessen lieber einen Bericht der „Sächsischen Zeitung“ vom 5. November 2008 über die Kriminalitätslage in Ihrer Heimatstadt Görlitz zu Gemüte geführt hätten. Der dort zitierte Polizeisprecher Görlitz, Uwe Horbaschk, sieht tatsächlich eine der Ursachen für das rein statistische Sinken der Straftaten im Wegfall der Grenzkontrollen, aber anders, als Sie das den Bürgern einzureden versuchen. Seit dem Wegfall dieser Kontrollen werden Verstöße gegen die Zoll- und Einreisebestimmungen lediglich seltener direkt in der Stadt Görlitz festgestellt und ermittelt.
Solche statistischen Zahlenjonglierereien bei den Kriminalitätsraten an den Außengrenzen erinnern uns doch fatal an das Schönrechnen der Arbeitslosenzahlen auf Bundesebene. Ihre politische Glaubwürdigkeit werden Sie mit solchen leicht durchschaubaren Winkeladvokatentricks jedoch nicht erhöhen können, Herr Bandmann.
Vor einem Jahr hat die NPD noch unter Bauchschmerzen Ihrem Antrag zur Stärkung der künftigen Polizeipräsenz in Sachsen zugestimmt. Dass die Koalition heute wieder nur einen leicht getunten Antrag vorlegt, zeigt, dass der alte Antrag das Papier nicht wert war, auf dem er geschrieben stand. Man fragt sich schon, warum man einem solchen Antrag die Stimme geben sollte. Durch die von Ihnen stets mit warmen Worten bedachte Verlagerung der Außengrenzen Schengens ist diese leidige Problematik der Grenzraumkontrollen als Reaktion auf die Grenzkriminalität heute doch erst in diesem Ausmaß dringend notwendig geworden.
Sie von der Koalition haben dem Volk die ganze Zeit nur etwas vorgegaukelt. Sie haben als parlamentarische Willensvollstrecker der Globalisierer mitgeholfen, die Grenzdämme einzureißen und so die willentliche Flutung Sachsens mit einer Welle ost- und außereuropäischer Kriminalität sowie illegaler Zuwanderung herbeigeführt.
Im ersten Absatz Ihrer bereits zitierten Pressemittelung vom 6. November 2008 beklagt der sogenannte CDU
Innenexperte – ich zitiere –: „Ein dauerhafter Abzug von Teilen der Bundespolizei wäre zum jetzigen Zeitpunkt unverantwortlich gewesen.“
Herr Bandmann, sparen Sie sich also Ihre larmoyant herausgetropften Krokodilstränen im Zusammenhang mit den Gefahren für die innere Sicherheit in Sachsen. Die NPD-Fraktion wird sich bei der Abstimmung über den Antrag der Koalition der Stimme enthalten und einen eigenen Änderungsantrag einbringen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist bereits mehrfach darauf hingewiesen worden, dass der vorliegende Antrag zur Polizeipräsenz im Freistaat Sachsen einen Vorgänger hatte, nämlich den Antrag der Koalition vom 7. Mai 2008. Auch hier ging es um die Bundespolizeipräsenz in Sachsen. Wir haben am 8. November 2007 – auch das ist gesagt worden – in diesem Haus über den Antrag gesprochen. Die Antwort des Sächsischen Staatsministeriums des Innern vom 4. Januar 2008 enthält unter anderem die Aussage: „Zur künftigen Personalverteilung liegen der Sächsischen Staatsregierung bis heute keine offiziellen Aussagen des Bundesinnenministeriums vor.“ Weiter heißt es in der Antwort: „Die Bundespolizei geht von einem temporären Personalzuwachs im Bereich der grünen Grenze um das 2,5- bis Dreifache aus.“
Wenn das so wäre, dann wäre alles prima und in Ordnung. Die Bundespolizei ist nicht nur normal präsent, sondern sogar 2,5- bis dreifach präsent und hilft mit der Landespolizei, die innere Sicherheit im Grenzbereich nachhaltig aufrechtzuerhalten und zu stärken, so wie sich Herr Bandmann das immer gewünscht hat und sich auch ständig dafür einsetzt.
Es stellt sich nur die Frage, warum wir jetzt schon wieder darüber sprechen müssen: aufgrund des Antrages der Koalition vom 22. Oktober 2008 mit dem Gegenstand „künftige Bundespolizeipräsenz in Sachsen“. Der Grund – das ist bereits gesagt worden – waren Zeitungsberichte, wonach rund 200 Beamte der Bundespolizei aus Sachsen abgezogen werden sollten. Das hat die Koalition aufgeschreckt. Es verwundert, dass sich die Koalition aus Zeitungsberichten über die Planung der Bundespolizei unterrichten lässt.
Der Antrag ist relativ schlicht, er hat einen überschaubaren Inhalt: kein Personalabbau der Bundespolizei im grenznahen Raum und die Aussetzung der personellen Veränderungen bis Anfang 2009, zumindest bis zur Vorlage einer Kriminalitätsanalyse.
Heute, am 13.11., beraten wir nun über den Antrag, meine Damen und Herren, und Herr Bandmann kann erfreuli
cherweise Entwarnung geben. Dieser Abzug von 180 Beamten war nur eine Abordnung, nur ein zeitweiliges Versetzen oder ein Wechsel des Dienstortes. Anschließend wird uns mitgeteilt, es sei sogar verbindlich geklärt worden, dass diese Beamten nach Sachsen zurückkommen. Es könnte allenfalls, so wurde uns hier erklärt, zukünftig noch einmal Abordnungen geben: mal ein bisschen weg, mal ein bisschen zum Polizeieinsatz, zum Castor, und dann wieder zurück nach Sachsen.
Ferner haben wir gehört, Sachsen gehe es prima – dank der Koalition, dank 300 zusätzlicher Stellen – es sind im Übrigen nicht 300 zusätzliche Neueinstellungen –, dank einer soliden Politik, und es folgt die übliche Sicherheitslobhudelei auf die Koalition, dass alles prima sei.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich heute mit aller Deutlichkeit feststellen: Die Wahrheit sieht anders aus.
Sie sind schlecht unterrichtet, Herr Bandmann, obwohl man meinen könnte, dass Sie in Sicherheitsangelegenheiten nur mit dem Stethoskop in den Ohren herumlaufen. Sie sind nicht auf dem neuesten Stand. Ich zitiere aus einem Schreiben des Staatssekretärs im Bundesinnenministerium Dr. August Hanning vom 10. November 2008 – da können Sie noch etwas lernen – zur zukünftigen Planung der Stellen und Dienstposten im Bereich der Bundespolizei im Freistaat Sachsen: „Die Änderungen der geplanten Personalausstattung sind nachfolgend wie folgt dargestellt: Vor der Neuordnung Dienstpostenzahl 4 880, Anzahl der Dienstposten nach der Neuorganisation 3 954. Damit gibt es im Freistaat Sachsen nach der Neuorganisation der Bundespolizei 926 Dienstposten weniger als zuvor. Das sind 19 %.“
Ich habe auch gedacht, das kann doch nicht wahr sein. – Das ist aber eine verbindliche Mitteilung, eine Antwort des Bundesinnenministeriums.
Eine Erklärung dazu haben wir bisher nicht gehört. Wir haben auch die Zahl nicht gehört, 180 Abordnungen, die aber verbindlich wieder zurückgeführt werden sollen. Es gibt gar kein Sicherheitsdefizit, es gibt überhaupt nicht weniger Polizeibeamte. – Doch, es gibt sie, es gibt fast 1 000 Dienstpostenstellen weniger, die bei der Bundespolizei abgebaut werden.
Herr Dr. Martens, könnten Sie uns freundlicherweise mitteilen, ob diese von Ihnen gerade genannten Zahlen den Zuständigkeitsbereich der Bundespolizeidirektion Pirna, also Mitteldeutschland, betreffen oder nur den Freistaat Sachsen?
Nein, das betrifft den Bereich der früheren Bundespolizei Pirna, Chemnitz und Bad Düben, die sich alle in Sachsen befinden.
Es ist nicht so schlimm, wie Sie annehmen, sondern es ist viel schlimmer, Sie wissen es nur nicht. Das zeigt auch Ihre Nachfrage. Die Koalition fliegt in diesem wichtigen Bereich der inneren Sicherheit im Blindflug. Da stimmt etwas nicht. Offensichtlich stimmt die Kommunikation mit Berlin nicht. Es wäre schon sehr erstaunlich, wenn zwischen einem CDU-geführten Innenministerium in einem Land und dem Bundesinnenministerium ein solcher Kommunikationsfehler möglich sein sollte. Ich glaube nicht daran.
Ich glaube, dass Sie hier bewusst und gezielt versuchen, Theater zu spielen, und zwar im Bereich der inneren Sicherheit.
Sie machen den Leuten etwas vor. Sie haben keine Planungen. Sie tun nur so, und das möglichst laut. Das geht nur eine Weile gut, nämlich nur bis dann, wenn sich der Staatssekretär im Bundesministerium auf entsprechende Nachfragen dazu hinreißen lässt, die Planungen tatsächlich offenzulegen. Das hätten Sie auch erfahren können, Sie hätten nur nachfragen müssen.
Das, was Sie hier offenbart haben, zeigt eine völlige Konzeptionslosigkeit der Koalition und der Staatsregierung. Sie werden es mir nachsehen, wenn ich sage, dass dieser Antrag, in dem nur aufgefordert wird, sich dafür einzusetzen, nicht mehr abzubauen, dafür bei Weitem nicht ausreicht. Es gibt Planungen und diese werden nach Mitteilung des BMI bereits umgesetzt. Einen Stichtag dafür, wann es fertig ist, gibt es noch nicht. Aber die Planungen sind da und auf diese könnte man sich einstellen.
Von einer Staatsregierung und einer regierungstragenden Koalition, die es mit verantwortungsbewusster Sicherheitspolitik ernst meint, erwarte ich, dass sie solche Planungen rechtzeitig anstellt.