Doch, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte hier zu Beginn deutlich feststellen, wir sind auf dem richtigen Weg,
An dieser Stelle möchte ich unserem Staatsminister der Finanzen und besonders unserem Ministerpräsidenten für die gestern Abend hier aktuell gegebenen Informationen danken. Ich glaube, es ist ein klares und gutes Verhandlungsergebnis. Sachsen hat jetzt Planungssicherheit und wir können uns wieder den Tagesaufgaben widmen. Wir können in Zukunft wieder die Wirtschaft aufbauen. Es ist mir wichtig, das an dieser Stelle noch einmal festzuhalten.
Herr Porsch, hören Sie zu! – Es war der richtige Weg, dass die CDU hier in Sachsen von Anfang an dem Aufbau der gewerblichen Wirtschaft, der Stärkung des Mittelstandes, dem Aufbau der Infrastruktur und der Stärkung unseres Bildungssystems, unserer Universitäten und Hochschulen, unserer Forschungslandschaft allerhöchste Priorität gewidmet hat. Wir sind nicht dem Irrglauben an die Wunderwirkung einer Dienstleistungsgesellschaft unterlegen, sondern wir haben auf das Wahre gesetzt und stehen damit auf solidem Grund.
Das Institut für Wirtschaftsforschung Halle bescheinigt dem Freistaat Sachsen beim Aufbau des IT-Standortes eine vernünftige und zielgerichtete Förderpolitik. Nur diese Beharrlichkeit hat die Ansiedlung von Infineon, Qimonda und AMD möglich gemacht.
Jeder zweite in Europa produzierte und weltweit jeder fünfte Mikrochip kommt aus Sachsen. Das ist ein Erfolg. Das ist ein Aushängeschild für unseren Freistaat und das Ergebnis zielgerichteter und auf Wachstumsbranchen orientierter Förderpolitik.
Doch auch der Freistaat Sachsen kann sich der internationalen Entwicklung des Marktes und dem technologischen Fortschritt nicht entziehen. Die IT-Branche ist eine der dynamischsten der Welt. Wer bei Forschung und Entwicklung nicht am Ball bleibt, kommt sehr schnell ins Hintertreffen. Insbesondere im Bereich der Speicherchips, in dem Qimonda zu Hause ist, tobt ein weltweiter Preiskampf, besonders mit Konkurrenten in den USA und in Fernost. Sachsen befindet sich in einem globalen Standortwettbewerb und muss auch künftig dafür sorgen, den Anschluss an die Spitze nicht zu verlieren. Deshalb wünschen wir uns eine Lockerung des europäischen Förderrahmens, denn durch die Beschränkung der EUFördersätze ohne entsprechende Ausnahmemöglichkeiten für wichtige Investitionen kann Sachsen im weltweiten Wettbewerb den Anschluss an die Weltspitze möglicherweise verlieren.
Darf ich Sie unterbrechen, Herr Prof. Bolick? Ich habe anfangs den Minister entschuldigt. Also, er kann gar nicht da sein.
An dieser Stelle müssen wir aktiv werden, muss das Wirtschaftsministerium aktiv werden, und ich werde mit dem Wirtschaftsminister darüber noch einmal direkt sprechen.
Vergleicht man den Beschäftigungsanteil der Informations- und Kommunikationsbranche, kommt man zu dem Ergebnis, dass in Dresden mehr als dreimal so viele Menschen in dieser Branche beschäftigt sind wie im Bundesdurchschnitt.
Der Standort ist für Unternehmen wegen der vorhandenen Hochschulen und Technologieinstitute besonders interessant, besonders unserer Technischen Universität in Dresden, die entscheidend zu diesem Image beiträgt.
Sachsen ist im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie spitze in Deutschland und auch in Europa. Das ist die Botschaft, Herr Porsch, die heute von dieser Diskussion in diesem Hohen Haus ausgehen muss und nicht Ihre Nörgeleien und Ningeleien an allen möglichen Entwicklungen.
Wir sind insgesamt gut gerüstet. Unsere Wirtschaft ist breit aufgestellt und eine große Branchenvielfalt ist vorhanden. Der Chemnitzer Raum als Kraftpaket der sächsischen Wirtschaft, der Maschinenbau, die verarbeitende Industrie, unsere Energiewirtschaft, die Logistikbranche usw. geben uns mittlerweile Sicherheit, dass wir auch Turbulenzen, wie sie sich jetzt bei Qimonda zeigen, im internationalen Wettbewerb wieder überstehen werden.
Sicherlich ist es schmerzlich, wenn Entwicklungen wie bei Qimonda dazu führen, dass 950 Arbeitsplätze in einem Unternehmen abgebaut werden müssen. Wir lesen immer wieder in der Zeitung: AMD nimmt neue Leute auf, die Neuansiedlung von Questico Logic ist vorhanden und auch SolarWorld braucht angeblich noch 500 gute Leute. Mit Sozialplan usw. wird es den Leuten dort nicht bange sein.
Vor Kurzem hat sich auch die IG Metall beschwert, dass sie zu feige wären zu streiken, um sich für ihren Arbeitsplatz einzusetzen. Nein, die Situation ist anders. Der Standort Sachsen ist mittlerweile so gut gerüstet, die Arbeitsmöglichkeiten hier in Sachsen sind so gut, dass die Leute keine Angst zu haben brauchen, in kürzester Zeit wieder in Beschäftigung zu kommen. Genau das ist das Positive, das wir in Sachsen erreicht haben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im April 1998 gab Richard Hornig, Reporter beim „Times Magazine“, der sächsischen Halbleiterindustrie zum ersten Mal einen Namen: Silicon Saxony. Der amerikanische Global Player AMD errichtete gerade seine erste Mikroprozessorfabrik in Dresden. Hornig war nach Sachsen gereist, um herauszufinden, warum AMD sich gerade für diese Region entschieden hat. „It’s all about people“, lautete dazu die einfache Antwort. Im Übrigen lautete die Antwort nicht, die Straße ist gut oder die Anbindung ist gut, nein, die Menschen sind gut. Er meint damit nicht nur die hoch motivierten und qualifizierten Fachkräfte, auf die er in Sachsen zurückgreifen konnte. Er bezog sich auch auf die flexible Arbeit der Verwaltung, die den Weg für die einzigartige Erfolgsgeschichte für AMD Saxony freiräumte.
Heute ist AMD Saxony der größte und erfolgreichste Branchenverband der Mikroelektronik Europas und der fünftgrößte Mikroelektronikcluster weltweit. Aus einer Initiative von 20 Partnern im Jahr 2000 in Dresden gegründet, verbindet er inzwischen 265 Unternehmen, Forschungsinstitute, Universitäten und Hochschulen, die einen Umsatz von über 4 Milliarden Euro jährlich erwirtschaften.
Die Kompetenzen der Mitgliedsunternehmen bilden die komplette Wertschöpfungskette der Mikroelektronik ab. Vom Design und der Zusammenarbeit mit Zulieferern von Silizium bis zum Waver, vom hochmodernen Verarbeitungsprozess zum einzelnen Chip bis hin zur kompletten Anwendung bietet die Möglichkeit des Silicon Saxony e. V. innovative Dienstleistungen in höchster Qualität. Rechnet man die Firmen dazu, die elektronische Produkte und Systeme auf der Basis integrierter Schaltungen herstellen bzw. vertreiben, Software entwickeln und vermarkten, Computernetze aufbauen und betreuen, zählt die IT-Branche fast 1 500 Unternehmen mit knapp 45 000 Beschäftigten. Ich glaube, wir können in Sachsen stolz auf diese Ergebnisse sein.
In den Neunzigerjahren gibt es den Erfolg, große Wirtschaftsunternehmen nach Sachsen zu holen. Im Bereich der Halbleiterindustrie ist in der Region um Dresden und Freiberg ein in Europa einzigartiges Netzwerk entstanden. Forschung und Produktion sind eng miteinander verwoben. Das war auch der Nährboden für die Solarindustrie, die aus dem Stand an die Weltspitze vorgestoßen ist.
Um die großen Ansiedlungen herum gibt es einen industriellen Mittelstand. Seine Beschäftigten produzieren für den Weltmarkt und geben ihr Einkommen bei uns in Sachsen aus. Erfolg in der Welt sorgt für Wohlstand daheim.
Auch künftig wird der Freistaat um Großansiedlungen werben. Wir haben dafür exzellente Bedingungen. Es gilt zudem, die bisherigen Ansiedlungserfolge zu sichern. Unserer Mikroelektronik weht der scharfe Wind des
weltweiten Wettbewerbs ins Gesicht. Mein Kollege Bolick hat es gesagt: Mitte der vergangenen Woche haben wir das im negativen Sinne mit der Ankündigung von Entlassungen bei Qimonda spüren müssen. Zur gleichen Zeit gab es aber auch Grund zur Freude: Eine staatliche Investmentgesellschaft aus Abu Dhabi stieg bei AMD ein.
Bei aller Freude um die positive Nachricht zur Zukunft von AMD müssen wir leider auch zur Kenntnis nehmen, dass das neue Chipwerk von AMD 2009 nicht in Sachsen, sondern im Bundesstaat New York gebaut wird und dort 1 400 neue Jobs entstehen werden.
Wirtschaftsminister Thomas Jurk appellierte deshalb an die EU-Kommission in Brüssel, ihr strenges Beihilferegime zu überdenken. Zitat „Süddeutsche Zeitung“ vom 8. Oktober: „Europa, so Thomas Jurk, Wirtschaftsminister in Sachsen, dürfe angesichts der weltweiten stark unterschiedlichen Subventionierung den Anschluss nicht verlieren.“
Ansiedlungen wie die eines großen Chipwerkes müssen weiterhin in Europa und damit auch in Silicon Saxony möglich sein.
Das Beispiel des Standortwettbewerbs mit dem Staat New York und die Ansiedlung von AMD hat beispielhaft gezeigt, dass sich der Freistaat allein nicht als tatsächlicher Konkurrent im weltweiten Wettbewerb behaupten kann. Um dies nicht nur zu diskutieren, sondern auch zu handeln, hat die Koalition einen Antrag in der Drucksache 4/13409 in den Geschäftsgang eingebracht, in dem es um die Überprüfung der beihilferechtlichen Regelungen in der EU geht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Sachsens IT-Industrie geht es aufwärts – so hieß es vor sechs Wochen, als Sachsen vermelden konnte, dass zwei Spitzencluster in Zukunft vom Bund gefördert werden. Es hieß, dass in Sachsen in Zukunft 100 000 Menschen in diesem Bereich tätig sein werden.
Doch wie viele sind es derzeit in Sachsen? Wir haben 1 200 Mikroelektronikfirmen mit 44 200 Mitarbeitern. Dies hieße, in kurzer Zeit die Zahl der Mitarbeiter in diesem Bereich zu verdoppeln. Anfang Oktober wurde allerdings bekannt, dass die drei Größten, sprich: AMD, Infineon und Qimonda, 2 200 Arbeitsplätze abbauen. Dazu ließ sich Wirtschaftsminister Thomas Jurk zitieren: „Ein harter Schlag für die Betroffenen. Den Mikroelektronikstandort Sachsen sehe ich jedoch nicht gefährdet.“ Ja, 2 200 Arbeitsplätze von 44 200 sind gerade mal 5 %. Aber 2 200 Arbeitsplätze von 9 200 Mitarbeitern, so viele
arbeiten nämlich bei AMD, Infineon und Qimonda, sind schon fast 25 %. Nun sage mir einer, wenn die drei Größten so viele Arbeitsplätze abbauen, dass dies keine Auswirkungen hätte.
Sehen wir etwas weiter. Was macht Qimonda? Die Endmontage wird aus Sachsen nach Singapur verlagert. Die Strom sparende Chiptechnologie wird gemeinsam mit einem japanischen Konkurrenten in Asien angegangen und die Arbeitsplätze und Technologien, so das Fazit, werden faktisch abgezogen. Natürlich kann man dann als Vorteil den Eigentümerwechsel bei AMD benennen. Dort steigt ein Staatsfonds aus Abu Dhabi ein. Doch was sagte der entsprechende Manager? „Dresden ist für uns ein wichtiger Schritt auf einem langen Weg. AMD hat das Wissen und die Erfahrungen, die wir in Abu Dhabi brauchen. Die Werke in Dresden werden aufgerüstet. In einem zweiten Schritt wird ein ähnlicher Hightech-Cluster in Abu Dhabi entstehen.“
Ja, Dresden hat einen Aufschub gewonnen, und zwar vielleicht von drei, vier oder fünf Jahren. Doch die Zukunft von Dresdens Hightech-Industrie, Herr Wirtschaftsminister Jurk, ist ungewiss. Wir wissen nicht, wie es mit dem IT-Standort, dem größten in Europa, weitergehen wird. Die Gründe liegen offen auf der Hand. Sowohl die Manager als auch die Förderpolitiker, auch die entsprechenden Minister und der Ministerpräsident haben sich zu lange in den bisherigen Erfolgen gesonnt. Zu lange wurde auf Massenproduktion statt auf Spezialisierung gesetzt. Es gibt keine richtigen Strategien bei den Großkonzernen. Qimonda hatte einen Zickzack-Kurs, bei Infineon gab es mehrere Führerwechsel. Im Kostenwettbewerb mit anderen zu bestehen, dies ist für uns sinnlos.
Ja, meine Damen und Herren, der IT-Standort Sachsen muss neu aufgestellt werden. Es reicht nicht mehr aus, darauf zu verweisen, was man bisher gefördert hat und so weiter fördern will wie bisher. Wenn andere Länder Staatsfonds in diesen Bereichen haben, zeigt dies zumindest einen Weg. Der Wirtschaftsraum Sachsen, der Wirtschaftsraum Deutschland und auch der Wirtschaftsraum Europa brauchen eine eigene IT-Industrie. In immer mehr Produkten steckt Chiptechnologie, in immer mehr Technologien, wie beispielsweise der Umwelttechnologie, wird genau die Chipindustrie gebraucht. Sie brauchen Prozessoren, Speicher und auch die Bioinformatik. Die Chipindustrie verschmilzt mit anderen Technologiebereichen.