zu Verstaatlichungen kommen musste. Das entspricht sozusagen überhaupt nicht seinen gefühlten politischen Ansätzen. Ich denke, man muss versuchen, eine internationale Einigung zu mehr Kontrolle und eine internationale Börsenumsatzsteuer greifbar zu machen. Dass die Chinesen daran Interesse haben, ist eigentlich klar, wenn man sich ansieht, dass die USA noch vor 10 Jahren ihre damalige Spekulationsblase in Asien abladen konnten und sie noch nicht stark genug waren, um sich zu wehren. Es ist gut möglich, dass die Chinesen sich jetzt freuen, dass es geregelt wird: „Wir sind jetzt stark genug, um das auszusitzen. Nicht wir haben das Problem, sondern ihr.“ – Das ist interessant.
Um wieder einen Wissenschaftler zu bemühen: Winfried Fuest vom IW Köln hat gesagt, dass das Risiko sich nicht seriös beziffern lässt. Ich habe mehrmals in den letzten Tagen zu hören bekommen, ich hätte schwarzgemalt, ich sei pessimistisch. Wissen Sie, ich habe eine Reihe von Jahren zum Thema Finanzpolitik öffentlicher und privater Finanzen auf dem Buckel. Ich habe schon sehr viel gesehen in diesem Land. Vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen gehe ich davon aus, dass es auch schiefgehen kann. Das ist ein Erfahrungswert. Das Schiefgehen sollte man zumindest in Ansätzen mitdenken und abbilden. Das heißt es nämlich, mit Risiko umzugehen und Risiko abzuschätzen.
Das Paket ist die einzig vernünftige Antwort – das wird allerorten gesagt –, einen Plan B gebe es nicht. Es gibt inzwischen erste Wirtschaftsforscher, die sagen, wenn das nicht reicht, müsste die Politik sogar noch mehr reinbuttern. Was hier pessimistisch und was optimistisch ist, werden wir in ein paar Monaten sehen. Wir sehen uns hier alle wieder und können das gründlich ausdiskutieren.
Unsere Forderungen sind klar. Ich glaube nicht, dass, auch wenn ein Paket eilig beschlossen werden muss, man deswegen seinen Verstand an der Garderobe abgibt.
Unsere Forderungen sagen: Volle Mitsprache bei den Kreditinstituten, die den Fonds in Anspruch nehmen. Das wird viele Private raushalten. Die werden versuchen, die Krise selbst zu lösen. Das finde ich gerecht. Die Banken müssen, wenn sie den Fonds in Anspruch nehmen, eine markgerechte Risikoprämie bezahlen, damit der Staat noch etwas davon hat, dass er für die Banken bürgt. Die Vorstände und Aufsichtsräte müssen unserer Meinung
Die Pensionsrückstellungen, Tantiemen und Boni der Vorstände und leitenden Angestellten müssen dem Staat verpfändet werden, solange die Bank den Fonds in Anspruch nimmt. Der Landtag ist bei der haushalterischen Umsetzung angemessen zu beteiligen.
Ich möchte noch einmal daran erinnern, wie das bei der Hypo Real Estate gelaufen ist. Die Hypo Real Estate gab an, 35 Milliarden Euro Liquiditätsproblem zu haben. Die Politik hat gehandelt, denn sie wollte ja keinen Dominoeffekt. Drei Tage später waren es 50 Milliarden Euro. Und noch einen Tag später waren es 100 Milliarden Euro bis zum Jahresende. Das sind die Sprünge, in denen hier Risiken nach und nach zutage treten. Die Politik darf wie ein Depp hinterhertrotten und jedes Mal die Summe erhöhen. Wer erst einmal den kleinen Finger gegeben hat, dem wird von der Bank gleich der ganze Arm ausgerissen. Das weiß jeder Bürger. Da können noch Probleme auf uns zukommen.
Ich habe schon gesagt, dass ich es für ein Problem halte, dass die Deutsche Bundesbank mit dem Fondsmanagement beauftragt werden sollte. Herr Weber hat sich als Krisenmanager bei der Hypo Real Estate hervorgetan. Die BaFin untersucht gerade sehr gründlich und mit der Androhung von strafrechtlichen Konsequenzen, was bei der Hypo Real Estate gelaufen ist. Wenn Herr Weber darin verwickelt war, muss man genau hinschauen, wen man beauftragt. Tietmeyer ist ja schon weg vom Fenster, ich wäre bei Herrn Weber im Moment vorsichtig, denn in schwebende Verfahren soll man nicht eingreifen.
Asiatische und arabische Staaten sind übrigens inzwischen auf Schnäppchentour in Europa und auch in den USA. 43 Milliarden Euro haben sie bereits investiert, indem sie sich in Banken oder große Firmen eingekauft haben. Ich persönlich habe damit kein Problem, weil ich es für ausgleichende Gerechtigkeit halte, dass die anderen auch einmal vom Reichtum dieser Welt profitieren dürfen. Damit ist aber eine erhebliche Beschleunigung und Vertiefung der wirtschaftlichen Globalisierung verbunden. Ich habe vor zwei Wochen niemanden „ahlan wa sahlan“, nämlich „herzlich willkommen“ sagen hören, als uns hier arabische Investoren in unserer Chipindustrie geholfen haben. Eigentlich müssten wir uns jetzt darauf einstellen. Wir debattieren seit vier Jahren das Problem der mangelnden Toleranz anderen gegenüber. Wir werden das massiv materiell zu spüren bekommen, wenn wir das Problem nicht beherrschen lernen. Das sage ich Ihnen so deutlich.
Der Finanzmarkt wird offensichtlich nach diesem Kraftakt – das sagen alle voraus – nicht mehr derselbe sein, der er zuvor gewesen ist. Wenn wir eine internationale Regelung erreichen, dann erst recht nicht. Wenn das richtig ist, Herr Unland, dann darf in dieser Paketlösung nicht, wie
es jetzt noch drinsteht, geregelt sein, dass der Fonds „faule“ Kredite abkauft, weil Sie die auf lange Sicht nie wieder loswerden. Das ist dann gegessen.
Die Langfristauswirkungen liegen ziemlich auf der Hand. Das Rettungspaket klingt so leichtfüßig, weil man es über Verschuldung finanziert. Es löst die Bremsen bei der Staatsverschuldung. Hier liegen eigentlich die wahren Kosten. Der jetzige Steuerzahler spürt sie nur noch nicht so sehr, aber vielleicht die nächste Generation. Es wird einfach in die noch unbekannte Zukunft verschoben. Das erinnert mich sehr an den Fonds „Deutsche Einheit“. Das war ein ziemliches „Gewürsche“. Diese Sondervermögen, kann ich Ihnen nur sagen, haben mit Vermögen nichts zu tun. Diese Sondervermögen sind alles Schuldenstände. Ich nenne das Bundeseisenbahnvermögen und den Fonds „Deutsche Einheit“. Das wird ein Schuldenstand werden, den wir mit Zinsen abstottern müssen. Das ist nicht lustig. Die Regierung kauft sich meiner Meinung nach Zeit, um ihre Ohnmacht zu übertünchen. Das Paket ist eine Notlösung und im Zweifelsfall werden wir lange daran abstottern. Das steht ins Haus.
Die Exportnation Deutschland wird besonders hart von den wirtschaftlichen Verwerfungen betroffen sein. Es gibt vielleicht einen Verzögerungsfaktor durch die guten Jahre der letzten Zeit, denn man hat ein bisschen vorgebaut. Aber irgendwann sind die Reserven erschöpft und es geht ans Eingemachte. Der Preis für Industrieholz in Sachsen ist schon um 10 % gefallen. Sie können sich bei „Sachsenforst“ erkundigen.
Meine Damen und Herren! Wird von den Fraktionen weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. – Aha, Herr Scheel, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Hermenau, es würde mich reizen, zu dem einen oder anderen Stellung zu nehmen, aber ehrlich gesagt: Diese Form von „Erklärbär“, die Sie heute vorgebracht haben, ist genau die Form von Arroganz, die den GRÜNEN noch einmal richtig auf die Füße fallen wird.
Sie können hier noch so sehr versuchen zu erklären, was Weltwirtschaftskrisen sind und was Sie alles schon Schönes vorhergesehen haben und wie weit die Weltwirtschaft in Problemlagen ist, die sie hätte voraussehen können. Sie haben in keinem Ausschuss, weder im Haushalts- und Finanzausschuss noch im Untersuchungsausschuss der Sachsen LB, durch häufige Anwesenheit oder große Fachbeiträge geglänzt.
Anscheinend habe ich verpasst, dass die kommunistische Plattform in der CDU gerade gegründet wurde und Sie zu deren Sprecher gewählt wurden.
Ich finde es wirklich überraschend, wie viele Verbalradikale wir auf einmal im Sächsischen Landtag haben!
Es ist wirklich faszinierend. Es ist auch interessant, was der Bundesfinanzminister gesagt hat. Auch wir sind der Meinung, dass genau die Brandstifter, die diesen Brandsatz gelegt haben, zur Verantwortung gezogen werden sollen. Es stünde dem Sächsischen Landtag gut zu Gesicht, diese Forderung an die Bundesregierung heranzutragen.
Wir werden den Bundesfinanzminister und dieses Rettungspaket auch daran messen, ob sie in der Lage sind, daraus Konsequenzen zu ziehen.
Kommen wir gleich noch zu dem einen Punkt. Was machen denn die Vereinigten Staaten gerade? Sie machen es nämlich ganz anders: Sie zwingen die Banken dazu, dass der Staat sich bei ihnen beteiligen kann. Sie zwingen sie dazu! Die fragen nicht einmal mehr! Die warten nicht darauf, dass die Banken zu ihnen kommen und sagen: Mensch, lieber Staat, wir bräuchten mal ein bisschen Eigenkapital! Der Staat geht dort rein, weil er mitreden will, zum Beispiel darüber, ob es gerechtfertigt ist, dass Vorstände ungerechtfertigt immense Summen verdienen. Sie wollen darüber mitreden. Der Kongress hat beschlossen, wie die maximale Höhe ist. Das „piept“ natürlich die Banker an der Wall Street an und auch die deutschen Banken sind sehr betroffen: „Man kann doch nicht einfach eine Obergrenze von 500 000 Euro pro Jahr festlegen. Das geht doch nicht!“
Das ist ja eine Frechheit! Ich setze sehr darauf, wenn irgendeine Hilfe kommt, wenn wir uns schon nicht dazu durchringen können, die Teilverstaatlichung bei den Banken anzugehen, um das Mitspracherecht zu haben, dass wir solche Ansprüche durchsetzen.
Natürlich darf es für das Land Sachsen, und darum geht es heute, zu keiner Doppelbelastung kommen. Von diesem Hohen Haus muss ein deutlicher Beschluss kommen, dass eine Zustimmung zu diesem Rettungspaket von der ungerechtfertigten Doppelbelastung abhängig gemacht wird. Es kann doch nicht sein, dass wir auf der einen Seite den Mist, den wir zugegebenermaßen selbst verzapft haben, mit einem riesigen Kraftakt schultern und zeitgleich für
den ganzen Mist, den sich Investmentbanken rund um die Welt gegenseitig zugeschoben haben, auch noch mit aufkommen müssen. Das kann nicht die Wahrheit sein!
Es ist vielleicht noch einmal überdenkenswert, dass wir uns jetzt auf die Habenichts-Seite geschlagen haben. Ich glaube, die Hoffnung wird nicht lange tragen, wenn wir jetzt zu der Position kommen, dass jeder für seine Landesbanken und Sparkassen zuständig ist und es mit den 2,75 Milliarden plus die 500 Millionen Euro ausgestanden sein soll. Ich weiß zwar, dass es eine Mehrheit im Bundesrat bestimmt geben wird, weil wir mehr Habenichtse haben, also mehr Leute, die keine Landesbank haben, als solche, die Landesbanken besitzen; aber am Ende wird uns diese Frage eher auf die Füße fallen, das ist meine Auffassung.
Die Demokratie ist aus einer Frage entstanden. Wenn ich Steuern zahlen soll, will ich auch mitbestimmen. Wenn ich haften soll, möchte ich auch sagen können, wofür ich haften will. Die Mitbestimmungskomponente darf nicht vernachlässigt werden.
Die Landesparlamente müssen sich mit den Fragen: Wie wird die Struktur des Fonds sein, wie werden die Bedingungen sein, wie wird die Auszahlung am Ende erfolgen und wie werden die Lastenverteilungen sein? beschäftigen. Das ist schon aus Gründen der Demokratie in diesem Haus und in diesem Land erforderlich.
Antje Hermenau hat es schon gesagt, wir hätten eine 0,2 %-Prognose. Ich sage das noch einmal, was ich gestern schon gesagt habe. Vielleicht haben Sie leider nicht zugehört. Der Sachverständigenrat hat zwei Prognosen abgegeben. Wenn alles gut läuft, werden es 0,2 %. Wenn dieses Programm nicht wirkt, dann haben wir eine schon jetzt vorhersehbare Rezession von 0,8 %, das heißt, die Wirtschaft wird sinken. Das heißt, Arbeitsplätze werden wegfallen. Das sehen wir jetzt schon. Wer jetzt also kommt und sagt, jegliche Form von Konjunkturprogrammen wäre Teufelszeug und der Rückfall in Kommunismus oder Sozialismus, der erkennt nicht die wirtschaftlichen Probleme, die auf uns zukommen, liebe Kolleginnen und Kollegen.