Protocol of the Session on October 16, 2008

und erhielt im Schengen-Informationssystem einen Eintrag, der ihr verwehrte, nach den Ferien, wieder aus Russland kommend, erneut in Tschechien einzureisen und ihr Studium weiterzuführen. – So kann es passieren. Auch das sind Tatbestände in diesem Fall, die wir immer ganz großmundig mit dem Begriff der illegalen Migration bezeichnen. Es gibt sehr viele Unklarheiten über die Rechtsstellung aufgrund der Schengen-Erweiterung und sich ständig ändernder Visabestimmungen.

Menschen können ihren Aufenthaltstitel auch durch vollkommen andere, simple Umstände verlieren, wie zum Beispiel nach Scheidungen oder wenn die Frist für die Verlängerung des Aufenthaltes verpasst wurde – wodurch auch immer. Es gibt zum Beispiel hier in Dresden einen Fall, da hat es der Rechtsanwalt verpeilt, und schwupp, da war der Aufenthaltstitel weg. Das kann passieren. Schon wer einen Tag zu spät kommt, kann unter Umständen tatsächlich ins Abseits geraten. Das trifft auch für viele Studenten zu, die nach ihrem Studium weitermachen wollen, mit den Formalitäten nicht klargekommen und in eine Situation wie diese geraten sind.

Auch fehlerhaftes Behördenhandeln gehört dazu. Ich will noch ein Beispiel nennen. Ein geduldeter Mann aus einem Landkreis hier in Sachsen wartet in einem Wohnheim auf seine vom Amtsarzt angeordnete Operation. Der OPTermin stand fest, und von der Ausländerbehörde wurde auch die Duldung verlängert. Wenige Tage vor der Operation ist die Polizei in das Asylbewerberheim gekommen und hatte versucht, den Mann abzuschieben. Der war gerade nicht da. Als er in das Heim zurückkam und von dem Vorfall erfuhr, geriet er in Panik und lief weg. Er tauchte für einige Tage unter. Das nennt man illegale Migration. Glücklicherweise konnte ihm allerdings durch eine Flüchtlingsinitiative später geholfen werden.

Im Nachhinein stellte sich heraus, dass ein Übermittlungsfehler zwischen zwei sächsischen Behörden daran schuld war. Auch das führt zu illegaler Migration. Auch solche Fälle gibt es – und nicht wenige.

Nicht zuletzt gibt es auch einen Teil wirklichen Missbrauchs durch Falschangaben und gefälschte Dokumente. Ja, auch das gibt es, das ist vollkommen klar

(Hört, hört! bei der NPD)

und gehört zur Vollständigkeit.

Insgesamt ist dennoch festzustellen, dass die Sachlagen häufig sehr, sehr unterschiedlich sind und dass es notwendig ist, Regelungen zu schaffen, die die Chance eröffnen, aus dieser Situation wieder herauszukommen und einen legalen Aufenthaltsstatus zu erhalten. Das ist unsere Forderung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, schauen wir uns doch mal die Anfrage an, dann sehen wir, dass wirklich die große Unkenntnis der Staatsregierung über die Situation dieser Menschen hervorsticht. Sie weiß im Grunde nichts. Ein paar Zahlen gibt sie an, richtig. Aber sie weiß nichts über die Wohnverhältnisse dieser Menschen ohne Pass, wenig über ihre gesundheitliche Betreuung, kaum etwas über ihre Arbeitsverhältnisse, und sicherlich sind die geringen Zahlen, die hier genannt werden, auch wenig signifikant.

„20 im Jahre 2008“ – was ist das für eine Zahl? Die Dunkelziffer wird sicherlich wesentlich höher sein. Das mag auch damit zusammenhängen, dass nur an bestimmten Schnittpunkten Menschen ohne Pass aus ihrem Schatten heraustreten. Denn wo begegnen sie uns? – Wenn sie krank sind oder, besser gesagt, wenn sie so krank sind, dass ein Arztbesuch unvermeidlich ist. Sie müssen also den Arzt aufsuchen. Ihre Angst, gemeldet und daraufhin abgeschoben zu werden, lässt den Arztbesuch zum absoluten Notfall werden. Ärzte kommen immer mehr – und das ist ein wirkliches Problem – in moralische Bedrängnis, wenn sie einer Meldepflicht unterliegen, und dies dazu führt, dass ihre Patientinnen und Patienten abgeschoben werden. Einerseits kollidiert die Meldepflicht erheblich mit der ärztlichen Schweigepflicht und der Unverletzlichkeit von Privatgeheimnissen nach § 203 Strafgesetzbuch. Verstöße dagegen werden nämlich mit Freiheits- und Geldstrafe geahndet. Andererseits laufen

Ärzte Gefahr, wenn sie nicht melden, sich nach § 96 Aufenthaltsgesetz strafbar zu machen wegen der Behandlung von Patienten ohne Aufenthaltstitel, was auch als Beihilfe zum illegalen Aufenthalt strafbar ist.

Aus dieser Zwickmühle müssen wir Ärzte befreien. Ich denke, das ist außerordentlich wichtig. Das hat meine Kollegin Herrmann schon gesagt. Hier muss eine Änderung herbeigeführt werden und dafür sollten wir uns starkmachen. Wir wollen, dass in diesem Fall diese rigide Meldepflicht abgeschafft wird. Das muss nicht nur bei Ärzten so geregelt werden, auch bei Anwälten, bei Beratern, bei Sozialarbeitern. Gerade Sozialarbeiterinnen, zum Beispiel in Frauenschutzhäusern, brauchen unbedingt Klarheit in dieser Frage. Deswegen ist unsere Forderung, eine entsprechende Änderung des § 96 Aufenthaltsgesetz durch ein Herausnehmen humanitär motivierter Hilfe als Beihilfetatbestand vorzunehmen.

Zur besseren medizinischen Betreuung dürften auch ein steuerfinanzierter Fonds und eine anonymisierte Form der Krankenversicherung wenigstens ein diskussionswerter Vorschlag sein. Bisher gibt es keinerlei befriedigende Lösungen dafür, meine Damen und Herren. Ich meine schon, dass unverzügliches Handeln geboten ist. Dabei bin ich wieder bei meiner Eingangsthese. Dringend müssen Wege eröffnet werden, die es Menschen erleichtern, aus dem Schatten herauszutreten, Illegalität abzulegen, ohne fürchten zu müssen, pauschal und sofort abgeschoben zu werden. Das ist wichtig für die Menschen, die das betrifft, für ihr persönliches Leben, und das ist genauso wichtig für die Mehrheitsgesellschaft, der das nicht nur aus humanitären Gründen am Herzen liegen sollte, sondern auch um des sozialen Friedens willen.

Tun wir also nicht so, als sei der Mensch erst mit einem Pass zu einem Menschen geworden, denn der Mensch war wirklich eher da als der Pass.

(Beifall bei der Linksfraktion und vereinzelt bei der NPD und den GRÜNEN)

Die SPD-Fraktion; Herr Bräunig, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir beschäftigen uns heute mit dem Thema „Leben in der Irregularität“. Ich will es einmal bei diesem Begriff belassen, denn zum einen wird der Begriff in der Literatur einschlägig verwendet, zum anderen ist der Begriff „illegal“ per se schon mit einer gewissen Kriminalisierung verbunden. Deswegen würde ich es gern bei diesem Begriff „Irregularität“ belassen.

(Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

Irreguläre Migration ist ein weltweites Phänomen und insbesondere Großstädte und Ballungszentren üben eine enorme Anziehungskraft auf Migrantinnen und Migranten aus. Warum ist das so? – Migration entsteht unter anderem dadurch, dass Menschen ganz selbstverständlich danach streben, ihre persönliche Lebenssituation zu

verbessern. In der heutigen Zeit ist es hauptsächlich die Erwerbstätigkeit, über die sich soziale Sicherheit und Wohlstand definieren und deshalb streben die Menschen danach, ihren Lebensmittelpunkt dorthin zu legen, wo die Arbeit ist, wo sie verbesserte Einkommenschancen sehen und damit verbunden eine Verbesserung ihrer Lebenssituation.

In der globalisierten Welt, in der wir nun einmal leben, findet Migration nicht nur innerhalb bestimmter Regionen oder innerhalb von Ländergrenzen statt, sondern eben grenzüberschreitend und weltumspannend. Die Bundesrepublik Deutschland ist – wie im Übrigen ein Großteil der anderen europäischen Länder auch – ein klassisches Zuwanderungsland, weil hier Arbeitskräfte von der Wirtschaft in Größenordnungen nachgefragt werden und sich damit für eine Vielzahl von Menschen über Erwerbstätigkeit die persönliche Lebenssituation ganz konkret beeinflussen lässt. Diese Situation, diese Struktur, die unserer Gesellschaft zugrunde liegt, übt auch auf Migrantinnen und Migranten eine Anziehungskraft aus.

Die Politik hat bisher darauf Antworten gefunden, die so aussehen, dass das Zuwandererland Deutschland sich dadurch kennzeichnet, dass es Migration grundsätzlich zulässt, diese aber aufteilt in erwünschte Migration auf der einen Seite und unerwünschte Migration auf der anderen Seite und damit auch die Zuwanderer, die Menschen selbst, aufteilt in gute Zuwanderer und schlechte Zuwanderer. Ein Beispiel für erwünschte Migration ist der Zuzug von speziell hoch qualifizierten Fachkräften, die auf dem Arbeitsmarkt konkret nachgefragt werden.

(Jürgen Gansel, NPD: Wie in den USA, Kanada, Australien oder Neuseeland!)

Ein Beispiel für erwünschte Migration aus rein politischen Gründen ist der Zuzug von Aussiedlern, von Deutschstämmigen aus allen Teilen der Welt. Alle anderen sind in der Regel unerwünscht.

Selbstverständlich ist von der regulären Zuwanderung der Zugang zu staatlichen Leistungen abhängig und das ist – das Gefühl habe ich manchmal – der Kernpunkt der Debatte. Diese wird auch sehr emotional geführt: Wer soll von staatlichen Leistungen profitieren und wer soll nicht von staatlichen Leistungen profitieren? – Es gibt auch politische Gruppierungen, die sich das zunutze machen, um die Stimmung anzuheizen. Aber das nur am Rande.

Auf den Punkt gebracht ist der Kern unserer Migrationspolitik die Aussage, dass nur derjenige die wohlfahrtsstaatlichen Leistungen unserer Gesellschaft in Anspruch nehmen soll und darf, der entweder Deutscher ist oder Ausländer, dann aber nur, wenn er und solange er sich im Rahmen regulärer Arbeit an der Vermehrung des Bruttosozialprodukts beteiligt.

Wenn man das soeben Gesagte zusammenfasst, kommt man zwangsläufig zu der Erkenntnis, dass es unsere Gesellschaft selbst ist, die die Motive für Migration liefert. Um noch eines draufzusetzen: Es ist die Gesellschaft, die selbst der Motor der Migration ist, egal ob

regulär oder irregulär. Aus dieser Erkenntnis heraus muss sich das Bewusstsein herleiten, dass die irregulär hier lebenden Migranten und Migrantinnen selbstverständlich ein Bestandteil unserer Gesellschaft sind, weil die Struktur dieser Gesellschaft dieses Phänomen erst hervorgebracht hat.

(Jürgen Gansel, NPD: Nein, Ihre Wirtschaftspolitik!)

Deshalb haben auch diese Menschen gleichermaßen unsere Fürsorge und unsere Achtung verdient. Ich setze sogar noch eines drauf, ich sage: Es gehört zur sozialpolitischen Verantwortung dieser Gesellschaft, auch diesen Menschen eine Perspektive zu geben.

(Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und der Abg. Elke Herrmann, GRÜNE)

Selbstverständlich müssen wir Zuwanderung begrenzen – das ist völlig unstrittig – und wir müssen auch klare rechtliche Rahmenbedingungen dafür schaffen. Diese haben wir. Das darf allerdings wiederum nicht dazu führen, dass das Phänomen der irregulären Migration völlig ausgeblendet oder auf eine einfache Formel reduziert wird, wie sie der Kollege Seidel nannte. Darin muss ich Ihnen leider widersprechen. Wenn wir das auf die einfache Formel reduzieren: „Irreguläre Migration ist gesetzwidrig und muss deshalb mit allen Mitteln bekämpft werden“, dann trifft das den Kern der Sache nicht vollständig. So einfach dürfen wir es uns nicht machen.

Der fehlende Aufenthaltsstatus ist ja das Hauptproblem der Migrantinnen und Migranten, über die wir hier reden. Dieser fehlende Aufenthaltsstatus wirkt sich unmittelbar – in aller Regel negativ – auf deren Lebensführung aus, und zwar in den zentralen Bereichen Arbeit, Wohnen, Bildung und Gesundheit. Diese Schattenseiten des Lebens ohne Aufenthaltsstatus bedürfen deshalb einer differenzierten Betrachtung und Auswertung. Nur daraus lassen sich wiederum Handlungsempfehlungen herleiten für einen entsprechenden Umgang mit dieser Bevölkerungsgruppe. Die GRÜNEN haben ja gerade mit ihrer Großen Anfrage begonnen, diese Debatte hier bei uns anzustoßen.

Es gibt eine Reihe wissenschaftlicher Studien zu diesem Thema, die sich mit der Situation von irregulären Migrantinnen und Migranten beschäftigen, speziell in München, in Frankfurt am Main und in Köln. Die kommunalen Entscheidungsträger haben aus der Auswertung dieser Studien Handlungsempfehlungen speziell für die Politik vor Ort erarbeitet. Sie werden dort auch umgesetzt. Sicherlich brauchen wir für Sachsen keine eigene wissenschaftliche Untersuchung, auch wenn Sie in Ihrem Entschließungsantrag darauf eingehen. Ich glaube, das Phänomen trifft uns hier – wenn überhaupt – in stark abgeschwächter Form und sicherlich nur in den großen Ballungsräumen Dresden und Leipzig.

Dennoch müssen wir uns der Thematik stellen. Ich will schon deshalb noch einmal einige konkrete Punkte ansprechen, die die Auswirkungen des täglichen Lebens der

Irregularität ganz konkret darstellen. Einiges ist ja schon von den Vorrednerinnen hier gesagt worden.

Thema Beschäftigung: Gerade wegen des fehlenden Aufenthaltsstatus können eben irreguläre Migrantinnen und Migranten nicht rechtmäßig in ein vertraglich geregeltes Arbeitsverhältnis eintreten. Das führt zwangsläufig zur Gefahr der Ausbeutung, vor allem im Hinblick auf die Vorenthaltung von rechtmäßig zustehenden Lohnzahlungen. Das ist ein großes Problem. Grundsätzlich steht zwar allen Arbeitnehmern der Rechtsweg offen. Wegen der Gefahr der Entdeckung des unrechtmäßigen Aufenthaltes nehmen aber gerade diese Personen den ihnen zustehenden Rechtschutz häufig nicht in Anspruch.

Thema Gesundheit: Die Migrantinnen und Migranten schließen sich vielfach selbst von den Leistungen des Gesundheitssystems aus. Obwohl ihnen die Leistungen grundsätzlich zustehen, lassen sie sich nicht behandeln, weil aufgrund der datenintensiven Organisation unseres Gesundheitswesens das potenzielle Entdeckungsrisiko dort relativ groß ist.

Thema Bildung: Ich will schon noch mal konkret auf das eingehen, was hier bereits zum Thema Schulpflicht gesagt wurde. Die Staatsregierung schreibt in ihrer Antwort auf die Frage nach der Schulpflicht: „Die Schulpflicht erstreckt sich auf alle Kinder, die im Freistaat Sachsen wohnen, unabhängig vom Aufenthaltsstatus.“ Und weiter: „Unabhängig von der Staatsangehörigkeit und vom Aufenthaltsstatus sollen alle Kinder gleich behandelt werden.“

Dieser Schulpflicht nachzukommen ist zumindest an öffentlichen Schulen schwierig, wenn nicht sogar nahezu unmöglich, da sich die Schülerinnen und Schüler zwangsläufig der Gefahr der Aufdeckung des unrechtmäßigen Aufenthaltes aussetzen, weil eben die Mitteilungspflichten bestehen.

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion: Genau!)

Die Staatsregierung kommt in einer anderen Antwort zu dem Schluss: „Trotz der Schulpflicht berührt eine gegebenenfalls bestehende Mitteilungspflicht der Bediensteten das Recht auf Bildung nicht.“

Dabei habe ich schon ein bisschen gestutzt, weil mir das so nicht ganz einleuchtet. Ich weiß, dass man in anderen Bundesländern, in denen man sich auch mit dem Thema Schulpflicht kontra Mitteilungspflicht beschäftigt hat – beispielsweise Nordrhein-Westfalen –, reagiert hat und dass dort die Mitteilungspflichten für Schulleiterinnen und Schulleiter sowie Lehrerinnen und Lehrer eben gestrichen wurden, sodass das Recht auf Bildung, dass jedes Kind seiner Schulpflicht nachkommen kann, gewährleistet ist und die Kinder angstfrei die Schule besuchen können. Deshalb würde ich schon darum bitten, ob es möglich ist, dass die Staatsregierung ihre eigene rechtliche Bewertung noch einmal auf den Prüfstand stellt und sich mit der Verfahrensweise in anderen Bundesländern vertraut macht.

(Beifall bei der SPD, vereinzelt bei der Linksfraktion und des Abg. Dr. Jürgen Martens, FDP)

Kein europäisches Land – und damit komme ich auf die Mitteilungspflichten; die betreffen ja nicht nur die Schule – hat so strenge Vorschriften im Hinblick auf die Pflicht zur Datenweitergabe öffentlicher Stellen an die Ausländerbehörden wie die Bundesrepublik Deutschland. Das ist ein Fakt. Das führt dazu, dass sich die Betroffenen, zum Beispiel die Ärzte und das medizinische Personal an öffentlichen Krankenhäusern, die Mitarbeiter der Krankenkassen selbstverständlich, aber auch Schulleiterinnen und Schulleiter sowie Lehrerinnen und Lehrer, in einem persönlichen Konflikt befinden, der dadurch ausgelöst wird, dass sie einerseits aus berufsethischen Gründen natürlich den Migrantinnen und Migranten helfen wollen, sich aber bei einer Nichtübermittlung der ihnen bekannt gewordenen Tatsachen an die Ausländerbehörde möglicherweise selbst der Strafverfolgung aussetzen würden.

Diesen Knoten müssen wir lösen. Das kann man in Einzelbereichen, so wie ich das jetzt dargestellt habe, wie es in anderen Bundesländern an den Schulen praktiziert wird, relativ problemlos machen auch ohne Gesetzesänderung auf Bundesebene, die momentan, glaube ich, wenig Aussicht auf Erfolg hätte, wenn man noch einmal an das Aufenthaltsgesetz rangeht. Insbesondere im Hinblick auf die Schulen, denke ich, reicht eine einfache rechtliche Klarstellung der Staatsregierung, dass Schulen Daten zum Aufenthaltsstatus ausländischer Kinder nicht erheben und weitergeben dürfen, um die gesetzliche Schulpflicht nicht zu unterwandern und damit allen Kindern in Sachsen das Recht auf Bildung uneingeschränkt zu gewähren. Das ist etwas, was die Staatsregierung ganz konkret hier tun könnte.

Für die anderen Bereiche gestaltet sich die Situation etwas schwieriger. Dafür ist sicherlich noch viel Überzeugungsarbeit notwendig. Dass es dabei auch anders geht, zeigen die Erfahrungen in anderen europäischen Ländern. Ich will noch ganz kurz drei Beispiele hier bringen:

Die Niederlande haben beispielsweise in den Neunzigerjahren den Zugang irregulärer Migrantinnen und Migranten zu staatlichen Leistungen stark eingeschränkt. Sie haben aber drei Bereiche davon ausgenommen, und zwar die Bereiche Schule, Gesundheitsversorgung und Rechtsschutz.

In Spanien – und der Innenausschuss war ja vorige Woche in Spanien und wir konnten uns vor Ort ein Bild machen, wie mit Migrationspolitik umgegangen wird – können sich Einwohner unabhängig vom Aufenthaltsstatus bei den Meldebehörden registrieren lassen, bei den Einwohnermeldeämtern. Sie erhalten dadurch Zugang zu staatlichen Leistungen, insbesondere der Gesundheitsversorgung. Das hat uns sehr beeindruckt, als wir in Barcelona vor Ort erleben durften, wie das dort funktioniert.

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion: Dafür können Sie sich einsetzen!)

In Belgien – mein drittes Beispiel – ist der Abgleich von Schul- und Meldedaten gesetzlich verboten, sodass alle Schülerinnen und Schüler angstfrei die Schule besuchen können.