Protocol of the Session on September 10, 2008

(Beifall des Abg. Thomas Colditz, CDU)

als unser Bildungssystem beim Bildungsmonitor zum dritten Mal in Folge den ersten Platz belegt hat.

(Beifall bei der CDU – Dr. André Hahn, Linksfraktion: Sie müssen sich einmal die Statistik international ansehen! – Volker Bandmann, CDU: Dass Sie das ärgert, wissen wir ja!)

Darauf können wir uns nicht ausruhen, darauf können wir aber aufbauen.

Die Kinderbetreuung soll qualitativ verbessert werden. Wir haben deshalb vorgeschlagen, den Personalschlüssel in Kindergärten zu verbessern. Künftig soll eine Erzieherin nur noch zwölf statt 13 Kinder betreuen. Dafür stellt der Freistaat 14 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung. Ich möchte aber nochmals betonen, dass es eine originär kommunale Aufgabe ist, die wir als Staatsregierung unterstützen wollen. Durch die steigenden Kinderzahlen – ich sage: zum Glück! – steigen bereits die Ausgaben für die laufende Förderung der Kindertagesstätten über den Landeszuschuss. Insgesamt stellt der Freistaat fast 360 Millionen Euro pro Jahr bereit; im Jahr 2008 waren es dagegen noch rund 310 Millionen Euro. Wir verzeichnen also einen Aufwuchs von 50 Millionen Euro.

Ich appelliere deshalb an die Kommunen, dieses zusätzliche Angebot des Freistaates anzunehmen und mit eigenen Mitteln gegenzufinanzieren.

Neben der laufenden Förderung wird im Doppelhaushalt auch die investive Förderung erhöht. In den kommenden zwei Jahren stehen zur Förderung von Investitionen in Kindergärten und Kinderhorte jeweils 25 Millionen Euro bereit und nochmals zusätzlich rund 17 Millionen Euro zur Förderung von Investitionen in Krippen. Daneben wird die frühkindliche Bildung weiter gestärkt und den Grundschullehrern eine Rückkehr zur Vollbeschäftigung ermöglicht.

Wir haben in Sachsen nicht nur ein hohes Niveau bei der Kinderbetreuung, sondern auch die besten LehrerSchüler-Relationen bundesweit.

(Beifall bei der CDU)

Nach offiziellen Daten der Kultusministerkonferenz liegt die Lehrer-Schüler-Relation in den Gymnasien bundesweit durchschnittlich bei 18 Schülern pro Lehrer, in Sachsen hingegen nur noch bei 13 Schülern pro Lehrer. Ich erinnere mich noch sehr gut an meine Zeit im Gymnasium. Wir hatten zum Teil weit über 40 Schüler pro Lehrer.

Noch ein Punkt ist mir wichtig. Zwischen 1991 und 2007 wurden rund 3 000 Fördermaßnahmen im Schulhausbau mit einem Mittelvolumen von 1,7 Milliarden Euro gefördert. Im Doppelhaushalt kommen pro Jahr jeweils rund 100 Millionen Euro dazu. Das heißt, der Schulhausbau wird weiterhin stark unterstützt.

(Beifall bei der CDU)

Viertens, Hochschulen und Forschung.

Meine Damen und Herren! Sie haben sicherlich das hervorragende Abschneiden sächsischer Projekte bei verschiedenen Wettbewerben in letzter Zeit mit verfolgt. Sachsen hat sicherlich im Vergleich zu anderen Bundesländern eine überproportionale Hochschullandschaft, was nicht schlecht ist. Wir haben neben der Landesuniversität in Leipzig drei Technische Universitäten – meistens teuer – sowie zwei Medizinische Fakultäten in Leipzig und Dresden – auch teuer. Ein vergleichbares Bundesland von der Einwohnerzahl her, Rheinland-Pfalz, leistet sich zum Vergleich jeweils nur eine Einrichtung.

Sachsen ist die Ingenieurschmiede Deutschlands. Das lassen wir uns auch einiges kosten. Seit der Wende wurden in den Hochschulbau bereits 2,2 Milliarden Euro investiert. Aber das reicht nicht aus, denn bisher sind nur rund 60 % der Gebäude in einem guten Zustand. Um den Sanierungsbedarf im Hochschulbereich weiter abzubauen, werden deshalb mehr als 43 % der Bauausgaben allein im Einzelplan 14 für den Hochschulbau verwendet.

Unsere Hochschulen sind und bleiben die wichtigste Säule für Forschung und Lehre. Gleichzeitig investieren wir aber durch den Pakt für Forschung und Innovation auch deutlich mehr in die außeruniversitäre Forschung. Die Ausgaben steigen von knapp 200 Millionen Euro im Jahr 2007 auf knapp 220 Millionen bzw. 230 Millionen Euro im Doppelhaushalt. Wir nehmen nicht nur die vom Bund regulär bereitgestellten Mittel mit einer Steigerungsrate von 3 % ab, sondern deutlich mehr. In den kommenden zwei Jahren stellen wir weitere Kofinanzierungsmittel bereit, um zusätzlich angebotene Mittel des Bundes abzunehmen.

Darüber hinaus haben wir bei den EFRE-Mitteln Vorsorge getroffen, um weitere wichtige Forschungseinrichtungen in Sachsen ansiedeln oder ausbauen zu können. Außerdem werden Mittel zur Verbesserung der wissenschaftlichen Bibliotheken bereitgestellt.

Kommen wir zum fünften Schwerpunkt, ländlicher Raum: Wenn über Sachsen gesprochen wird, wird fast immer seine Wirtschafts- und Industriegeschichte hervorgehoben. Wie wichtig aber der ländliche Raum ist, wird nur selten betont.

Der ländliche Raum hat das Stadtleben und die Stadtentwicklung entscheidend beeinflusst. Der ländliche Raum erbringt für die Städte Dienstleistungen und stellt Ressourcen für die Ballungszentren bereit.

Im ländlichen Raum Sachsens lebt über die Hälfte der sächsischen Bevölkerung. Nur gemeinsam machen Städte und ländlicher Raum Sachsen zu einem starken und lebenswerten Land.

Politik für den ländlichen Raum ist jedoch mehr als nur Politik für die Landwirtschaft. Sie ist auch immer Politik für den Naturschutz, den Verbraucherschutz, die Ernährung, die Landesentwicklung, den Tourismus und die

Kulturlandschaft; und es ist auch Politik für die ländliche Wirtschaftsstruktur und für die Bildung, denn im ländlichen Raum gibt es eine mittelständisch geprägte Wirtschaft und junge arbeitsfähige Menschen. Im ländlichen Raum des Freistaates Sachsen gibt es überall leistungsstarke kleine und mittlere Unternehmen, die in ihren Bereichen nicht selten Weltmarktführer sind. Solche Bereiche, solche Champions aus dem Mittelstand gibt es in allen Regionen Sachsens. Da ich aus meiner Vortätigkeit ein klein wenig industrielastig bin, möchte ich einfach einmal vier Beispiele nennen.

Im Norden Sachsens stellen zum Beispiel die Stahl- und Schmiedewerke Gröditz mit modernster Technologie Kurbelwellen für die Luftfahrt- und Automobilindustrie her.

Aus dem Erzgebirge beliefert die Scherdel Marienberg GmbH den Weltmarkt mit Spezialfedern. 630 Arbeits- und Ausbildungsplätze bestehen dort mittlerweile.

In Mittelsachsen ist Roth & Rau sehr erfolgreich im boomenden Fotovoltaik-Markt mit seinen Spezialmaschinen.

Die Schätze des Grünen Gewölbes, der Eremitage in Sankt Petersburg oder – jetzt neu – im Schloss von Freiberg liegen in Vitrinen der Reier GmbH aus Lautern. Von dort werden Kunden in der ganzen Welt beliefert.

Am Rande bemerkt: Ich bin natürlich besonders stolz darauf, dass ich viele junge Menschen selber für diese Firmen ausgebildet habe und dass der eine oder andere meiner Absolventen und Diplomanden dort arbeitet.

(Beifall bei der CDU)

Mit dem Doppelhaushalt wollen wir die ländlichen Regionen weiter stärken. Kernziele sind die Verbesserung der Lebens- und Wirtschaftsbedingungen, um der Abwanderung, insbesondere der Jugend, entgegenzuwirken und auf die Bedürfnisse älterer Menschen einzugehen. Dies soll vor allem durch eine moderne Infrastruktur und Versorgungsangebote erreicht werden. Ich erinnere zum Beispiel an die noch bestehenden Defizite beim Ausbau der Breitbandversorgung für das Internet. Jungen Familien soll durch Förderung erleichtert werden, alte Bausubstanz für eigene Wohnzwecke zu erwerben. Schließlich möchten wir die Dorferneuerung fortführen.

Die Finanzierung erfolgt insbesondere durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes – Sie kennen das besser unter der Abkürzung ELER – sowie durch die Mittel der Gemeinschaftsaufgabe Agrar- und Küstenschutz. Der Programmrahmen des ELER für den Freistaat Sachsen beträgt für die Jahre 2007 bis 2013 immerhin 1,2 Milliarden Euro.

Kommen wir zum siebenten Schwerpunkt, innere Sicherheit. Das Thema „Innere Sicherheit“ ist nicht erst durch die Osterweiterung der EU bedeutungsvoll. Die Gesellschaft sowie die Polizei- und Sicherheitsbehörden sehen sich nicht nur mit den Herausforderungen im Bereich der allgemeinen Kriminalität konfrontiert, sondern auch mit

den neuen Gefahren des Terrorismus, aber auch mit Unsicherheiten durch den Wegfall der Grenzkontrollen. Im Doppelhaushalt wurden diese Anforderungen berücksichtigt, um den hier lebenden Menschen auch weiterhin ein friedliches und sicheres Miteinander zu ermöglichen.

(Beifall bei der CDU)

So wird im Polizeibereich die Zahl der Anwärterstellen deutlich erhöht – im Jahr 2009 von rund 440 auf rund 630 und im Folgejahr auf 806. Der Anstellungskorridor im Polizeibereich wurde für die Jahre 2011 und 2012 ebenfalls erhöht.

Das im vergangenen Doppelhaushalt begonnene Investitionspaket für die sächsische Polizei wird auch im vorliegenden Doppelhaushalt fortgesetzt und aufgestockt. So stehen allein für die Beschaffung von Fahrzeugen über 7 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung. Wenn man einen Kaufpreis von rund 30 000 Euro zugrunde legt, bedeutet das 250 neue Fahrzeuge für die Polizei.

Als Ausgleichsmaßnahmen zum Wegfall der Grenzkontrollen Ende 2007 soll die Sächsische Sicherheitswacht über das bisherige Maß hinaus in den Grenzgemeinden eingesetzt werden. Sie wissen ja, dass diese zum Teil aus den benachbarten Staaten zusammengesetzt wird.

Die Sicherheit der Bevölkerung soll auch im Rahmen von Fußballspielen erhöht werden – ein offensichtlich nach wie vor schwieriges Problem; denn in letzter Zeit zeigte sich eine zunehmende Gewaltbereitschaft und Gewalttätigkeit. Um diesem Problem zu begegnen, werden Projekte zur sozialpräventiven Betreuung von Fußballfans zur Erhöhung der Sicherheit bei Sportveranstaltungen gefördert.

Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Ich wäre gern noch auf weitere Politikbereiche eingegangen, die sich im Haushaltsentwurf widerspiegeln. Ich hätte gern noch ausführlich über unsere Anstrengungen für die kulturellen Schätze unseres Landes gesprochen. Sachsen liegt mit Ausgaben für Kunst und Kultur von rund 155 Euro pro Kopf an der Spitze aller Bundesländer. Das wird auch in Zukunft so bleiben.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Auch auf die Solidarität, die der Staat für diejenigen aufbringt, die unsere Hilfe besonders benötigen, kann ich hier nicht ausführlich eingehen. Wir erhöhen sowohl die Mittel für die Jugendhilfe als auch die für die Behinderten- und für die Seniorenhilfe, und wir zahlen nach wie vor als eines von vier Bundesländern Landeserziehungsgeld.

(Beifall bei der CDU)

Vieles von dem, was ein Finanzminister in seiner Einbringungsrede vortragen kann, bleibt im Bereich der Zahlen und ist damit abstrakt, kalt und wenig anschaulich. Aber das ist nun einmal die Aufgabe des Finanzministers. Was wir mit diesem Doppelhaushalt in Zukunft für Sachsen weiter entwickeln können, das wird sich zeigen.

Ich möchte es einfach übersetzen: nämlich dann, wenn unsere Kinder auf neuen Radwegen zu ihren sanierten Kitas und Schulen fahren können, wenn ihre Eltern zügig mit dem öffentlichen Nahverkehr oder auf ausgebauten Straßen zu ihren neuen Arbeitsplätzen fahren können, wenn die Touristen aus Nah und Fern unsere renovierten Schlösser und Museen besuchen können, wenn die Studenten in neuen Hörsälen, Labors und Bibliotheken lernen können, wenn mehr Polizisten auf den Straßen für Sicherheit sorgen werden, mit neuen Fahrzeugen und mit neuer Technik, wenn unsere Städte und Dörfer im ganzen Land als Wohn- und Arbeitsort noch attraktiver werden können und schließlich, wenn es sich lohnt, hier in Sachsen zu leben, zu lernen, zu arbeiten und seine Zukunft zu sichern.

(Beifall bei der CDU)

Ich glaube, was diese Ziele anbelangt, haben wir auch ein gemeinsames Verständnis.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen Glück auf!

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Wir kommen jetzt zur Aussprache. Ich erteile der Linksfraktion das Wort; Herr Dr. Hahn, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Finanzminister, statt einer Vorlesung über die Rahmenbedingungen des Haushalts hätte ich eigentlich erwartet, dass Sie dem Parlament erläutern, welche konkreten politischen Ziele die Staatsregierung mit dem Haushaltsentwurf verfolgt. Ich bedauere, dass Sie diese Chance während Ihrer wahrlich mitreißenden Rede heute verpasst haben.

(Beifall bei der Linksfraktion und den GRÜNEN – Zuruf des Abg. Volker Bandmann, CDU)

Herr Ministerpräsident, mit Ihrem Amtsantritt haben viele Menschen in Sachsen Hoffnungen verbunden. Sie, Herr Tillich, haben zudem mit Ihren ersten Erklärungen Erwartungen auf eine andere, eine bessere Politik für unser Land geweckt. Heute nun sind Sie gut 100 Tage im Amt und ich komme nicht umhin festzustellen: Sie haben Ihre Chance bisher nicht genutzt; Sie haben Hoffnungen enttäuscht und geweckte Erwartungen nicht erfüllt.