Zweitens. Die Einnahmen bestimmen die Ausgaben und nicht umgekehrt. Dieser Grundsatz klingt banal und scheint selbstverständlich, ist es jedoch nicht. – Ich habe kürzlich wieder einmal von einem Professorenkollegen ein Gutachten lesen müssen, der genau das Gegenteil behauptet. Ich, ehrlich gesagt, habe es nicht kapiert. – Dieser Grundsatz führt dazu, dass unser Schuldenstand vergleichsweise moderat ist. Diesen Grundsatz auch bei der zukünftigen Einnahmenentwicklung konsequent umzusetzen heißt vor allem, den zukünftigen Haushalten Handlungsspielräume zu sichern, sodass wir uns hoffentlich in Zukunft über mehr als 7 % streiten können.
Drittens, Realitätssinn. Verantwortungsvoll mit Steuergeldern umzugehen bedeutet auch, den Haushalt an die Realitäten anzupassen und zum Beispiel die notwendigen Strukturanpassungen aufgrund der demografischen Entwicklung umzusetzen. Dazu gehört – ich möchte das relativ einfach formulieren –, nur Versprechungen zu machen, die wir auch finanzieren können.
Viertens. Strategisches Investieren – ein weiterer wichtiger Grundsatz. Da Haushaltsmittel grundsätzlich immer begrenzt sind – Wünsche haben wir ja alle viele –, sollten sie nur dort eingesetzt werden, wo sie einen langfristigen und wiederkehrenden Nutzen haben. Oberstes Prinzip muss es sein, die Wirtschaftsbasis zu stärken und die Wertschöpfung im Land weiter zu steigern. Wir schaffen damit die Voraussetzung für neue Arbeitsplätze sowie Werte, die der heutigen und den zukünftigen Generationen zugute kommen.
Mit diesen Leitideen – ich möchte sie noch einmal zusammenfassen: Nachhaltigkeit, Einnahmen bestimmen die Ausgaben, Realitätssinn und strategisches Investieren – verhalten wir uns wie ein vorsichtiger Kaufmann. Gestatten Sie mir, dass ich bewusst dieses altmodische deutsche Wort nehme und nicht, was heute üblicherweise gesagt wird: MBA, Controller, Asset-Manager oder Keyaccount-Manager; ich könnte das weiter fortführen. Ich glaube, dass das alte deutsche Wort Kaufmann diese Strategie immer noch am besten deutlich macht.
Ein vorsichtiger Kaufmann agiert nachhaltig und zukunftsfest, schätzt seine Einnahmen vorsichtig, bewertet die Rahmenbedingungen realistisch und investiert strategisch. Ich wünsche mir, dass unsere Länder noch mehr von diesen Kaufleuten haben.
Kommen wir nun zum dritten Absatz, auf die konkreten Eckwerte des Doppelhaushaltes und die Umsetzung unserer Leitlinien. Das Haushaltsvolumen liegt in den nächsten zwei Jahren jeweils bei rund 16,7 Milliarden Euro. Einnahmeseitig sind Einnahmen aus Steuern und steuerinduzierten Einnahmen in Höhe von rund 10,5 Milliarden Euro veranschlagt.
Die übrigen Einnahmen in Höhe von rund 6 Milliarden Euro stammen überwiegend vom Bund und von der Europäischen Union, sind also – ich möchte das nochmals betonen – Transferleistungen. Der Doppelhaushalt zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass wir unsere politischen Leitlinien der geringen Verschuldung und des Abbaus von Zukunftslasten fortsetzen möchten. Es ist ein Haushalt für mehr Generationengerechtigkeit.
Deshalb möchte ich speziell auf die Verschuldung und zunächst auf die expliziten Verschuldungen eingehen. Mit dem Doppelhaushalt wird erstmals eine planmäßige Schuldentilgung von 75 Millionen Euro pro Haushaltsjahr veranschlagt. Die bereits seit dem Jahr 2006 im Haushaltsvollzug praktizierte Schuldentilgung findet erstmals Eingang in die Haushaltsaufstellung. Damit tragen wir der demografischen Entwicklung Rechnung; denn der Schuldenstand bleibt bei sinkender Bevölkerung konstant, nämlich bei 2 849 Euro pro Einwohner. Er bleibt damit der zweitniedrigste in Deutschland.
Zusätzlich zur konkreten Schuldentilgung im Haushalt hat die Staatsregierung die Aufnahme eines Schuldenverbotes in die Sächsische Haushaltsordnung vorgeschlagen. Für Katastrophen und andere schwerwiegende Situationen, zum Beispiel Einbruch der Steuereinnahmen, sind Ausnahmen vorgesehen. Allerdings muss diese beschränkte Überschreitung der Schuldengrenze dann innerhalb von fünf Jahren wieder zurückgeführt werden.
Die zweite Art von Schulden sind die impliziten Verschuldungen. Die implizite Verschuldung resultiert vor allem aus den auflaufenden Pensionsverpflichtungen. Zum Stichtag 01.01.2007 betrugen diese 6,4 Milliarden Euro und – ich möchte betonen – sie wachsen zurzeit täglich weiter. Erst in fernerer Zukunft werden wir ein Gleichgewicht finden.
Wir haben deshalb im Doppelhaushalt die Vorsorge für die zukünftige Generation weiter erhöht und den Generationsfonds erweitert. Zurzeit werden nur die Beamtenjahrgänge ab 1997 kostendeckend abgedeckt, jedoch nicht die starken Jahrgänge zwischen den Jahren 1990 und
1996. Deshalb wird ab dem Jahr 2009 für alle Polizisten, Justizvollzugsbeamten und weiteren Beamten Vorsorge getroffen. Dadurch wird Generationengerechtigkeit geschaffen und werden Spielräume für zukünftige Haushalte eröffnet. Im Jahr 2009 sollen deshalb neue Verpflichtungen in Höhe von 451 Millionen Euro und im Jahr 2010 in Höhe von 475 Millionen Euro bereits im Jahr der Entstehung abfinanziert werden. Wir treffen damit Vorsorge für zukünftige Zahlungen, zu denen wir gesetzlich verpflichtet sind.
Drittens, Investitionen. Zukunftsvorsorge betreiben wir aber nicht nur durch die Begrenzung und durch den Abbau der Verschuldung, sondern auch durch hohe Investitionen. Mit einer Investitionsquote von rund 20 % erreichen wir im Ländervergleich wieder den Spitzenwert. Wir investieren vor allem in Kindergärten, Schulen, Straßen, Universitäten, in unser kulturelles Erbe, wie zum Beispiel unsere Schlösser und Burgen, sowie in den Hochwasserschutz und in den Städtebau.
Ich bin immer etwas enttäuscht, wenn dies durch einen Begriff wie „Investitionen in Beton“ herabgewürdigt wird. Diese Beschreibung verkennt die Notwendigkeit dieser Investitionen, denn es sind grundlegende Investitionen in unsere Infrastruktur, in die Infrastruktur unserer Gesellschaft. Damit schaffen wir bleibende Werte und die Grundlage für Wachstum und Arbeit.
Zusätzlich führen hohe staatliche Investitionen zu Beschäftigung in der sächsischen Bauwirtschaft. Mehr als 70 % der Aufträge des Freistaates entfallen auf die sächsische Bauwirtschaft. Wenn Sie einmal die Baumaßnahmen des SIB analysieren – und das sind ja nur Maßnahmen im Hochbau –, dann machen diese immerhin über 15 % des Gesamtvolumens in der Bauwirtschaft hier in Sachsen aus. Wenn Sie den Tiefbau einrechnen, werden die Zahlen noch erheblich darüber liegen.
Ab dem Jahr 2019 werden wir nicht mehr genügend Mittel zur Verfügung haben, um großflächig zu investieren. Bereits im Finanzplanungszeitraum sinkt die Investitionsquote im Jahr 2012 auf 17,6 % ab. Wir sollten also alles tun, um diesen Trend zu stoppen.
Kommen wir nun zu den Personalausgaben. Während die Investitionsausgaben in Zukunft bedauerlicherweise sinken, steigen die Personalausgaben, und zwar insbesondere im Jahr 2010. Im Jahr 2010 werden nun die höheren Entgelt- und Besoldungsgruppen an das Westniveau angeglichen. Trotz Stellenabbaus, Staatsbetriebsgründung und Kommunalisierung erreichen die Personalausgaben im Jahr 2010 den Höchststand von 4,3 Milliarden Euro. Deshalb verschärft sich der Handlungsdruck. Eine wirksame Haushaltskonsolidierung muss deshalb auch an den Personalausgaben ansetzen, zumal Land und Kommunen nach wie vor zum Teil eine höhere Personalausstattung haben, als dies im Westen der Fall ist. Ich möchte für die anstehenden Tarifverhandlungen daran erinnern, dass
beide Tarifparteien, Staat – ich nehme bewusst den Staat nicht aus – und Gewerkschaften, eine gemeinsame Verantwortung für stabile Staatsfinanzen haben.
Kommen wir zu guter Letzt zu den Zinszahlungen. Die Ausgaben für Zinszahlungen verbleiben bei rund 560 bis 580 Millionen Euro – auf einem in Deutschland vergleichsweise niedrigen Niveau. Pro Einwohner bedeutet das rund 130 bis 140 Euro pro Jahr. Die anderen ostdeutschen Länder zahlen im Verhältnis deutlich mehr: pro Kopf im Schnitt fast zweieinhalbmal so viel. Hätte Sachsen eine Verschuldung wie die anderen Ostländer im Durchschnitt, dann müssten wir rund 1,4 Milliarden Euro nur für Zinsen ausgeben. Wir haben also im nächsten Jahr eine Konsolidierungsdividende von über 800 Millionen Euro.
Um das deutlich zu machen: Das ist mehr als der gesamte jährliche Hochschulhaushalt oder, anders ausgedrückt, entspricht den gesamten Kita-Ausgaben plus Zuschüssen an freie Schulen plus die gesamte Städtebauförderung. Mit dieser sogenannten Sachsendividende haben wir einen strategischen Vorteil, der auch in den nächsten Jahren wachsen wird.
Kommen wir nun zum vierten großen Kapitel: Maßnahmenbereiche und Schwerpunkte. Das Zahlenwerk des Haushaltes widerspiegelt die politischen Schwerpunkte der Staatsregierung. Zugleich macht der Haushalt aber auch deutlich, wie wir unsere Ziele und Leitlinien erreichen wollen und wie wir auf Probleme reagieren. Wir lassen uns dabei von dem Dreiklang aus Arbeit, Bildung und Solidarität leiten, wie es der Ministerpräsident in seiner Rede gesagt hat.
Eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik ist und bleibt die Grundlage zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Erzielung von Steuereinnahmen oder, um es krass auszudrücken: Ohne Einnahmen können wir hier auch nichts verteilen. Durch eine umfassende Bildungspolitik fördern wir die klugen Köpfe von morgen und schaffen Bildungschancen für alle – oder, um es etwas einfacher auszudrücken: Eine kluge und umfassende Bildungspolitik ist ein Scheck auf und für die Zukunft.
Und schließlich: Solidarität ist unverzichtbar für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. In unserer Gesellschaft ist es zum Glück noch so, dass der Stärkere dem Schwächeren hilft. Der Erfolg Sachsens beruht deshalb auf der wirtschaftlichen Dynamik der sächsischen Unternehmen, auf unseren Leistungen im bildungspolitischen Wettbewerb und auf der sozialen Stabilität unserer Gesellschaft.
Als Erstes möchte ich die Wirtschaft nennen. Das mache ich bewusst, weil davon zu guter Letzt alles abhängig ist. Wie bereits aufgeführt, ist die wirtschaftliche Basis Sachsens – ich sage das trotz aller bisherigen Erfolge – nicht ausreichend. Die Staatsregierung will deshalb die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit dem Doppelhaushalt weiter verbessern und die Wettbewerbsfähigkeit der sächsischen Wirtschaft kontinuierlich ausbauen.
Die vielfältige Unternehmenslandschaft aus Großbetrieben, einem starken Mittelstand und einem gesunden Branchenmix müssen wir weiterhin entwickeln. Dafür werden wir unsere erfolgreiche Ansiedlungspolitik fortsetzen, aber auch die Bestandspflege ausbauen. Die Investitionsförderung über die Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur – ein etwas sperriger Begriff, einfacher ausgedrückt: GA – bleibt dafür ein zentrales Element. Mit dieser Gemeinschaftsaufgabe werden Investitionen zur Ansiedlung, Gründung und Entwicklung von Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft sowie Projekte der wirtschaftlichen Infrastruktur gefördert. Hierfür haben wir in den nächsten beiden Jahren jährlich rund 258 Millionen Euro vorgesehen.
Außerdem sollen für die einzelbetriebliche Investitionsförderung Mittel des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung – wieder so ein sperriger Begriff; einfacher ausgedrückt: EFRE – in Höhe von rund 70 Millionen Euro jährlich bereitgestellt werden. Darüber hinaus wird die Förderung von Forschung und Entwicklung aus dem EFRE mit rund 130 respektive 120 Millionen Euro unterstützt.
Mit der Verlängerung der Investitionszulage können die Unternehmen in den neuen Ländern weiterhin wachsen und die Strukturunterschiede zwischen Ost und West abbauen. Im Vergleich zu den Vorjahren ist die Investitionszulage allerdings degressiv gestaltet; sie wird also langfristig auslaufen.
Aufstieg durch Leistung und Bildung – das ist einer der wichtigsten Grundwerte unserer Gesellschaft. Wir müssen deshalb mehr dafür tun, dass junge Menschen eine Chance auf dem Arbeitsmarkt erhalten; denn sie müssen erkennen, dass Leistung und Anstrengung die Voraussetzungen sind, um sich seinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen.
Wir müssen uns aber auch für diejenigen einsetzen, die auf dem Arbeitsmarkt nicht erfolgreich sind, aus welchen Gründen auch immer. Sie wissen: Wir haben viele Menschen, die krank sind, die behindert sind, und es ist unsere Pflicht, diesen Menschen zu helfen.
Mit dem Doppelhaushalt finanzieren wir auch ein neues Instrument der Arbeitsmarktpolitik. Mit dem KommunalKombi stellt der Freistaat für die nächsten Jahre Fördermittel in Höhe von 36 Millionen Euro zur Verfügung.
Der zweite Schwerpunkt ist die Infrastruktur. Eine moderne Infrastruktur ist unverzichtbar für den Wirtschaftsstandort. Verkehrswege, ob es nun Schienen oder Straßen sind, sowie leistungsfähige Stadtstrukturen und Hochschulen – sie alle sind Lebensadern unserer modernen Gesellschaft.
Für den Straßenbau geben wir im nächsten Doppelhaushalt jeweils 307 Millionen Euro aus. Dabei gibt es vor allem für den kommunalen Straßenbau einen erheblichen Mittelzuwachs auf jeweils 177 Millionen Euro. Das ist auch notwendig, wenn Sie sich einmal den Zustand der Infrastruktur in vielen Städten und Gemeinden anschauen. Hier besteht nach wie vor erheblicher Nachholbedarf.
Wir tragen aber auch dem gesteigerten Umwelt- und Gesundheitsbewusstsein Rechnung und stellen mehr Mittel für den Radwegebau zur Verfügung. Zusätzlich dazu haben wir deshalb in den neuen Regierungsentwurf auch noch ein gesondertes Programm für den kommunalen Radwegebau aufgenommen. Die Gemeinden und Städte erhalten deshalb pro Jahr zusätzlich 5 Millionen Euro.
Eine zweite wichtige Säule bildet der staatliche Hochbau. Die hierfür eingeplanten Mittel belaufen sich auf 480 bzw. 435 Millionen Euro. Neben dem Hochschulbau werden die Mittel vor allem für die innere Sicherheit, also Polizei, Justizvollzug und Gerichte, sowie für die Sanierung des kulturellen Erbes, zum Beispiel für unsere Schlösser, ausgegeben.
Im Bereich Städtebau haben wir neue Landesprogramme aufgelegt, die Modellprojekte im Stadtumbau und Stadtentwicklung unterstützen.
Weiterhin werden die Brachflächenrevitalisierung sowie die Erhaltung und Nutzung von Kulturdenkmälern gefördert.
Sie wissen aber auch, dass Stadtsanierung und -umbau jahrzehntelange Prozesse sind. Über die Ziele, so glaube ich, sind wir uns hier alle einig, nämlich lebendige Orte zu haben, wo Wohnen, Einkaufen, Arbeiten, Kultur und Freizeit möglich sind.
Das Finanzministerium möchte deshalb in Zukunft verstärkt mit den Städten und Gemeinden zusammenarbeiten, um für staatliche Gebäude geeignete Altbauten zu identifizieren. Wir wollen damit einen Beitrag leisten, die Innenstädte weiter zu beleben und den Leerstand zu reduzieren.
Dritter Schwerpunkt – Kinderbetreuung, Schulen. Neben einer guten Infrastruktur benötigt eine nachhaltig gute Wirtschaftsstruktur auch ein leistungsfähiges Bildungswesen. Das fängt bei einer guten Kinderbetreuung an, geht über ein effizientes Schul- und Hochschulwesen bis hin zu einer zielgerichteten Arbeitsmarktpolitik. Deshalb steht im Entwurf des Doppelhaushalts die Unterstützung der jungen Generation im Mittelpunkt.