Protocol of the Session on September 10, 2008

Ja, so ist das. Dazu zählen Weltoffenheit und Toleranz gegenüber verschiedenen Lebensstilen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Da sind Sie von der NPD die Letzten, die zu diesem Klima beitragen. Deshalb brauchen wir auch Ihren Antrag an der Stelle nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf des Abg. René Despang, NPD: Aber die Bürger brauchen das!)

Meine Damen und Herren! Ich frage die Fraktionen noch einmal, ob im Rahmen der allgemeinen Redezeit weiterer Aussprachebedarf besteht? – Nein. Dann kommen wir zum Schlusswort. Herr Gansel, bitte.

Das ist noch kein Schlusswort.

Bitte? Kein Schlusswort? – Folglich noch einmal eine allgemeine Aussprache; bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Pfeiffer, zu Ihnen nur so viel: Was soll man als Entgegnung von einer Politikerin halten, die vor ungefähr zweieinhalb Jahren hier im Sächsischen Landtag zu einem familienpolitischen Antrag der NPD nichts anderes zu sagen wusste, als – Ihr O-Ton ist im Plenarprotokoll festgehalten –: „Deutsches Geld für deutsche Familien zu fordern ist das Schlimmste, was man sagen kann.“ Mit diesem erschütternden Ausspruch sind Sie im Plenarprotokoll erfasst. Insofern ist es uns auch klar gewesen, was aus Ihrem Munde zu unserem Antrag kommen würde.

(Zurufe von der CDU und den GRÜNEN)

Noch eine zweite Bemerkung: Wenn Sie die Aktivitäten der Staatsregierung anführen, dann können wir als NPD

Ihnen und der Staatsregierung vielleicht zugestehen, dass Sie als gesundheitspolitischer Löwe gesprungen, aber eindeutig als Bettvorleger gelandet sind.

(Vereinzelt Beifall bei der NPD)

Von dieser Ankunft als Bettvorleger haben die Menschen, die erst einmal ellenlange Anmeldefristen hinter sich bringen müssen und die dann stundenlang in den Wartezimmern zubringen, ganz bestimmt nichts. Aber jetzt entgegen Ihrer Polemik zu einigen Tatsachen, die sehr wohl mit politischem Verschulden der Regierenden zusammenhängen.

Ein Drittel der sächsischen Ärzte ist bereits heute älter als 60 Jahre und geht damit in den nächsten Jahren ganz überwiegend in den Ruhestand. Wenn man berücksichtigt, dass die Ausbildung eines Facharztes zwischen zehn und zwölf Jahren dauert, dann muss einem klar sein, dass bereits heute die Weichen für die ärztliche Versorgungslage in zehn oder zwölf Jahren gestellt werden.

Die Vogel-Strauß-Politik der etablierten Parteien – auch in diesem Landtag –, nämlich den Kopf in den Sand zu stecken, um die drängenden Probleme nicht zu sehen, hat sich übrigens auch schon bei der Familien- und Bevölkerungspolitik als verheerend erwiesen. Obwohl die demografische Krise schon vor vielen, vielen Jahren absehbar war, glänzten CDU- und SPD-Regierungen nur durch eine verantwortungslose Untätigkeit. Mit einer ähnlichen Untätigkeit, allerdings abgemildert durch einige Scheininitiativen, begegnen CDU und SPD auch dem medizinischen Versorgungsnotstand, der in den nächsten Jahren vor allem im ländlichen Raum droht. Wenn die Staatsregierung gesetzgeberisch nicht endlich kraftvoll gegensteuert, werden die Menschen in zehn Jahren noch wehmütig an das Jahr 2008 zurückdenken, als sie, wenn auch mit langen Anmeldefristen und viel Geduld im Wartezimmer, wenigstens noch Ärzte hatten, zu denen sie gehen konnten.

Doch wir reden hier nicht von einem Problem der fernen Zukunft, sondern von einem drängenden Alltagsproblem, gerade im ländlichen Raum. Der Hausarzt ist dort für viele ältere Menschen ein Ansprechpartner, der nicht nur rein medizinische, sondern auch soziale Aufgaben erfüllt. Gerade die Älteren sind auf ein wohnortnahes Ärzteangebot angewiesen. Dieser Anteil nimmt ständig zu – auch Sie wissen, dass schon heute der Altersdurchschnitt der Sachsen bei 46 Jahren liegt. Die Bedeutung von Hausärzten wird also eindeutig zu- und nicht abnehmen. Seit Jahren klagen vor allem Hausärzte auf dem Land über eine überdurchschnittliche Arbeitsbelastung bei im Verhältnis dazu abnehmendem Verdienst und einer schlechten Patientenbetreuung.

Deshalb liegt der Abbau des Ärztemangels nicht nur im Interesse der Patienten, sondern auch der Ärzte selbst. Neben den überlaufenden Praxen ist es nicht zuletzt eine von der herrschenden Politik zu verantwortende Bürokratie, die den Ärzten ihr Leben und ihre Arbeit erschwert. Wie die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen in der Juni

Ausgabe ihres Mitteilungsblattes feststellt, dient „ein großer Teil der bürokratischen Regelungen ausschließlich der Begrenzung des Leistungsanspruchs der Patienten“. Mit anderen Worten: Per Gesetz werden die Ärzte zu einer schlechteren Versorgung ihrer Patienten gezwungen.

Zu nichts anderem führt doch die Begrenzung des Leistungsanspruchs für gesetzlich Versicherte, wie sie von den neoliberalen Gesundheitspolitikern vieler Parteien vertreten wird. Die ständigen und vor allem auch unausgegorenen Gesundheitsreformen der Bundestagsparteien haben zu seltsamen rhetorischen Blüten geführt, um die zunehmend lückenhafte Gesundheitsversorgung zu verschleiern. Man denke hier nur an den Begriff der ärztlichen „Unterversorgung“. Ärztliche Unterversorgung liegt danach nur vor, wenn der Versorgungsgrad in einem Planungsgebiet bei Hausärzten unter 75 % und bei Fachärzten unter 50 % des Durchschnitts fällt. Selbst wenn die Anzahl von Fachärzten nur geringfügig über 50 % des Durchschnitts liegt, gibt es also offiziell keine Unterversorgung.

Die NPD-Fraktion hält das für Begriffsschwindel zulasten der Patienten. Das sehen übrigens Spitzenvertreter der Kassenärztlichen Vereinigung genauso. Die 75-%Regelung kritisiert auch der Vorsitzende der KV Sachsen, Dr. Klaus Heckemann, als er am 22. Mai dieses Jahres mit der Sozialministerin das schon erwähnte und auch von uns begrüßte Förderprogramm für Medizinstudenten vorstellte. Die NPD-Fraktion weiß, dass Sachsen auf Bundesebene hier durchaus aktiv wird und gewisse Fortschritte inzwischen zu verzeichnen sind. Der Hinweis darauf, dass die anderen mitteldeutschen Länder noch weniger getan haben als der Freistaat, taugt aber nicht als Argument. Der Sächsische Landtag hat sich nämlich nicht an den Unterlassungssünden anderer zu orientieren, sondern die im Freistaat bestehenden Probleme zu erkennen und zu beseitigen.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Weitere Ursachen des Ärztemangels sind die fehlende Planungssicherheit bei der Übernahme einer Praxis durch die sich ständig ändernde gesundheitspolitische Rahmenlage sowie ungeregelte Arbeitszeiten der Landärzte. Hinzu kommt eine Medizinerausbildung, die den Schwerpunkt auf den klinischen Bereich legt und den Hausarztberuf jungen Medizinern kaum nahebringt. Nicht zuletzt sind immer mehr Hausärzte von Insolvenz bedroht, weil sie ihren Patienten angeblich zu viele und zu teure Medikamente verschreiben und deshalb mit Regressforderungen überzogen werden.

Meine Damen und Herren – und hier kann ich vor allem Frau Pfeiffer ansprechen –, zu Ihrer Dankesarie an ausländische Ärzte nur so viel: CDU und SPD sind es doch, die durch ihre verkorkste Gesundheitspolitik gut ausgebildete deutsche Ärzte ins Ausland treiben und als buchhalterischen Ersatz dafür Billigmediziner aus Osteuropa oder gar der Dritten Welt einfliegen.

(Uta Windisch, CDU: Unverschämtheit! – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Und was ist mit den Österreichern?)

Dazu sage ich auch noch etwas, manchmal können Sie Gedanken lesen.

Diesen politisch geförderten Ärzteaustausch mit Osteuropa und der Dritten Welt lehnt die NPD natürlich ab und fordert stattdessen Rückkehranreize für die ins Ausland abgewanderten deutschen Mediziner. Begrüßenswert finden wir hingegen – an dieser Stelle können Sie, Herr Prof. Porsch, wieder hineinblöken –

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

die Niederlassung österreichischer Ärzte, weil diese unserer Auffassung nach Deutsche sind wie Sie und ich und ohne Sprachprobleme sofort eine Arzt-PatientenBeziehung aufbauen können.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE: Was ist mit den Schweizern? – Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Ja, Herr Porsch, Sie mögen es bedauern, aber auch Sie sind für uns Deutscher, wenn auch mit einer leider therapiebedürftigen politischen Gesinnung.

(Beifall bei der NPD – Unruhe im Saal – Zuruf des Abg. Prof. Dr. Cornelius Weiss, SPD)

Das glaube ich schon zu können.

Alle diese Probleme führen zu einer Verschärfung des Ärztemangels und damit zur Gesundheitsgefährdung für die Menschen in Sachsen. Die Landesregierung muss jenseits wohlfeiler Absichtserklärungen endlich ihre Politik des Wegschauens beenden und mit einem Gesamtkonzept gegensteuern. Der von der NPD-Fraktion geforderte Maßnahmenkatalog wäre ein Anfang, um die Gesundheitsversorgung in der Gegenwart zu verbessern und für die Zukunft zu sichern. Ich bitte deswegen um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren, gibt es nach diesen Darlegungen noch einmal Wünsche zur allgemeinen Aussprache? – Das kann ich nicht sehen. Dann frage ich die Staatsregierung. – Hier besteht auch nicht der Wunsch. Wer von Ihnen hält das Schlusswort, meine Herren?

(Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD: Das war das Schlusswort!)

Damit können wir zur Abstimmung kommen. Meine Damen und Herren, ich lasse abstimmen über die Drucksache 4/13090, den Antrag der NPD-Fraktion, und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Danke schön. Wer stimmt nicht zu? – Danke. Die Stimmenthaltungen? – Bei einigen Stimmen dafür und keinen Enthaltungen ist dieser Antrag mit übergroßer Mehrheit abgelehnt.

Damit ist der Tagesordnungspunkt beendet.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 17

Unterrichtsversorgung sichern – Drohenden Lehrermangel verhindern

Drucksache 4/13094, Antrag der Fraktion der FDP

Traditionell beginnt die einreichende Fraktion. Herr Herbst, Sie haben das Wort; danach die gewünschte und gewohnte Reihenfolge.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lehrermangel – bis vor Kurzem klang dieses Wort für sächsische Ohren doch recht ungewohnt, drehen sich die meisten Diskussionen doch nicht um fehlende, sondern eher um zu viele Lehrer. Mit Zwangsteilzeit, Altersteilzeit und einem Zurückfahren von Neueinstellungen versuchte das Kultusministerium gegenzusteuern. Das ist teilweise gelungen. Doch eines zeigt sich auch: nämlich die Schattenseite dieser Maßnahmen. Aus dem einstigen Traumberuf Lehrer wurde ein Beruf mit ungewisser Zukunft, zumindest in Sachsen. Die Zahl der Studienanfänger ist zu gering, vor allem in Mangelfächern. Viele junge und gut ausgebildete Lehrer verlassen Sachsen.

Zum Schuljahresanfang verkündete nun Kultusminister Wöller eine Nachricht, die vielen Experten schon lange klar war: Sachsen wird Probleme bei der Versorgung mit

Lehrern bekommen, in einigen Orten erst in Zukunft, in einigen Fächern aber bereits jetzt. Die Offenheit überrascht, denn lange Zeit hat die Staatsregierung das Thema nicht ansprechen, geschweige denn anfassen wollen.

(Beifall bei der FDP)

Da ist das ehrliche Bekenntnis des Kultusministers immerhin ein Fortschritt. Hoffentlich kommt es nicht zu spät; denn Lehrer bei Bedarf einfach so, ad hoc einzustellen ist schwierig. Wer im Wintersemester 2008 sein Studium anfängt, steht frühestens 2014 für den Einsatz an den Schulen zur Verfügung. Deshalb können wir es uns nicht leisten, die Entwicklung einfach abzuwarten. Sachsen muss agieren, anstatt nur zu reagieren.

(Beifall bei der FDP)

Es ist geradezu abenteuerlich, dass die Staatsregierung bis heute keine langfristige und fächerspezifische Analyse des Lehrerbedarfs in Sachsen vorlegen kann. Wie viele Lehrer brauchen wir denn langfristig für Physik oder Chemie? Im

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist natürlich Anliegen und Aufgabe sowohl des Parlaments als auch der Staatsregierung, Sorge dafür zu tragen, dass aktuell und künftig ausreichend Personal an unseren Schulen vorhanden ist. Nur muss man meines Erachtens die Diskussion zu diesem Problem wesentlich differenzierter führen und das Problem wesentlich differenzierter analysieren, als es der vorliegende Antrag beabsichtigt.