Protocol of the Session on July 11, 2008

Für die Staatsregierung antwortet Staatsminister Mackenroth.

Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Zur ersten Frage nehme ich wie folgt Stellung:

Die Gewährleistung einer flächendeckenden Arzneimittelversorgung rund um die Uhr durch öffentliche Apotheken nimmt in der Arbeit der Staatsregierung einen außerordentlich hohen Stellenwert ein. Auch wenn bei der Gründung von Apotheken keinerlei staatlicher Einfluss möglich ist, so geht die Staatsregierung doch davon aus, dass die Arzneimittelversorgung über öffentliche Apotheken gegenwärtig im Freistaat überall gesichert ist. Trotzdem wird der weitere Erhalt eines flächendeckenden sowie qualitätsgesicherten Versorgungssystems für Arzneimittel bei den konzeptionellen Überlegungen der Staatsregierung zur Bewältigung des demografischen Wandels mit erfasst und berücksichtigt.

Eine gewisse Gefahr für die flächendeckende Arzneimittelversorgung durch Apotheken sehen wir in der Tat in dem gegenwärtig vor dem Europäischen Gerichtshof gegen Deutschland laufenden Vertragsverletzungsverfahren wegen des hier geltenden Fremd- und Mehrbesitzverbots bei Apotheken. Aber mit einer Entscheidung des EuGH in diesem Verfahren ist nicht vor 2009 zu rechnen.

Sollte im Ergebnis dieses Verfahrens der Apothekenmarkt für Fremdkapital geöffnet werden, so kann dies zu massiven Konzentrationsprozessen führen, die die Arzneimittelversorgung in der Fläche gefährden könnten. Ohne dem Urteil vorgreifen zu wollen, darf ich heute schon festhalten, dass die Staatsregierung zu gegebener Zeit die Umsetzung der EuGH-Urteile in deutsches Recht kritisch begleiten wird und zu etwaigen Regelungen, die die flächendeckende Arzneimittelversorgung der sächsischen Bevölkerung infrage stellen, im Bundesrat eine deutliche Gegenposition beziehen wird.

Zur zweiten Frage: Der Staatsregierung liegen keine Informationen vor, nach denen die aktuelle Arbeitsmarktsituation in öffentlichen Apotheken Sachsens besonders problematisch wäre. In sächsischen Apotheken gibt es derzeit etwa 6 500 qualifizierte Arbeitsplätze. Die Zahl ist in den letzten Jahren relativ konstant geblieben und auch bundesweit hat sich 2007 im Vergleich zum Vorjahr der Umfang der Arbeitsplätze in den öffentlichen Apotheken insgesamt lediglich um 0,1 % reduziert. Die erwähnten Rückgänge bei den Apothekenhelferinnen sowie pharmazeutisch-kaufmännischen Angestellten wurde durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze für Apothekerinnen und Apotheker, Pharmazie-Ingenieure sowie pharmazeutischtechnische Assistentinnen kompensiert. Somit sieht die Staatsregierung die perspektivische Entwicklung der öffentlichen Apotheken im Freistaat durchaus positiv.

Danke schön.

Ich bitte jetzt, dass Herr Abg. Herbst, Fraktion der FDP, seine Frage stellt; Frage Nr. 9.

Es geht um die Nichteintragung von Ausbildungsverträgen in die Lehrlingsrolle.

Fragen an die Staatsregierung:

1. Bei wie vielen Ausbildungsverträgen haben die Kammern in den vergangenen Jahren in Sachsen die Eintragung in die Lehrlingsrolle wegen fehlender Angemessenheit der Ausbildungsvergütung abgelehnt, welchem Anteil an der Gesamtzahl der Ablehnungen entsprach dies, wie hoch war bei den Ablehnungen im Durchschnitt die im ersten Lehrjahr angebotene Ausbildungsvergütung und wie viele Ablehnungen betrafen nicht tarifgebundene Betriebe bzw. Unternehmen? (Angabe bitte jahresweise ab dem Jahr 2005 bis zum heutigen Zeitpunkt und ge- trennt nach Kammerarten und Kammerbezirken.)

2. Wie viele der Jugendlichen, bei denen die Kammern zwischen dem Jahr 2005 und dem heutigen Zeitpunkt eine Eintragung ihrer Ausbildungsverträge in die Lehrlingsrolle wegen fehlender Angemessenheit der Ausbildungsvergütung ablehnten, haben im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative Sachsen (GISA) eine Ausbildung begonnen und wie hoch ist die von der GISA im ersten Lehrjahr gezahlte durchschnittliche Ausbildungsvergütung?

Frau Staatsministerin Dr. Stange, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Nach dem Berufsbildungsgesetz § 17 haben Auszubildende einen Anspruch auf angemessene Vergütung. Angemessen ist eine Vergütung, wenn sie für den Lebensunterhalt des Auszubildenden eine fühlbare Unterstützung bildet und zugleich eine Mindestentlohnung für die Leistungen des Auszubildenden darstellt.

Soweit für den Ausbildungsbetrieb einschlägige Tarifverträge vorliegen, die die Höhe der Ausbildungsvergütung festlegen, sind diese Vergütungen als angemessen anzusehen, da die jeweiligen Belange eingeflossen und berücksichtigt worden sind.

Besteht jedoch keine tarifliche Bindung, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes eine Ausbildungsvergütung nicht mehr angemessen, wenn die vereinbarte Vergütung die für den Ausbildungsbereich geltenden tariflichen Vergütungsregelungen um mehr als 20 % unterschreitet. Wird die Vergütung einzelvertraglich unter der Angemessenheitsgrenze festgelegt, so berührt das grundsätzlich zwar nicht den rechtlichen Bestand des Berufsausbildungsvertrages, der Vertrag kann aber von der für die jeweilige Berufsausbildung zuständigen Stelle nicht in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverträge eingetragen werden. Das führt dazu, dass der Auszubildende letztlich nicht zur Prüfung zugelassen werden kann.

Im Übrigen hat der Auszubildende gegen den Ausbildenden einen Anspruch auf Anhebung auf die angemessene Höhe der Vergütung. Hierauf kann nicht verzichtet werden.

Es besteht keine gesetzliche Pflicht der zuständigen Stellen, die Zahl der nicht eingetragenen Verträge bzw. die Gründe der Nichteintragung statistisch zu erfassen. Insofern liegen die gewünschten Angaben zum Teil nicht vor bzw. können durch die zuständigen Stellen auch nicht rückwirkend recherchiert werden.

Im Bereich der Berufsausbildung in Berufen der Handwerksordnung wurde an der Handwerkskammer Chemnitz seit 2005 lediglich ein Vertrag wegen nicht angemessener Ausbildungsvergütung registriert. Die Handwerkskammer zu Leipzig hat für insgesamt vier Lehrverträge die Eintragung wegen Unterschreitung der gesetzlichen Ausbildungsvergütung versagt. Im Bereich der nicht handwerklichen Gewerbeberufe hat die IHK zu Leipzig angegeben, dass im Zeitraum von 2005 bis 2007 circa fünf bis sieben Verträge nicht eingetragen worden sind. Das betraf nicht tariflich gebundene Unternehmen, bei denen die Vergütung mit circa 40 bis 60 % unter der Angemessenheitsgrenze gelegen hat.

Die IHK Dresden meldet, dass in den Jahren 2005 bis 2007 circa 15 Ausbildungsverträge wegen fehlender Angemessenheit der Ausbildungsvergütung nicht in die Lehrlingsrolle eingetragen wurden.

Die Relation zu den eingetragenen Lehrverträgen, die durch Betriebe im gleichen Zeitraum abgeschlossen wurden, lag allerdings deutlich unter ein Promille.

Die Nichteintragung betraf Verträge mit Ausbildungsvergütungen, die mit circa 40 bis 50 % erheblich unter der gesetzlich vorgeschriebenen Höhe lagen.

Die IHK Chemnitz musste in diesem Ausbildungsjahr bislang 17 Verträge, also circa 1 %, wegen erheblicher Unterschreitung der gesetzlichen Vergütung ablehnen.

Im Bereich der Berufsausbildung in Berufen der Landwirtschaft einschließlich der ländlichen Hauswirtschaft werden pro Ausbildungsjahr etwa 15 bis 20 Lehrverträge, das entspricht ebenfalls knapp 1 % aller Lehrverträge, mit nicht angemessener Entgelteintragung im Lehrvertrag der zuständigen Stelle vorgelegt.

Im Bereich der freien Berufe gab es in den vergangenen Jahren bei der Apothekenkammer und der Ärztekammer jeweils einen Fall, in dem die Eintragung des Berufsausbildungsverhältnisses wegen unangemessener Vergütung abgelehnt wurde.

Bei den übrigen Kammern, also Tierärzte-, Zahnärzte-, Steuerberater-, Notar- und Rechtsanwaltskammer, sind in den vergangenen Jahren keine derartigen Fälle aufgetreten.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Anteil der zur Eintragung abgelehnten Verträge im Freistaat Sachsen nur 0,1 % bzw. maximal 1 % der eingereichten Verträge beträgt. Wird den zuständigen Stellen ein Vertrag vorgelegt, der nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht, geht dieser an das Unternehmen mit entsprechender Information über die rechtlichen Erfordernisse und Folgen der Nichtbeachtung zurück. Auch ein Gespräch mit dem Mitgliedsunternehmen durch die Berufsberater der Kammern hat sich bewährt und wird oft durchgeführt. In der überwiegenden Zahl der Fälle kommt es in der Folge zu den erforderlichen Korrekturen und die Vergütung wird entsprechend angeboten.

Zu Ihrer zweiten Frage. Es ist kein entsprechender Fall in dem von Ihnen genannten Sinne bekannt. Im Gegenteil wurde aber erreicht, dass Auszubildende aus den außerbetrieblichen Ausbildungen im Freistaat Sachsen im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative Sachsen, der GISA, sowie der Landesergänzungsprogramme verstärkt während der Ausbildung in betriebliche Ausbildungsverhältnisse überwechseln. Die außerbetriebliche Ausbildung im Freistaat Sachsen ist ausgerichtet auf benachteiligte Bewerberinnen und Bewerber, also solche mit schlechten Zeugnissen oder ungünstigem Bewerbungsverhalten, die keine Chance auf einen betrieblichen Ausbildungsplatz haben.

Bei den Jugendlichen, die bereits eine betriebliche Lehrstelle erhalten haben, handelt es sich aber gerade nicht um benachteiligte Jugendliche. Die Erfahrungen zeigen, dass diese Jugendlichen in der Regel einen anderen betrieblichen Ausbildungsplatz finden, sollte die Ausbildung

tatsächlich einmal an der Nichteintragung des Ausbildungsverhältnisses scheitern.

In der Gemeinschaftsinitiative Sachsen sowie dem dualen Landesergänzungsprogramm wird im 1. Lehrjahr eine Vergütung in Höhe von 164 Euro gezahlt. Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass bei Ausbildungen, die zu 100 % von der öffentlichen Hand finanziert werden, die Ausbildungsvergütungen nicht an den tariflichen Vergütungen gemessen werden müssen, weil diese Ausbildung für den Ausbildenden zu keinerlei finanziellen Vorteilen führt – im Gegensatz zur dualen Ausbildung – und die Entlohnungskomponente somit wegfällt.

Im Rahmen des kooperativen Landesergänzungsprogramms wird keine Ausbildungsvergütung gezahlt. Die Teilnehmer haben hier einen Schülerstatus. Die niedrige Vergütung in dem staatlichen Programm bietet auch einen Anreiz für die Teilnehmer, sich ständig um den Übergang in eine betriebliche Ausbildung zu bemühen. Die Quote der Auszubildenden, die aus GISA und dem Landesergänzungsprogramm in eine betriebliche Ausbildung übernommen wurden, steigt vielleicht auch deshalb stetig an und beträgt derzeit circa 10 %.

Darf ich eine Nachfrage stellen?

Sofern ich diese beantworten kann.

Sie können es nachreichen, wenn Sie sie heute nicht sofort beantworten können.

Sie führten gerade aus, dass die Ablehnung dann durch die Kammer erfolgt, wenn die Ausbildungsvergütung im Schnitt 20 % unter dem vergleichbaren Tarifvertrag liegt. Wissen Sie, ob in der Vergangenheit tatsächlich alle Fälle, in denen das so war, abgelehnt wurden oder ob es doch eine Einzelfallprüfung gab und manchmal dann zugelassen wurde?

Gut. – Die Antwort würde ich dann gern nachreichen.

Danke schön.

Danke, Frau Ministerin. Ich bitte jetzt, dass die Abg. Günther-Schmidt, GRÜNE, ihre Frage stellt; Frage Nr. 5.

Danke schön. – Meine Fragen beziehen sich auf die Störung der Weißstorchbrut in Seebenisch, Kreis Leipziger Land, durch Feuerwerk.

In Seebenisch, Kreis Leipziger Land, ist der Weißstorch seit einigen Jahren wieder zur Brut geschritten. Der lokale Weißstorchbetreuer informierte uns darüber, dass im Mai 2008 in unmittelbarer Nähe des Nestes ein genehmigtes Feuerwerk gezündet wurde. Daraufhin haben die Altvögel zeitweise ihr Nest verlassen.

Meine Fragen an die Staatsregierung:

1. Aus welchem Grund wurde in der Nähe dieses Storchennestes ein Feuerwerk genehmigt? Ich bitte um Angabe der Genehmigungsbehörde, der Auflagen zur Genehmigung und der erfolgten Kontrollen.

2. Welche Konsequenzen zieht die Staatsregierung aus dieser Störung der Brut einer besonders geschützten, im Rückgang befindlichen Vogelart?

Herr Staatsminister Kupfer, Sie haben das Wort.

(Frank Kupfer, Staatsminister für Umwelt und Landwirtschaft: Ich fliege!)

Gehen reicht.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Abgeordnete, ich darf Ihre beiden Fragen beantworten.

Zur Frage 1. Bei dem Feuerwerk handelte es sich um ein privates Kleinfeuerwerk. Die Genehmigungsbehörde war gemäß § 36 des Gesetzes über explosionsgefährliche Stoffe die Stadt Markranstädt. Sie bezog das Landratsamt Leipziger Land als zuständige untere Naturschutzbehörde in das Erlaubnisverfahren ein, damit artenschutzrechtliche Belange geprüft werden. Die untere Naturschutzbehörde war unterrichtet, dass Störche den Horst belegt hatten. Sie erteilte daher folgende Auflagen:

Erstens. Dem Kleinfeuerwerk wird unter der Voraussetzung zugestimmt, dass der Kreuzungsbereich des Feldweges mit der ehemaligen Bahntrasse nördlich des Ortes genutzt wird.

Zweitens. Der ursprünglich beantragte Abbrennplatz in 50 Meter Entfernung vom Horst ist zu versagen. Die Entscheidung zum neubestimmten Standort ist in den abschließenden Bescheid der Stadt Markranstädt aufzunehmen.