Protocol of the Session on July 10, 2008

Meine Damen und Herren! Wie sieht die Gesamtbewertung aus?

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Offenbar ein großer mentaler Schritt der Regierung, um die Blockade in der Klima- und Energiepolitik aufzuheben. Das ist gut. Angesichts der Ziellosigkeit Ihres Programms bestehen aber erhebliche Zweifel, ob Sie es ernst meinen. Ihre sogenannten Maßnahmen sind Prüfaufträge, die uns vorwärtsbringen, wenn sie denn zu Taten führen.

Herr Lichdi, kommen Sie bitte zum Schluss!

Ob sie aber zu Taten führen, kann ich Ihrem Programm leider noch nicht entnehmen. Daher alles auf Wiedervorlage. Ich kann Ihnen versprechen: Wir werden Sie weiter treiben.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abg. Sebastian Scheel, Linksfraktion)

Einzelne Fraktionen haben noch Redezeit.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Ich leider nicht mehr!)

Ich frage die Staatsregierung. – Kein Bedarf mehr zur Aussprache? – Doch, die CDU-Fraktion. Herr Abg. Schmidt.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der der Fachregierungserklärung zugrunde liegende Zusammenhang von Klima und Energie ist natürlich weitaus komplexer, als es damals mit dem Ozonloch war, als wir feststellten, dass unsere Spraydosen und Kühlgeräte bzw. die darin enthaltenen Fluorchlorkohlenwasserstoffe Auswirkungen auf unsere Atmosphäre haben, die wir nicht ahnen konnten.

Aber dieses Beispiel Ozonloch hat auch gezeigt, dass mit entschiedenem Handeln, also dem Verbot von FCKW, eine Entwicklung erfolgen konnte, die heute das Ozonloch wieder verschwinden lässt, sondern es in ein paar Jahrzehnten ganz verschwunden sein wird.

Es gibt beim Zusammenhang Klima und Energie sowohl eine Vielzahl von Ursachen für den einsetzenden Klimawandel als auch eine große Anzahl umfassender globaler Auswirkungen. Es ist natürlich so, dass es auch nichtanthropogene Auswirkungen auf diesen Klimawandel gibt.

Es ist kein Schlingerkurs, den Prof. Mannsfeld in seiner Rede aufgezeigt hat. Er hat das Thema vielleicht nur etwas anders und nicht so einseitig betrachtet wie Sie, Herr Lichdi. Aber ich will gar nicht in Abrede stellen: Wir können nicht warten, bis endgültig geklärt ist, wie viele anthropogene oder nichtanthropogene Einflüsse es gibt.

(Beifall des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Es gibt kein Learning by Doing. Wir müssen jetzt handeln.

(Beifall des Abg. Heinz Lehmann, CDU, und bei den GRÜNEN)

Klima- und Energiepolitik sind nicht nur ein regionales oder nationales Thema. Es wird global Energie verbraucht und produziert und es muss globale Lösungen geben, die den Klimawandel begrenzen und eindämmen, welche dann natürlich regional umgesetzt werden müssen.

Es ist schon gesagt worden, dass gleichzeitig natürlich eine weltweit stabile Energieversorgung gesichert werden muss und die Preisspiralen bei den Energiekosten gestoppt werden müssen. Dabei darf es keine Tabus geben und ideologisch geprägtes Handeln ist fehl am Platze.

Wenn wir also die Abhängigkeit von den Energielieferungen aus dem Ausland verringern und gleichzeitig die CO2freie Energiegewinnung erhöhen wollen, dann kann das nur bedeuten, dass der Zuwachs des Anteils erneuerbarer Energien in erster Linie zulasten des Anteils von Erdöl und Erdgas gehen muss und gleichzeitig unsere heimische Kohle effektiver, aber noch längerfristig genutzt werden muss.

Die Kernkraft wird sicherlich nicht die Energie der Zukunft sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wer aber die Ziele zur CO2-Reduzierung ernst meint, kann erst dann deren Ablösung fordern, wenn erneuerbare Energien die fossilen Energieträger weitestgehend ersetzt haben. Der kurzfristige Atomausstieg macht auch wenig Sinn, wenn man um uns herum – in Frankreich, Großbritannien, Finnland und Polen – immer mehr neue Kernkraftwerke baut.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Doch, doch!

Eine Schlüsselrolle bei der Betrachtung des Themas Klima und Energie kommt der Landwirtschaft zu. Die zu befürchtenden und auch heute schon spürbaren Auswirkungen des Klimawandels auf die Nahrungsmittelproduktion bei gleichzeitig stetig steigender Weltbevölkerung sowie steigendem Bedarf an die Produktion von Rohstoffen für Industrie und Energieerzeugung erzeugen ein Spannungsfeld, das uns vor große Herausforderungen stellt.

Dass extreme Witterungslagen wie lange Trockenheit und Regenperioden, Stürme, Starkniederschläge nicht nur ein Thema für Australien, Südamerika und die USA oder vielleicht Spanien sind, haben wir inzwischen schmerzlich feststellen müssen. Eine lang anhaltende Vorsommertrockenheit ist längst besonders für Ost- und Nordsachsen zur Normalität geworden. Wir haben sowohl frühlingshafte Winter, welche vielen Schädlingen eine starke Vermeh

rung ermöglichen, als auch Winter mit Schneemengen, die Hallen zum Einsturz bringen und zu dramatischem Schneebruch in unseren Wäldern führen. Orkane wie „Kyrill“ und das Hochwasser von 2002 muss ich nicht weiter erläutern.

Trotz dieser negativen Entwicklungen wird die Landwirtschaft in Sachsen und in ganz Deutschland weiterhin weltweit zu der mit den besten Vegetationsbedingungen gehören, wenn natürlich auch mit größeren Ertragsschwankungen.

Deshalb kommt uns beim Umgang mit unseren fruchtbaren Böden eine besondere Verantwortung zu, und zwar nicht nur bei der Nahrungsmittelversorgung der Bevölkerung hier in Deutschland, sondern auch bei der Stabilisierung der Deckung des globalen Lebensmittelbedarfs.

Im Aktionsplan Klima und Energie werden viele Maßnahmen zur Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit, zur Verringerung von Erosionen, zur Regulierung des Wasserhaushaltes, zum effektiven Einsatz von mineralischen organischen Düngemitteln, zum effektiveren Energieeinsatz im Ackerbau und in der Tierzucht sowie bei Lagerung und Verarbeitung angeregt. Dabei sei bemerkt, dass die sächsische Landwirtschaft nicht bei null anfängt, sondern durch gezielte Fördermaßnahmen unseres Freistaates wie das Programm „Umweltgerechte Landwirtschaft“ und verschiedene Programme zur Förderung von Agrarinvestitionen bereits seit vielen Jahren deutschlandweit Vorbildliches geleistet hat. Auf diesem Fundament müssen wir für unsere Landwirtschaft regionale Strategien für die Zukunft entwickeln. Einfach gesagt: Die Lausitz braucht auf die Frage nach der zukünftigen Entwicklung andere Antworten als die Lommatzscher Pflege oder das Erzgebirge.

Meine Damen und Herren, weiterhin ist zu begrüßen, dass im Aktionsplan mehrfach die Reduzierung des Flächenverbrauchs angesprochen wird. Die Flächenversiegelung muss reduziert und die Entsiegelung zum Beispiel durch den Abbruch von vielen Industriebrachen gerade in unseren Flusstälern forciert werden, ohne jedoch den einzelnen Regionen ihre Entwicklungsmöglichkeiten zu nehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN sowie des Abg. Johannes Gerlach, SPD)

Beim Thema Flächenentzug stellt sich für mich aber auch die Frage, ob so manche sogenannte Umweltausgleichsmaßnahme bei den veränderten globalen Bedingungen wirklich noch zeitgemäß ist. Auch ich bin der Meinung, dass es in Sachsen noch große Reserven für Waldmehrung gibt, dass das Thema Biotopverbund, Umsetzung von Natura 2000 selbstverständlich auf der Tagesordnung steht. Wir sollten jedoch mehr differenzieren. Ich halte es bei dem extrem steigenden Bedarf an Lebensmitteln sowie pflanzlichen und tierischen Rohstoffen in der Welt für verantwortungslos, wenn wir es uns weiterhin in diesem Umfang leisten, Ackerland, das zu den fruchtbarsten der Erde gehört, mit jährlich Millionen Euro Aufwand

in Wald zu verwandeln. Dieses Ackerland war nicht einfach da, sondern wurde durch die nachhaltige Bewirtschaftung über Jahrhunderte zu seiner Fruchtbarkeit gebracht und stellt sicherlich eines unserer größten Volksvermögen dar.

In Zeiten der Überproduktion konnte man sicherlich etwas großzügiger mit diesem zusätzlichen Verlust von landwirtschaftlicher Nutzfläche umgehen. Wenn wir aber heute über Klimawandel, Welthunger und Ablösung fossiler Energieträger durch Bioenergie reden – und dies bei gleichzeitiger Zunahme der Abholzung der Wälder nicht nur in Südamerika –, bin ich überzeugt, dass es auch für das sächsische Klima besser wäre, wenn wir diese Millionen Euro zum Erhalt der bereits bestehenden Lungen dieser Welt einsetzen würden.

Gestatten Sie mir abschließend noch einige Bemerkungen zum Thema Bioenergie und damit auch zu der Frage „Tank oder Teller?“. Es ist überhaupt keine Frage, dass die Landwirtschaft in erster Linie die Aufgabe hat, Primärprodukte für die Lebensmittelherstellung zu produzieren. Es ist aber mit Sicherheit auch möglich, in der Landwirtschaft die Produktion von Nahrungsmitteln und Energie sinnvoll zu verbinden. Wir sind, wenn wir fossile Energieträger ablösen wollen, vielmehr darauf angewiesen, dass diese Verbindung noch besser als bisher gelingt.

Speziell bei der Biogaserzeugung blieb Sachsen von Fehlentwicklungen wie in anderen Ländern weitestgehend verschont. Deshalb verstehe ich auch nicht die Bemerkung von Frau Dr. Runge, dass Gülle, Stalldung und solche Dinge nur am Rande Bedeutung hätten. Nein, die überwiegende Anzahl der bestehenden Anlagen basiert auf der Nutzung dieser organischen Substanzen und von Futterresten und nur zu einem kleinen Teil auf dem Einsatz sogenannter Kofermente.

Aber auch im Biogasbereich haben wir noch große Reserven. Dies bezieht sich sowohl auf die Anzahl der Anlagen als auch auf die Erhöhung der Effektivität, die Verlängerung der Laufzeiten, die Verbesserung der Wärmenutzungskonzepte, die Ermöglichung der Einspeisung

von Biogas in das Erdgasnetz und vieles mehr. Die Produktion von biogenen Kraftstoffen wie Rapsmethylester und kaltgepresstem Rapsöl sowie Bioethanol leistete einen ersten nennenswerten Beitrag zur Reduzierung fossiler Treibstoffe.

Große Hoffnung wird in die Biokraftstoffe der zweiten Generation gesetzt. Hier werden nicht nur Körner, sondern ganze Pflanzen und Pflanzenreste, im Grunde jegliche organische Substanz, in Treibstoffe umgewandelt. Diese BTL-Treibstoffe, also Biomasse to Liquid, werden schon bald in die Praxis Einzug halten, und für sie gibt es große Potenziale.

Aber auch hier möchte ich zur Vorsicht mahnen. Die Verwendung der gesamten Biomasse darf nicht dazu führen, dass die Grundprinzipien der Erhaltung und der Mehrung der Bodenfruchtbarkeit vernachlässigt werden. Aber ich lasse mich auch gern eines Besseren belehren.

Der „Aktionsplan Klima und Energie“ ist der Startschuss für ein Programm, das nun mit Leben erfüllt werden muss. Es ist ernst zu nehmen und nicht nur, wie hier einige Redner sagten, ein Alibipapier. Es ist ernst zu nehmen, es ist der richtige Weg, auf dem wir alle gemeinsam in Verantwortung stehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Ich schaue in die Runde und frage, ob es noch Aussprachebedarf gibt. – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Aussprache zur Fachregierungserklärung beendet.

Meine Damen und Herren, ich habe mich doch entschlossen, Ihnen vorzuschlagen, an dieser Stelle die Mittagspause einzulegen. Wir treffen uns 13:15 Uhr zur Fortsetzung der Beratung wieder.

(Unterbrechung von 12:15 bis 13:18 Uhr)

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 3

Radverkehr in Sachsen