Protocol of the Session on July 9, 2008

Es handelt sich hier nicht, wie die CDU und die FDP uns weismachen wollen, um sozialistisches oder gar kommunistisches Teufelszeug. DIE LINKE hat einfach die Gesetze der anderen Bundesländer zusammengeschrieben. An der einen oder anderen Stelle sehen wir jedoch Änderungsbedarf, den ich noch vorstellen werde und für den ich dann in einem Änderungsantrag werben möchte.

Vielen Dank für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Es gibt noch weiteren Redebedarf. Die erste Runde ist beendet. Wir beginnen die zweite: die Linksfraktion; Herr Tischendorf, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Grunde genommen wollte ich mich in die Debatte gar nicht so einmischen. Sie wissen ja, dass ich als aktiver Gewerkschafter auch dafür gesorgt habe, dass dieses Gesetz, das wir heute beschließen – hoffe ich –, nicht am großen Tisch entstanden ist, sondern unter breiter Beteiligung aller Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes.

(Beifall des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Insofern ist es schon einmal eine Abstimmung, die zeigen wird, wie Sie zum öffentlichen Dienst stehen.

Aber was mich besonders gereizt hat, ist die Aussage unseres Innenministers heute früh zur Polizeidebatte, indem er sagte, wir sollen nicht mit Verunsicherungen oder so durch das Land ziehen.

Ich will Sie noch einmal an die Debatte erinnern. Mit dem Koalitionsvertrag waren die Gewerkschaften sehr froh, dass es einen Abschnitt gab – er wurde heute schon

mehrfach zitiert – zur Verbesserung des Personalvertretungsrechts.

Am 8. September 2006 haben Sie einen Brief erhalten von Herrn Lucassen und vom damaligen ver.di-Vorsitzenden. Sie haben ihn auch ordentlich beantwortet. Ich will einmal kurz daraus zitieren. Vielleicht wird Ihren Koalitionskollegen dann einiges deutlich, dass man vielleicht doch noch einmal überlegen müsste, bevor man alles ablehnt oder nichts sagt wie Herr Bandmann, der hier eine langsame Rede vorträgt, die aber wirklich keinen Inhalt hatte. Das muss ich einmal ehrlich so sagen. Ich habe ihn gesucht, ich wollte mir etwas aufschreiben und habe nichts gefunden.

(Zuruf des Abg. Volker Bandmann, CDU)

Am 18. September 2006 schrieb Herr Dr. Buttolo auf die Bitte von Herrn Lucassen und Herrn Anschütz, dass wir das Personalvertretungsgesetz schon in Anbetracht der geänderten Tarife dringend reformieren müssen – ich zitiere –: „Die Novellierung des Sächsischen Personalvertretungsgesetzes hinsichtlich der Gruppe der Arbeitnehmer ist besonders eilbedürftig,

(Beifall des Abg. Dr. Michael Friedrich, Linksfraktion)

da aufgrund der Tarifänderung und des Tarifrechts die bisherige Unterscheidung zwischen Gruppen der Arbeiter und Angestellten nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Bis zur nächsten regelmäßigen Personalratswahl im Frühjahr 2007 sind die gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen, dass die Gruppen der Arbeiter und Angestellten zur Gruppe der Arbeitnehmer zusammengefasst werden können.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Hört, hört!)

Zur Vermeidung von erheblichem Personal- und Sachaufwand ist eine Änderung der Gruppen nur im Rahmen der Personalratswahlen sachgerecht.“ Also die von 2007 haben Sie gemeint. „Andernfalls ist zu befürchten, dass der ordnungsgemäße Vollzug des Personalvertretungsrechts wegen des Gruppenprinzips für einen unvertretbar langen Zeitraum nicht gewährleistet werden kann.“ So die Antwort des Herrn Dr. Buttolo 2006 an die Gewerkschaften, die darum gebeten hatten, den Koalitionsvertrag zu erfüllen.

Sie schreiben weiter: „Eine abschließende Entscheidung über den Umfang und Zeitpunkt einer inhaltlichen Überarbeitung des Sächsischen Personalvertretungsgesetzes ist innerhalb der Staatsregierung noch nicht getroffen worden.“ Scheinbar bis heute nicht, da ist vieles noch offen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Die regeln noch!)

„Ungeachtet dessen wird jedoch sichergestellt werden,“ – so weit Ihre Verunsicherung ins Land zu tragen – „dass im Rahmen der Gebiets- und Funktionalreform die Mitbestimmung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes gewährleistet ist.“

Nun frage ich Sie: Wo sind denn hier Ihre Vorschläge? Zu Ihnen, Herr Bandmann, hatte ich schon gesagt: Da war relativ wenig inhaltlich. Der FDP nehme ich es nicht übel, dass sie davon nichts versteht. Den Herrn Brangs habe ich wieder Pirouetten drehen sehen. Ich bin froh, dass die GRÜNEN mitziehen.

Ich habe hier eine Menge gehört. Sie wollten nichts aus Ihrem Gesetz, das es noch nicht gibt, vortragen; aber Sie haben alle Punkte aufgezählt, die Ihnen wichtig waren. Aber den Gesetzentwurf haben Sie nicht eingebracht.

(Stefan Brangs, SPD: Nur Beispiele!)

Na ja, dann waren es halt nur Beispiele. Mir wäre das ja alles egal, ob jetzt ein Kuhhandel mit anderen Gesetzen oder was auch immer stattfindet, aber es wird auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen. Sie haben ein Angebot von vielen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, was durch mehrere Gremien vorgelegt ist. Sie haben die Entscheidung, es abzulehnen oder anzunehmen.

Und Sie haben heute noch eine Entscheidung zu treffen: Wollen Sie Ihren Koalitionsvertrag erfüllen? Es ist eh schon fast zu spät. Das ist die erste Entscheidung.

Was „fast zu spät“ heißt, will ich Ihnen noch einmal klar sagen. Mit der Verwaltungs- und Funktionalreform sind die neuen Landräte aufgefordert, im September die Wahlvorstände zu bestellen, Wählerverzeichnisse vorzulegen. Da steht immer noch die Frage Arbeiter/Angestellte, denn es ist immer noch das alte Gesetz.

Es kommen noch die Landesbediensteten hinzu. Dort müssen wir auch noch zuordnen, wer Arbeiter und wer Angestellter war. Es ist eine völlige Unsicherheit, die schon bei der letzten Wahl zu Gerichtsentscheidungen gegen Personalräte geführt hat.

Das wird also im September stattfinden. Dann werden die Wählerverzeichnisse gemacht und dann finden die Wahlen statt. Danach kommen die Klagen. Bis November müssen die neuen Landkreise ihre Personalräte gewählt haben. Es gibt noch keine gesetzliche Grundlage, die das sicher abdeckt. Dafür sorgen Sie mit der Geschichte der Sozialdemokratie heute, wenn Sie dagegen stimmen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Jüngste Geschichte!)

Das ist dann auch Ihre Geschichte; die müssen Sie mit annehmen. Das gehört zu der ganzen Vertretung mit dazu.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ob historische Verantwortung oder nicht, zur Geschichte gehört, an unser gemeinsames Gesetz mit der Allzuständigkeit zu erinnern, das wir damals, 2001, zusammen erarbeitet haben.

Sie werden also gegen Ihren Koalitionsvertrag stimmen – das habe ich vernommen –, gegen die Beschäftigten, gegen die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes. Sie werden vor allem der Demokratie und der Mitbestimmung im öffentlichen Dienst in Sachsen sehr schaden.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Ich frage, ob es noch weitere Redewünsche gibt. – Das ist nicht der Fall. Dann frage ich die Staatsregierung. – Herr Dr. Buttolo, bitte.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Der Brief wird jetzt zurückgezogen! Rückruf!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der Linken geht bereits von falschen Voraussetzungen aus, wenn er vorgibt, das Niveau der Beteiligungsrechte des Sächsischen Personalvertretungsgesetzes müsse an das Bundespersonalvertretungsgesetz und die Vorgaben des Artikels 26 der Sächsischen Verfassung angepasst werden.

Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahre 1995 und des Sächsischen Verfassungsgerichtshofes zum Artikel 26 der Sächsischen Verfassung wurde bereits im Sächsischen Personalvertretungsgesetz berücksichtigt und umgesetzt.

Die bundesrechtliche Vorgabe des § 104 Bundespersonalvertretungsgesetz spricht ausdrücklich die Empfehlung aus, die Länderregelungen an die des Bundes anzugleichen.

(Volker Bandmann, CDU: Herr Tischendorf hört gar nicht zu!)

Genau das hat der Landesgesetzgeber im Freistaat Sachsen getan.

Die Beteiligungsrechte nach unserem Personalvertretungsgesetz unterscheiden sich aus meiner Sicht nicht im großen Umfang von denen des Bundes und einiger anderer Länder. Gleichwohl ist hinsichtlich der Beteiligungsrechte stets zu prüfen, ob und inwieweit zur Sicherung einer effektiven Interessenvertretung Änderungsbedarf besteht und Beteiligungsrechte fortzuentwickeln sind. Denn die Mitbestimmung der Personalräte muss auf allen Stufen gesichert sein.

Für ein konstruktives Arbeitsklima in den Dienststellen ist das unabdingbar. Dem wird der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE nicht gerecht. Er bewirkt vielmehr das Gegenteil. Er berücksichtigt weder die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung, noch wird er den Anforderungen an ein modernes und aktuelles Personalvertretungsgesetz gerecht.

(Caren Lay, Linksfraktion: Da lachen ja die Hühner!)

Eine effektive Interessenvertretung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst wird gerade nicht gewährleistet.

(Caren Lay, Linksfraktion: Durch das bestehende ja wohl auch nicht!)

Das Bundesverfassungsgericht hat in der erwähnten Grundsatzentscheidung festgestellt, dass bestimmte Entscheidungsrechte in einer direkten Kette vom Souve

rän, also dem Staatsvolk, legitimiert sein müssen. Danach ist das Letztentscheidungsrecht durch eine nicht vom Staatsvolk legitimierte Stelle, wie zum Beispiel die Einigungsstelle, bei bestimmten Personalmaßnahmen, die wesentlicher Bestandteil der Dienstverantwortung sind, ausgeschlossen.

Der Gesetzentwurf berücksichtigt diese verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht. Er kann bereits aus diesem Grund keine Zustimmung finden. Dies betrifft insbesondere die Ausgestaltung einer Allzuständigkeit der Personalvertretungen.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, bitte.