Protocol of the Session on July 9, 2008

Im Koalitionsvertrag haben wir uns unter Punkt 12.4 Öffentlicher Dienst darauf verständigt, das Personalvertretungsgesetz im Vergleich zu bundesrechtlichen Regelungen und zum Mitbestimmungsniveau in den anderen Ländern zu überprüfen. Zu überprüfen, Herr Dr. Friedrich, und nicht zu orientieren – das ist der wesentliche Unterschied.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Sie müssen die Zitate schon richtig wiedergeben. Gespräche dazu fanden und finden statt.

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass es sich um ein Thema handelt, bei dem die Positionen der Koalitionsfraktionen sehr sorgsam ausdiskutiert werden. Deshalb braucht man auch die notwendige Zeit für diese Gespräche. Wir werden aus den einzelnen konkreten Vorstellungen die Schnittstellen ermitteln und – so denke ich – entsprechende Regelungen erarbeiten.

(Rico Gebhardt, Linksfraktion: Weihnachten!)

Im Übrigen vermag der Entwurf der Linksfraktion rechtlich nicht zu überzeugen. Es ist eben auch in dieser

Anhörung zum Gesetzentwurf, die Sie offensichtlich anders erlebt haben, deutlich geworden, dass nicht alle Sachverständigen die Regelungen mittragen konnten. Es ist auch nicht gelungen, die Bedenken mit Ihren Änderungsanträgen auszuräumen. Das wurde sowohl im Verfassungs- und Rechtsausschuss als auch im Innenausschuss sehr deutlich artikuliert. Die Vertreter der Staatsregierung haben das deutlich zu Gehör gebracht.

Es bleiben für uns rechtliche Bedenken gegen die sogenannte modifizierte Allzuständigkeit der Personalvertretungen bestehen. Dem Gesetzentwurf mangelt es aus unserer Sicht an einer sachgerechten Ausgestaltung des Verhältnisses der Allzuständigkeit zu den nachfolgenden Regelungen der Beteiligungsrechte. Die vorliegenden Vorstellungen zum Letztentscheidungsrecht des Dienststellenleiters sind für uns ungenügend geregelt. Die fehlenden Anpassungen der Regelungen zum Einigungsstellenverfahren stärken die Bedenken gegen dieses Gesetz.

Aus diesen Gründen werden wir heute diesen Gesetzentwurf ablehnen.

(Beifall bei der CDU und des Staatsministers Geert Mackenroth – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Jetzt gehörte viel dazu, nicht einzuschlafen!)

Wird von der SPD-Fraktion das Wort gewünscht? – Nein. – Doch? – Bei mir steht dazu nichts.

Es ist kaum vorstellbar, dass da steht: Die SPD redet nicht.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Das ist durchaus vorstellbar!)

Bitte, Herr Brangs.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat ist es so, dass man bei unterschiedlichen Gesetzen von unterschiedlichen Wahrnehmungen ausgehen kann. Es ist, glaube ich, auch nichts Neues, dass wir, was die Mitbestimmung anbelangt, allein aus historischer Verantwortung der Sozialdemokratie einen anderen Zugang als manch anderer hier im Sächsischen Landtag haben.

(Marko Schiemann, CDU: Das stimmt nicht!)

Herr Kollege Schiemann, es geht hier um historische Fakten. Das ist nachlesbar. Wir haben bereits 1959 im Godesberger Programm den Zusammenhang zwischen Demokratie und allumfassender Mitbestimmung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes hergestellt.

(Marko Schiemann, CDU: Wir haben das schon seit 1992 in der Verfassung!)

Ich freue mich, dass die Sächsische Verfassung in Artikel 26 genau diese Mitbestimmung regeln will.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Dann haben Sie es vergessen!)

Es wurde aber schon darauf eingegangen, dass man mit dem 1993 verabschiedeten Gesetz diesen Weg nicht in Gänze beschritten hat. Man ist leider Gottes davon abgerückt.

Jetzt müssen wir uns damit auseinandersetzen, wie wir mit dem Thema Mitbestimmung in der Koalition, aber auch mit dem Antrag der Linken umgehen. Ich glaube, es überrascht niemanden, dass ich durchaus Sympathie für das Grundanliegen habe. Das trifft für meine gesamte Fraktion zu. Wir sind der Auffassung, dass das Niveau der Mitbestimmung in Sachsen im Vergleich zu anderen Bundesländern, aber auch zum Bundespersonalvertretungsgesetz einer Überarbeitung bedarf und dass eine Reihe von Dingen geregelt werden muss, die im Vergleich zu anderen Ländergesetzen eben schlechter geregelt sind, und dass man in bestimmten Bereichen eigentlich gar nicht von Mitbestimmung sprechen kann.

(Beifall des Abg. Dr. Michael Friedrich, Linksfraktion)

Deshalb habe ich mich kundig gemacht, was zum Beispiel sächsische Fachhochschulen der Verwaltung zum Thema Personalvertretung sagen. Da gibt es ein Unterrichtsmaterial, in dem Folgendes steht – ich zitiere: „Das Personalvertretungsgesetz regelt die Wahl, Zuständigkeit und Befugnisse der Personalvertretungen. Grundsätzlich liegt die Gesetzgebungskompetenz bei den Ländern. Die Personalvertretung ist vergleichbar mit dem Betriebsrat, der die Interessen der Beschäftigten außerhalb des öffentlichen Dienstes regelt.“

Dazu kann ich nur sagen: Wenn dem so wäre, dann könnte ich eigentlich nichts mehr hinzufügen, müsste ich auch nichts mehr hinzufügen. Aber gerade wenn man sich das Mitbestimmungsniveau des Betriebsverfassungsgesetzes und das manch anderer Länder ansieht, muss man feststellen, dass es hier in Sachsen einen Nachholbedarf gibt.

Das Gleiche trifft zu, wenn wir uns anschauen, wie unser Koalitionspartner 2002 schriftlich damit umgegangen ist. Es gibt einen Geschäftsbericht der Landtagsfraktion, in dem davon gesprochen wird, dass 2002 eine Änderung des Sächsischen Personalvertretungsgesetzes durch die Fraktion vorgenommen, gestaltet und verabschiedet wurde. Damit wurde ein Ausgleich zwischen dem Recht auf Mitbestimmung und dem Recht der Staatsregierung zur Errichtung ihrer Behörden und dem Demokratieprinzip erreicht. Dann kommt ein Satz: „Keine von beiden Seiten ist damit bevorzugt oder gar benachteiligt.“ Dem muss ich entschieden widersprechen. Wenn man die Regelungen des jetzigen Gesetzes liest, sieht man, dass eine solche Benachteiligung durchaus vorhanden ist. Insofern macht es Sinn, dass wir uns mit diesem Thema beschäftigen.

Ich will auch gern etwas dazu sagen, welche Punkte die SPD-Landtagsfraktion benennt, aber zunächst einmal auf

den Gesetzentwurf der Linken eingehen. Es ist so, dass wir in der Anhörung – das hat Kollege Friedrich gesagt – in der Tat von den unterschiedlichen Sachverständigen gehört haben, dass es sinnvoll ist, über das Niveau des Personalvertretungsgesetzes in Sachsen nachzudenken. Richtig ist aber auch, dass gerade das Thema der Allzuständigkeit – Sie haben es eben angesprochen – schwierig ist. Diese Allzuständigkeit wird in Verbindung mit einem besonderen Mitbestimmungskatalog aus meiner Sicht zwangsläufig zu Abgrenzungsproblemen führen und diese Abgrenzungsprobleme damit Konflikte schüren. Ich habe es bereits im Ausschuss gesagt und will es noch einmal wiederholen: Man muss sich darüber verständigen, ob dieser systematische Widerspruch – auf der einen Seite gibt es eine Allzuständigkeit und auf der anderen Seite aber machen wir einen Katalog – aufgelöst werden kann, zumal – Sie haben es selbst angeführt – es auch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum schleswig-holsteinischen Gesetz gibt. Das ist eine systematische Frage. Da kann man sich sicherlich an der einen oder anderen Stelle auf einen Kompromiss verständigen.

Ihr Gesetzentwurf verzichtet in vielen Bereichen darauf, einen neueren, flexibleren Dienststellenbegriff einzuführen. Aus meiner Sicht wird aber genau da der mögliche Spielraum für eine örtliche Personalratsstruktur vertan. Ich glaube, es ist notwendig, dass wir gerade wegen der Kreis- und Funktionalreform dort eine klare Regelung treffen. Sie wissen – Sie haben es selbst zitiert –, dass es in der Diskussion innerhalb der Koalition ein Papier gibt. Ich meine, es ist ein Gesetzentwurf, der noch nicht eingereicht ist, aber ich gehe davon aus, dass alle Signale im Moment darauf deuten, dass wir in Kürze dazu kommen werden, einen solchen Gesetzentwurf einzureichen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: 2009 ist in Kürze!)

Insofern müssen wir auch über die Frage reden, warum im Antrag der Linken eine Differenzierung zwischen der uneingeschränkten Mitbestimmung der Arbeitnehmer und Beamten mit Blick auf den Statusunterschied gemacht wird. Ich glaube, das ist schwierig umzusetzen. Man sollte ein Verfahren finden, in dem eine solche Differenzierung nicht enthalten ist. Und auch zum Thema der Arbeitsgemeinschaft der Hauptpersonalräte ist in Ihren Gesetzentwurf keine Regelung aufgenommen worden. Das kann man so tun.

Trotzdem ist es notwendig, den Istzustand in einen vertretbaren rechtlichen Rahmen zu gießen. Über Jahre, ich würde fast sagen, seit 15 Jahren, gibt es eine Arbeitsgemeinschaft der Hauptpersonalräte, die gesetzlich nicht verankert, aber geduldet ist und keinen Anspruch hat. Ich glaube, es macht keinen Sinn, darüber nachzudenken, ob man dieser Arbeitsgemeinschaft der Hauptpersonalräte mehr Rechte gibt, weil es nicht geht. Die Rechte und Pflichten bleiben natürlich bei den Hauptpersonalräten. Aber man sollte zumindest die Möglichkeit schaffen, dass bei ressortübergreifenden Themen die Arbeitsgemeinschaft der Hauptpersonalräte tätig werden kann und dies

gesetzlich verankert ist, aber nicht auf Basis von Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechten im Gesetz; denn davon sind natürlich die Hauptpersonalräte selbst betroffen. Dieses Recht kann keine Arbeitsgemeinschaft bekommen; das ist unbestritten. Das ist auch die Frage des Demokratieprinzips: Wer hat sie gewählt? Gewählt werden sie in den Hauptpersonalräten und nicht in der Arbeitsgemeinschaft, ganz klar.

Kollege Friedrich, wenn Sie ansprechen, dass wir einen Flyer an die Personalvertretungen verschickt haben, dann ist das richtig. Sie haben angeführt, dass Sie sich vorstellen können, dass Sie zwölf dieser Vorschläge übernehmen würden. Es sind aber letztendlich mindestens 16, wenn man genau hinschaut sind es sogar 18.

(Zurufe der Abg. Prof. Dr. Peter Porsch und Klaus Tischendorf, Linksfraktion)

Wahrscheinlich sind es genau diese 40 %, die ich angesprochen habe, bei denen es keine Überschneidung und keine Übereinkunft gibt. Das mag schon sein. Aber Sie glauben doch nicht allen Ernstes, dass ich auf diese billige Fährte einsteige,

(Lachen bei der Linksfraktion)

indem ich hier im Sächsischen Landtag erkläre, weil wir in der Diskussion mit unserem Koalitionspartner sind, dass ich jetzt DIE LINKE brauche, um vernünftige Positionen zur Mitbestimmung Sachsens zu verwirklichen? Das ist doch nicht ernsthaft Ihr Ansinnen! Ich setze darauf, dass wir uns als Koalition auch einigen werden.

(Beifall bei der SPD)

Es hört sich zwar gut an, ist gut gemacht und gut gedacht, aber es passt eben nicht zueinander. Wenn Sie darüber nachdenken, wissen Sie auch, dass solche Angebote letztlich keinerlei Wirkung erzielen.

Worum geht es uns konkret? Wir wollen einen zeitgemäßen Beschäftigungsbegriff, der auch die studentischen, die künstlerischen und die wissenschaftlichen Hilfskräfte wieder Beschäftigte nennt. Das ist bisher nicht so. Wir müssen auch darüber nachdenken, dass wir in bestimmten Bereichen Organisationseinheiten als selbstständige personalvertretungsrechtliche Dienststellen einordnen sollten.

Es macht auch Sinn, dass man über die Ausstattung von Personalräten neu nachdenkt; denn ich glaube, dass sie auch technische Mittel zur Herstellung der Mitbestimmung brauchen, um die Personalräte in die Lage zu versetzen, ihr Amt wahrnehmen zu können. Es geht darum, dass Personalräte zukünftig durchaus auch Gutachten und Stellungnahmen von Sachverständigen einholen können.

Das Thema des Kündigungsschutzes für Personalräte muss man sich noch einmal genauer anschauen. Aber – und das ist mir viel wichtiger – wir müssen dazu kommen, dass Personalräte unter anderem bei Auflösung oder Einschränkung, Verlegung oder Zusammenlegung von

Dienststellen die Möglichkeit haben, angehört zu werden, wenn sie auf Dauer oder für einen kürzeren Zeitraum an Privatpersonen oder Privatunternehmen übergehen.

Wenn wir vom Betriebsrat reden und Vergleiche mit dem Betriebsverfassungsgesetz heranziehen, sollten wir auch von Sozialplänen reden. Die Mitbestimmung der Personalräte ist auch bei Personalentwicklungskonzepten notwendig. Das erklärt sich von selbst.

Zusammengefasst geht es uns darum: Für uns sind Beschäftigte und die Vertreter der Beschäftigten keine Gegner, sondern Partner. Wir wollen das Gold in den Köpfen der Beschäftigten so positiv nutzen, dass damit für die Dienststelle eine positive Entwicklung einhergeht. Wir sollten mit der Vorstellung aufräumen, dass Personalräte Verhinderer und Blockierer sind. Sie sind engagierte Kolleginnen und Kollegen, die sich für ihre Dienststelle einsetzen. Dafür sollten wir eine vernünftige gesetzliche Grundlage schaffen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Die NPD-Fraktion erhält jetzt das Wort; Herr Petzold, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Sächsische Personalvertretungsgesetz hat sich nach Auffassung der NPD-Fraktion nach den Änderungen, die durch das Urteil des Verfassungsgerichtshofes vom 22. Februar 2001 notwendig wurden, in der Praxis bewährt. Deshalb ist nach Meinung der NPDFraktion der vorliegende Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE nicht notwendig, auch wenn es in einigen Teilbereichen geringfügigen Änderungsbedarf geben mag, wie uns die Anhörung am 8. Mai gezeigt hat.