Jetzt möchte ich etwas zur Posten- und Revierreform sagen. Erstens: Sie kommt spät. Zweitens: Sie sanktioniert den bisherigen Stellenabbau. Das ist das Problem. Ich erinnere Sie daran, dass diese Strukturen 2005 zeitnah mit der Polizeireform verändert werden sollten. Ziel der Reform war damals dankenswerterweise, durch Dezentralisierung die Präsenz und Aktionsfähigkeit in der Fläche zu erhöhen, was übrigens auch gelang. Die Reform der Reviere und Posten muss also unter dieser Zielstellung stehen.
Schauen wir uns nun das Ergebnis an. Künftig soll es zwei Kategorien von Revieren geben. Die erste Kategorie sind die A-Reviere. Diese verfügen über eine Vollausstattung mit entsprechender Führung. Sie werden mit anderen Revieren vernetzt. Damit werden Stabs-, Führungs- und Verwaltungsaufgaben gebündelt und ein Drittel der Verwaltungs- und Führungskosten reduziert. Das klingt gut. Vernetzung und Abbau der Verwaltung schaden auch nicht. Aber was passiert tatsächlich? 21 Reviere in Sachsen werden sogenannte B-Reviere sein. Diese haben weniger Personal und sind nach 22:00 Uhr nicht mehr besetzt.
Ich frage Sie, ob das die erwünschte Bürgernähe der Polizei ist. Ich kann Ihnen auf jeden Fall eine Frage nicht ersparen: Was haben Sie eigentlich im Hinblick auf die Überprüfung getan, inwieweit die gegenwärtige Besetzung der Reviere überhaupt ausreichend ist? Ich will das Beispiel Brand-Erbisdorf nennen. Dort war die Besetzung in dem Revier so dünn, dass man Leute, die eine Anzeige erstatten wollten, nach Freiberg geschickt hat. So sehen die Realitäten aus.
Meine Damen und Herren! Die B-Reviere werden zwar Dienststellenleiter haben, aber keine eigenen Revierleiter. Sie sind daher ferngeleitet. Die Frage, die ich stelle, ist ganz simpel: Ist das Ihr Weg zur Schließung von Revieren? Das trauen Sie sich jetzt vor der Landtagswahl natürlich nicht, das ist ganz klar. Aber ich denke, dass diese Frage eine Antwort verlangt!
Wir wollen vollwertige und keine ferngeleiteten Reviere, und wir wollen durchgängig Reviere in der Fläche, im Übrigen auch in den Großstädten. Wer zweitklassige Reviere einführen will, ist schnell bei deren Schließung. Das wollen wir aber nicht.
Herr Staatsminister Buttolo, ich möchte gern wissen, was mit den Führungskräften wird, die Sie freilenken. Werden die auf Streife geschickt oder was passiert sonst mit ihnen?
Ich bin auch der Meinung, dass wir über alles reden können. Aber sagen Sie uns, von welcher Basis aus wir das tun. Nehmen Sie den Stellenkürzungsbeschluss zurück! Sagen Sie das heute offen, damit wir wissen, wovon wir reden. Ich habe gelesen, dass es im Haushalt Veränderungen gibt. Aber Ihr Wort will ich jetzt, heute und hier haben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die heutige Aktuelle Debatte der Koalitionsparteien bietet wieder einmal eine inszenierte Gelegenheitsbühne für ein regierungspropagandistisches Eigenlob. Aber Eigenlob stinkt, das wissen Sie.
Die 2005 mit der Abschaffung der Polizeipräsidien und der Reduzierung der Polizeidirektionen begonnene Polizeireform, die uns im Landtag schon oft beschäftigte, soll nach den Absichten der Staatsregierung mit den zum 1. Januar 2009 einsetzenden neuen Strukturen der Polizeireviere und Polizeiposten ihren vorläufigen Abschluss finden. Mit diesen Maßnahmen würden die Polizeistrukturen zukunftsfähig und bürgernah gestaltet, hieß es in der Presseerklärung ganz unbescheiden. Innenminister Buttolo rühmte seine Strukturfortschreibung gar wie folgt: „Mit der Neustrukturierung der polizeilichen Basisdienststellen können wir auch in Zukunft das erreichte hohe Sicherheitsniveau in Sachsen gewährleisten. Auch die bisherige bürgernahe Polizeiarbeit bleibt erhalten.“
Herr Buttolo, lesen Sie auch einmal die Berichte Ihrer eigenen Polizei? Sie schwadronieren von einem angeblich hohen Sicherheitsniveau in Sachsen, das auch in Zukunft gewährleistet werden könnte. Sie und Ihre Ministerkollegen mögen ja in Ihren Ministerien sicher sein. Doch welches Sicherheitsniveau hatten wir denn zum Beispiel in der Nacht zum 8. März in Leipzig, als eine Bande von 150 Ausländern mit Knüppeln marodierend durch die Stadt zog, als diese Bande Gebäude und Fahrzeuge entglaste und noch lange danach beträchtliche Sachschäden und eine gravierende Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beklagen waren? Welches Sicherheitsniveau hatten wir denn in der Nacht zum 8. März in Leipzig, als der harmlos vor einer Disco rauchende Andreas K. einfach so von einem unbekannten ausländischen Verbrecher ermordet wurde? Welches Sicherheitsniveau hatten wir denn in der Nacht zum 8. März in Leipzig, als der deutsche Sicherheitsunterneh
mer Markus Z. durch einen Ausländer niedergestochen und lebensgefährlich verletzt wurde? In dieser Blutnacht sahen Ihre Beamten ganz schön alt aus.
Die NPD empfindet bei diesem Gedanken wahrlich keine Freude, sondern Beklemmung. Das sind ja genau die Zustände, vor denen wir seit Jahrzehnten warnen, weil man es den Globalisierungs- und Überfremdungsfanatikern erlaubt, mit ihrer Politik so wie bisher weiterzumachen.
Vor dem Hintergrund des Bandenkrieges in Leipzig, der nach Auffassung eines im „Stern“ vom 14. März zitierten Kriminalexperten die Zielsetzung verfolgt, die Gastronomie und die Diskotheken der Stadt in ihre Klauen zu bekommen, wirkt es wie eine Verhöhnung der Bürger, wenn es in der Pressemitteilung des Innenministers schönfärberisch heißt, dass nicht nur in Dresden und Zwickau, sondern auch in Leipzig einzelne Polizeireviere räumlich zusammengeführt werden.
Herr Buttolo, warum sagen Sie den Menschen im Lande nicht einfach die ungeschminkte Wahrheit? Wir haben keine Kohle mehr für die flächendeckende Polizeipräsenz in Sachsen, weil wir das Geld für uns wichtiger erscheinende Dinge wie zum Beispiel das weltoffene Toleranzprogramm brauchen oder weil Georg Milbradt die Milliarden für die Landesbank vergeigt hat. Nennen Sie die Dinge beim Namen! Sagen Sie einfach, wie es ist. Das wird Ihnen der Bürger gutschreiben. Aber dieses Rumgeeiere vergisst Ihnen niemand. Das ist es, was die Leute so sauer und politikverdrossen macht; denn sie merken, dass sie veräppelt werden.
Herr Buttolo, Sie versuchen, den Bürgern mit wohlklingenden Worten eine Beruhigungspille zu verabreichen. Mit Ihrem Gerede über die vermeintliche Vernetzung bestehender Polizeireviere wollen Sie den Menschen im Lande den Eindruck vermitteln, es gebe ein über das ganze Land gespanntes Wohlfühlsicherheitsnetz, in dem sich jeder gut aufgehoben sehen darf. Doch dem ist mitnichten so.
Die von Ihrem Ministerium fabrizierte Übersichtsgrafik „Struktur der Polizeireviere“ zeigt, dass dieses polizeiliche Wohlfühlsicherheitsnetz löcheriger ist als ein Schweizer Käse. Es ist gerade dort löcherig, wo es am engsten geknüpft sein müsste, nämlich an den Außengrenzen des Freistaates, dort, wo die Bürger seit dem 21. Dezember 2007 hilflos mit ansehen müssen, wie sich vor allem ihr bewegliches Eigentum gen Osten bewegt.
Herr Buttolo, Ihr einziges zusätzliches Polizeirevier Oberland wird, so hoffe ich, an der sächsisch-tschechischen Grenze vielleicht etwas vom Kriminalitätsdruck wegnehmen. Aber warum übertragen Sie den Gedanken nicht zum Beispiel auch auf das Gebiet zwischen Niesky und Weißwasser?
Zum Abschluss gebe ich zu bedenken, dass die Bundesrepublik mit dem Vertrag von Schengen auf ein weiteres
Stück staatlicher Souveränität und Kontrolle verzichtet hat. Offene Grenzen bedeuten weniger Sicherheit. Offene Grenzen bedeuten mehr Ausländer und vor allem mehr Kriminalität.
Autodiebstahl, Wohnungseinbrüche, Menschenhandel, Rauschgiftschmuggel, Organisierte Kriminalität und Bandenkriminalität sind eine Folge dieser offenen Grenzen. Die Zeche zahlen schon heute die Bürger in den grenznahen Gebieten Sachsens.
Das Schengener Abkommen ist kein Naturgesetz. Deutschland muss aus dem Schengenvertrag, der unter anderem die Grenzöffnung vorschreibt, aussteigen!
Nur so, meine Damen und Herren, lässt sich in Sachsen mehr Sicherheit an unseren Außengrenzen, aber eben auch mehr Sicherheit für Sachsen gewährleisten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Apfel, zu dem, was Sie eben hier dargeboten haben, so viel: Sie haben wieder einmal die Gelegenheit genutzt, um darzustellen, dass Sie von Sicherheit und Innenpolitik nichts, aber von Fremdenfeindlichkeit jede Menge verstehen.
(Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD – Beifall bei der FDP, der CDU, der Linksfraktion und vereinzelt bei der SPD)
Wenn es darum geht, über die Neustrukturierung der Polizei hier in diesem Haus zu sprechen, dann hätte ich mir eigentlich mehr Zeit gewünscht als nur eine Aktuelle Stunde, in der man fünf Minuten darüber sprechen kann, was die Staatsregierung als bedeutende Veränderung der Sicherheitsarchitektur in Sachsen verstanden wissen will. Es ist auch bemerkenswert, dass das, was im Bereich der Polizeibasisdienststellen jetzt mitgeteilt wurde, eben nur von der Staatsregierung und ohne Beteiligung dieses Hauses gemacht wurde. Ich hätte mir durchaus vorstellen können, dass wir über zentrale Fragen der Sicherheitsarchitektur, wie die Aufstellung der Basisdienststellen, auch einmal im Landtag hätten sprechen können. Aber offensichtlich scheut die Staatsregierung die Auseinandersetzung über derart wichtige Themen in diesem Haus.
Die Frage der Basisdienststellen ist von zentraler Bedeutung, vor allen Dingen auch in der Wahrnehmung der Bürger; die Präsenz der Polizei, die Ansprechbarkeit in Basisdienststellen prägen das Sicherheitsgefühl der Bürger in Sachsen. Hier muss man sich vergewissern oder verdeutlichen, dass reine Effizienzüberlegungen allein
nicht weit tragen. Kürzungen im Personalbereich können noch so nett verpackt sein – in der Fläche wirken sie verheerend. Sie beeinträchtigen das Sicherheitsgefühl und auch die Sicherheitslage. Sie spielen denen in die Hände, denen wir die Sicherheit in diesem Land mit Sicherheit nicht anvertrauen wollen.
Die Aufgabenkritik, die Sie hier nachschalten wollen – Herr Bräunig hat schon darauf hingewiesen –, erfolgt nach meiner Ansicht eindeutig zu spät. Sie wollen 2009/2010 eine Aufgabenkritik machen, regeln aber jetzt, vorher, die Reform der Basisdienststellen. Damit machen Sie den zweiten Schritt vor dem ersten. Denn selbstverständlich gehört es sich, erst den Aufgabenbestand der Polizei zu durchleuchten und anschließend daraus die organisatorischen Folgerungen zu ziehen. Meine Damen und Herren, hier geht die Staatsregierung eindeutig in der falschen Reihenfolge vor.
Was die Frage der Personalstruktur anbelangt, sollen jetzt 400 Führungspositionen in Revieren umgeschichtet werden, um sie näher am Bürger – wie etwa bei Streifen – einzusetzen. Auch hier gestatten Sie mir, dass ich angesichts der von den Führungspositionen betroffenen Dienstgrade und dem Alter der sächsischen Polizisten her heftige Zweifel anmelde. Ich kann mir nicht ernsthaft vorstellen, dass sich die Angehörigen des gehobenen Dienstes im Alter von 55 Jahren tatsächlich wohlfühlen, wenn sie Streife laufen.
Übrigens, die Planzahlen scheinen in der Koalition selbst auch noch nicht ganz klar zu sein. Das Innenministerium spricht von einem Durchschnittsalter von 42,5 Jahren, während es noch am 08.05. in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage hieß, dass das Durchschnittsalter der Polizeimitarbeiter in Sachsen bei 46,5 Jahren liegt.
Noch ein Wort zum Einstellungskorridor von 300, der jetzt aufgeweitet worden ist. Herr Bandmann, das ist mitnichten eine Erfindung der CDU in diesem Haus, ganz gewiss nicht. Sie haben seit 2004 in jedem Haushalt Einstellungskorridore von 100 Beamten beschlossen und haben jeden Antrag der Opposition, den Einstellungskorridor zumindest auf das unabdingbar Notwendige auszuweiten, abgelehnt. Deswegen empfinde ich es als ziemlich unverfroren, wenn Sie sich hier hinstellen und sagen, die Erhöhung des Einstellungskorridors auf 300 Stellen sei eine Erfindung der Union. Das ist es nicht!
Im Übrigen hat Herr Bräunig die nächste Fragerunde eröffnet, wenn er sagt, es sind 368 Stellen, die jetzt neu geschaffen werden sollen. Auch das ist bemerkenswert. Offensichtlich gibt es selbst innerhalb der Koalition noch keine festen Vorstellungen darüber, wie denn nun verfahren werden soll. Aber eines ist jetzt schon abzusehen: Selbst wenn eine Aufweitung auf 368 kommt, wäre das zum einen zu gering und zum anderen zu spät.
Herr Dr. Martens, können Sie sich mit mir genauso gut an die letzte Debatte um den Stellenabbau erinnern, die wir hier im Plenum geführt haben, in der Herr Bandmann sogar festgestellt hat, dass es gar keinen Stellenabbau gegeben hat?