Protocol of the Session on June 19, 2008

Noch immer ist Aufklärung über das Petitionsrecht vonnöten. Dafür soll auch der vorliegende Bericht, der als Broschüre zur Verfügung steht – ich habe ihn Ihnen gezeigt, Sie haben ihn alle vorliegen –, eine gute Grundlage sein.

Liebe Kollegen! Meine Damen und Herren! Wie bereits im vergangenen Jahr, berührten auch 2007 viele Petitionen wieder die eingeführte Grundsicherung für Arbeitssuchende. Sofern es Beschwerden über die Arbeitsweise und die Antragsbearbeitung sowie über Entscheidungen der zuständigen örtlichen Arbeitsgemeinschaften waren, konnten diese Vorgänge ausführlich geprüft werden. Betrafen die Beschwerden gesetzliche Regelungen, so wurden sie an den Bundestag weitergeleitet.

Meine Damen und Herren! Auch ich darf mich an dieser Stelle recht herzlich bei allen bedanken, die die Arbeit im Petitionsverfahren durch ihre Tätigkeit unterstützen: Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Petitionsdienstes, Dank an die Sächsische Ausländerbeauftragte, Dank aber auch an alle Fraktionsmitglieder, die im Petitionsausschuss mitarbeiten; denn es ist eine umfangreiche Fleißarbeit, die hinter den Kulissen stattfindet und die man in vielen Tagen Vorbereitung leisten muss. Nicht zuletzt möchte ich der Staatsregierung danken für die vielen Stellungnahmen. Wir machen es der Staatsregierung nicht immer leicht. Wir sind auch nicht dafür da, es ihr leicht zu machen, sondern um zu hinterfragen und gute Antworten zu erhalten.

Zwei kleine Probleme, die ich persönlich sehe, möchte ich noch ansprechen. Ich sehe ein Problem darin, dass in letzter Zeit vermehrt Petitionen von Rechtsanwälten eingehen. Nun habe ich nichts gegen Rechtsanwälte. Aber wenn Rechtsanwälte ihr Amt nutzen, um durch Petitionen an Informationen zu gelangen, die sie vielleicht anders nicht bekommen würden, sehe ich das als eine Frage an, die wir dringend klären müssen.

Ich möchte ein weiteres Problem ansprechen: die Politisierung des Petitionsrechtes. Auch da müssen wir aufpassen, dass wir für die Bürger arbeiten und das Petitionsrecht nicht nutzen, um Massenpetitionen selbst zu initiieren. Auch wenn wir das Recht auf Petitionen auf die politische Schiene schieben, ist das eine gefährliche Angelegenheit. Wir werden alle daran arbeiten, das nicht zu tun.

An alle Damen und Herren auf der Tribüne und auch an alle Kollegen hier im Saal gerichtet, möchte ich sagen: Nehmen Sie alle Ihr Petitionsrecht wahr! Die Mitglieder des Petitionsausschusses freuen sich, Ihnen helfen zu können. Trauen Sie sich, eine Petition zu schreiben! Die Mitglieder des Ausschusses sind ein Topteam. Wir sind gut ausgebildet, sind gut motiviert und freuen uns auf eine weitere gute Zusammenarbeit.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU, des Abg. Tino Günther, FDP, und der Staatsregierung)

Die Linksfraktion erhält das Wort; Frau Lauterbach, bitte.

Werte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben auch in diesem Jahr wieder einen inhaltsreichen Bericht des Petitionsausschusses vorliegen, einen Bericht, der die öffentliche Würdigung verdient. Den Bürgerinnen und Bürgern in Sachsen wird in diesem Bericht das Petitionsrecht erläutert. Ich merke in vielen Gesprächen vor Ort, dass das Wort „Petition“ schon noch etwas fremd ist und manchmal der Erläuterung bedarf. Es gibt viele Fragen dazu; wie und wo Petitionen eingereicht werden können, Formfragen oder die Nutzung des Internets stehen in der Diskussion. Was passiert mit meinem Anliegen bis zur Entscheidung? Was heißt diese Entscheidung für mich als Petenten und für die Behörde? All das erfahren die Bürgerinnen und Bürger im Bericht des Petitionsausschusses. Sie können erfahren, wer die Mitglieder des Petitionsausschusses sind, wie sie arbeiten und welche Möglichkeiten der Einflussnahme sie haben.

Wichtige Informationen zum Berichtsjahr erfahren wir im dritten Abschnitt. Viele interessante Aussagen werden hier zusammengefasst, zum Teil unterstützt von Grafiken; inhaltliche oder auch regionale Schwerpunkte werden herausgearbeitet. Aber ich denke, am interessantesten für alle, für Bürgerinnen und Bürger, aber auch für uns als Abgeordnete, sind die zahlreichen Beispielpetitionen, die uns in diesem Bericht vorgelegt werden, sind es doch meist die Themen, die vielfach vor Ort angesprochen werden, die wir in unserer politischen Arbeit berücksichtigen müssen, die Themen, die Menschen in Sachsen beschäftigen.

Jeder, der meint, eine Behörde oder Institution würde ihm Unrecht tun, kann dieses schriftlich beim Petitionsausschuss einreichen. Jedes einzelne Schreiben wird von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Petitionsausschusses geprüft, als Petition vorbereitet – oder auch nicht – oder die Zuständigkeit geprüft und dem Petitionsausschuss zur Entscheidung vorgelegt. Das bedeutet viel, viel Arbeit und viel, viel Papier. Unser Dank geht an dieser Stelle an das fleißige Team der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Petitionsdienstes.

(Beifall bei der Linksfraktion, vereinzelt bei der SPD und den GRÜNEN)

So ist der Petitionsausschuss der Kummerkasten des Parlaments geworden. Wir als Abgeordnete, die zum Teil nicht im Petitionsausschuss sitzen, begegnen diesen Themen in unserer Arbeit vor Ort, regen vielleicht die eine oder andere Petition an und begleiten diese bis zur endgültigen Entscheidung.

Mich hat ein Problem aus dem vorliegenden Bericht besonders beschäftigt. Ich möchte Ihnen den Sachverhalt kurz darstellen. Es ging in zahlreichen Petitionen um den Eigenanteil an den Schülerbeförderungskosten für behinderte Kinder. Die Petenten baten um Hilfe mit der Zielstellung der Übernahme der infolge der Behinderung ihres

Kindes entstehenden Mehrkosten für die Schülerbeförderung durch einige Landratsämter.

Die Landkreise des Freistaates Sachsen erfüllen in eigener Verantwortung die ihnen zur Erledigung übertragenen Aufgaben auch im Rahmen des Sozialhilferechts. Dabei unterliegen sie der Aufsicht der örtlich zuständigen Regierungspräsidien. Erfüllt ein Landkreis die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht oder missachtet er die ihm gesetzten rechtlichen Schranken, kann die Aufsichtsbehörde einschreiten. Sofern eine vom Sächsischen Landtag beschlossene Petition die für den Landkreis maßgebliche Rechtslage zutreffend wiedergibt, hat sich auch der Landkreis daran zu halten, anderenfalls kann die Rechtsaufsichtsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen einschreiten. – So weit die rechtliche Darstellung in der Antwort auf die Petition. Das ist eigentlich logisch und unmissverständlich. Die Entscheidung des Landtags war gefallen: Die Landkreise sollten die Kosten für die Schülerbeförderung tragen.

Ein Landkreis war der Auffassung, dass im Beschluss des Landtags die maßgebliche Rechtslage nicht zutreffend wiedergegeben worden sei. Danach lehnte dieser Landkreis im Gegensatz zu den anderen betroffenen Landkreisen die Übernahme des behindertenbedingten Eigenanteils an den Kosten zur Schülerbeförderung ab. Das zuständige Regierungspräsidium drohte die Ersatzvornahme an. Vor dem Hintergrund eines anhängigen Gerichtsverfahrens musste von weiteren Rechtsschritten abgesehen werden. Die Ersatzvornahme wurde nicht ausgeführt und eine offene gerichtliche Entscheidung abgewartet. Das Oberverwaltungsgericht wurde tätig und verpflichtete den Landkreis zur Übernahme der vollen Kosten für die Schülerbeförderung.

Werte Abgeordnete! Der Bericht des Petitionsausschusses informiert also auch zu dem Verhältnis zwischen Parlament und den Gerichten. Der Landtag hat keine Möglichkeit, in schwebende Gerichtsverfahren einzugreifen.

(Angelika Pfeiffer, CDU: Gott sei Dank!)

Aber an diesem Abriss sehen Sie und sehen auch die Bürgerinnen und Bürger in Sachsen, dass sich das Aufbegehren gegen Entscheidungen schon lohnt. Es ist wichtig, dass sich die Bürgerinnen und Bürger mit ihrem Anliegen an den Petitionsausschuss des Sächsischen Landtages wenden können.

(Beifall bei der Linksfraktion und der Abg. Dr. Liane Deicke, SPD)

Für die NPDFraktion spricht die Abg. Frau Schüßler.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Alle Jahre wieder kommt der Bericht des Petitionsausschusses und alle Jahre wieder haben die Obleute dieses Ausschusses die schöne Aufgabe, dazu einige Worte zu sagen.

Nun ist es nicht einfach, etwas Neues zu erzählen, zumal wenn man in der Rednerliste weiter hinten steht. Ich habe mir meine Redebeiträge der letzten Jahre noch einmal angeschaut und festgestellt, dass ich diese Reden eigentlich heute hätte wieder halten können. Nicht neu, aber jedes Jahr wieder wichtig und angebracht, ist ein Lob in Richtung Referat. Die Mitarbeiter haben sich das mehr als verdient durch ihren Fleiß, ihre Kompetenz und nicht zuletzt durch ihre Geduld gegenüber schwierigen Petenten.

Der Bericht selbst ist wie immer sehr übersichtlich gegliedert. Ich bin sicher, beim nächsten „Tag der offenen Tür“ werden sich wieder viele Bürgerinnen und Bürger eine Broschüre mitnehmen. Der „Tag der offenen Tür“, meine Damen und Herren, auf dem der Petitionsausschuss seinen eigenen Stand hat, sollte in der öffentlichen Wahrnehmung nicht unterschätzt werden. Ferner macht es auch Spaß, mit den Bürgerinnen und Bürgern direkt ins Gespräch zu kommen und sie über die Ausschussarbeit zu informieren.

Von dem vorgelegten Zahlenmaterial möchte ich nur eine Zahl herausgreifen. Zu Seite 16, Punkt 3.1.1 – ich zitiere –: „Das gesamte Aufkommen der eingegangenen Schreiben sank erstmals seit dem Jahre 2002 wieder ab. Gingen 2006 insgesamt 1 234 Schreiben ein, waren es im Berichtsjahr 2007 nur noch 943.“

Meine Damen und Herren! Das ist ein Rückgang um 300 Schreiben oder um ein knappes Viertel. Ob das an der allgemeinen Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger mit ihren Ämtern und Behörden liegt oder vielleicht an der zunehmenden Politikverdrossenheit oder an dem mangelnden Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in ihre Landesführung – diese Frage möchte ich im Raum stehen lassen. Eines ist jedenfalls klar: An der Arbeit des Ausschusses liegt es nicht!

Bevor ich zum Ende komme, möchte ich mich selbst zitieren, und zwar aus der Rede zum Bericht 2005, weil diese Sätze noch genauso aktuell sind wie vor zwei Jahren: „Zum Abschluss möchte ich noch anmerken, dass im Ausschuss auch über parteipolitische und ideologische Grenzen hinaus eine sachlich konstruktive Arbeitsatmosphäre herrscht, nicht zuletzt getragen durch die Ausschussvorsitzende, Frau Simon, die ihr Amt energisch, kompetent und unparteiisch wahrnimmt.“

Ein herzliches Dankeschön also auch an die Ausschussvorsitzende.

Besten Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Herr Günther erhält für die FDP-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich frage mich auch, was dieses Mal mit unseren Bürgerinnen und Bürgern los ist. Gibt es keine Probleme mehr in unserem Land oder haben

die Sachsen es aufgegeben, sich zu beschweren und sich mit einer Bitte an den Sächsischen Landtag zu wenden?

(Angelika Pfeiffer, CDU: Reden Sie doch mal positiv! – Zuruf des Abg. Holger Apfel, NPD)

Wir scheinen dann ja keine Fehler gemacht zu haben: weder beim Gesetz zur Neuordnung der Sächsischen Verwaltung, bei der Neugliederung der Gebiete, der Landkreise noch beim Ladenöffnungsgesetz, noch beim Sächsischen Nichtraucherschutzgesetz. Eigentlich könnten sich die Behörden, die Ämter, die Institutionen, der Landtag und die Staatsregierung beruhigt zurücklehnen und glauben, dass sie keine Fehlentscheidungen getroffen haben. Es wäre verhängnisvoll, dies zu tun. Für mich gibt es zwei Erklärungen für diese Petitionsmüdigkeit: erstens Verdruss nach dem Motto, es hat eh keinen Sinn, die machen sowieso das, was sie wollen –

(Holger Apfel, NPD: Genau!)

in dieses Schema lasse ich mich nicht pressen – und zweitens, die Ruhe vor dem Sturm. Das Zitat aus 2006: „Noch intensiver als aus den Petitionen heraus kann man nicht erfahren, wie sich Gesetze auf den Bürger auswirken.“

Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt genug Themen, über die sich Bürgerinnen und Bürger beschweren und die ihnen auch auf den Nägeln brennen. Im Jahre 2007 stand zum Beispiel auf meiner Liste: Laborkosten für die Untersuchung der Wasserqualität und Energiepreiserhöhungen. Hier trifft es die Menschen im Portemonnaie. Weitere Themen: Geschwindigkeitsbegrenzung in einer schmalen Straße, Gebäudeschäden durch Straßenbaumaßnahmen. Hier trifft es die Menschen in ihrer Bewegungsfreiheit. Ein weiteres Thema: Die Förderung eines Blockheizkraftwerkes, die Wiederinbetriebnahme eines Wasserkraftwerkes, die Übernahme einer gastronomischen Einrichtung. Hier trifft es Menschen, die etwas tun wollen, aber von den Behörden eingeschränkt werden.

Ich bleibe einmal bei den Petitionen, die sich mit den ständig steigenden Preiserhöhungen für Energie, Gas und Wasser beschäftigen. Diesen Petitionen kann man meistens nicht abhelfen. Aber es werden anscheinend immer mehr dieser Art. Ich frage Sie, Herr Minister Jurk – herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! –: Wäre es nicht langsam an der Zeit, sich mit diesem Thema intensiver zu beschäftigen und vielleicht auch bei der Stellungnahme zu diesen Petitionen darauf etwas intensiver einzugehen? Meistens sind es nur Satzbausteine.

Sehr verehrte Damen und Herren! Es gibt aber auch Petitionen, die relativ einfach zu beantworten wären und bei denen es für die Petenten ohne großen Aufwand eine Lösung des Problems gäbe, aber man kommt trotzdem zu keinem Ergebnis. Ich konnte diese traurige Erfahrung machen. Trotz aller Bemühungen vonseiten des Justizministeriums – vielen Dank! –, des Bürgermeisters, der Stadtverwaltung, von Bundestags- und Landtagsabgeordneten, von Kreis-, Stadt- und Gemeinderäten konnte den Petenten nicht geholfen werden. Diese Petenten hatten

sich schon ihrem Schicksal ergeben und haben sich trotz erheblicher gesundheitlicher und finanzieller Einschränkungen einfach nicht mehr helfen lassen, weil sie Angebote zur Minderung ihrer Probleme nicht angenommen haben. Das war für mich zum Thema Petitionen ein trauriges Erlebnis im Jahre 2007.

Auch ich möchte mich herzlich beim Petitionsdienst bedanken. Es ist eine große Leistung, zum einen mit den unterschiedlichen Petenten und zum anderen mit den unterschiedlichen Abgeordneten umzugehen. Auch das ist nicht einfach. Besonders bedanken möchte ich mich für ihre Arbeit, denn mit ihrer Ernsthaftigkeit, wie sie mit den Petenten umgehen, ist es eine Ehre für unseren Freistaat.

(Beifall bei der FDP, der Linksfraktion und der Abg. Dr. Liane Deicke, SPD)

Auch im Namen dieser Seite möchte ich mich von dieser Stelle aus bei der parlamentarischen Bearbeiterin unserer Fraktion, die sich mit diesem Thema befasst, bedanken. Sie wird unseren Landtag verlassen, und ich wünsche Frau Arndt sehr viel Glück als Oberbürgermeisterin von Rochlitz!

(Beifall der Abg. Dr. Andreas Schmalfuß und Sven Morlok, FDP)

Zum Schluss der Hinweis darauf, was uns allen am Herzen liegen müsste – ein Zitat von Cicero –: „Der Staatsdienst muss zum Nutzen derer geführt werden, die ihm anvertraut werden, nicht zum Nutzen derer, denen er anvertraut ist.“

(Angelika Pfeiffer, CDU: Genau!)

Ausgehend von diesen Worten sollte sich jedes Mitglied des Petitionsausschusses fragen, ob denn wirklich immer im Sinne des Petenten entschieden worden ist oder ob es auch hie und da fraktions- oder parteitaktische Überlegungen gegeben hat;