Protocol of the Session on June 18, 2008

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der Linksfraktion)

Sosehr die Bundesebene der CDU versucht, wenigstens nach außen hin grün zu werden – wir nehmen das zur Kenntnis –, warum machen Sie dann das Umweltministerium zu einer Azubi-Stelle, indem Sie es mit einem – zugegeben nicht unsympathischen – Angler besetzen?

(Heiterkeit bei den GRÜNEN – Zuruf)

Ach nee!

Die Zukunftstechnologien: Erneuerbare Energien dürfen jetzt endlich auch in Sachsen vom Katzentisch weg. Das ist ein Fortschritt.

(Zuruf des Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich)

Auf das Ausstiegsszenario aus der Braunkohle bis 2050 warten wir noch. Gibt es eine Zielvereinbarung mit der Branche der erneuerbaren Energien, in welchen Jahresschritten was wie erreicht werden soll? Haben wir eine sächsische Energiestrategie? Nein, all das haben wir nicht.

Warum gehen wir nicht gleich einen Schritt weiter und fordern eine ökologische Ausrichtung der Wirtschaftsförderung, zum Beispiel die Höhe der GA-Investitionsförderung von Unternehmen an die Ressourceneffizienz anzukoppeln? Warum diskutieren wir nicht zwei verschiedene Wirtschaftspolitiken, eine regionale und eine

globale? Und wie sieht es mit der Daseinsvorsorge im ländlichen Raum aus?

Zur Bildung. Vergrößern Sie den Kreis derer, die eine faire Chance zu einer guten Bildung bekommen!

Dafür brauchen Sie Gemeinschaftsschulen, Schulen im ländlichen Raum, Schulpsychologen. Wir haben 9 % Schulabbrecher, das heißt pro Schulklasse zwei bis drei Leute. Das ist dramatisch. Das ist nicht nur schlecht, das ist dramatisch. Das sind viel zu viele.

Sie wollen ein Kinderschutzgesetz machen. Das ist vielleicht ganz löblich. Schauen wir uns den Inhalt an. Aber wir setzen eigentlich auf die drei großen B: Beratung, Betreuung, Bildung.

Sie wollen eine kinderfreundliche Stadt und sagen „mehr Grün“. Da kann man als GRÜNER nicht dagegen sein. Aber war es das schon?

Betriebskindergärten und flexible Arbeitszeitmodelle. Was ist mit dem ersten Jahr? Unternehmerinnen können kein Jahr ihrer Firma fern bleiben.

Leihoma. Elternkrabbelgruppe. Die Kommunen sollen das übrigens kofinanzieren. Wissen die schon von ihrem Glück?

Und Alleinerziehende. Die Zugangskriterien für die Kitas sind ein Teufelskreis für alleinerziehende Frauen und natürlich auch Männer. Aber davon gibt es wenige. Die alleinerziehenden Frauen werden von der Teilhabe am Arbeitsmarkt ausgeschlossen, weil sie keinen Kita-Platz haben. Und die Kinder werden von der Teilhabe an der frühkindlichen Bildung ausgeschlossen, weil ihre Mutter keine Arbeit hat. Das ist höchst unsolidarisch. Wenn Sie über Solidarität reden wollen, dann müssen Sie solche Themen aufgreifen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Abg. Cornelia Falken, Linksfraktion)

Genauso unsolidarisch ist es meines Erachtens, wie wenig sich hier in Sachsen angestrengt wird, mehr Frauen in die Hochschulen, in die Wissenschaft zu bringen. Wir haben das hier mehrmals thematisiert.

Die Distanz zu den Frauen und ihren wirtschaftlichen Potenzialen, intellektuellen Potenzialen ist seitens der Staatsregierung immer noch viel zu groß. So werden wir auch nicht in einen gemeinsamen Pakt kommen, um das stärker voranzutreiben. Glauben Sie wirklich, Sie bekommen den ganzen Schwung allein aus Ihrem eigenen Geschlecht heraus? Nein, die Frauen werden gebraucht. Das sollten Sie ihnen auch signalisieren.

Die Bürgergesellschaft. Da ziehen wir vielleicht in Zukunft am gleichen Strang, Herr Tillich. Das ist gut möglich. Ich habe das schon 2004 bei der Amtsrede Ihres Vorgängers hier thematisiert. Mich treibt das um, und ich bin nicht die Einzige bei uns. Aber allein mit der Vereinsarbeit wird es nicht gehen. Das reicht nicht aus.

Wir haben eben auch aus ökonomischen Gründen zerrissene Pendler- und Restfamilien. Wir haben viele verein

samte Menschen. Das macht die Sache ein bisschen komplizierter als vielleicht im glücklicheren PanschwitzKuckau. Sie kennen bestimmt den Insiderwitz Ihrer zugewanderten Beamten in den Häusern, die immer sagen: Wenn du nicht ordentlich arbeitest, wirst du nach Panschwitz-Kuckau versetzt! Die empfinden das als Drohung, das müssen Sie sich einmal überlegen. Sie werden mit Vorurteilen zu kämpfen haben.

Das Kulturland Sachsen, unsere Heimat Sachsen ist voller Kunstschätze von weltweitem Ruf und regionaler Bedeutung. Kultur ist auch ein Wirtschaftsfaktor. Ja, es gibt inzwischen sogar eine eigene Kulturwirtschaft. Damit lohnt sich einmal eine engere Befassung, wenn man es pflichtgemäß nicht nur als Fußnote machen möchte.

Aber das Weltkulturerbe hier in Dresden ist ruiniert. Da kommen die wohlklingenden Worte etwas zynisch daher. Sie haben gesagt, wir geben so viel Geld für Kultur aus. Na klar, weil wir sehr viel Kultur haben. Küstenländer geben sehr viel Geld für Häfen und Werften aus. Warum? – Weil sie viel davon haben. Das ist etwas ganz Normales und nichts Besonderes – um es auf den Punkt zu bringen.

Weiterhin wünschen wir uns eine Demokratieoffensive. Es sind jetzt 20 Jahre seit der Wende vergangen und wir wollen mehr Demokratie. Immer wieder haben wir Vorschläge zu mehr direkter Demokratie gemacht. Sie wollen den Menschen Mut zusprechen. So kann man das machen.

Wir ziehen es vor, wenn die Menschen von ihrem Leben so viel wie möglich selbst regeln können, um zufrieden und in Würde leben zu können. Dazu gehört eben auch eine Demokratieentwicklung.

Die Feinde der Demokratie haben in Sachsen bereits ein stabiles Wählerpotenzial und entfremden Menschen vom demokratischen Gemeinwesen. Das Problem haben wir alle zusammen; das ist gar keine Frage.

Bei allem Pro und Kontra, das ich heute hier vorgetragen habe, glaube ich, dass Sachsen vielleicht in Bewegung kommen könnte. Bis zur Wahl werden wir das jeden Monat mit Ihnen öffentlich erörtern; darauf können Sie wetten. Betrachten Sie es als freundliche Starthilfe in die Welt der Meinungsvielfalt, der Kooperation, der Transparenz und der Toleranz. 20 Jahre nach der Wende ist das in Sachsen nicht überstürzt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich frage die CDUFraktion. – Nein, Sie möchten nicht noch einmal sprechen. Herr Ministerpräsident? – Auch nicht.

Damit, meine Damen und Herren, ist die Aussprache zur Regierungserklärung beendet. Wir beenden den Tagesordnungspunkt und treffen uns 14:20 Uhr wieder.

(Unterbrechung von 13:21 bis 14:23 Uhr)

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 4

2. und 3. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Neuordnung der Kulturräume im Freistaat Sachsen

Drucksache 4/10733, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Drucksache 4/12379, Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien

Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache erteilt. Die Reihenfolge in der ersten Runde: CDU, Linksfraktion, SPD, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung. Ich erteile der CDU-Fraktion das Wort. Herr Abg. Heitmann, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten, sehr dezimierten Damen und Herren!

(Andrea Roth, Linksfraktion: Wir sind nicht dezimiert!)

Ja, das ist richtig. Ich spreche aber alle an. – Erst vor einem reichlichen halben Jahr hatten wir hier eine Debatte über unser Kulturraumgesetz. Damals habe ich einige Bemerkungen gemacht über die Besonderheiten des Kulturlandes Sachsen, den Kulturstolz der Sachsen im Allgemeinen sowie über die vorbildliche und segensreiche Wirkung des Kulturraumgesetzes im Besonderen. Das möchte ich heute nicht wiederholen, zumal wir uns darin,

wie die damalige Debatte gezeigt hat, alle weitgehend einig sind.

Damals ging es lediglich um die Verlängerung der Geltung des Kulturraumgesetzes über das Jahr 2007 hinaus, obgleich schon klar war, dass für den Fall, dass die Landkreisreform beschlossen würde, eine Novellierung des Kulturraumgesetzes erforderlich wird. Aus guten politischen Gründen wollten wir das eine mit dem anderen nicht vermischen. Heute ist es so weit, dass wir die Landkreisreform in einem wesentlichen Punkt vervollständigen.

Damals habe ich drei Ziele genannt, die die notwendige Novellierung enthalten muss:

Erstens. Das Gesetz muss dauerhaft entfristet und damit verlässlich in den Kodex der sächsischen Kultur- und Leistungsgesetze eingefügt werden.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Torsten Herbst, FDP)

Zweitens. Die Aufstockung der Mindestzuwendungen des Freistaates an die Kulturräume auf 86,7 Millionen Euro muss im Gesetz festgeschrieben werden.

(Beifall des Abg. Volker Bandmann, CDU)

Drittens. In das System des Gesetzes und die in ihm festgelegte Struktur der Kulturräume darf nur so weit eingegriffen werden, wie die veränderte Landkreisstruktur dies erfordert.

Heute kann ich feststellen: Alle drei Ziele sind mit der uns zur Beschlussfassung vorliegenden Novelle verwirklicht. Damit ist ein Meilenstein der sächsischen Kulturgesetzgebung erreicht. Ich danke allen Finanz- und Ordnungspolitikern meiner Fraktion wie der anderen Fraktionen und den Landräten, dass sie in ihrer Mehrheit diesen Weg mitgegangen sind. Auch verfassungsrechtliche Bedenken konnten endgültig ausgeräumt werden.

Neben den drei urbanen Kulturräumen, die unverändert bestehen bleiben, werden also künftig fünf ländliche Kulturräume existieren, jeweils aus zwei neuen Landkreisen gebildet. Ihre interne Organ- und Beratungsstruktur bleibt im Wesentlichen unverändert.