Protocol of the Session on May 29, 2008

(Unterbrechung von 13:24 bis 14:30 Uhr)

Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zum

Tagesordnungspunkt 3

Außenwirtschaftliche Aktivitäten

Drucksache 4/11363, Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD, mit Stellungnahme der Staatsregierung

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Es beginnen die Fraktionen der CDU und der SPD, danach die gewohnte Reihenfolge. Ich bitte Herrn Grapatin, das Wort zu nehmen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich nehme an, dass die Kollegen gerade in Sachen Außenwirtschaft auf Dienstreise sind und deshalb aus der Ferne zuhören werden.

Mit unserem Antrag wollen wir ein Thema auf die Landesebene zurückholen, das sonst gern der Bund feiert: die Erfolge der Außenwirtschaft. Bei den stolzen Worten der Bundesregierung „wir sind Exportweltmeister“ wird oft vergessen, dass die Exportfähigkeit der Industrie natürlich durch die Länder und deren regionale Wirtschaftsförderung erbracht wird. Nicht zuletzt durch die in den vergangenen Tagen fertiggestellten Außenwirtschaftsleitlinien des Freistaates tragen wir dieser Verantwortung Rechnung. In den vergangenen Jahren haben der Freistaat und die agierende Außenwirtschaft in Sachsen einige Experimente und positive, aber auch negative Erfahrungen machen dürfen. Nun wird mit der Leitlinie der Versuch unternommen, sowohl Zielmärkte als auch Schwerpunktbranchen zu definieren. Wir haben die Hoffnung, dass mit dieser Debatte die hohen Potenziale für ein weiteres Wachstum nicht bei den Aktivitäten des Wirtschaftsministeriums enden, nur noch auf die Leitlinien zu verweisen, um den Export in Sachsen voranzubringen.

Auch wir im Hohen Haus sollten bei den anstehenden Haushaltsverhandlungen ein Zeichen setzen und die begonnenen Förderaktivitäten des Freistaates zur Entwicklung der Außenwirtschaft fortsetzen; denn es gibt viele Firmen, die Potenziale für außenwirtschaftliche Aktivitäten haben, aber noch nicht über das notwendige Startkapital und über zu wenige entsprechend ausgebildete Fachkräfte verfügen. Darüber hinaus bedarf es weiterhin großer Anstrengungen, das geknüpfte Netzwerk in Europa und Übersee zu erhalten und weiter auszubauen. Die Mitbewerber unter den Bundesländern, aber auch die alten und neuen EU-Partner schlafen nicht, sondern sind bereits sehr aktiv und erfolgreich. Hier müssen wir unsere Aktivitäten verstärken.

Wie bedeutsam die Außenwirtschaftspolitik ist, zeigt die Tatsache, dass sich jeder zweite Arbeitsplatz in Deutschland in einer stark auf Export ausgerichteten Branche befindet. Deutsche Unternehmen erzielen etwa ein Drittel ihrer Umsätze durch den Handel mit ausländischen

Geschäftspartnern. Sachsen ist in der Tat Spitzenreiter unter allen neuen Bundesländern. Im Jahr 2006 hatten wir eine Exportquote von 36 %, die neuen Bundesländer im Durchschnitt von 31 % und Brandenburg von 25 %. Um aber den Bundesdurchschnitt von 43 % zu erreichen, braucht der Freistaat eine gezielte Außenwirtschaftspolitik.

Das Wachstum in Sachsen wird wesentlich vom Export getragen. Bereits im Februar 2008 lag die Exportquote der sächsischen Industrie bei knapp 38 % und der Gesamtumsatz in der sächsischen Industrie ist im Februar gegenüber dem Vormonat um 4,5 % gestiegen. Dies bedeutet eine Erhöhung zum Vergleichsmonat des vergangenen Jahres um 12 %. Der Auslandsumsatz hat im Februar gegenüber dem Januar um 5,3 % zugenommen und entspricht im Vergleich zum Februar 2007 einer Steigerung um 9,7 %.

Durch ihre Außenbeziehungen will die Regierung Wirtschaftskooperationen fördern, das heißt, den sächsischen Unternehmen und insbesondere dem Mittelstand die Chance geben, sich auf den ausländischen Märkten zu beteiligen und ausländische Investitionen anzuregen. Erforderlich ist die Vernetzung mit Aspekten des internationalen Austausches sowohl bei Wissenschaft, Technik und Forschung als auch bei Bildung, Kunst und Kultur.

Dies sagt die Richtlinie treffend aus. Der Bundesverband für die Wirtschaftsförderung und Außenwirtschaft bestätigt mit einer Studie eine riesige Chance für Firmen aus den neuen Bundesländern. Sie können in Zukunft sogar überdurchschnittlich von der Globalisierung profitieren.

Nicht zu unterschätzen ist die Lage Sachsens an der Schnittstelle zu den Märkten Mittel- und Osteuropas. Nicht nur Russland, das sich rasant zum dynamischsten Absatzmarkt deutscher Waren entwickelt, sondern auch die übrigen Staaten Osteuropas und Zentralasiens bieten infolge der gestiegenen Rohstoffeinnahmen und breit angelegten Modernisierungs- und Investitionsprogramme gute Entwicklungschancen. Erstes Ziel bleibt es, diesen erfolgreichen Weg fortzusetzen. Wir müssen die sächsischen Unternehmen anspornen, die Internationalisierung noch mehr und intensiver anzunehmen.

Seit mehr als zehn Jahren nimmt die sächsische Exportwirtschaft eine dynamische Entwicklung. Im Jahr 2007 haben Waren im Wert von mehr als 24 Milliarden Euro den Freistaat verlassen. Das ist eine Steigerung um 19,1 % gegenüber dem Vorjahr.

Besonders – das ist jedem bekannt – sind es natürlich die Produkte aus dem Pkw-Bereich, elektronische Bauele

mente und Maschinen. Unsere klassischen führenden Exportländer sind weiterhin die Vereinigten Staaten, Malaysia, Italien und Spanien.

Auch die Einfuhr nach Sachsen stieg auf ihren bisher höchsten Wert. Insgesamt wurden im Jahr 2007 Waren im Wert von 15 Milliarden Euro nach Sachsen geliefert. Das sind 7,9 % mehr als 2006. Fast ein Fünftel davon kam aus der Tschechischen Republik, weil wir hier besonders intensive Beziehungen zur Pkw- und Ersatzteilindustrie haben.

Als weiterhin große Importpartner sind natürlich auch die russische Förderation, Polen und Frankreich zu nennen. Zu den gefragtesten Produkten gehören weiterhin Erdöl, Erdgas und Pkws. Das zeigt, dass das Klischee, das wir haben, bei Pkws eher umgekehrt ist.

In den ersten beiden Monaten des Jahres 2008 nahm die Beschäftigung in der sächsischen Industrie gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum um 5,4 % zu, der Gesamtumsatz um 8,2 %. Dabei erhöhte sich der Auslandsumsatz um 4 %. Das heißt also, es wird sich auch in diesem Bereich auf die Beschäftigungszahl in Sachsen positiv auswirken.

Obwohl die sächsischen Unternehmen ihre Chance, am Außenhandel zu partizipieren, schon erkannt haben, gibt es natürlich bei den vielen kleinen und mittleren Betrieben die Möglichkeit, diese Kontakte und Chancen auszubauen. Hier müssen wir zur Überwindung der Schwächen noch Unterstützung geben, damit auch diese Betriebe im kleinen und mittelständischen Bereich eine Chance bekommen. Schwachstellen sind unter anderem die fehlende Außenwirtschaftsstrategie und das Marketingkonzept, mangelhafte Markt- und Sprachkenntnisse, unterentwickelte Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft sowie zu wenig komplexe Systemangebote, die insbesondere im internationalen Markt schwer nachgefragt sind. Es fehlt aber auch eine professionelle Marktbeobachtung. Diese Bedingungen werden vom internationalen Markt gefordert; sie werden auch in Konkurrenz bereits von anderen angeboten. Diesbezüglich gilt als eines der wichtigsten Ziele der sächsischen Außenwirtschaftspolitik, die KMU an diese Märkte heranzuführen und das Verständnis für den Außenhandel und die Außenwirtschaft zu verstärken. Export und Außenhandel sind wichtige Tragpfeiler der sächsischen Wirtschaft.

Unser Ziel ist es natürlich, nicht nur sächsische Unternehmen dabei zu unterstützen, in die ausländischen Märkte zu gehen. Wir brauchen auch ausländische Investoren, damit unsere Unternehmen die Chance haben, im Innovationswettbewerb Vergleiche anzustellen, die dann auch die Produkte aus Sachsen verbessern und die Dienstleistungstätigkeit verstärken.

Im Hinblick auf die Exporterwartungen dominieren weiterhin die Meldungen von Unternehmen, die in den nächsten Monaten eine Zunahme des Exportgeschäftes erwarten. Maßgeblich dürfte unter anderem sein, dass wir in Sachsen im Gegensatz zu anderen Bundesländern eine relativ hohe Exportquote mit den neuen EU-Mitglieds

ländern haben, natürlich auch mit Russland und den anderen asiatischen Schwellenländern, die im Gegensatz zu Westeuropa aufgrund der Aufholjagd immerhin eine robuste Wirtschaft aufweisen. Gerade hier sehen wir die große Chance, dass wir durch die klare Branchenorientierung und die Zieloptimierung auf die Wachstumsmärkte unsere Unternehmen voranbringen können.

Als Exportschwerpunktländer für Sachsen gelten nach wie vor die Nachbarländer Polen und Tschechien, mit denen wir insbesondere seit der EU-Erweiterung im Mai 2004 in engen wirtschaftlichen Beziehungen stehen, sowie die darum herumliegenden weltweiten Entwicklungswachstumsmärkte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie sehen, Außenwirtschaft hat nur begrenzt etwas mit schönen Reisen, Empfängen und Dauerstress am Flughafen zu tun. Außenwirtschaft ist in Sachsen eine der wichtigsten Voraussetzungen für Wirtschaftswachstum und Beschäftigung. Es lohnt sich also, wenn wir unsere Unternehmen in ihren Aktivitäten unterstützen. Auf diesem Gebiet können wir Sachsen voranbringen und entwickeln. Daher lade ich alle herzlich ein, sich zu beteiligen und diesem Antrag zuzustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion Herr Pecher, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unter dem Motto „Außenwirtschaft stärken – eine zentrale Aufgabe für den Freistaat Sachsen“ hat das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit Ende März 2008 Leitlinien der sächsischen Außenwirtschaft vorgestellt. In der Einleitung zu diesen Leitlinien wird der allgemeine Rahmen wie folgt umrissen: „Die Internationalisierung der Wirtschaft schreitet immer weiter voran. Dies betrifft heute große multinationale Konzerne, die sogenannten Global Player, ebenso wie kleine und mittelständische Unternehmen“. Sachsen ist davon geprägt, das haben wir schon mehrfach herausgearbeitet, „darum ist eine gezielte Außenwirtschaftspolitik sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene unverzichtbar. Dies gilt auch für den Freistaat Sachsen.“

Ein Hauptaugenmerk wird so definiert: Mit seinen Außenbeziehungen will der Freistaat Wirtschaftskooperationen grenzüberschreitend, Unternehmenskooperationen, gemeinsames Auftreten auf Drittmärkten, Joint Venture fördern und ausländische Investitionen anregen.

Meine Damen und Herren! Deutschland ist im Jahr 2007 zum wiederholten Male Exportweltmeister geworden. Daran hat auch Sachsen einen gewichtigen Anteil. Der Freistaat hat seit Jahren die höchste Exportquote unter den neuen Ländern. Der Durchschnitt der ostdeutschen Exportquote lag bei 32 %, in Sachsen dagegen bei 38,5 %. Das heißt, das Wachstum in Sachsen wird auch

und gerade wesentlich vom Export getragen. Sächsischen Unternehmen gelingt es damit zunehmend, ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, erfolgreich in neue Märkte im Ausland einzudringen und sich dort zu behaupten.

Die Fördermaßnahmen des Bundes und des Freistaates Sachsen unterstützen sie maßgeblich bei diesen außenwirtschaftlichen Aktivitäten. Dennoch, Sachsen bleibt sowohl bei der Zahl der exportierenden Unternehmen als auch bei der Exportquote teilweise weit hinter den westlichen Bundesländern zurück. Der Bundesdurchschnitt lag 2007 bei rund 43 %. Der Rückstand, der sich hinter diesen Zahlen verbirgt, hat vor allem strukturelle Defizite. Wir haben sie auch in der gestrigen Diskussion schon benannt, nämlich geringe Unternehmensgröße, Eigenkapitalausstattung, ungünstige Branchenstruktur, wenige Konzernzentralen und wenig Ansiedlung von Großinvestoren. Dennoch ist Sachsens Außenhandel kräftig im Aufwind.

Ausgehend von der Exportstatistik der letzten Jahre konzentrieren sich die Exporte auf die USA, die EUStaaten und vor allen Dingen – und das ist gut so – auf mittel- und osteuropäische Länder. Mein Vorredner hat dazu schon umfangreiche statistische Angaben gemacht. Wichtige sächsische Exportführer sind nach wie vor Erzeugnisse des Kraftfahrzeugbaues mit einem Warenwert von über 7,7 Milliarden Euro und enormen Steigerungsraten bis zu 17 %.

Besonders hervorzuheben sind die um 54 % auf 1,5 Milliarden Euro gestiegenen Lieferungen nach Italien. Mit Steigerungsraten von 32 bis 34 % lag auch die Entwicklung der Exporte nach Spanien und Polen weit über dem Durchschnitt.

Außenwirtschaft ist keine Einbahnstraße, sondern bilateral zu sehen: Wer ist also bereit, in unsere Wirtschaft zu investieren? Die Einfuhr nach Sachsen ist im Jahr 2007 um rund 8 % auf 14,8 Milliarden Euro gestiegen. Somit war im vergangenen Jahr das Importvolumen doppelt so hoch wie im Jahr 2000.

Welche Schwerpunkte und Ansätze müssen hier bei der künftigen Arbeit und Förderung berücksichtigt werden? Dabei gilt: Jede außenwirtschaftliche Unterstützung beginnt mit der Stärkung der Wirtschaftskraft unserer sächsischen Unternehmen, wie unsere Debatte gestern zum Thema Verbundinitiativen gezeigt hat, die hier maßgeblich ansetzt.

In der Entwicklung der Außenwirtschaft liegt ein großes Potenzial für die Schaffung bzw. den Erhalt von Arbeitsplätzen in unserem Land. Wenn wir unsere gute Entwicklung weiter fortsetzen wollen, müssen wir die Kraft der Unternehmen im Freistaat weiter stärken.

Gestatten Sie mir hier einen Ausblick auf die Debatte zum Thema Lehrstellen. Der sich abzeichnende Fachkräftemangel kann eine erhebliche Gefahr für die Exportkraft der sächsischen Wirtschaft darstellen. Deswegen sind die Ausführungen des Staatsministers für Wirtschaft und Arbeit Herrn Jurk ganz wichtig, dass beim Thema Ausbil

dung die Bildung, Bildung, Bildung entscheidend ist für die Wirtschaftskraft dieses Landes und die Exportfähigkeit unserer sächsischen Industrie.

Dem Export kommt eine immer stärkere Bedeutung für die Sicherung von Wachstum und Beschäftigung in Sachsen zu. Die sächsische Außenwirtschaftspolitik setzt sich daher zum Ziel, die Zahl der sächsischen Exporteure sowie die Exportquote und den Internationalisierungsgrad der Unternehmen kontinuierlich zu erhöhen. Das Hauptziel ist und bleibt die Verbreiterung der außenwirtschaftlichen Basis.

Ich glaube, diesem Sinn dient unser Antrag, und ich bitte um Zustimmung.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und des Staatsministers Thomas Jurk)

Die Linksfraktion erhält das Wort; Herr Zais, bitte.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Grapatin hat das gesamte Spektrum der Außenwirtschaft präzise benannt. Ich muss sagen, ich habe dazu volle Zustimmung. Deshalb gestatten Sie mir, dass ich vielleicht etwas lebhafter einige wenige Probleme in die Debatte bringe.

Gegenwärtig befindet sich der thüringische Wirtschaftsminister mit einer Unternehmerdelegation in Nischni Nowgorod. Die Automobilzulieferer aus Thüringen wollen beim Automobilhersteller „Kamas“ Exportaufträge abschließen. Der sächsische Wirtschaftsminister wird Ende Juni mit 40 sächsischen Unternehmen auch die Russische Föderation und ebenfalls die Kamas-Werke erneut besuchen.

Aus eigenem Erleben – und das möchte ich hier auch sagen – kann ich berichten, dass sächsische Produkte wieder in der Welt gefragt sind, auch auf dem russischen Markt. Alte Forschungskooperationen werden neu belebt und die neue wirtschaftliche Zusammenarbeit nimmt zu.

Aus eigenem Erleben kann ich über diese Reise berichten, dass der russische Markt für uns in Sachsen sehr wichtig ist. Das wird auch belegt. Ich war auf der ersten Reise mit dem Minister in Nischni Nowgorod. Damals waren zwölf Unternehmer in der Delegation, heute 40. Das zeigt eigentlich die positive Bilanz, dass mehr Unternehmen an Exportkraft gewonnen haben.