Protocol of the Session on May 29, 2008

(Heiterkeit der Abg. Stefan Brangs, SPD, Dr. Karl- Heinz Gerstenberg und Johannes Lichdi, GRÜNE)

Diese Verbindung mit der stetigen Erweiterung der Angebote von direkt zu ladenden Programmen und Livestream – übrigens auch Bestandteil des Angebotes des Sächsischen Landtages – offenbart, dass Ihre Politik, meine Damen und Herren von der Koalition, es verschlafen hat, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen. Bekanntlich sind Sie es auch in diesem Hohen Hause, die sich in undemokratischer Weise der Diskussion verweigern. Da verwundert es auch kaum, dass sich Ihr Antrag und der Untersuchungsauftrag auf unsere Initiative mit der Drucksachennummer 4/8230 unter dem Titel „Versorgung des Freistaates Sachsen mit Breitbandtechnologien – Einen flächendeckenden Zugang zu Hochleistungs-Internetanschlüssen“ vom 08.03.2007 stützt. Kein Wunder also, dass Sachsen nicht nur unter der schwarzen, sondern vielmehr auch unter der rotschwarzen Regierung mehr und mehr ins Hintertreffen gerät.

Zwar soll der hier vorliegende Antrag den Bürgerinnen und Bürgern Ihrerseits ein Interesse am ländlichen Raum vorgaukeln; jedoch verdeutlicht allein schon der Umstand, dass der Antrag mindestens fünf Jahre zu spät, aber im gleichen Monat wie die Kreistagswahl kommt, Ihr Versagen. Weder im Bereich der kabelgebundenen noch in dem der kabellosen Breitbandversorgung ist auch nur annähernd eine Abdeckung erzielt worden, in großen Teilen sogar immer noch nicht vorhanden. Dabei werden Aussagen getroffen, die den Menschen in Sachsen weder weiterhelfen noch nützen. Der politische Einheitsbrei in seinen Formulierungen wird mit Begriffen wie „angedacht“ und „geplant“ umschrieben. Die zwölf Modellregionen zeigen, dass Sie sich zwar exemplarisch entschieden haben, Auswege aufzuzeigen, jedoch Ihre alleinige Fixierung auf Wirtschaftlichkeit belegt, dass Sie die Menschen nicht unter humanen, sondern ausschließlich wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachten. Was als Wohltat gepriesen wird, ist nichts anderes als Ihre tiefe Missachtung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern.

Zugleich zeigt jedoch nicht nur der Abschlussbericht den politischen und gesellschaftlichen Stillstand und stetigen Rückschritt; auch Ihr Antrag selbst ist es, der Sie entlarvt. So schreiben Sie wörtlich: „In einigen Jahren wird die Nutzung von Breitbandzugängen unverzichtbare Voraussetzung für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben sein.“

In der kommenden Woche finden die Kreistagswahlen statt. Die Koalitionäre von CDU und SPD waren es, die Bürgernähe auch über den Anschluss an das elektronische Datennetz definierten. Gerade dies ist aber für die Bürger im ländlichen Raum nicht der Fall. Erst beschließen Sie die Kreisgebietsreform und dann würden Sie gern – um Ihre Sprache zu verwenden – „zukünftig handeln“. Übersetzt bedeutet dies nichts anderes als eine weitere Untätigkeit und ein paar Modellprojekte als Alibifunktion aus dem Hut zu zaubern und dann der Presse, an der Ihre

Parteien teilweise recht umfangreich beteiligt sind, ein paar Sätze in den Notizblock zu diktieren. Doch das funktioniert nicht mehr. Wir werden sehr genau registrieren, was tatsächlich unternommen wird. Dass der Aufwand hierfür bei Ihrem regierungsseitigen und parteilichen Stillstand nicht allzu groß sein wird, dürfte heute schon feststehen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Die FDP-Fraktion wird durch Herrn Dr. Schmalfuß vertreten.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir behandeln heute in diesem Hause die Anträge Nr. 2 und 3 zum Thema „Breitbandversorgung“. Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie haben richtig gehört: 2 und 3. Denn so viel Fairness und Ehrlichkeit sollte an dieser Stelle schon sein. Bereits im März des vergangenen Jahres hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit der Drucksache 4/8247 die Thematik „Breitbandoffensive Sachsen“ auf die politische Agenda gesetzt.

(Beifall des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Gerne. – Anfang dieses Jahres, am 11. Januar 2008, fand zudem eine Anhörung dazu statt. Aber die wohlwollende Eigenvermarktung von Fremdideen bildet ja nicht zum ersten Mal das politische Tagesgeschäft der Koalition.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Die Gedanken sind frei!)

Wer wüsste dies besser als die FDP-Fraktion? Unsere Antragsthemen „Vorfinanzierung von Bundesstraßen“ und „Finanzierung kommunaler Straßenbauprojekte“ sind nur die vorletzten Glieder einer langen Kette.

(Peter Wilhelm Patt, CDU: Immer Schnellschüsse!)

Aber zurück zum Thema: die vorliegenden Anträge. Über die grundsätzliche Bedeutung einer Versorgung der Bürger und Unternehmen Sachsens mit Breitbandtechnologien besteht meines Erachtens kein Dissens. Besonders für Handwerksbetriebe und Unternehmen in etwas abgelegenen ländlichen Gebieten ist es ein großes Hemmnis für ihre wirtschaftliche Entwicklung, wenn ihnen keine leistungsfähige Infrastruktur zur Datenübertragung zur Verfügung steht.

Im 21. Jahrhundert sind digitale Autobahnen mindestens so wichtig wie eine gut ausgebaute Verkehrsinfrastruktur. Entsprechend wirkt sich das Fehlen einer Breitbandversorgung häufig wie ein klassischer Standortnachteil aus. Ich darf hierzu einige Beispiele eines betroffenen Unternehmens aus dem Erzgebirge wiedergeben. Dieser Unternehmer hat uns seine Probleme in der Anhörung Anfang dieses Jahres geschildert. Danach hat ein InternetProvider aus Holzhau seine komplette technische Infra

struktur nach Chemnitz verlagert, wofür nicht nur, aber eben auch das fehlende Angebot einer Breitbandverbindung ausschlaggebend war.

Ein ansässiger Baubetrieb im Ortsteil Claußnitz ist auf tägliche Downloads aus dem elektronischen Versand von Ausschreibungs- und Bauunterlagen angewiesen. Ohne DSL bedeutet dies circa 1,5 Stunden täglich für den Empfang und Versand von Daten. Zu dieser Zeit war zudem das Telefonieren im Festnetz nicht möglich, da mit zwei ISDN-Leitungen gearbeitet wurde. Anders ausgedrückt, war somit ein Angestellter des Unternehmens fast einen kompletten Tag der Woche mit der Übertragung von Daten beschäftigt.

Weitere Probleme ergaben sich bei der Sicherheitswartung der Software im Rahmen der regelmäßigen UpdateZyklen. Auch E-Governance kann bei fehlender Kommunikationsinfrastruktur schon einmal unfreiwillig zur „Killerapplikation“ mutieren. Da kann die Übertragung der Daten an das Finanzamt per ELSTER schon einmal zur Tortur werden.

Meine Damen und Herren, um es nicht zu vergessen: Wir alle sehen in der guten Bildung und Ausbildung unserer Kinder und Jugendlichen eine wesentliche Voraussetzung für die Zukunft Sachsens. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, wenn auch im abgelegenen ländlichen Raum in der Schule ein Computerkabinett mit einer leistungsfähigen Internetanbindung existiert.

Zusammenfassend kann man somit sagen, dass breitbandige Internetzugänge ein Schlüsselstandortfaktor für die Bestandspflege von Unternehmen und darüber hinaus für die grundsätzliche Zukunftsfähigkeit Sachsens sind. Analysiert man die Verfügbarkeit von Breitbandtechnologien im geografischen Kontext, so ergeben sich nach der üblichen Argumentation vor allem einige weiße Flecken im ländlichen Raum, zum Beispiel in grenznahen Regionen des Erzgebirges. Bei etwas genauerer Betrachtung ist die Analyse dann bereits etwas unübersichtlicher.

Damit geht es um die Definition von Breitband an sich, genauer gesagt um den Datendurchsatz, der damit erzielt werden soll. Unter technischen Gesichtspunkten existiert beim Thema Breitband ein relativ umfangreicher Technologiepool. Dieser reicht von DSL bzw. VDSL, stationärem Funk à la WiMAX, angeboten von Kabel-Netzbetreibern wie Kabel Deutschland, der UMTS-Variante HSDPA oder der Übertragung per Satellit. Per se steht in den weißen Flecken Sachsens als Option auch die Satellitenübertragung zur Verfügung.

Es scheitert somit nicht an der grundsätzlichen Verfügbarkeit von Breitbandtechnologien, sondern am teilweisen Fehlen der favorisierten Variante, beispielsweise DSL, und natürlich an den mit der Bereitstellung verbundenen Kosten.

Zum Thema Verfügbarkeit von Breitband bzw. entsprechender Datenraten möchte ich Ihnen kurz die Meinung eines Experten aus der Anhörung wiedergeben, die die Vielschichtigkeit des Problems darstellt. Ich zitiere:

„Wenn wir über Breitbandinternet sprechen, dann sprechen wir über eine Leistungsfähigkeit von mindestens 2 Megabyte pro Sekunde. Wenn wir diesen Wert einmal auf Sachsen anwenden, dann haben wir nach unserer groben Schätzung höchstens 50 % der Bevölkerung in Sachsen mit Breitband ausgestattet.“ Insofern möchte ich noch einmal darauf hinweisen: Lücken bei den Breitbandinternetzugängen sind auch, aber nicht nur ein Problem des ländlichen Raumes.

Meine Damen und Herren! Im Bereich der Breitbandtechnologien gibt es einen umfangreichen Variantenpool. Aus Sicht der FDP-Fraktion müssen bei der Bereitstellung breitbandiger Internetzugänge daher unter anderem die geografischen Bedingungen vor Ort ausreichende Berücksichtigung finden, um die jeweils am besten geeignete Lösung zu finden. In diesem Sinne unterstützen wir den vorliegenden CDU/SPD-Antrag bzw. den in der Tiefenuntersuchung zur Breitbandinternetversorgung in zwölf exemplarisch ausgewählten Orten des Freistaates Sachsen praktizierten Abwägungsprozess. Den Punkt 3 des Antrages verstehen wir daher im unbedingten Sinne einer neutralen Chancen-Risiken-Bewertung einer Grundversorgung mit Breitbandanschlüssen und nicht als eine Art vorweggenommenes Votum.

Aus unserer Sicht überwiegen in diesem Zusammenhang die Risiken einer derartigen verwaltungstechnischen Daseinsvorsorge durch den Staat. Schon allein die Frage, welches die angemessene Breitbandverfügbarkeit ist, würde staatliche Entscheidungsträger in diesem sich rasant entwickelnden Technologiebereich vor erhebliche Probleme stellen.

(Beifall bei der FDP)

Zwar hat sich beispielsweise die Schweiz dafür entschieden, ab diesem Jahr den breitbandigen Internetzugang als Public-Service anzubieten; allerdings ist die Interpretation, was unter den staatlichen Grundversorgungsauftrag fällt, äußerst umstritten und war bzw. ist Gegenstand europarechtlicher Kontroversen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Trotz dieser kritischen Anmerkungen werden wir dem Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD zustimmen.

Ihnen, meine Damen und Herren der Linken, kann man nur immer wieder deutlich machen: Die Tage des staatlichen Ukas à la Unternehmensverpflichtungen, wie in Ihrem Antrag gefordert, sind vorbei.

(Zuruf des Abg. Heiko Hilker, Linksfraktion)

Der Staat hat wirtschaftliche Rahmenbedingungen zu setzen und nicht unternehmerisches Handeln per Dekret zu verordnen.

(Beifall bei der FDP und des Staatsministers Prof. Dr. Roland Wöller)

Wir werden uns daher bei der Abstimmung zu Ihrem Antrag enthalten.

(Beifall bei der FDP)

Danke schön. – Herr Dr. Gerstenberg spricht für die Fraktion der GRÜNEN; bitte.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Schmalfuß hat es schon gesagt und ich freue mich ausdrücklich, dass die Koalition ebenso wie die Linksfraktion endlich ein Thema entdeckt hat und auf die Tagesordnung bringt, mit dem unsere Fraktion dieses Haus schon über ein Jahr beschäftigt.

Der schnelle Datenaustausch mit hohen Übertragungskapazitäten wird immer wichtiger für den einzelnen Bürger wie auch für die Wirtschaft. Weite Teile Sachsens haben jedoch nach wie vor keinen Internetzugang über preisgünstige und unkomplizierte Breitbandverbindungen und drohen dadurch von der Entwicklung abgekoppelt zu werden.

Meine Damen und Herren! Dieses Problem haben Sie jetzt erkannt, also willkommen im Klub! Seit März vergangenen Jahres haben wir vonseiten der Koalition bisher nur Ignoranz, Abwinken, Händeheben, Verharmlosung und Relativierung geerntet, als es um unseren Antrag „Breitbandoffensive Sachsen“ ging. Wir haben diesen Antrag in mehreren Ausschusssitzungen besprochen und eine Anhörung durchgeführt, deren Sachverständige uns unterstützt und die Regierung zum Handeln gedrängt haben. Nichts ist passiert. Krönung des Ganzen ist: Heute Abend soll der Antrag mit der Abstimmung über die Ausschussberichte endgültig abgelehnt werden. Das ist ein weiteres Beispiel für den parlamentarischen Widersinn.

Worum ging es uns? Wir haben eine Schlussfolgerung aus der von jedem Experten geteilten Tatsache gezogen, dass es bei marktgetriebenem Ausbau von Breitbandverbindungen gerade, aber nicht nur im ländlichen Raum Wirtschaftlichkeitslücken gibt. Deshalb haben wir eine öffentliche Förderung dieses Ausbaus im Rahmen einer Breitbandoffensive Sachsen gefordert und wollten darüber hinaus eine gezielte Nachfragesteigerung erreichen.

Uns ist klar: Dort, wo keine unkomplizierten und preiswerten Breitbandtechnologien angeboten werden, weil für die Unternehmen keine kurzfristigen Gewinne winken, ist Marktversagen festzustellen, bei dem der Staat einspringen muss. Das ist international – etwa in den skandinavischen Ländern oder in der Schweiz – selbstverständlich.

Ganz anders die Reaktion der Staatsregierung: In der Stellungnahme zu unserem Antrag lehnte Wirtschaftsminister Jurk jegliche öffentliche Förderung der Breitbandversorgung ab, obwohl er einen deutlich unterdurchschnittlichen Nutzungsgrad feststellte. Das heißt, der Sozialdemokrat Jurk riskiert lieber ganze Täler der Ahnungslosen, ehe er die reine Lehre des Marktes überprüft.

(Staatsminister Thomas Jurk: Sie haben keine Ahnung, Herr Gerstenberg!)

Der damalige Umweltminister, der Christdemokrat Tillich, warnte dagegen schon früh vor einer Abkopplung des ländlichen Raumes und stellte einige Zeit darauf eine Förderung in Aussicht. Hören Sie, Herr Heidan! Die Antwort der Staatsregierung auf meine Anfrage zeigte schon im Januar, wie diese Förderung aussehen soll: 930 000 Euro aus der Gemeinschaftsaufgabe Agrar- und Küstenschutz. Hinzu kommt die Finanzierung von Beratungsleistungen aus EU-Mitteln des Entwicklungsprogramms „Ländlicher Raum“.

Währenddessen zeigte die Anhörung zum selben Zeitpunkt, dass diese Förderstrategie bei Weitem nicht ausreicht. In Bayern stehen mittlerweile 19 Millionen Euro zur Verfügung. Die Anhörung ergab zudem, dass es nicht nur um den ländlichen Raum, sondern auch um die Städte geht, vor allem dort, wo großflächig verlegte Glasfaserkabel erhebliche technologische Probleme für die derzeit bevorzugte Breitbandversorgung über DSL schaffen. Der Mangel an schnellen Internetverbindungen betrifft mittlere Städte und sogar Teile Leipzigs und Dresdens und damit Dienstleistungszentren, die dringend auf den Ausbau der Technologien angewiesen sind. Alle diese Probleme sind bekannt und belegt.

Dennoch wurde unser Antrag Anfang Mai mit den Stimmen der Koalition abgelehnt. Wenige Tage später besaß die Staatsregierung die ausgesprochene Frechheit, Maßnahmen als großen Wurf zu präsentieren, die schon in der Anhörung im Januar als unzureichend bezeichnet wurden. Sie präsentierte diese zudem gleichzeitig mit einer Studie, der ebenfalls zu entnehmen ist, dass umfangreicheres Handeln nötig ist. Die Studie errechnet anhand von zwölf Orten exemplarisch die Wirtschaftlichkeit von Breitbandinvestitionen.

Die Wirtschaftlichkeitslücke zwischen Investitionen und im Betrieb zu erzielenden Einnahmen ist umso größer, je kleiner der Ort ist. Selbst wenn man, wie die Staatsregierung, die durchschnittliche Wirtschaftlichkeitslücke mit 40 000 Euro ansetzt, zeigt das die Unzulänglichkeit der Förderung. Auch bei gutwilliger Betrachtung und bei finanziellem Engagement der Kommunen können Sie nicht mehr als 30 Orten mit Ihrem Programm helfen. Das ist nicht mehr als der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein. Immerhin hat insbesondere Wirtschaftsminister Jurk erkannt, – –

Herr Dr. Gerstenberg, gestatten Sie eine Zwischenfrage?