Protocol of the Session on April 18, 2008

Der Elternanteil – es war bereits die Rede davon – beträgt zwischen 60 und maximal 682 Euro pro Schuljahr. Das Kernproblem liegt aber weniger in der Schülerbeförderung, sondern vielmehr in der Tatsache, dass diese wegen der erfolgten Schulschließungen überhaupt erst notwendig wird. Schulwegzeiten von täglich über zwei Stunden inklusive der Wartezeiten wegen schlechter Schulbusanbindung sind keine Seltenheit.

Mit den Schulschließungen in den letzten Jahren wurde eine Politik forciert, die selbst den bisher treuesten Anhängern dieser Koalition Tränen in die Augen treibt. Auch hier wieder eine Zahl: Im Zeitraum von 1999 bis 2006 wurden 519 Schulen geschlossen, und ein Ende ist immer noch nicht in Sicht. Kein Wunder also, wenn ganze Gemeinderäte aus Protest gegen diese Schulpolitik zurücktreten, wie wir es erst heute früh von Königswartha bei Bautzen hörten.

Besonders hart trifft es dabei die ländlichen Regionen, denen mit den Schulen jegliche Zukunftsperspektiven der gemeindlichen Entwicklung genommen wurden und werden.

Nach den Industriezentren, die, wenn nicht alle Anzeichen täuschen, nun selbst in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, sollen jetzt die geistigen Zentren gebildet werden, die weniger dem Wettbewerb standhalten als vielmehr Kosten senken sollen, eine Kostenersparnis, die Sachsen demografisch und damit auch wirtschaftlich das Genick brechen wird. Will man den Bürgerinnen und Bürgern und vor allem den Jungfamilien Anreize geben, doch noch in Sachsen zu bleiben, oder, besser noch, hierher zu kommen, darf die Politik die demografische Katastrophe nicht begleiten, sondern vielmehr müssen gegensteuernde Instrumente Anwendung finden.

Dem vorliegenden Antrag schließen wir uns natürlich an. Dennoch muss die Betonung darauf gelegt werden, dass nicht die Schülerbeförderung das Problem ist; es liegt vielmehr bei den Schulschließungen.

Danke sehr.

(Beifall bei der NPD)

Für die Fraktion der GRÜNEN spricht Frau Abg. Günther-Schmidt.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich versuche mich kurz zu fassen.

Meine Fraktion unterstützt den Antrag der FDP-Fraktion im Punkt I vorbehaltlos. Ich denke, die wesentlichen Argumente sind bereits in der Debatte genannt worden. Durch die Schulschließungspolitik der letzten Jahre sind die Kosten für die Schülerbeförderung insbesondere im ländlichen Raum erheblich gestiegen. Der Freistaat wälzt diese Kosten auf die betroffenen Eltern und die Landkreise ab und rechnet sie sich so schön.

Es gab bis 1994 noch einen Sonderlastenausgleich für die Schülerbeförderung im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes. Diese Summe wurde seit 1995 in die Schlüsselmassen der Landkreise und kreisfreien Städte übernommen. Seitdem hat sich die Welt aber etwas weiter gedreht. Ich glaube auch nicht, dass es noch stimmt, was Kultusminister Flath auf eine Kleine Anfrage im März 2006 zu wissen glaubte: dass die statistischen Daten der vergangenen Jahre gezeigt haben, dass die Schließung von Schulstandorten zu keinem Mehraufwand bei der Schülerbeförderung geführt habe. Dies mag vielleicht für die Kreishaushalte lange Zeit zugetroffen haben. Die Mehrkosten sind dann aber oft den Eltern übergeholfen worden.

Leider liegen darüber keine Übersichten vor; denn der Freistaat hat, da man sich darauf geeinigt hat, diese Daten nicht mehr landesweit erhoben. Die Erhebung der Daten der Haushaltsstatistik der Gemeinden wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2005 ersatzlos gestrichen. Demzufolge fällt es ab dem Jahr 2006 natürlich schwer, die Daten über die Elternanteile zusammenzutragen – was nicht heißt, dass es diese nicht mehr gibt. Immerhin kennen wir die Gesamtzahlen der Elternanteile etwa aus den Jahren 2004 bis 2006, und hierbei wird deutlich, dass die Last der Schul

schließungen und der längeren Schulwege vor allem den Familien aufgebürdet wird.

(Interne Gespräche bei der CDU – Glocke der Präsidentin)

Wenn ich mich an die gestrige Debatte zum Thema Kinderarmut erinnere – Herr Krauß scheint nicht mehr hier zu sein; schade! – –

(Alexander Krauß, CDU: Hinter Ihnen!)

Oh, Entschuldigung! Das gilt jetzt also Ihnen.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Im Zweifel im Rücken!)

Dazu will ich jetzt nichts sagen.

Seine wohlfeilen Worte zur Förderung der Familie scheinen in einem deutlichen Widerspruch zu dem zu stehen, was im Lande tatsächlich passiert.

Meine Damen und Herren! Wer will, dass Kinder und Jugendliche die bestmögliche Bildung genießen können, muss auch dafür sorgen, dass eine der einfachsten Hürden, nämlich die Beförderung zur Schule, beseitigt wird. Es darf eben nicht sein, dass die Beförderungskosten über die Wahl der Schule entscheiden. Kriterium sollte einzig und allein das pädagogische Angebot sein.

(Peter Wilhelm Patt, CDU: Wie beim Abitur!)

Wie bitte, Herr Patt? Sie können gern eine Zwischenfrage stellen.

(Peter Wilhelm Patt, CDU: Das mache ich später!)

Damit komme ich zum Thema Ganztagsschulen bzw. -angebote. Auch hier ist der Antragstellerin darin recht zu geben, dass das Land in der Verantwortung steht, nicht nur Ganztagsangebote zu fördern, sondern es muss auch dafür Sorge tragen, dass Kinder die Ganztagsangebote auch erreichen können und dass damit keine Mehrkosten verbunden sind. Was wir aber erleben, ist eine schleichende Einführung von Schulgeld, und das ist ungerecht.

(Beifall des Abg. Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE, und vereinzelt bei der Linksfraktion)

Allerdings ergibt sich aus dem Vorgenannten, dass die FDP mit ihrem Antrag zu kurz greift. Wenn ich lese, dass die Staatsregierung die Schülerbeförderungskosten bei besonders belasteten Landkreisen erhöhen soll, stellt sich mir die Frage, was denn das Kriterium für „besonders belastet“ sein könnte. Zählt hier die absolute Zahl der Schüler, die Zahl pro Kopf oder welche Kriterien wollen Sie eigentlich erheben? Darüber hat sich die FDP offenbar keine Gedanken gemacht – jedenfalls hat sie keine in den Antrag geschrieben –, was sie hiermit meint.

Gleiches gilt für die Frage, was ein „angemessener Schülerbeförderungszuschuss“ sein soll, wenn es sich um Ganztagsangebote handelt. Es dürfte schwer fallen, hier zu transparenten und nachvollziehbaren Regelungen zu kommen; und wenn man sich auf einen entsprechenden Schlüssel einigt, bedeutet das, dass Sie anfangen, ein

bürokratisches Ungeheuer zu züchten, weil Sie Erhebungs- und Antragsaufwand generieren. Ein solches kundenunfreundliches Verfahren kann die FDP nicht wollen.

Meine Damen und Herren! Das Land ist Verursacher der erhöhten Schülerbeförderungskosten durch seine Schulschließungspolitik. Der Freistaat hat die Schulen geschlossen, dadurch wird Schülerbeförderung ausgelöst, Herr Flath, darauf beharre ich heute. Das Land hat sich so entschieden, obwohl es meiner Meinung nach bessere Möglichkeiten gegeben hätte; und ich finde, aus Gründen der Gerechtigkeit sollte das Verursacherprinzip gelten. Deshalb unser Änderungsantrag, das Land sollte die erhöhten Schülerbeförderungskosten selbst tragen.

Wenn unserem Änderungsantrag zugestimmt wird, können wir auch dem FDP-Antrag vollständig zustimmen.

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Herr Staatsminister, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich weiß, die Zeit ist fortgeschritten, aber zu Protokoll geben kann ich nichts; denn ich musste drei Tage darauf warten, dass wir endlich einmal über Schule sprechen.

(Beifall und Heiterkeit bei der SPD und der FDP – Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Deshalb, meine Damen und Herren, möchte ich die Gelegenheit schon nutzen, da auch mein Kollege Stanislaw Tillich als Noch-Finanzminister anwesend ist, einmal ein Dankeschön zu sagen. Wir haben ja einige Wochen und Monate zu diesem Vertrag verhandelt, der im Prinzip ein Vertrag zu einem Ausstieg aus einem Vertrag war, die Grundschullehrer(innen) in Sachsen betreffend. Vielleicht haben es einige in der Zeitung gelesen, aber ich möchte es auch in diesem Hohen Hause noch einmal sagen: Wir haben vereinbart – was sehr, sehr positiv ist –, dass wir, beginnend in diesem Sommer, im Amtsbereich Zwickau sowie in den Amtsbereichen Chemnitz, Leipzig und Dresden bis 2011 zur Vollbeschäftigung zurückkehren. Im Amtsbereich Bautzen wird dies bis 2012 dauern. Das ist ein sehr gutes Ergebnis.

(Beifall bei der CDU)

Es ist ein sehr gutes Ergebnis für die Lehrerinnen und Lehrer sowie für die Verbesserung der Schulqualität, und es ist eine sehr gute Perspektive für junge Menschen, sich wieder dafür zu entscheiden, Lehramt für Grundschulen zu studieren, da dort in einigen Jahren tatsächlich ein Bedarf bestehen wird. Deshalb noch einmal ein herzliches Dankeschön, lieber Stanislaw, und natürlich auch ein Dankeschön an die an den Verhandlungen beteiligten

Gewerkschaften und den Sächsischen Lehrerverband. Ich hoffe, dass die entsprechenden Gremien in den nächsten Tagen zustimmen. Dann haben wir ein Thema vom Tisch, das zunächst nicht unmittelbar mit Schule zusammenhängt, sondern mit Demografie – damit beschäftigt sich auch der heutige Antrag der FDP-Fraktion –; denn eines ist wohl unbestritten: dass es Schülerverkehre immer gegeben hat, dass sie jedoch durch die notwendigen Anpassungen des Schulnetzes verstärkt worden sind.

Ich möchte zunächst auf den Antrag eingehen, nach dem die Staatsregierung berichten sollte, und möchte vorausschicken, dass Schülerbeförderungskosten pro Schüler – danach wurde ja gefragt – im Freistaat Sachsen nicht erhoben werden. Die Jahresrechnungsstatistik – darauf hat Frau Günther-Schmidt richtig hingewiesen – und die vierteljährliche Kassenstatistik, die ab 2006 beim Statistischen Landesamt geführt wird, weisen die Schülerbeförderungskosten pro Einwohner aus. Aus diesen Daten kann man ableiten, dass die Kosten für die Schülerbeförderung pro Einwohner relativ konstant bei durchschnittlich 14 Euro liegen.

Wie wir alle wissen, ist im gleichen Zeitraum die Schülerzahl im Freistaat Sachsen stark zurückgegangen; sie hat sich insgesamt halbiert. Somit haben sich die Ausgaben für den einzelnen Schüler durchaus erhöht. Die Belastungen für die Kommunen blieben in Sachsen jedoch weitgehend konstant.

Der Anstieg der Schülerbeförderungskosten insgesamt beträgt im Zeitraum 1998 bis 2006 sachsenweit nach kommunaler Kassenstatistik lediglich 1 %. Deshalb kann man, denke ich, bei der Aussage bleiben, dass sie sich konstant entwickelt haben.

Nachdem die Anpassung unseres Schulnetzes an die Halbierung der Schülerzahlen abgeschlossen ist, besteht auch im Bereich der Schülerbeförderung nunmehr Planungssicherheit. Dies ist das Ergebnis einer umsichtigen Schulnetzplanung durch die Landkreise und kreisfreien Städte, die gleichzeitig Träger der Schülerbeförderung sind.

Meine Damen und Herren! Inzwischen – es wurde bereits gesagt – denken einzelne Landkreise, so zum Beispiel im Muldentalkreis, ernsthaft darüber nach, die Elternbeiträge zu reduzieren oder sogar ganz abzuschaffen. Ich habe gestern noch mit dem Landrat des Muldentalkreises Herrn Gey telefoniert, der es für realistisch hält, in diesem durchaus ländlich geprägten Landkreis die Eltern davon zu befreien.

Ich kann mich gut – damit will ich auf den Beitrag des Kollegen Seidel eingehen – an einen Besuch im Kreistag des Landkreises Leipziger Land erinnern, dessen Landrätin Frau Köpping auch im Wahlkampf steht. Sie hatte die Sache mit dem kostenlosen Mittagessen mehr oder weniger befördert.

Ich war damals dort im Kreistag – zwei Jahre ist es her –, als es um die Schulnetzanpassung ging. Dort war schon in einer Diskussion die Anregung, dass es durchaus proble

matisch ist und – da ist die Überlegung des Herrn Kollegen Seidel sehr logisch – dass man sich immer überlegen muss, wer eigentlich die Schulnetzanpassung verursacht hat.

Ich will das wiederholen, was ich auch schon auf der großen Kundgebung beim Lehrer-Tarifvertrag gesagt habe: Verursacht hat das nicht der Freistaat Sachsen. Verursacht haben das – aus welchen nachvollziehbaren Gründen auch immer – in freien Entscheidungen die Bürger im Freistaat Sachsen, indem sie weniger Kinder zur Welt gebracht haben. Wenn man jetzt dem Gedankengang folgt: Genau die, die nämlich Kinder haben, die zur Schule gehen, zahlen die ganze Zeche – insbesondere dann, wenn eine Schule geschlossen wird und Schulwege entstehen –; ausgerechnet die, die die Entwicklung nicht verursacht haben. Da kann man schon die Frage stellen, ob das gerecht ist.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Man kann zu demselben Ergebnis kommen – wie Herr Seidel –, dass es nicht gerecht ist. Deshalb wäre es durchaus verständlich – wie im Landkreis Muldentalkreis geschehen, oder wie Herr Pecher in seinen Ausführungen Zwickau angeführt hat –, darüber nachzudenken, dass – wenn möglich – Eltern keinen Beitrag mehr zur Schülerbeförderung zu entrichten hätten. Das ist durchaus denkbar. Ich will aber – das wird dann sicherlich Gegenstand von Haushaltsberatungen sein –