Protocol of the Session on April 16, 2008

Während wir uns eine stärkere Liberalisierung an Werktagen gewünscht hätten, um Bürokratie und Regulierungsdichte abzubauen, waren Arbeitnehmervertreter der Meinung, dass damit das Verkaufspersonal über Gebühr belastet werde. Ein Jahr Erfahrung mit dem Sächsischen Ladenöffnungsgesetz zeigt, dass dies nicht der Fall ist. Öffnungszeiten wurden, wenn überhaupt, nur geringfügig ausgeweitet und teilweise – wegen ausbleibender Nutzung – sogar wieder zurückgenommen. Eine völlige Freigabe hätte aus unserer Sicht daran nichts geändert. Die herbeigeredeten Szenarien existieren nicht.

Beim Sonn- und Feiertagsschutz galt es nicht nur die Interessen der Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Die Ausübung der Religion, die Möglichkeit der seelischen Erhebung und die Sicherung des Sonntags als Tag für die Familie standen im Mittelpunkt unserer Bestrebungen. Gleichwohl müssen wir feststellen, dass zum Schutz der Sonn- und Feiertage Regelungen getroffen wurden, die

nicht vollständig praktikabel für die Gartenbaubetriebe und Floristen sind.

Die CDU-Fraktion hat daher den Dialog besonders mit dieser Branche in Sachsen aufgenommen, um die Öffnung dieser Läden an besonders nachfrage- und damit umsatzstarken Tagen wie Totensonntag, Volkstrauertag, Buß- und Bettag und Muttertag durch eine Neuregelung zu ermöglichen. Wir haben hierzu ausdrücklich darüber hinaus beteiligten Partnern – Kirchen, Gewerkschaften, Kammern, Verbrauchervertretern – die Möglichkeit eingeräumt, mit uns zu diskutieren. Leider haben sich nicht alle, die zum konstruktiven Gespräch geladen waren, klar geäußert, oder sie haben im Nachgang zu unserem Dialog plötzlich andere Forderungen gestellt. Auch bei den Vertretern der Gewerkschaften war kein einheitliches Bild zu erkennen. Während Herr Lucassen für den DGB erklären ließ, wie wichtig es sei, den Blumenverkauf zu retten, beklagten die ver.di-Vertreter die bereits bestehende Öffnungsmöglichkeit an Sonn- und Feiertagen und forderten die Beibehaltung der bisherigen Regelung.

(Zuruf von der CDU: Hört, hört!)

Mit der heutigen – hoffentlich abschließenden – Lesung unseres im März eingebrachten Gesetzentwurfes zur Änderung des Sächsischen Ladenöffnungsgesetzes werden wir den ausgewählten Branchen der Gärtner und Floristen, aber beispielsweise auch den Bäckern zusätzliche Möglichkeiten des Verkaufs an Feiertagen geben.

Auch die Kollegen der FDP hatten einen Gesetzentwurf eingebracht. Wir hätten diesem mit heißer Nadel gestrickten Gesetzentwurf möglicherweise nachgehen und ihn qualifizieren können; aber er war nun einmal handwerklich schlecht gemacht – das begann schon bei der Überschrift – und bildete damit eine schlechte Basis für eine schnelle Beschlussfassung im Landtag.

(Holger Zastrow, FDP: Sicher, Herr Prof. Bolick!)

Genau so.

Wir haben daher einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt und mit unserem Koalitionspartner abgestimmt. Leider können wir wegen seines Einspruchs nicht gewährleisten, dass die Mitglieder der sächsischen Gewerkschaften zum 1. Mai eine frische Mainelke kaufen können, und sie müssen sich auch mit dem Brötchen vom Vortag zufriedengeben. Aber ansonsten haben wir es hinbekommen.

Mit der Neuregelung werden der Ostersonntag, der Pfingstsonntag, der Volkstrauertag, der Buß- und Bettag

sowie der Totensonntag für den Verkauf bestimmter Waren freigegeben.

Damit ist gewährleistet, dass gerade an diesen Tagen, an denen unsere Bürger frische Blumen erwerben möchten, um ihre Verwandten zu beschenken oder Verstorbener zu gedenken, der Verkauf von Blumen und Grabschmuck für die Zeit bis zu sechs Stunden gesichert ist. Wir setzen mit diesem Schritt ein deutliches Signal zugunsten der ohnehin schwierigen wirtschaftlichen Situation der Branche der Gärtner und Floristen. Das Bäckerhandwerk profitiert von dieser Gesetzesänderung gleichermaßen, auch wenn wir feststellen müssen, dass nach eigenen Angaben der Branche von den Möglichkeiten der Öffnung an Sonn- und Feiertagen ohnehin nur 300 Betriebe in Sachsen Gebrauch machen.

Wir sollten den von uns vorgelegten Gesetzentwurf zur Änderung des Sächsischen Ladenöffnungsgesetzes zügig und gemeinsam im Interesse der betroffenen Unternehmen und unserer Bürger verabschieden.

Die im Wirtschaftsausschuss dokumentierte breite Zustimmung mit Ausnahme eines verirrten Blockadeversuches stimmt mich zuversichtlich, dass wir das auch hier im Hohen Hause schaffen.

Wegen der wenigen verbleibenden Zeit bis zum Muttertag, der in diesem Jahr auf Pfingstsonntag fällt, bitte ich den Präsidenten um eine Schnellausfertigung des Gesetzes.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile der SPDFraktion das Wort; Herr Brangs, bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat ist in den letzten Wochen viel über das Ladenöffnungsgesetz in Sachsen berichtet worden. Ich würde mir wünschen, dass über andere Arbeiten des Sächsischen Landtages so emotional berichtet würde und wir vielleicht hier und da ein bisschen mehr Transparenz in die Arbeit des Landtages bringen könnten. Ich habe manchmal etwas amüsiert feststellen können, dass eine Reihe von Kollegen der Oppositionsfraktionen ihr Herz für unterschiedliche Interessengruppen entdeckt und auch mit eigenen Anträgen hantiert hat.

Insofern ist es richtig – das hat mein Kollege bereits gesagt –, dass das ein Dauerthema ist, obwohl wir ein Gesetz hatten, das einen klaren und begrenzten Zeitraum festgeschrieben hat. Es war auch eine Evaluierung nach einem gewissen Zeitraum festgelegt, weil es eine Reihe von Interessengruppen gab, die nicht mit diesem Kompromiss leben konnten, wobei – das kann ich mir jetzt nicht verkneifen – die Punkte, über die wir jetzt reden, aufgrund einer besonderen Interessenlage und Affinität unseres Koalitionspartners zu den beiden großen Kirchen hineingekommen sind.

Ich kann mich gut daran erinnern, dass wir damals in der Ursprungsvariante einen Vorschlag des Wirtschafts- und Arbeitsministeriums hatten, der eine ganz andere Regelung vorgesehen hat, nämlich die damals bundesweit bestehende Mussvorschrift in eine Sollvorschrift zu ändern. Insofern wäre uns das alles erspart geblieben und wir hätten ein schlankes Gesetz gehabt, das uns auch erspart hätte, in eine Auseinandersetzung zu gehen.

Sei’s drum: Wir haben jetzt erneut eine Änderung des Ladenöffnungsgesetzes. Wir haben jetzt noch in der Kürze der Zeit versucht, mit den unterschiedlichen Interessengruppen, die genannt worden sind – mit Gärtnern, Floristen und auch mit der Bäckerinnung – Gespräche zu führen. Es ist in der Tat so: Manchmal wusste man nicht so genau, wie die Interessen gelagert sind. Wir haben dazu sehr unterschiedliche Vorträge aus unterschiedlichen Sichtweisen gehört. Es kamen dabei auch wieder die Waschstraßen und Videotheken zur Sprache. Alle haben noch einmal ihre Chance gesehen, dieses Gesetz in ihrem Interesse nachzubessern.

Der jetzt vorliegende Kompromiss, den wir als Koalition eingebracht haben, zeigt deutlich, dass wir verstanden haben, dass es an der einen oder anderen Stelle den Wunsch gab, nachzubessern. Das haben wir getan. Insofern muss ich Sie, lieber Kollege Morlok, enttäuschen. Ich erinnere Sie an Ihre Aussagen während der 1. Lesung. Dort haben Sie ausgeführt, die Koalition werde es nicht auf die Reihe bringen, einen eigenen Gesetzentwurf einzureichen. Wir haben ihn eingereicht. Er liegt vor Ihnen.

(Sven Morlok, FDP: Das ist Glück!)

Nicht Glück, das ist Können, lieber Kollege!

(Lachen bei der FDP und der Linksfraktion)

Da sind Fachkräfte am Werk. Insofern ist das, was die FDP hier wieder versucht, leider ins Leere gelaufen. Es ist eine große Luftblase, die geplatzt ist.

(Zurufe von der FDP)

Wir sind handlungsfähig. Wir sind eine Koalition, die Erfolge vorzuweisen hat.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Wir sind eine Koalition, die noch viele gute Gesetze einbringen wird. In diesem Sinne freue ich mich auf Ihre Zustimmung.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Für die Linksfraktion spricht Herr Abg. Zais.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zum wiederholten Male debattieren wir über das Sächsische Ladenöffnungsgesetz. Das sagt etwas über die Qualität aus.

Herr Brangs, Sie haben richtig ausgeführt, es hätte anders kommen und sein können. Sie sind aber nun einmal der kleine Koalitionspartner und damit immer der zweite Sieger.

In den Medien wird diese heutige Debatte zum Ladenöffnungsgesetz blumig verkauft. Es heißt dort: „Der Blumenverkauf zum Muttertag wird im Freistaat gerettet“; „Der Muttertag ohne Blumen ist wie Ostern ohne Eier“. Das sind ganz amüsante Texte, die wir in den Medien finden. Aber so verniedlichen können wir das Problem nicht.

Ich will die Debatte zu den Änderungen, die heute vorliegen, gerade deshalb noch einmal in Erinnerung rufen, weil wir immer wieder von der FDP hören, die Liberalisierung ist voranzutreiben und damit sind den Beschäftigten Gesetze vorzulegen, die sie letztlich als unsozial tragen müssen. Ich will es aber auch nicht überhöhen. Die Situation ist klar und verlangt eine Entscheidung, da kleine Händler, Floristen und Bäcker aufgrund schwindender Kaufkraft jeden Strohhalm suchen, um ihre Existenz zu sichern, gar vor der Insolvenz zu retten. Diesen Interessenkonflikt, der in meiner Fraktion, den Gewerkschaften und Kirchen besteht, zu leugnen, wäre heute unehrlich. Dennoch ist für mich dieser Konflikt nicht auf dem Rücken der Floristen, Bäcker oder Zeitungshändler auszutragen. Nein, die Konflikte liegen im schlechten Ladenschlussgesetz an sich.

Wer samstags die großen Ketten bis 22 Uhr öffnen lässt, verzerrt den Wettbewerb gegenüber den Kleinen. Sie haben es richtig ausgeführt, Herr Bolick, es ist nicht bei den Kleinen die Ladenöffnungszeit erweitert worden, aber die Großen tun es. Sie ziehen die geringe Kaufkraft auf sich. Kein Wunder, dass die kleinen Händler jetzt Öffnungszeiten für sich fordern, zum Beispiel die Floristen, für die der Muttertag genehm ist, weil es für sie umsatzstarke Tage sind. Deshalb bleibt das Sächsische Ladenöffnungsgesetz für uns Linke immer auf dem Prüfstand. Jetzt müssen wir reagieren, sollen ambulanter Handel, Schwarzarbeit und damit einhergehende Wettbewerbsverzerrungen in kleinen Sparten nicht für einige Händler das Aus bedeuten.

Zugleich ist die Einschränkung der Ladenöffnung in den genannten Sparten für viele Bürger nicht nachvollziehbar. Eine einheitliche Regelung für Floristen und Bäcker setzt zugleich der Wettbewerbsverzerrung gegenüber Tankstellen, Bahnhöfen, Kur-, Erholungs- und Ausflugsorten mit dem heutigen Gesetz klare gesetzliche Bestimmungen entgegen. Die Linksfraktion wird die Gesetzesänderungen passieren lassen. Das heißt, wir enthalten uns. Es ist das Äußerste an weiterer Verlängerung der Ladenöffnungszeiten, die eine Mehrheit in unserer Fraktion mittragen kann oder will.

Zum Schluss noch meine Antwort an die FDP-Fraktion, warum wir gegenüber ihrem Gesetzesvorschlag Ablehnung gewählt haben: In ihrem Gesetzentwurf fehlte der 1. Mai, wie Prof. Bolick schon ausführte. Am 1. Mai gibt es keinen Blumenverkauf, da werden Nelken an das

Revers geheftet. Um diese Tradition zu erhalten, begrüßen wir natürlich, dass am 1. Mai kein Blumenverkauf zugelassen wird.

(Beifall bei der Linksfraktion und vereinzelt bei der CDU)

Für die NPDFraktion Herr Abg. Delle, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die NPD-Fraktion stimmte 2007 gegen den Gesetzentwurf von Staatsregierung, CDU- und SPD-Fraktion, weil wir in der Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten gerade mit Blick auf die kleinen Betriebe und den Mittelstand mehr Nachteile als Vorteile sahen. Ich muss die Argumente hier nicht noch einmal ausführlich wiederholen. Doch bedeutet die Forderung der NPD-Fraktion nach einem generell restriktiveren Ladenöffnungs- bzw. Ladenschlussgesetz nicht, dass die gleichzeitig erfolgte Verschärfung im Falle des Verkaufsverbots für ganz spezielle Waren, zum Beispiel des Blumenverkaufs, unsere Unterstützung findet. Natürlich haben nach Ansicht der NPD-Fraktion die klassischen mittelständischen Blumenhändler und Konditoreien anstelle der Tankstellenverkäufe unsere politische Unterstützung zu erwarten. Gewisse Ausnahmen von den ansonsten durchaus richtigen Regelungen zum Sonn- und Feiertagsschutz sind für bestimmte Warengruppen und die jeweiligen Geschäfte zweifellos richtig.

Die im vorliegenden Gesetzentwurf vorgeschlagenen Ausnahmen für den Verkauf von Blumen, Zeitschriften, Bäckereiwaren und Milcherzeugnissen am Toten-, Buß- und Volkstrauertag sowie dem Oster- und Pfingstsonntag erhalten deshalb die Zustimmung der NPD-Fraktion.

Zur Genesis dieses sächsischen Änderungsgesetzes im Rahmen parteitaktischer Irrungen und Wirrungen zwischen Koalition und FDP-Fraktion im Ausschuss und im Plenum möchte ich keine weiteren Worte verlieren. Vielmehr möchte ich hervorheben, dass für die NPDFraktion die Verabschiedung dieses Änderungsgesetzes, wovon ich aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Hause ausgehe, zwar zu einer gewissen Verbesserung des derzeit gültigen Sächsischen Ladenöffnungsgesetzes beiträgt, allerdings unsere Kritik im Grundsatz nicht im Geringsten berührt wird. Nach wie vor erkennt die NPD-Fraktion keinen Vorteil in den seit 2007 möglichen längeren Ladenöffnungszeiten im Allgemeinen, ganz im Gegenteil. Erfahrungsgemäß führt die immer weitergehende Freigabe der Öffnungszeiten weder zur Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze noch zu Umsatzsteigerungen. Zudem generieren flexibilisierte Ladenöffnungszeiten vielfach Wettbewerbsnachteile für Kleinbetriebe und Mittelständler sowie Belastungen, insbesondere für die Arbeitnehmerfamilien, und wirken so zusätzlich problemverschärfend für die sowieso schon schwierige Situation der Familien.

All dies ist aus Sicht der NPD-Fraktion mit dem Ziel einer solidarischen Gemeinschaft nicht vereinbar; aber im

Sinne der einheimischen Gewerbetreibenden im Bäckerei- und Konditoreiwesen und den anderen genannten Branchen werden wir dieser Korrektur zustimmen.

Ich bedanke mich.