Protocol of the Session on March 7, 2008

Für die Staatsregierung antwortet Frau Ministerin Orosz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Michael Weichert! Zur ersten Frage: Der Entwurf des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes wird noch im Bundestag und im Bundesrat diskutiert. Der endgültige Text für den Gesetzentwurf liegt noch nicht vor.

Der bisherige Gesetzentwurf sah die Verantwortung bei den Pflegekassen und ermöglichte dem Land, die nach Landesrecht zu bestimmenden Stellen für die wohnortnahe Betreuung festzulegen.

Nach der Entscheidung der Koalitionsspitzen vom 27. Februar dieses Jahres wird es keine flächendeckende verpflichtende Einführung von Pflegestützpunkten geben. Es scheint sich aber abzuzeichnen, dass es in Zukunft in der Hand der Länder liegen wird, entweder neue Stützpunkte einzurichten oder die Stärkung vorhandener etablierter Strukturen gemeinsam mit den Pflegekassen voranzutreiben.

Bis uns die genauen Formulierungen aus dem Bundestag vorliegen, macht es, glaube ich, wenig Sinn, weiter zu spekulieren. Ob es doch bei einer Einführung zum 01.01.2009 bleibt oder ein neuer Termin genannt wird, ist mir bisher nicht bekannt. Aus diesem Grund ist es auch nicht sicher, ab welchem genauen Zeitpunkt Pflegestützpunkte im Land bereitstehen werden. Sollte es sich so entwickeln, dass die Errichtung in die Verantwortung der Länder übertragen wird, werden wir natürlich alles daransetzen, Pflegestützpunkte so schnell wie möglich einzurichten bzw. bereits vorhandene zu stabilisieren.

Lassen Sie mich noch etwas zur Finanzierung sagen: Auch hier ist der endgültige Gesetzentwurf abzuwarten. Im bisherigen Gesetzentwurf hatte die Bundesregierung

eine Anschubfinanzierung in Höhe von rund 60 Millionen Euro vorgesehen. Ob diese Anschubfinanzierung weiterhin bestehen bleibt, ob es überhaupt eine Förderung geben wird und wer der mögliche Empfänger ist, bleibt im Moment abzuwarten.

Wir wollen im Freistaat Sachsen keine unbedingt neuen Strukturen aufbauen. Da die Mittel zur Finanzierung der Pflegestützpunkte aus der Pflegeversicherung kommen sollen, gehen diese Mittel den pflegebedürftigen Menschen natürlich an anderer Stelle verloren. Mit der von der Bundesregierung beabsichtigten Beitragserhöhung kann ein solches Volumen nicht aufgefangen werden. Wir werden uns daher für eine möglichst kostenneutrale Lösung einsetzen. Schon deshalb möchten wir an die vorhandenen Strukturen anknüpfen.

Unser Ziel ist die Koordinierung und Steuerung der Leistungen unterschiedlicher Versorgungsbereiche. Eingebunden werden sollen daher Einrichtungsträger, Sozialhilfeträger bis hin zu bürgerschaftlichen Initiativen und natürlich auch Selbsthilfegruppen. Wir wollen die Chance nutzen und nach Möglichkeit alle Beteiligten bei der Beratung und Versorgung von pflegebedürftigen Menschen und ihren Angehörigen einbeziehen. Die bisher oft noch starren Grenzen zwischen den einzelnen Versorgungsbereichen müssen abgebaut und diese stattdessen miteinander verzahnt werden. Wir wollen die noch lückenhafte Beratungs- und Versorgungsqualität für die betroffenen Menschen verbessern und eine Versorgungskontinuität für die pflegebedürftigen Menschen und ihre Angehörigen sicherstellen.

Zur Frage Nr. 2: Hier verweise ich auf meine vorhergehenden Ausführungen. Wie gesagt, der endgültige Gesetzestext bleibt abzuwarten.

Sie haben noch eine Nachfrage?

Ich habe eine bittende Nachfrage: Ist es möglich, zeitnah informiert zu werden, wenn die gesetzlichen Grundlagen so sind, dass wir dann auch über konkrete Dinge in Sachsen sprechen können?

Selbstverständlich, Herr Abgeordneter.

Danke schön.

Vielen Dank. – Meine Damen und Herren! Damit sind alle eingereichten Fragen abgearbeitet. Ich bitte die Staatsregierung, die Nachfragen, die heute nicht beantwortet werden konnten, an die fragestellenden Abgeordneten auszureichen. Vielen Dank.

Damit sind die Fragestunde und der Tagesordnungspunkt beendet. An dieser Stelle treten wir in die Mittagspause ein. Wir treffen uns zur Beratung 13:50 Uhr hier wieder.

(Unterbrechung von 12:51 bis 13:51 Uhr)

Meine Damen und Herren! Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 3

Förderung der Stiftung für das sorbische Volk

Drucksache 4/11164, Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD

Fortsetzung und Neuausrichtung des „Abkommens über die gemeinsame Finanzierung der Stiftung für das sorbische Volk“

Drucksache 4/11139, Antrag der Linksfraktion

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Es beginnen CDU, SPD und Linksfraktion als Einreicher. Danach folgen NPD, FDP, GRÜNE und selbstverständlich die Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile der CDU-Fraktion das Wort; Herr Abg. Hermsdorfer, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann Sie nach der Mittagspause ja fast namentlich begrüßen. Ich freue mich, dass Sie gekommen sind.

Im Antrag der CDU- und der SPD-Fraktion, der Koalition, behandeln wir ein doch wichtiges Thema, das uns seit einigen Wochen im Facharbeitskreis und im Fachausschuss beschäftigt: die Frage der Finanzierung und Förderung der Stiftung für das sorbische Volk.

In Deutschland leben circa 60 000 Sorben, davon 20 000 in Brandenburg und 40 000 in Sachsen. Sie stellen damit, neben der dänischen Minderheit an der Grenze in Schleswig-Holstein, die stärkste Minderheit in Deutschland dar. Die Einzigartigkeit wurde bereits in unserer Verfassung berücksichtigt. Als Ausfluss des Schutzes in der Verfassung wurde die Berücksichtigung dieser Minderheit im Freistaat Sachsen durch die Stiftung für das sorbische Volk direkt praktikabel gemacht.

In der Präambel des Staatsvertrages von 1998 wird klar festgehalten, dass die beteiligten Staaten den Staatsvertrag unterzeichnen – dazu gehören Sachsen, Brandenburg und der Bund –, in Anerkennung des sorbischen Volkes, seine Sprache, Kultur und Identität auch in Zukunft zu erhalten. Das soll deutlich zeigen, wie sehr sich Sachsen seiner in Sachsen lebenden Minderheit bewusst ist und dies als dauerhafte Aufgabe versteht.

Zur Arbeit der Stiftung. Die Bedeutung der Arbeit der Stiftung spiegelt sich schon im Stiftungszweck wider. Zweck der Stiftung ist, Pflege und Förderung des sorbischen Volkes, seiner Sprache und Kultur als Ausdruck der Identität dauerhaft zu erhalten. Dabei fördert die Stiftung unter anderem Einrichtungen der Kunst, Kultur und Heimatpflege der Sorben; es geht um Förderung und Mitwirkung bei Vorhaben der Dokumentation, Publikation und Präsentation sorbischer Kunst und Kultur und einiges anderes mehr. Durch die Stiftung wird maßgeblich zum Erhalt der Sprache und Kultur beigetragen. An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich den Verantwortlichen innerhalb der Stiftung und den vielen ehrenamtlichen Mitwirkenden bei der Arbeit der Stiftung von diesem Haus aus danken.

(Beifall bei der CDU)

Aktuell stellt sich jedoch – das liegt unserem Koalitionsantrag zugrunde – die Frage der Finanzierung der Stiftung für das sorbische Volk. Wir verzeichnen, dass der Freistaat Sachsen als einziger aller drei Vertragspartner in den letzten Jahren den Abkommen und damit der Verantwortung gegenüber dem sorbischen Volk Rechnung getragen hat. Wir haben in der Vereinbarung zwischen allen drei Partnern die uns auferlegte Summe von etwa 4,45 Millionen Euro immer wieder und in Jahresscheiben treu der Stiftung zur Verfügung gestellt. Leider zeichnet sich seit eineinhalb bis zwei Jahren ab, dass andere Partner dieser Verpflichtung nicht mehr nachkommen wollen. Insbesondere blicken wir in Richtung Bund, der in den Vereinbarungen eine Degression in der Förderung der Stiftung des sorbischen Volkes festhalten wollte. Dies hat Brandenburg zum Anlass genommen, eine entsprechende Sperrung eigener Mittel vorzunehmen und darauf zu drängen, dass die sorbische Stiftung über finanziellen Druck eine neue Konzeption entwickelt.

Wir für unseren Teil wollen als Freistaat Sachsen weiter unserer Verantwortung gerecht werden. Wir werden weiterhin –auch wenn andere Vertragspartner ihren Verpflichtungen nicht nachkommen – die sorbische Stiftung unterstützen. Wir fordern dazu auf, dass die Bundesregierung ihrer Verpflichtung für das sorbische Volk nachkommt und die entsprechenden finanziellen Mittel zur Verfügung stellt.

(Beifall bei der CDU)

Dementsprechend hat die Koalition diesen Antrag eingebracht. Es gehört aber noch ein Punkt dazu, wenn wir weiter über Verhandlungen und die Ausfinanzierung sprechen: dass die Stiftung und die Domowina das Gespräch annehmen, nicht nur auf eine Beibehaltung und Erhöhung der Mittel setzen, sondern sich auch Fragen der Konzeption und der Einrichtung stellen, diese konstruktiv im ländlichen Bereich, wo die Sorben in Sachsen leben, sich mit dem Umland in Verbindung setzen und diese Gespräche entsprechend begleiten, um Lösungen zu finden.

(Beifall bei der CDU)

Wir diskutieren in Sachsen Konzeptionen für Museen, Kultureinrichtungen und Theater. Unabhängig von unserer Verantwortung für das sorbische Volk bitten wir aber auch die Stiftung für das sorbische Volk, sich diesen

Gesprächen anzuschließen und in diesem Geiste für unsere sächsische Verantwortung mitzuwirken.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich bitte die SPDFraktion, das Wort zu nehmen. Herr Hatzsch, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es werden sich bei dem Thema Doppelungen der Ausführungen leider nicht immer ganz vermeiden lassen. Die beiden heute hier zu behandelnden Anträge bewegen sich um die weitere Förderung des sorbischen Volkes und die Perspektiven der Stiftung für das sorbische Volk.

Das sorbische Volk zeichnet sich durch eine eigene Sprache, eine eigene kulturell gewachsene Tradition und Geschichte aus. Im Gegensatz zu nationalen Minderheiten in anderen Ländern hat das sorbische Volk keinen eigenen Mutterstaat. Daraus ergibt sich, dass eine Vielzahl sorbischer Institutionen und kultureller Einrichtungen Unikate sind, deren Bewahrung und Weiterentwicklung für die sorbische Identität bestimmend und unverzichtbar sind.

Nach Ansicht meiner Fraktion ist die Pflege, Bewahrung und Förderung der kulturellen und sprachlichen Identität des sorbischen Volkes die Förderung einer nationalen Minderheit und stellt somit eine gesamtstaatliche Verantwortung dar.

(Beifall des Abg. Marko Schiemann, CDU)

Auf die gesetzlichen Grundlagen und internationalen Verpflichtungen, aus denen sich diese gesamtstaatliche Verantwortung ergibt, hatte mein Vorredner bereits hingewiesen. Wie wird nun diese Verantwortung wahrgenommen? Einerseits über die gemeinsame Stiftung zur Förderung des sorbischen Volkes, andererseits über die Bereitstellung ausreichender finanzieller Mittel. Das bedeutet, dass es dringend notwendig ist, wieder ein Finanzierungsabkommen zwischen dem Bund, dem Land Brandenburg und dem Freistaat Sachsen abzuschließen, das eine möglichst dauerhafte, aber unbedingt verbindliche Mindestförderhöhe für den Bund, das Land Brandenburg und den Freistaat Sachsen festschreibt.

Das ausgelaufene, unter der Regierung von Kanzler Kohl abgeschlossene Finanzierungsabkommen sah die Möglichkeit vor, dass der Bund seine Beteiligung schrittweise absenken kann. Eine solche Regelung halten wir unter dem Gesichtspunkt der Planungssicherheit der Stiftung und unter dem Gesichtspunkt der gesamtstaatlichen Verantwortung nicht für gerechtfertigt.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und der Linksfraktion)

Der Bund muss sich an der Mitfinanzierung und Förderung des sorbischen Volkes mit 50 % beteiligen. Ebenso wenig lässt nach unserer Auffassung die gesamtstaatliche Verantwortung für die Förderung der nationalen Minder

heit des sorbischen Volkes eine Zuweisung auf Projektbasis zu, wie es der Bericht des Bundesrechnungshofes vorgeschlagen hat. Diese Position hat die Staatsregierung, namentlich Frau Staatsministerin Stange, immer wieder vertreten, und sie hat darin nicht nur unsere, sondern sicher auch die vollste Unterstützung des ganzen Hauses. Ich denke, auf den aktuellen Stand der Verhandlungen und die zahlreichen Bemühungen und Vermittlungsschritte wird Frau Staatsministerin noch konkret eingehen.

Ich möchte abschließend noch einmal aus dem Koalitionsvertrag zitieren, der für uns bindend ist. Darin heißt es: „Die Koalitionspartner bekennen sich zur Unterstützung der sorbischen Sprache und Kultur. Dazu ist das zwischen dem Bund, dem Land Brandenburg und dem Freistaat Sachsen beschlossene Abkommen über die gemeinsame Finanzierung der Stiftung für das sorbische Volk auch über das Jahr 2007 hinaus fortzuführen.“

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.