Vielen Dank. – Frau Kollegin Deicke, ist Ihnen bekannt, dass es eine aktuelle Studie des Landesumweltamtes Brandenburg gibt, die nachweist, dass es in Größenordnungen zum Austrag von Pollen aus Maisgenfeldern in Brandenburg gekommen ist, und zwar in einem Maße, das man sich vorher nicht hat vorstellen können?
Mir ist nicht jede Studie bekannt; aber ich weiß, dass wir auch im Umweltausschuss darüber diskutiert und die Experten aus dem Ministerium bestätigt haben, dass hierbei keine großen Probleme aufgetreten sind.
Kommen wir auf Sachsen zu sprechen. Hier beschränkt sich der Anbau von sogenannten transgenen Pflanzen praktisch nur auf den Genmais. Natürlich gibt es bei dessen Anbau auch Risiken. Diese sind aber grundsätzlich bekannt, und ich muss hier nicht den wiederholten Versuch unternehmen, dies näher zu erläutern. Dabei kann ich mich auf meine Vorredner beziehen.
So ergab eine im Fachblatt „Science“ veröffentlichte Analyse, in der Daten aus 42 Untersuchungen aus der ganzen Welt zusammengefasst wurden, Folgendes: Bei einem Vergleich mit dem herkömmlichen Anbau ohne Chemie schneidet der Genmais in Bezug auf die Artenvielfalt etwas schlechter ab. Andererseits wird die Vielfalt der Insekten weniger beeinträchtigt, als es beim Einsatz mit der „chemischen Keule“ der Fall ist. Untersucht wurden bei dieser Studie die Auswirkungen der Pflanzen auf die Artenvielfalt von Nichtschädlingen wie Bienen, Schmetterlingen oder Würmern.
Bezüglich des Risikos möchte ich aber noch einen Punkt hervorheben. Das Risiko für Säugetiere und Menschen beim Verzehr von gentechnisch verändertem Mais besteht nachgewiesenermaßen nicht. Das Bt-Toxin ist ein Insektengift, welches ganz gezielt den Maiszünsler vernichtet.
Meine Damen und Herren! Bei der Novellierung des Gentechnikrechtes haben sehr viele Bürgerinnen und Bürger eine Aufweichung der Regelungen zum Schutz der gentechnikfreien Landwirtschaft befürchtet.
Ich kann hier mit Recht sagen: Diese Aufweichung hat nicht stattgefunden. Vielmehr haben wir – damit meine ich insbesondere die SPD-Fraktion auf Bundesebene – das Gentechnikrecht im Sinne der Forschung und der Verbraucher weiterentwickelt. Der für Verbraucherinnen und Verbraucher wichtigste Erfolg ist die „Ohne Gentechnik“-Kennzeichnung – Renate Künast hatte das Thema Kennzeichnung noch nicht einmal angepackt –; dies haben wir in einer schwierigen Konstellation erreicht.
Diesen Erfolg lassen wir uns nicht nehmen. Damit können Verbraucherinnen und Verbraucher endlich mitentscheiden, ob sich gentechnisch veränderte Lebensmittel auf dem Markt durchsetzen oder nicht.
Künftig gilt: Wo „Ohne Gentechnik“ draufsteht, ist keine Gentechnik drin. Nach der alten Regelung galt auch bei „Ohne Gentechnik“-Produkten der EU-weit geltende Toleranzwert von 0,9 %. Die „Ohne Gentechnik“Kennzeichnung ist für alle verarbeiteten Produkte gleich geregelt, egal, ob es sich um Lebensmittel pflanzlichen oder tierischen Ursprungs handelt; und die Verbraucherinnen und Verbraucher bekommen demnächst die Information darüber, wenn Milch, Eier und Fleisch von Tieren
stammen, die keine kennzeichnungspflichtigen und damit keine gentechnisch veränderten Futtermittel bekommen haben.
Meine Damen und Herren! Was bleibt zu tun? Es ist klar, dass wir auf nationaler Ebene nicht alles regeln können. Es muss auch weitere Verbesserungen des europäischen Rechtes geben. Zum Beispiel betrifft dies das europäische Zulassungsverfahren für gentechnisch veränderte Organismen. Es ist wenig transparent und berücksichtigt nicht die politischen und wirtschaftlichen Aspekte, die mit der Zulassung neuer GVO verbunden sind.
Wir werden Sigmar Gabriel, der dies bereits auf europäischer Ebene angemahnt hat, in seinen Bemühungen unterstützen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Monat März hat begonnen, und damit rückt der Zeitpunkt der Aussaat auf den sächsischen Feldern wieder in greifbare Nähe. Aus diesem Grund begrüßt unsere Fraktion, dass die Gentechnik auf Sachsens Feldern heute Thema der Aktuellen Debatte ist, obwohl diese Debatte an der bevorstehenden Aussaat auch des genmanipulierten Saatgutes kaum etwas ändern wird. Wie in jedem Jahr stehen wir faktisch wieder vor vollendeten Tatsachen.
Der Gentechnik-Konzern Monsanto wird uns in diesem Jahr abermals mit dem Anbau von Genmais MON810 auf unseren Äckern „beglücken“, und dieses Mal hat sich die Anbaufläche im Vergleich zum Vorjahr auf inzwischen über 1 000 Hektar verdoppelt. Hinzu kommen dann in jedem Jahr wieder Freisetzungsversuche aller Couleur, die im Standortregister bisher noch gar nicht erscheinen. Der schleichende Siegeszug von Monsanto und anderen weltweit agierenden Agrokonzernen hat sich also gegen den Willen der Menschen in Deutschland weiter fortgesetzt.
Gerade mit dem umfänglichen Anbau von MON810 im Freistaat Sachsen wird in diesem Jahr wieder eine gefährliche Saat auf Sachsens Feldern wachsen. Noch im vergangenen Jahr wurde das Inverkehrbringen von Mais der Linie MON810 vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit untersagt, weil gerade von diesem gentechnisch veränderten Mais möglicherweise erhebliche Gefahren für Mensch und Umwelt ausgehen. Von meiner Fraktion wurde dazu ein Antrag eingebracht, in dem wir gefordert hatten, unverzüglich die auf den sächsischen Feldern ausgesäten Bestände unterzupflügen, um aus dem Anbau resultierende Gefahren für Mensch und Umwelt abzuwenden. Wir haben uns ebenfalls dafür eingesetzt, dass Deutschland dem Beispiel
anderer Länder wie Österreich, Ungarn, Griechenland oder Polen folgen soll, die den Anbau dieses genmanipulierten Maises bereits untersagt und ein nationales Einfuhrverbot für MON810 erlassen haben.
Dass gerade dieser Mais nun wieder angebaut werden soll, zeigt deutlich, wie wenig Verantwortungsbewusstsein die herrschenden Politiker in Berlin, aber auch in Sachsen für Mensch und Umwelt eigentlich haben. Erstaunlich ist, dass gerade die zumindest dem Namen nach noch christliche CDU einer der wesentlichen Steigbügelhalter der Gentechnikkonzerne ist. Hier sehe ich einen massiven Widerspruch; denn wer sich auf christliche Werte beruft, der kann es doch nicht hinnehmen, dass sich hier der Mensch zu einer Art Hilfsschöpfer aufspielt.
Die grüne Gentechnik wird auch von der Sächsischen Staatsregierung als eine sogenannte Schlüsseltechnologie verherrlicht. An dieser Stelle sei auf die Position Sachsens bei der Frage der Haftungsregelungen im Gentechnikgesetz oder der Gentechnikbeobachtungsverordnung verwiesen.
Dass die Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen erhebliche Gefahren, zumindest aber unberechenbare Risiken, birgt, gilt inzwischen als erwiesen. Die frühere Annahme, dass es zwischen den Genomen eines Organismus und dessen Eigenschaften einen strengen Zusammenhang gibt, ist schon lange widerlegt worden. Es ist auch erwiesen, dass mit dem Einbau fremder Gene in einen Organismus die Gefahr besteht, dass damit unerwünschte Eigenschaften erzeugt werden, und zwar mit bislang ungeahnten Folgen für das Ökosystem und den Menschen.
Das unverantwortliche Handeln der herrschenden Politiker, die sich gegen den Willen des Volkes zu Lobbyisten der Gentechnikkonzerne machen, erinnert mich in fataler Weise an Goethes Gedicht vom Zauberlehrling. Genau wie die Protagonisten der Gentechnik ist der Zauberlehrling anfänglich stolz auf sein Können. Doch bald merkt er, wie er der Situation nicht mehr gewachsen ist, und sagt die geflügelten Worte: „Die ich rief, die Geister, werd’ ich nun nicht los.“
Damit wir in Sachsen von solchen Geistern der Gentechnik verschont bleiben, lehnen wir als NPD-Fraktion den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen grundsätzlich ab und fordern, den gesamten Freistaat Sachsen als gentechnikfreie Zone auszuweisen.
Darüber hinaus fordern wir Nationaldemokraten ein Importverbot für jedes gentechnisch veränderte Saatgut, genmanipulierte landwirtschaftliche Erzeugnisse und daraus hergestellte Produkte. Dass die Menschen in Deutschland, ohne dies zu wissen und gegen ihren Willen, bereits jetzt in erheblichem Maße gentechnisch veränderte Nahrungsmittel zu sich nehmen, ist eine Unverschämtheit den Bürgern gegenüber. Das muss endlich beendet werden.
Wir Nationaldemokraten lehnen die Manipulation des Lebens durch grüne Gentechnik aus ethischen Gründen, aber nicht zuletzt auch deshalb, weil es einzig und allein der Gewinnmaximierung weniger global agierender Agrochemiekonzerne dient, ab.
Herr Weichert, Patente auf Lebensmittel werden kaum Hungerprobleme – egal, wo auf der Welt – lösen, sondern durch finanzbedingte Zugangsprobleme zu diesen Nahrungsmitteln neue schaffen.
(Beifall bei der NPD – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Ihre Vorläufer hätten doch alles genmanipuliert, wenn sie gekonnt hätten!)
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe GRÜNEN! Eine Überschrift in der Aktuellen Debatte kann schon mal schiefgehen. Das sei unbenommen. Wenn man dann aber noch die Anzeige verreißt, die Sie heute geschaltet haben, dann wird es etwas komisch. Wenn Sie heute in Ihrer Anzeige fordern: „Kein Genanbau in Sachsen!“, dann ist das ein wenig schiefgegangen. Ich sehe keine Genfelder, die hier in Sachsen wabernd wachsen. Um sicher zu sein, dass man Gene kaufen kann, habe ich bei agrarheute.com nachgeschaut, ob es Gene in Tonnen oder Kilo zu kaufen gibt. Das gibt es nicht. Es gibt Mais, Raps oder Futtererbsen zu erwerben. Aber Gene in Säcken gibt es leider nicht.
Doch nun zum Thema: Laut Umfragen sind 70 % der Bevölkerung gegen Gentechnik. Das ist sicherlich Ihr eigentliches Anliegen. Das regt zu der Frage an: Wie kommen diese Umfragen zustande, welche Aussagekraft haben sie und können sie Maßstab für politisches Handeln sein? Dazu ein Beispiel aus der Vergangenheit. 1978 wurde Louise Brown geboren, das erste sogenannte Retortenbaby. Über 70 % der damals befragten Bürger lehnten zu dem Zeitpunkt die künstliche Befruchtung ab. Inzwischen wissen die Menschen mehr. Die künstliche Befruchtung ist eine weithin akzeptierte Standardmethode in der Behandlung von Unfruchtbarkeit, und Millionen Menschen verdanken dieser Technik ihr Leben.
Noch ein Beispiel: Im Herbst 2007 gab es eine bemerkenswerte Bürgerbefragung in der Fußgängerzone von Freiburg nach der chemischen Verbindung von Dihydrogenmonoxyd. Die befragten Freiburger wollten diesen Stoff sofort verbieten lassen. Eine weitere repräsentative Umfrage, vorgetragen auf der 5. Jahresfeier des Bundesinstitutes für Risikobewertung, ergab, dass 70 % unserer Bürgerinnen und Bürger Dihydrogenmonoxyd strikt ablehnen. Aber warum? Es ist vermutlich so wie bei dem
(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Darum habt ihr in Hamburg auch so ein schlechtes Wahlergebnis gehabt!)
Dihydrogenmonoxyd ist die Bezeichnung für das ganz gewöhnliche Wasser, eine der Grundlagen unseres Lebens. Wenn man nach etwas anderem fragt, will die Mehrheit Wasser als chemisches Teufelszeug verbieten. Genauso ist das mit Gentechnik und GVO-Pflanzen, obwohl Produkte der Gentechnik seit Langem auf unseren Tellern liegen, in aller Munde sind und niemand von uns je schlechte Erfahrungen mit Produkten dieser Züchtungsmethode gemacht hat. Wir leben alle noch. Wenn ich so in die Runde sehe, dann leben einige auch recht gut.
Die Beispiele zeigen, dass es ein gravierender Politikfehler wäre, Verbraucherumfragen zum Maßstab politischen Handelns zu machen. Das hat im Übrigen auch nichts mit Demokratie zu tun.
Nun zu den GRÜNEN. Bei der Vorstellung der 1. Novelle des Gentechnikgesetzes 2004 hat Ihre damalige tiefgrüne Ministerin Renate Künast im Bundestag gesagt, dass es keine Anhaltspunkte für die Gefährdung der Gesundheit der Verbraucherinnen und Verbraucher gebe. Ihr Nachfolger, Minister Seehofer, erklärte, auch er sehe keine Gefahren für Verbraucher und Umwelt. Völlig zu Recht verbürgen sich beide, die abgewählte Ministerin und ihr Nachfolger, für die Unbedenklichkeit der Produkte der Züchtungsmethode „Grüne Gentechnik“.