Herr Heinz, ist Ihnen bekannt, dass es zumindest, was das Lab angeht, noch eine zweite Möglichkeit gibt? Das Labkraut heißt nämlich
nicht umsonst so. Das wurde und wird verwendet, um das Lab aus den Kälbermägen zu ersetzen. Wissen Sie das?
Natürlich weiß ich das. Das hat sich aber aus verschiedenen Gründen in der Praxis nicht durchgesetzt. Die jetzige Verfahrensweise wird auch ohne Not und ohne Klagen von den Verbrauchern akzeptiert.
Ähnliches gilt für Kleider aus gentechnisch veränderter Baumwolle. Das beste Beispiel ist das Insulin für Zuckerkranke. Damit sind wir bei der roten Gentechnik.
Ich stelle mir die Frage: Warum ist die grüne Gentechnik so umstritten? – Wahrscheinlich, weil sie bei den Produkten der ersten Phase keinen direkten Nutzen für den Verbraucher bringt und man trefflich Ängste schüren kann.
Ich möchte jetzt dazu kommen darzustellen, wie wir zur Gentechnik stehen. Wir sehen darin weiterhin eine Schlüsseltechnologie im Bereich der Landwirtschaft. Und wenn Sie noch so oft dagegen hetzen: Sie wird weiterhin das Thema bestimmen und sie wird auch weiterhin Einzug halten, besonders dann, wenn es gelingt, Produkte der zweiten Generation zu schaffen, die wesentlich bessere Produkteigenschaften zeigen und sich nicht nur auf das Produktionsverfahren beziehen. In dem Moment, wenn es gelingt, Pflanzen zu erzeugen, bei deren Verzehr man keine Falten bekommt bzw. einem die Haare nicht mehr ausfallen – das ist mein Standardbeispiel –, wird der Verbraucher sehr wohl dazu greifen und nicht mehr irgendwelche Scheinrisiken höher bewerten.
(Dr. Monika Runge, Linksfraktion: Ein wahres Wundermittel! – Johannes Lichdi, GRÜNE: Sancta simplicitas!)
Meine Damen und Herren! Wir sehen darin weiterhin die Chance, durch gentechnische Methoden die Züchtungsziele schneller und gezielter zu erreichen. Grüne Gentechnik ist noch eine sehr junge Technologie. Deshalb muss sie richtigerweise mit aller Vorsicht betrachtet werden, um befürchtete Nebenwirkungen auszuschließen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie nicht anders zu erwarten – die ersten beiden Redebeiträge haben es gezeigt –: Bei kaum einem Thema, das in der Gesellschaft zurzeit diskutiert wird, gehen die Meinungen so weit auseinander.
Sehr geehrter Herr Weichert, ich gratuliere Ihnen und Ihrer Fraktion dazu, dass Sie sich nach vier Jahren im Sächsischen Landtag nun endlich aktiv in die Debatte um
die grüne Gentechnik in Sachsen eingeklinkt haben, zwar immer noch nicht mit einer handfesten parlamentarischen Initiative, sondern nur mit einer unverbindlichen Aktuellen Debatte, aber immerhin. Fühlten sich doch Ihre Basis und die Umweltverbände hierzulande auf diesem Gebiet von Ihnen ziemlich alleingelassen, besonders in Ihren Bemühungen um gentechnikfreie Regionen in Sachsen – natürlich Landwirtschaftsregionen, Herr Heinz, damit Sie mich nicht missverstehen.
Bisher war DIE LINKE die einzige demokratische Fraktion, die dieses brisante und umstrittene Thema in dieser Legislaturperiode im Sächsischen Landtag auf die Tagesordnung gesetzt hat. Dabei ging es uns immer um die konkrete Situation in Sachsen, um das Für und Wider dieser vermeintlichen Zukunftstechnologie und ihre möglichen negativen Auswirkungen auf die Natur, die Menschen und die landwirtschaftlichen Betriebe in Sachsen.
Nach zwei Debatten im Plenum, einer Großen Anfrage und deren öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft steht für uns nach wie vor fest: Die Anwendung von gentechnisch veränderten Organismen in der Landwirtschaft ist eine Technologie, bei der die naturschutzfachlichen, die wirtschaftlichen und die entwicklungspolitischen Risiken bei Weitem größer sind als die vermeintlichen, wenn überhaupt nur kurzfristig zu erzielenden Vorteile.
An erster Stelle steht dabei für uns nach wie vor die Tatsache, dass sich die grüne Gentechnik nicht in geschlossenen Systemen abspielt, wie – Herr Heinz, Sie haben das wieder einmal sehr gut vermischt – andere Bereiche der Gentechnik, die rote oder die weiße Gentechnik.
Alle eventuellen und inzwischen zum Teil auch belegbaren negativen Auswirkungen der grünen Gentechnik auf den Menschen, die Natur und auf die ökologischen und konventionellen landwirtschaftlichen Betriebe lassen sich nicht mehr zurückholen, wenn sie einmal eingetreten sind. Herr Heinz, diesbezüglich muss ich schon wieder auf Ihren Redebeitrag zurückkommen: Dabei handelt es sich inzwischen durchaus nicht mehr nur um Ängste, die dort geschürt werden. Man muss keine Ängste schüren, denn man kann es live in der Natur sehen, zum Glück noch nicht in Sachsen, auch nicht in Deutschland und auch noch nicht in weiten Teilen Europas – dazu müssen wir schon ein Stück weiter schauen, um das zu erkennen –, sondern wir brauchen nur in die USA oder nach Kanada zu schauen. Kollege Weichert hatte das bereits angedeutet.
Dort gibt es seit vielen Jahren den großflächigen kommerziellen Anbau von gentechnisch veränderten Organismen. Am Anfang gab es durchaus gewisse Vorteile für die anwendenden Landwirte. So sanken der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und der damit verbundene Aufwand von Arbeitskräften und somit der finanzielle Auf
wand. Teilweise, aber wirklich nur teilweise gab es auch höhere Erträge mit gentechnisch veränderten Organismen. Doch schon nach wenigen Jahren entwickelten sich resistente Superunkräuter und dieser Effekt verkehrte sich sehr schnell ins Gegenteil.
Viel schwerer wiegt für uns allerdings etwas anderes. In den Jahren der nahezu ungehinderten Ausbreitung des Anbaues von gentechnisch veränderten Organismen in diesen Ländern kam es zur Auskreuzung dieser Pflanzen in die Felder sowohl von Öko- als auch von konventionellen Landwirten. In weiten Gebieten dieser Länder ist zumindest Ökolandbau inzwischen nicht mehr möglich. Genau darum drehen sich unsere größten Befürchtungen hier in Sachsen.
Meine Damen und Herren von FDP und CDU, teilweise auch von der SPD: Müssen wir denn bei uns in Sachsen vor Ort genau die gleichen Fehler wieder machen? Müssen wir noch einmal selbst die Erfahrung machen, dass in absehbarer Zeit, in wenigen Jahren bei uns vielleicht nur noch der Anbau gentechnisch veränderter Organismen möglich ist? Wir sind der Überzeugung, dass sich das durch noch so gute Bemühungen um eine Koexistenz zwischen verschiedenen landwirtschaftlichen Methoden nicht verhindern lassen wird, wenn wir nicht jetzt die Chance ergreifen, gegenzusteuern.
So weit mein erster Redebeitrag. In einem zweiten werde ich darauf zurückkommen, wie wir das hier in Sachsen zum jetzigen Zeitpunkt noch verhindern können.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da in der Öffentlichkeit verschiedene und zum Teil auch sehr diffuse bzw. irrationale Ängste gegen die grüne Gentechnik vorherrschen, halte ich diese Debatte für wichtig und nehme diese Ängste um die Natur und die Gesundheit der Verbraucher sehr ernst. Aber allzu oft konzentriert sich die Diskussion hauptsächlich auf die Gefahren, die der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen mit sich bringt. So sprechen auch Sie nur von Risiken und blenden in Ihrer Aktuellen Debatte die Chancen völlig aus.
Doch man muss auch die Chancen betrachten und gegen die Risiken abwägen. Das ist schließlich bei jeder neuen Technik so. Daher ist es wichtig, die Risiken zu identifizieren und zu quantifizieren. Eine pauschale, ideologisierte Ablehnung der grünen Gentechnik ist dabei wenig hilfreich.
Vielen Dank. – Frau Kollegin Deicke, ist Ihnen bekannt, dass der zentrale Unterschied zwischen der sogenannten Agrogentechnik und anderen neuen Technologien darin besteht, dass die Folgen der Agrogentechnik eben irreversibel, also nicht rückholbar sind? Das heißt, wenn eine Auskreuzung stattgefunden hat, ist es durch technische Mittel nicht mehr rückholbar,
und das ist ein ganz zentraler Unterschied zu anderen Technologien. Sind Sie nicht der Ansicht, dass deshalb auch die Risikobewertung – –
Natürlich, vorbeugend. – Vorbeugend heißt, wir müssen die gesetzlichen Regelungen so schaffen, dass solche Dinge nicht passieren und man das eingrenzen kann.
Vielen Dank. – Frau Kollegin Deicke, ist Ihnen bekannt, dass es eine aktuelle Studie des Landesumweltamtes Brandenburg gibt, die nachweist, dass es in Größenordnungen zum Austrag von Pollen aus Maisgenfeldern in Brandenburg gekommen ist, und zwar in einem Maße, das man sich vorher nicht hat vorstellen können?