Protocol of the Session on March 6, 2008

Ich möchte mir erlauben, in Richtung Antragsteller zu formulieren, dass, glaube ich, deutlich geworden ist, dass eine Fülle von Fragen nicht ausreicht, wenn diese Fragen nicht inhaltlich strukturiert sind, um für dieses wichtige Thema tatsächlich brauchbare Erkenntnisse zu gewinnen.

(Astrid Günther-Schmidt, GRÜNE, tritt ans Mikrofon.)

Frau Ministerin, ich hätte gern gewusst – –

Ich habe Nein gesagt, ich möchte fortfahren.

Generell nicht?

Nein. Ich komme ja gar nicht dazu, meine Dinge vorzutragen. Vielleicht ergeben sich ja dann auch die Antworten auf die Fragen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Das ist vielleicht auch besser!)

Für mich stellt sich wirklich die Frage: Welche Schlüsse haben Sie aus dieser umfangreichen Analyse gezogen? Ich darf bei dem Wort „umfangreich“ auf die Formulierung von Frau Werner zurückkommen: „Schlappe Seiten“. Das ist bezeichnend für ihre Beurteilung des Aufwandes, der Arbeit, die von circa 1 800 Mitarbeitern in mehr als 5 000 Stunden geleistet worden ist. Das bedeutet umgerechnet etwa 140 000 Euro Personalkosten.

(Anhaltende Unruhe)

Ich bin der Auffassung, wenn wir auch nur einen Teil dieses Geldes für tatsächliche Maßnahmen in diesem Bereich hätten einsetzen können, wären wir einen größeren Schritt weitergekommen.

(Beifall bei der CDU, der NPD und der FDP)

Meine Damen und Herren von den GRÜNEN, mit Ihrer Anfrage fordern Sie unter anderem die Staatsregierung auf, für jede Eventualität und jede noch so abwegige Idee Vorkehrungen zu treffen. Für mich stellt sich die Frage: Funktioniert das, oder gab es nicht schon andere politische Systeme mit diesem Anspruch, die, wie wir wissen, gescheitert sind?

Ich bin an dieser Stelle dankbar für das, was Dr. Martens gesagt hat. Auch wenn der Beitrag in der Tat einen qualifizierten Unterhaltungsanspruch hatte, haben Sie meiner Ansicht nach sehr deutlich den Finger in die Wunde gelegt und gesagt, worum es eigentlich hier nicht gehen kann. Ich kann mich Ihnen da voll anschließen.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Ja?)

Sie fordern, die Chancengleichheit von Frauen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern, Frau Hermenau. Da passt kein Blatt zwischen uns, da sind wir beieinander. Nur, diese Fragen und die Erkenntnisse aus den Fragen, die teilweise heute vorgetragen wurden, befördern das Thema nicht. Das ist zumindest aus meiner Sicht im Moment nicht erkennbar. Was die Vorbilder und damit den Professorinnenanteil an Hochschulen betrifft, so glaube ich, Aktivitäten, dies zu verändern und das auch redlich zu versuchen, gibt es nicht erst seit dieser Anfrage und der Auswertung der Antworten, sondern daran arbeiten wir bereits, und meiner Meinung nach teilweise auch gemeinsam. Auch gemeinsam mit meiner Kollegin Stange sind wir dazu unterwegs.

Fazit: Heute lässt sich die Frage nicht beantworten, welche Erkenntnisse Sie aus diesem umfangreichen Werk wirklich gezogen haben und wo die tatsächlichen Informationen sind, die neu sind und bisherige ergänzen. Ich kann keine erkennen, und daher stellt sich für mich die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieses umfangreichen Werkes, wenn es darüber hinaus teilweise hier noch zerredet und ins Lächerliche gezogen wird.

Meine Damen und Herren, ich spreche jetzt als zuständige Ministerin: Natürlich ist es nach wie vor nicht hinnehm

bar, dass Frauen benachteiligt sind. Natürlich wissen wir alle, aber nicht erst seit Ihrer Anfrage, dass Frauen nach wie vor weniger verdienen als Männer. Natürlich wissen wir, dass insgesamt tradierte Rollenbilder, die heute schon genannt worden sind – die Männer fühlen sich zumindest mehrheitlich noch immer als der Ernährer der Familie –, mit der heutigen Zeit nicht konform gehen und dass wir das ändern wollen. Aber, bitte schön, Frau Hermenau, doch sicherlich nicht durch Verordnungen der Politik und auch nicht durch die Interpretation einer solchen Großen Anfrage, wie heute hier in diesem Hause durchgeführt.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Mit keinem oder mit fast keinem Ihrer Vorschläge werden wir das tatsächliche Problem, das wir gemeinsam kennen, aber ändern können, wie Sie es sich wünschen, sondern das Gegenteil ist heute hier, glaube ich, sehr deutlich geworden.

Zum anderen: Man kann – und das ist nun einmal Realität – gesellschaftliche Vorstellungen und individuelle Lebensweisen nicht von heute auf morgen und auch nicht nur – ich wiederhole mich – durch Vorgaben oder Restriktionen der Politik ändern.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Nur kleine Schritte – und dabei müssen wir bleiben – werden es möglich machen. Es gibt nicht ein SchalterUmlegen und ab morgen ist alles anders. Wir wissen, dass die Menschen sehr unterschiedlich sind – das Parlament spiegelt das auch wider –, und wir müssen versuchen, in einem Miteinander unsere realistischen Möglichkeiten tatsächlich in Maßnahmen zu packen, und damit auch signalisieren, dass sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen das Bedürfnis zu dieser Veränderung vorhanden ist.

Ohne dass ich mich jetzt ins Detail begeben will, ist bekannt, dass es auch bei den Frauen oft Gründe dafür gibt, keine Karriere zu machen, und dass nicht nur die Männer hierfür einen Hinderungsfaktor darstellen. Also, darüber wird sicherlich noch diskutiert und gesprochen werden.

Ich fasse zusammen: Die Veränderung veralteter Rollenbilder ist in der Tat ein langwieriger Prozess. Entsprechende Impulse sind wertvoll und sollten auch vorgetragen und umgesetzt werden. Beginnend im frühkindlichen Bereich, in der Jugendarbeit, in der Familienpolitik sowie in der Gleichstellungsarbeit sind wir erfolgreich auf dem Weg, und auch selbstkritisch stelle ich fest: Wir sind noch lange nicht am Ziel. Ich bezweifle aber die Art und Weise, den Ansatz, dies mit einer solchen Debatte wie der heutigen besser zu erreichen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Zu der Großen Anfrage liegt ein Entschließungsantrag vor. Er hat die Drucksachennummer 4/11465 und ich bitte Frau Hermenau um Einbringung. Danach werden wir die Aussprache dazu beginnen.

Meine Damen und Herren! Frau Ministerin Orosz, ich weiß nicht, warum Sie sich angegriffen gefühlt haben. Das wird Ihr Geheimnis bleiben.

Männer gestalten – das ergibt zum Beispiel die Antwort, die Sie auf unsere Anfrage gegeben haben – mit Mehrheiten um 80 bis 85 % unseren Alltag. Sie bestimmen so weit, weil sie überall in den Gremien sitzen und alles bestimmen dürfen. Frau Ministerin, jede bzw. jeder, der heute hier gesprochen hat, war erwachsen oder zumindest volljährig, auch wenn sie/er sich nicht erwachsen aufgeführt hat. Das heißt, die Lächerlichkeit der Debatte ist nicht denen zuzuschieben, die die Debatte angeregt haben, sondern die Lächerlichkeit der Debatte hat mit den Rednern zu tun. So einfach ist das meiner Meinung nach.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion – Widerspruch bei der CDU)

Sie wollten wissen, welche Schlüsse ich aus der umfangreichen Analyse der Großen Anfrage gezogen habe. Ich habe darauf verwiesen, dass schon morgen ein Antrag für einen Fachbereich von unserer Fraktion eingebracht wird. Darin geht es um Professorinnen an Hochschulen. Wir werden aus diesem umfangreichen Material jetzt immer weiter solche Anträge stellen. Ich bin der Meinung – auch unser Entschließungsantrag ist so aufgebaut –, dass wir in dieser Debatte natürlich gemeinsam mit den Männern Fortschritte erzielen müssen – das ist völlig richtig –, aber nicht in Abhängigkeit von den Männern und nicht durch die Gnade der Männer.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Das ist der Unterschied, der uns beide in diesem Moment trennt.

(Zurufe von der CDU)

Sie haben doch an den lauten Lachern und den verlegenen Gesten usw. dieser Herren dort drüben gemerkt, dass sie natürlich nicht freiwillig von Macht, Geld und Jobs lassen werden, damit die Mädels es ein bisschen besser haben. Das ist nicht der Punkt. Das müssen wir uns schon nehmen und ich glaube, darauf kommt es an. Die Hilfe, die wir jetzt in Sachsen in dieser Lebenswirklichkeit, in der wir leben, haben, ist die, dass die globalisierte Arbeitswelt und die Demografie ganz harte ökonomische Fakten auf den Tisch legen, die die Debatte über die Chancengleichheit völlig neu beflügeln und befeuern. Das wird in unserem Entschließungsantrag aufgenommen.

Wir haben uns auf die Probleme für Männer konzentriert und stellen fest: Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist für Männer schwierig. Gesundheitsvorsorge ist für Männer ein Problem. Lebenslagenberatung und Suchtprä

vention sind für Männer in Sachsen ein Problem. Bildungsfragen sind für Männer in Sachsen ein Problem. Wir stellen ebenfalls fest: Frauen werden erheblich benachteiligt.

Dann fordern wir, die Chancengleichheit zu intensivieren. Wir unterstützen Sie in diesem Bemühen. Das ist doch ganz klar.

(Robert Clemen, CDU, steht am Mikrofon.)

Nein, danke. – Die Gleichstellung allerdings sehen wir als einen Erfolgsfaktor für die Zukunft der sächsischen Wirtschaft. Das sage ich Ihnen so deutlich, wie ich es empfinde und sehe. Wenn das in diesem Land nicht passiert, dann werden eben die Männer mit dem Bildungsstand, der hier üblich ist, die Wirtschaft machen müssen, die hier möglich ist. So ist das dann eben.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Ich glaube, dass Sie zum Beispiel – und das haben wir in unserem Entschließungsantrag aufgeschrieben – mit dem Modellprojekt der Staatsregierung „Sachsen plus, pro Familie, TOP Unternehmen“ sehr gut reagiert haben. Das ist ein sehr gutes Modell. Bitte dauerhaft institutionalisieren! Das wollen wir gern, so steht es in unserem Entschließungsantrag. Wir unterstützen Sie ausdrücklich in diesem Bemühen.

Selbstverständlich wollte ich keinen x-tausendsten Frauenförderplan haben. Denn das ist ein Standpunkt von „Bitte, bitte, gib mir mal ein bisschen Frauenförderplan!“ Das ist für mich alles uninteressant, ich bin zu alt für solche Spielchen. Was ich möchte, ist ein ordentliches Gleichstellungsgesetz. Dann reden wir über Butter und Brot und dann wird das ordentlich aufgeteilt. Das ist der eigentliche Punkt, um den es hier geht.

Natürlich werden wir bei einem solchen Prozess – wir erleben es ja gerade wieder – die psychosoziale Problemlage von Jungen und Männern zunehmend in der Politik thematisieren müssen, und vielleicht wird der eine oder andere Psychologe dann öfter tätig werden als bisher. Aber die Zukunftsangst, die viele unbewusst vor der komplexer gewordenen Welt empfinden, diese Zukunftsangst darf nicht dazu führen, dass man aufgibt, weil es einem zu kompliziert wird.

Wenn Sie heute den literarischen Exkurs von Herrn Prof. Porsch zu lang fanden, geht es auch kürzer. Albert Camus hat einmal sehr treffend darüber geschrieben, worin der kleine Unterschied zwischen dem Wörtchen „solidaire“ und „solitaire“ besteht. Wer es nicht übersetzen kann: „Solidaire“ heißt „gemeinsam, solidarisch“, „solitaire“ heißt „einsam“.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, der Linksfraktion und der SPD)

Die Fraktionen können zum Entschließungsantrag Stellung nehmen. Für die CDU-Fraktion Herr Rohwer, bitte.

Frau Präsidentin! Ich bitte, den Entschließungsantrag in der vorliegenden Form abzulehnen. Es geht darum, dass wir uns als Koalition diesem Thema weiterhin widmen werden. Wir werden das bereits unter dem nächsten Tagesordnungspunkt kenntlich machen. Wir werden auch im Schulausschuss über die Thematik diskutieren. Aber wer den Entschließungsantrag genau durchschaut, ihn durchliest, der sieht insbesondere an der Begründung, dass mit diesem über die Hintertür eine andere Thematik forciert werden soll. Dies ist aus unserer Sicht nicht zielführend. Im Übrigen ist es ein dreiseitiger Entschließungsantrag. Ich denke, wir sollten uns den Themen in der Tat differenziert und einzeln nähern und nicht mit einem einheitlichen Entschließungsantrag. Deswegen bitte ich um Ablehnung.

Gibt es weitere Wortmeldungen dazu? – Frau Werner, bitte.