Protocol of the Session on March 6, 2008

Mit einer in diesem Monat anlaufenden Plakatkampagne soll aufgefordert werden, mehr hinzuschauen und hinzuhören, wie im privaten und öffentlichen Umfeld mit Kindern umgegangen wird. Gesundes Aufwachsen, Erziehung und Bildung unserer Kinder bedürfen nach wie vor des Einsatzes vieler.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie mich an dieser Stelle mit einem sicherlich auch Ihnen bekannten afrikanischen Sprichwort enden, das genau die Situation skizziert: „Um ein Kind großzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf.“ Wirken Sie also mit, dass unsere Kinder groß werden – im doppelten Sinne!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die 1. Aktuelle Debatte, beantragt von den Fraktionen der CDU und der SPD zum Thema „Kinder schützen – Kinder bilden“, beendet.

Wir kommen zu

2. Aktuelle Debatte

Höhere Löhne für Sachsen – Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst zügig führen

Antrag der Linksfraktion

Die Linksfraktion hat zuerst das Wort. Danach folgen CDU, SPD, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung. Die Debatte ist eröffnet. Herr Tischendorf, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit Beginn der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst wurde eines sehr schnell klar: Der Verhandlungsführer von Bund und Kommunen, Innenminister Schäuble, will die Politik des Lohndumpings auch diesmal fortsetzen.

Am 24.01. haben die Arbeitgeber ihr Angebot von angeblich 5 % vorgelegt. Seitdem wird versucht zu verschleiern, worum es hier eigentlich geht. Das Angebot ist vergiftet. Allein schon die vorgeschlagene Laufzeit von 24 Monaten entgegen 12 Monaten – so der Vorschlag der Gewerkschaften – halbiert die Steigerung auf 2,5 %.

Aber damit noch nicht genug. Aufgrund der Redezeit kann ich nicht den gesamten Tarifvertrag erläutern, aber ich kann sagen, was es für die Beschäftigten im Osten und in Sachsen, für die Kommunalbediensteten, bedeutet.

(Zuruf des Abg. Dr. Matthias Rößler, CDU)

Ich mache es ganz konkret, damit Sie es verstehen. Der Vorschlag von Herrn Schäuble würde für einen Beschäftigten in der Entgeltgruppe 8, Stufe III, der ein Brutto von 2 238 Euro bekommt, bedeuten, dass der Beschäftigte im Westen mit der gleichen Eingruppierung am 01.02. 2,5 % mehr bekommen würde. Das sind 55,95 Euro mehr. Im Osten bekäme er erst einmal nichts mehr, denn dort würde er erst ab 01.06. diese Erhöhung bekommen. Das macht für einen ostdeutschen Bediensteten ein Minus von 223,80 Euro. Im Westen gäbe es ab 01.10. wieder 1 %

mehr. Das sind 22,94 Euro. Im Osten gäbe es erst einmal nichts. Das ist wieder ein Verlust von 114,70 Euro. Es gibt im Westen ab 01.03. 0,5 %, 11,58 Euro, mehr und im Osten – siehe da – 1,5 %, 34,52 Euro. Wenn Sie das zusammenrechnen, hat derjenige im Westen nach der Laufzeit von zwei Jahren 90,47 Euro brutto mehr im Portemonnaie. Derjenige im Osten hätte ein Minus von 338,50 Euro. So weit der Vorschlag von Herrn Schäuble.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Hört, hört!)

Das bedeutet, dass es übrigens auch für 2008 – wegen der nur anrechenbaren sieben Monate im Osten – lediglich zu einer Erhöhung von 1,45 % kommt, zuzüglich der Minusgeschäfte, die ich Ihnen gerade vorgerechnet habe.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, stellen Sie sich das einmal vor: 19 Jahre nach der deutschen Einheit bekommen die Beschäftigten im Osten sogenannte Lohnangleichungen. Bei 5 % sind das 340 Euro weniger in der Laufzeit. Und das bei gleicher Eingruppierung im Vergleich mit dem Westen!

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Wir haben aber die deutsche Einheit, sehe ich das richtig?)

Ja. Hinzu kommt dann noch die verlängerte Arbeitszeit für alle. Das sind 40 Stunden. Das würde bei einem Einkommensniveau im Osten von 96,25 % – zum Beispiel bei dieser Eingruppierung – bedeuten: 85 Euro weniger als im Westen, Monat für Monat. Das ist also der Vorschlag.

Die Verweigerungshaltung der Arbeitgeberseite, die Tarifüberleitung aus dem BAT zu übernehmen, kann zu Verlusten bis zu 400 Euro führen. Wer das nicht glaubt, kann das gern mit mir in meiner Region, in der Stadtver

waltung Schwarzenberg, nachrechnen. Das wird dann ständig ins Minus gehen, weil die Überleitung nach Herrn Schäuble ja nicht erfolgt.

Durch die Hintertür wird dann noch versucht, das sogenannte Weihnachtsgeld, das 13. Monatsgehalt, weiterhin bei 75 % im Osten zu behalten, obwohl jetzt eigentlich die 100-%-Angleichung vorgeschlagen war. 2009 heißt das 25 % weniger beim 13. Monatsgehalt im Osten. Ich denke, wohl niemand hier im Hohen Hause kann das, was ich jetzt vorgetragen habe, als Einkommenszuwachs betiteln.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Die machen es!)

Ich bin ja gespannt. Höhere Löhne sind also eine Frage der Gerechtigkeit.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Ich erinnere daran, dass die Preissteigerungen seit 2003 die letzten Lohnerhöhungen, die die Beschäftigten erhielten, schon lange aufgezehrt haben. Seit 2007 haben wir die Mehrwertsteuererhöhung, ständig steigende Preise bei Energie, Lebensmitteln usw. und die im November 2007 festgestellte Inflationsrate von 3 %. Nun können Sie mal ausrechnen, was dann übrig bleibt.

Die Forderungen der Gewerkschaften sind aufgrund der Steuermehreinnahmen bezahlbar. Nach unserem Dafürhalten müssen davon die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes endlich profitieren.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Schauen Sie sich den deutlichen Anstieg der Steuermehreinnahmen an, zugegeben aufgrund der letzten Jahre: Wir haben Steuermehreinnahmen bis 2011 von 186 Milliarden Euro prognostiziert. 2007 waren es 50 Milliarden Euro, 2008 17 Milliarden Euro mehr. Ich denke, meine Damen und Herren, ich kann es auch für die Kommunen vorschlagen. Davon müssen die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, besonders im Osten, partizipieren. Wer das nicht will, der macht die Spaltung zwischen Ost und West wieder auf.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Ich sage Ihnen, diejenigen, die im Herbst für höhere Diäten gesprochen haben, können die gleichen Argumente auch für unsere Beschäftigten in Sachsen nehmen. Ich denke, dann können Sie allen gewerkschaftlichen Forderungen nach 8 % zustimmen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Ich erteile das Wort der Fraktion der CDU. Herr Dr. Rößler, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Tarifverhandlungen sind Sache der Tarifpartner.

(Beifall bei der CDU)

Herr Tischendorf, die Tarifpartner im öffentlichen Dienst sind die Bundesrepublik Deutschland, die Kommunen und der Freistaat Sachsen – die Arbeitgeber.

(Zuruf des Abg. Klaus Tischendorf, Linksfraktion)

Auf der anderen Seite stehen die Gewerkschaften, die die Tarifverträge aushandeln.

Noch eine zweite Feststellung. Wir alle gönnen unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im öffentlichen Dienst bei Freistaat und Kommunen und beim Bund mehr Geld. Sie leisten eine ganz ausgezeichnete Arbeit und das ist jeden Beifall wert.

(Beifall bei der CDU)

Ich kann Ihnen das Umfeld schildern, in dem sich die Diskussion abspielt, auf die Sie, Herr Tischendorf, aufsetzen. Deutschland, der Exportweltmeister, erlebt einen Wirtschaftsboom. Aber der Wirtschaftsboom ist vom Weltmarkt getrieben, von der Binnenkonjunktur auf jeden Fall nicht.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Von der Lohnsteigerung!)

Wir haben eine relativ geringe Konsumneigung. Auch die hohe Sparquote ist eigentlich Ausdruck dessen, dass die Leute vorsorgen wollen; denn in der Geldbörse der Beschäftigten kommt wenig vom Aufschwung an. Ihre Arbeitsplätze – das muss man feststellen – sind sicherer. Neue Arbeitsplätze sind entstanden, und zwar Hunderttausende.

Aber wir haben es erst vorgestern wieder gehört: Die Mittelschicht, zu der sich die Deutschen – eigentlich alle – so gern zählen wollen, schrumpft. Die Zahl der Geringverdienenden nimmt zu. Es gibt wirklich Abstiegsängste in dieser Gesellschaft. Die Leute wollen ihren Anteil am Aufschwung, weil steigende Preise für Nahrungsmittel, Energie, höhere Steuern und Gebühren den Lebensstandard der kleinen Leute bis in diese Mittelschicht hinein eher stagnieren lassen. Derweilen – das Gefühl entsteht – stopfen sich die Managereliten in diesem Land die Taschen voll und hinterziehen anschließend noch Steuern. Auf diese Stimmung sattelt die PDS

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: DIE LINKE!)

hier populistisch auf und ausgerechnet vom Parlament soll ein politisches Signal für möglichst hohe Tarifabschlüsse ausgehen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Sehr richtig! – Beifall bei der Linksfraktion)

Aber, meine Damen und Herren, warum sitzen wir überhaupt hier?