Protocol of the Session on January 25, 2008

Der Vorteil für die Polizeibeamten: Die von mir eben berichteten Wartezeiten, beispielsweise sechs Monate auf einen Winteranorak – was auch die Deutsche Polizeigewerkschaft diese Woche in einem Offenen Brief heftig kritisiert hat –, gibt es in Bayern nicht. Dort liegt der Auslieferungsgrad innerhalb von fünf Arbeitstagen bei 96,5 %. Ein Polizist, der am Dienstag um 14 Uhr eine Bestellung für eine bestimmte Hose aufgibt, bekommt am Mittwoch um 10 Uhr diese Diensthose über ein Paketunternehmen vor Ort in die Dienststelle angeliefert. Das wäre in Sachsen überhaupt nicht vorstellbar. In Bayern gibt es die Möglichkeit, online zu bestellen. Es gibt in sechs Städten in Bayern Ladengeschäfte des privaten Anbieters, in die die Polizisten direkt selbst gehen und dort die Waren aussuchen können. Das ist Service, meine Damen und Herren, und davon sind wir in Sachsen meilenweit entfernt!

(Beifall bei der FDP)

Eine Randbemerkung sei auch noch erlaubt: Wenn wir nach Bayern schauen – vielleicht sogar neidvoll – und fragen, wie die das nur machen, dann gebe ich Ihnen eine Antwort: Das ist gar nicht schwer, sie müssen gar nicht weit verreisen. Die Bayern haben sich nämlich ausgerechnet auch noch für ein sächsisches Unternehmen entschieden.

(Beifall bei der FDP)

Es ist nun wirklich ein Treppenwitz der Weltgeschichte, dass wir in Sachsen sind, und von Sachsen aus wird die bayerische Polizei wesentlich besser mit Bekleidung versorgt, als wir dies hier vermögen. Das sollte uns Grund genug sein, uns dieser Sache zu widmen.

Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag. Es geht um das Geld des Steuerzahlers. Es geht um die Servicebereitschaft gegenüber den Polizeibeamten, es geht um deren Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit. Es geht damit auch um ein Stück innere Sicherheit, und das sollte es Ihnen allemal wert sein.

(Beifall bei der FDP)

Das war die einreichende Fraktion. Jetzt kommt die CDU-Fraktion in der Person von Herrn Bandmann; bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der FDP-Antrag geht auf den Bericht des Sächsischen Rechnungshofes aus dem Jahr 2007 ein, der sich im Abschnitt 11 mit der Organisation und Wirtschaftlichkeit des Beschaffungswesens der Polizei auseinandersetzt. Er wiederholt die Kritikpunkte des Rechnungshofes am derzeitigen System, insbesondere, dass eben nicht mit einer elektronischen Beschaffung

gearbeitet wird und die dezentrale Beschaffungsorganisation Doppelarbeit erzeugt. Der zu hohe Lagerbestand bindet unnötig Kapital.

Leider vermisse ich eine sachliche Auseinandersetzung mit den Argumenten der Stellungnahme des Sächsischen Staatsministers des Innern. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass wir uns über eine Neustrukturierung des Beschaffungswesens auseinandersetzen müssen. Sie unterschlagen aber, dass die Staatsregierung derzeit bereits ein entsprechendes Konzept entwickelt. Die Arbeitsgruppe Elektronische Beschaffung unter Federführung des Wirtschaftsministeriums erarbeitet derzeit ein Konzept zur landesweiten Einführung der elektronischen Beschaffung unter Ausnutzung der vorhandenen Zentralisierungs- und Bündelungspotenziale im Freistaat Sachsen.

Herr Bandmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abg. Dr. Schmalfuß?

Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage.

Das Innenministerium wirkt daran mit.

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion: Sehr, sehr schön!)

Darüber hinaus hat das Innenministerium mitgeteilt, dass es im Rahmen des Variantenvergleiches zur Bekleidungswirtschaft Möglichkeiten der länderübergreifenden Kooperation mit anderen Bundesländern prüft.

(Holger Zastrow, FDP: Prüft!)

Ich gehe davon aus, dass die Hinweise des Sächsischen Rechnungshofes zur Organisation der Beschaffung und der Bekleidungswirtschaft im anstehenden Wirtschaftlichkeitsvergleich berücksichtigt werden. Das heißt, die Staatsregierung ist bereits aktiv.

(Ah-Rufe von der FDP)

Sie wissen selbst, meine Damen und Herren Antragsteller, dass dies eben kein Prozess von heute auf morgen ist. Es geht darum, dass die Bekleidungswirtschaft der Polizei zukunftsfähig auf die Beine zu stellen ist, dass die Bekleidung modern ist und den Bedürfnissen der Polizistinnen und Polizisten Rechnung trägt. An der Notwendigkeit, die Organisation zu verändern, besteht meines Erachtens kein Zweifel. Ich bin zuversichtlich, dass es der Staatsregierung, insbesondere dem Innenministerium, gelingt, das erarbeitete Konzept bis zum Jahresende umzusetzen. Wir gehen davon aus, dass es daher nicht des Antrages der FDP bedarf.

Im Übrigen ist dieser Antrag wieder einmal ein Antrag als Trittbrettfahrer. Umso bedauerlicher finde ich es, dass sich eine Polizeigewerkschaft in Sachsen, deren Landesvorsitzenden ich bislang als seriösen Gewerkschaftsvertreter eingeschätzt habe, instrumentalisieren lässt und darauf hinweist, dass Polizisten im Freistaat Sachsen wieder einmal frieren müssen.

(Holger Zastrow, FDP: Schämen Sie sich!)

Diese Fälle sollten Sie klar benennen. Nur so kann – falls es diese Fälle überhaupt gibt – Abhilfe geschaffen werden.

Wir gehen davon aus, dass auch das bisherige Anorakmodell kälteabweisend und wärmend ist.

(Lachen der Abg. Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion)

Jeder Polizeibeamte verfügt über einen solchen Anorak. Glauben Sie denn, meine Damen und Herren, dass es dem Innenministerium Spaß gemacht hat, dass die mit den Lieferungen der neuen Winteranoraks beauftragte Firma pleite gegangen ist und eine neue Ausschreibung stattfinden muss? Es muss nämlich ausgeschrieben werden.

(Holger Zastrow, FDP: Wann wollen Sie das machen?)

Herr Zastrow, im Übrigen trägt selbst der Polizeipräsident das Vorgängermodell des Anoraks.

(Kristin Schütz, FDP, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Herr Bandmann, können Sie einer Dame etwas abschlagen?

Ich gestatte keine Zwischenfrage.

(Beifall der Abg. Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion)

Der Polizeipräsident ist sehr oft draußen im Land unterwegs und friert nach eigenem Bekunden in diesem Modell nicht.

Ich sehe noch eine andere Gefahr, auf die ich hinweisen möchte: Herr Kollege, je mehr eine bestimmte Firma in Sachsen hervorgehoben wird, die anbietet, die Beschaffung effizient, zeitnah und günstig zu gestalten, desto mehr wird dieser Firma möglicherweise ein Bärendienst erwiesen. Sie wissen, dass die Neuorganisation des Bekleidungswesens der Polizei einer öffentlichen Ausschreibung bedarf. Man sollte sich hier hüten, aktiver Lobbyist zu sein und eine bestimmte Firma zu empfehlen.

(Holger Zastrow, FDP: Vorsicht, Herr Bandmann! Ganz vorsichtig!)

Im Übrigen bekundet der Verband der Nordostdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie, dass aus seiner Sicht drei Firmen in Betracht kommen, die sich für die Einbeziehung in ein Ausschreibungsverfahren anbieten. Geben wir doch allen Firmen gleichermaßen die Chance, sich an einem sachlichen Ausschreibungsverfahren zu beteiligen, und verschlechtern wir nicht im Vorfeld deren Position!

Wir sind davon überzeugt, dass das Bekleidungswesen der Polizei im Freistaat Sachsen effizienter und moderner organisiert wird. Wenn immer auf den Freistaat Bayern verwiesen wird, wo die Bekleidungsversorgung funktio

niert und derartige Probleme nicht auftreten, dann bin ich sehr überzeugt davon, dass das Innenministerium die Erfahrungen aus anderen Ländern einbeziehen wird.

Ich möchte auf einen weiteren Punkt aufmerksam machen. Ein Schwerpunkt der Sächsischen Union in den Haushaltsverhandlungen ist natürlich das Thema „Innere Sicherheit“. Wie wichtig es uns ist, haben wir in den vergangenen Haushaltsberatungen gezeigt. Der Einzelplan 03 setzt für die Gewährleistung der inneren Sicherheit wesentliche Schwerpunkte. Wir stehen dazu, auch wenn Sie mit Ihren Anträgen immer wieder versuchen, ein anderes Bild der sächsischen Polizei zu zeichnen. Die Koalition hat die Beschaffung neuer Polizeifahrzeuge

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Haben die auch eine Heizung?)

und die Erneuerung alter Kommunikationstechnik mit mehr als 20 Millionen Euro unterstützt. Daran müssen wir anknüpfen. Wir werden die erfolgreiche Politik fortsetzen. Die Zahlen zu den Erfolgen der sächsischen Polizei sind heute schon genannt worden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Die Linksfraktion schickt Frau Kollegin Dr. Ernst. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich mache einen Vorschlag: Herr Bandmann, Sie ziehen die Winterjacke an

(Beifall der Abg. Caren Lay, Linksfraktion)

und wir stellen Sie in der Dresdner Neustadt ab, ich würde sagen, nachts.

(Heiterkeit und Beifall bei der Linksfraktion, der FDP und den GRÜNEN)

Wir bauen dann gemeinsam mit den GRÜNEN die Videokameras ab. Am nächsten Tag werden wir darüber sprechen, wie es denn so war.

(Heiterkeit und Beifall bei der Linksfraktion, der FDP und den GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wo sind wir eigentlich in diesem Freistaat gelandet? Jetzt muss sich die Opposition sogar schon um die Unterhosen und die Winterjacken der Polizei kümmern. So sieht es doch aus!