Danke, Frau Harenz, für Ihren Redebeitrag. - Als nächster Redner hat nun von der AfD-Landtagsfraktion Herr Carsten Becker das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Saarländer! Ich glaube, viele von Ihnen haben auch in der Kommunalpolitik den DigitalPakt Schule erlebt. In den letzten fünf, sechs Jahren konnten wir dadurch viele Maßnahmen umsetzen, von denen man ehrlicherweise sagen muss, sie hätten vielleicht auch schon in den letzten zehn, 15 Jahren erledigt werden können. Wir hatten da schon einen gewissen Sanierungs- und Investitionsstau, was Digitalisierung betrifft.
Aber wenn man auf Osteuropa schaut oder Skandinavien, dann sieht man, dort war man ein bisschen schneller, wenn es um diese Themen geht. Das haben wir jetzt aufgeholt. Wir haben dort viel investiert und haben auch die entsprechenden personellen Voraussetzungen, insbesondere wenn ich an die Gemeinden oder die Landkreise denke. Ich kenne die Zahl nicht genau, aber ich schätze, dass dort im Saarland über 100 Systemadministratoren mittlerweile beschäftigt sind. Die müssen wir auch alle bezahlen. Im Endeffekt zahlen das dann die Kommunen über die Kreisumlage oder auch über die Gemeindesteuern. Hier ist man natürlich in der Pflicht, die Kommunen, die Schulträger und die Landkreise zu unterstützen. Das ist, denke ich, eine Selbstverständlichkeit. Ideal ist natürlich, wenn das Geld vom Bund kommt, aber man kann ja nicht immer nur hoffen und wünschen und warten.
Wir sehen auch die Landesregierung in der Pflicht. Wenn man diese 80 Millionen Euro mal auf die sechs Jahre aufteilt, reden wir über eine Summe von 14 oder 15 Millionen Euro im Jahr. Aus unserer Sicht ist das aus dem Haushalt darstellbar, wenn man sieht, was teilweise für andere Projekte an Geld ausgegeben wird. Da wird jetzt natürlich ein großes Kreischen kommen, aber das eine oder andere Migrations- oder Flüchtlingsheim geht auch in ähnliche Dimensionen. Wenn man statt in Flüchtlingsheime in unsere Schulen investieren würde, könnte man das auch aus eigener Kraft stemmen, aber natürlich würden wir uns wünschen, dass dort eine Bundeslösung kommt. Von daher werden wir uns bei diesem Antrag enthalten. Ich wünsche uns aber, dass man auf Bundesebene Lösungen findet, um unsere Kommunen und die Schulträger im Saarland zu unterstützen. - Vielen herzlichen Dank!
Danke, Herr Kollege Becker. - Als nächste Rednerin hat nun von der Regierung die Ministerin für Bildung und Kultur, Frau Christine StreichertClivot, das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich will zunächst einmal all diejenigen, die sich jetzt enthalten, sagen: Es fällt Ihnen offensichtlich schwer, über Parteigrenzen hinweg etwas zu akzeptieren und einer Sache zuzustimmen, die offensichtlich im Bundesrat einstimmig angenommen wurde und auf der Ministerpräsidentenkonferenz einstimmige Zustimmung gefunden hat. Wie man sich hier hinstellen und sagen kann, man finde das eigentlich alles gut, wenn der Digitalpakt kommt, aber zustimmen könne man jetzt doch nicht ‑ ‑
Entschuldigung, aber ich finde, man liest daraus keine Unterstützung für die Fortführung des Digitalpaktes.
(Beifall von der SPD. - Abg. Schmitt- Lang (CDU) : Wir haben im Sommer einen eigenen Antrag gestellt. - Anhaltendes Sprechen der Abgeordneten Schmitt-Lang (CDU).)
(Abg. Theis (CDU) : Frau Schmitt-Lang hat ei nen Zwischenruf gemacht, und das ist hier gestattet, Frau Präsidentin! - Unruhe.)
Ich habe einfach das gewertet, was hier vorher angekündigt worden ist. Wir brauchen den Digitalpakt und ich glaube, da gibt es schon noch mal neue Erkenntnisse, die auch für die Opposition durchgängig wichtig sind. Die ICILS-Studie hat uns in unserem Auftrag bestätigt, nicht müde zu werden, die digitalen Kompetenzen junger Menschen in den Blick zu nehmen und zu investieren, und dass alleine Verbotsdebatten und Dinge aus den Kinderzimmern oder aus den Klassenzimmern fernzuhalten, an dieser Stelle auch nichts bringen. Die ICILS-Studie hat uns auch darauf aufmerksam gemacht, dass es nicht nur um die Kompetenzen geht, sondern auch um die Frage der Zugänge zu digitalen Endgeräten. Diese Studie hat nämlich festgestellt, und damit bestätigt sie uns in dem Weg, den wir im Saarland gehen, dass alle Schülerinnen und Schüler mit Endgeräten und einem Zugang zu digitalen lernförderlichen Angeboten auszustatten, genau das Richtige ist. Es ist nämlich immer noch in der Mehrzahl der Bundesländer tatsächlich davon abhängig, aus welchem Haushalt man kommt, mit welchem digitalen Endgerät man arbeitet, weil die Beschaffung und das Zurverfügungstellen sowohl der Geräte als auch der Inhalte Aufgabe der Eltern ist. Das ist im Saarland nicht so und das ist gut so und das ist deshalb so, weil eigenes Geld investiert wurde.
Es ist also klar, dass wir an dieser Stelle den Digitalpakt brauchen. Der Digitalpakt hat von 2019 bis 2024 insgesamt 87 Millionen Euro in das Saarland gespült. Das ist eine entscheidende Zahl, die auch mit Blick auf die Debatten, die wir heute Morgen geführt haben, was Entlastung der Kommunen angeht, um ihrer Aufgabe als Schulträger nachzukommen, tatsächlich eine sehr, sehr gute Zahl ist. Aktuell arbeitet man in meinem Haus mit Hochdruck daran, alle Anträge, die bis Mitte November von den Kommunen eingegangen sind, entsprechend zu bewilligen. Wir haben dann als Land und Kommunen mehr als 99 Prozent der Mittel nicht nur gebun den, sondern der aktuelle Mittelabruf wird uns auch dazu bringen, dass diese Mittel komplett verausgabt sein werden. Da haben wir auch im Vergleich mit anderen Bundesländer wichtige Schritte unternommen. Das ist in der engen und - das sage ich einmal parteiübergreifend - sehr löblichen und guten Zusammenarbeit mit unseren Städten, Gemeinden und vor allem auch den Landkreisen, die sich diesem Thema stellen und im Bereich der digitalen Bildung im Land weit vorne sind, hervorragend gelaufen.
Ich sage das, weil das keine Selbstverständlichkeit ist. Wir haben zwei Jahre mit einer FDP-Bildungsministerin verhandelt, die eigentlich gar nicht verhandeln wollte. Offen gesagt, die Pläne zum sogenannten D-Day haben auch offenbart, dass es gar nicht das Ziel gab, in dieser Bundesregierung mit dem Bundesbildungsministerium den Digitalpakt noch zu einem Abschluss zu bringen. Das haben wir sowohl in den Verhandlungen gemerkt als auch bei der Verhandlungstaktik, die an dieser Stelle vorgeführt worden ist. Ich bin aus diesem Grund sehr froh, dass mit dem Bundesbildungsminister Cem Özdemir nun jemand Verantwortung trägt, der die Verhandlungen jetzt auch nach vorne bringt.
In der vergangenen Woche konnte ich mit meinen beiden Kolleginnen Stefanie Hubig, der Ministerin aus Rheinland-Pfalz, und Karin Prien, der Ministerin der CDU aus Schleswig-Holstein, in einem gemeinsamen Gespräch mit Cem Özdemir nicht nur über den aktuellen Stand sprechen, sondern auch klar formuliert das Ziel in Aussicht stellen, dass wir eine gemeinsame und gute Lösung wollen. Das soll eine schnelle Lösung sein, eine Lösung, die den Ländern und Kommunen ermöglicht, ab dem 1. Janu ar 2025 in einen vorzeitigen Maßnahmenbeginn zu gehen. Diese Anerkennung muss der Bund machen. Ich bin zuversichtlich, dass uns das gelingt, sofern alle Länder, egal welche Partei die Regierung trägt, mitgehen. Daran arbeiten wir jetzt. Ich bin froh, dass an der Spitze der KMK mit den Kolleginnen aus Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein ein parteiübergreifendes Bündnis besteht, den Digitalpakt mit dem neuen Bundesbildungsminister nach vorne zu stellen und zur Umsetzung zu bringen.
Lassen Sie uns also gemeinsam an allen Stellen, wo jeder und jede Verantwortung trägt, dafür Sorge tragen, zu überzeugen, dass es den Digitalpakt braucht. Das bedeutet auch, nicht nur dort auf Landesregierungen einzuwirken, wo man es kann, sondern auch immer wieder deutlich zu machen, dass auch in Zukunft bei denjenigen, die nach der Bundestagswahl Verantwortung tragen, im Deutschen Bundestag die entsprechenden Mittel zur Verfügung gestellt werden. Ich kann mich gut an Diskussionen erinnern, die infrage gestellt haben, ob der Bund sich in Sachen Bildungspolitik an den Aufgaben der Länder überhaupt beteiligen soll. Das trifft auch auf Parteien zu, die in diesem Landtag vertreten sind. Insofern glaube ich, ist es wichtig, hier Farbe zu bekennen, dass der Föderalismus keine Ausschließlichkeit bedeutet, sondern auch gut im Schulterschluss mit dem Bund funktioniert, weil der Digitalpakt letzten Endes - das ist gerade für das Saarland wichtig - für die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in unse
rem Bundesland sorgt. Deshalb ist es gut angelegtes Geld für unsere Kinder und Jugendlichen in den Schulen. - Herzlichen Dank und Glück auf.
Vielen Dank, Frau Ministerin, für Ihren Beitrag. - Als nächste Rednerin hat noch einmal von der CDU-Landtagsfraktion Frau Schmitt-Lang das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie viel Farbe sollen wir noch bekennen? - Ich habe doch jetzt wiederholt, dass die CDU im Saarland schon die ganze Zeit für den Digitalpakt ist, die CDU im Bund schon die ganze Zeit für den Digitalpakt ist und wir einen Bundesparteitagsbeschluss zu dem Digitalpakt haben. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich warte noch auf die Erleuchtung, was an diesem Antrag ein Neuigkeitswert im Vergleich zu Ihrem Antrag vom Juli ist. Diese Antwort bleiben Sie mir schuldig. Wir hatten hier im Juli eine Debatte. Wir als CDU-Fraktion haben einen Antrag eingebracht mit konkreten Forderungen unter anderem zum Digitalpakt. Sie haben ihn abgelehnt. Sie hatten einen eigenen Antrag zum Digitalpakt. Der war zwar ziemlich dürftig, aber Sie haben ihn angenommen.
Der hier ist noch dürftiger. Da steht nichts drin, außer, dass wir begrüßen sollen, was Sie tun, und Sie auffordern sollen, es weiter zu tun. Ganz ehrlich, ich schaue einmal in die Runde aller Parlamentarierinnen und Parlamentarier hier im Raum, wenn unser Anspruch an uns selbst ist, ein reiner Begrüßungsonkel für Selbstverständlichkeiten der Regierungsarbeit zu sein, ihr lieben Leute, dann haben wir hier echt etwas falsch gemacht. - Vielen Dank.
Danke, Frau Schmitt-Lang, für Ihren Redebeitrag. Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag Drucksache 17/1280. Wer für die Annahme der Drucksache 17/1280 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 17/1280 einstimmig angenommen ist. Zugestimmt hat die SPD-Landtagsfraktion. Enthalten haben sich die CDU- und die AfDLandtagsfraktion.
Beschlussfassung über den von der CDULandtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Leistung fordern - Leistung fördern (Drucksache 17/1283)
Die CDU-Landtagsfraktion hat mitgeteilt, dass sie diesen Punkt zurückzieht und darum bittet, ihn auf die Tagesordnung in der nächsten Sitzung zu setzen.
Beschlussfassung über den von der CDULandtagsfraktion und SPD-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Gegen das Vergessen - Gedenkstättenbesuche in der Schule als Mahnung für die Zukunft verbindlich einführen (Drucksache 17/1284 - neu)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kirchenrat Hofmann! Sehr geehrte Saarländerinnen und Saarländer! Vor kaum mehr als zwei Wochen durfte ich als Vorsitzender des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge viele von Ihnen in der Ludwigskirche und an den Gedenkstätten auf den Spicherer Höhen begrüßen, nämlich zur zentralen Gedenkfeier anlässlich des Volkstrauertages und damit eines Tages, der sich im Laufe der Jahrzehnte von einem Tag der Trauer zu einem Tag der Mahnung, der Versöhnung, der Verständigung und des Friedens gewandelt hat, einem Gedenktag, der sinnbildlich auch heute wieder für eine Erinnerung steht, die im Wandel begriffen ist.
Wir konnten für unsere Veranstaltung in der Ludwigskirche Lea Sophie Keller gewinnen. Sie ist eine junge Lehramtsstudentin, die es im Stil des Poetry-Slam auf eindrückliche Weise schaffte, der Todesangst von Familien, Müttern und Kindern im Bombenhagel Ausdruck zu verleihen, aber auch der gleichzeitigen Sehnsucht nach Normalität und Sicherheit. Dass ihr Vortrag niemanden unberührt ließ, konnte nur gelingen, weil sie sich zuvor intensiv mit der Thematik, der Geschichte und dem Erleben in der damaligen Zeit auseinandergesetzt hat.
Wir konnten mit Norbert Hildesheim, geboren 1937, einen der immer weniger werdenden Zeitzeugen für uns gewinnen. Er berichtete aus eigenem Erleben von dem Verrat aus engstem Umfeld und der Verhaftung des Vaters durch die
Gestapo. Er erzählte von den Bombennächten in Saarbrücken infolge des von den Nazis angezettelten Weltkrieges. Er schilderte die Not, den Hunger und das Elend der unmittelbaren Nachkriegszeit. Auch seine Schilderungen und seine eindringlichen Botschaften ließen erkennbar niemanden unberührt. Zeitzeugen wie ihn gibt es jedoch immer weniger. Was geschehen ist, verblasst, vielleicht auch deshalb, weil selbst größtes Grauen im Laufe der Zeit immer abstrakter und immer weniger fassbar wird.
Eine junge Volontärin der Saarbrücker Zeitung schrieb im Vorfeld des Volkstrauertages in einer Pro- und Kontrakolumne - ich zitiere mit der Erlaubnis von Frau Präsidentin -: „Der Volkstrauertag hat ausgedient.“ - Mal ehrlich, die wenigsten wissen noch, warum es ihn überhaupt gibt. Das ist eine Aussage, die uns wachrütteln sollte, denn das, was geschehen ist, darf nicht vergessen werden - schon gar nicht in einer Zeit, in der Hass und Fremdenfeindlichkeit, Nationalismus und Ausgrenzung wieder hoffähig zu werden scheinen, einer Zeit, in der Judenhass und ein gewalttätiger, israelbezogener Antisemitismus wieder mehr denn je offen auf unseren Straßen und Plätzen zutage treten, und einer Zeit, in der manche versuchen, Geschichte umzudeuten und die schrecklichen Gräueltaten des menschenverachtenden Naziregimes zu relativieren. Unser Antrag hat deshalb eine ganz klare Botschaft gegen das Vergessen. Denn wenn wir vergessen, liebe Kolleginnen und Kollegen, laufen wir Gefahr, erneut unsere Menschlichkeit zu verlieren und damit die wichtigste Grundlage für eine friedliche, freiheitliche und offene demokratische Gesellschaft.
Die Schoah, der industrielle Massenmord an Millionen von Jüdinnen und Juden, an Roma und Sinti, an Menschen mit Behinderungen, an politisch Verfolgten und Andersdenkenden, ist und bleibt ein Verbrechen, das nicht begreifbar ist. Es ist deshalb unsere Verpflichtung und es muss unsere Aufgabe sein, nicht nur zu erinnern, sondern diese Erinnerung an die kommenden Generationen weiterzugeben. Roman Herzog, unser ehemaliger Bundespräsident, hat es treffend formuliert - ich zitiere erneut mit Erlaubnis von Frau Präsidentin: „Die Erinnerung darf nicht enden; sie muss auch künftige Generationen zur Wachsamkeit mahnen. Sie ist nicht der Schlusspunkt; sie ist immer wieder ein Anfang.“ - Dieses „Immer wieder ein Anfang“ liegt in unserer Verantwortung.
Engagierte Gruppen und Verbände wie beispielsweise das Netzwerk für Demokratie und Courage, die Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend im Saarland, der Landesjugendring und auch der Volksbund leisten in diesem Sinne unschätzbar Wertvolles in der offenen Jugendarbeit und der Kinder- und Jugendarbeit ihrer
Verbände, aber auch im außerunterrichtlichen Bereich an unseren Schulen. Sie bieten in ihren Bildungsprogrammen Fahrten zu Gedenkstätten wie dem ehemaligen Konzentrationslager Natzweiler-Struthof, nach Auschwitz und anderen Orten der Geschichte an, für Jugendgruppen ebenso wie für Schulklassen. Sie arbeiten mit Schülerinnen und Schülern die Biografien und die Geschichten von Menschen auf, die zu Opfern des Naziregimes wurden, und sie führen mit Jugendgruppen Workcamps in Gedenkstätten durch, der Volksbund beispielsweise auf Usedom, der Landesjugendring mit seinem Projekt „Buddeln und Bilden“ an der Gedenkstätte Neue Bremm hier in Saarbrücken. Dieses Bemühen und dieses große Engagement erreichen viele junge Menschen. Trotzdem bleibt es bislang leider nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein. Die Geschichte verlangt aber mehr von uns.
Unser Ziel ist es deshalb, dass alle Schülerinnen und Schüler im Saarland mindestens ein Mal während ihrer Schulzeit eine Gedenkstätte oder ein ehemaliges Konzentrationslager besuchen, eingebettet in den Unterricht mit gründlicher Vor- und Nachbereitung. Warum? - Weil der direkte Kontakt mit diesen Orten des Gedenkens, des Lernens und des Verstehens mehr sagt als jedes Geschichtsbuch, mehr bewegt als jede theoretische Diskussion. Beim Volksbund erlebe ich immer wieder, wie solche Stätten junge Menschen - auch meine eigenen Töchter - berühren, sie zum Nachdenken bringen und in ihrem Wertebewusstsein prägen. Die jüngsten Ereignisse von den grausamen Angriffen auf Israel im Oktober 2023 bis hin zum Anstieg antisemitischer und rassistischer Vorfälle auch hier in Deutschland zeigen uns eindringlich, wie brüchig die Lehren aus der Geschichte sein können. Es liegt an uns, sicherzustellen, dass „Nie wieder“ nicht zu einer hohlen Phrase verkommt. Die Arbeit der Gedenkstätten und Erinnerungsorte ist hierbei unverzichtbar. Sie geben den Opfern Namen und Gesichter. Sie lassen uns innehalten und spüren, was es bedeutet, wenn Demokratie und Menschlichkeit versagen. Sie zeigen uns, wohin Hass, Gleichgültigkeit und Hetze führen können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Bildung ist der Schlüssel. Doch Theorie alleine reicht nicht aus. Der Besuch einer Gedenkstätte bringt die Dimensionen des Unrechts und der Verantwortung direkt und unmittelbar zu den jungen Menschen. Jean-Claude Juncker hat dies mit den Worten beschrieben: Soldatenfriedhöfe sind die größten Schreie gegen den Krieg. - Genau das muss die Arbeit mit jungen Menschen vermitteln: eine Erinnerungskultur, die den Frieden fördert und vor den Gefahren von Hass und Gewalt warnt. Wenn Schülerinnen und Schüler beispielsweise die Kälte eines Barackenraumes spüren, die endlosen Reihen von Koffern oder Schuhen sehen, dann
berührt das ihre Herzen. Es bleibt nicht abstrakt, es wird real. Wir wissen, dass Antisemitismus, Rassismus und Extremismus nicht im luftleeren Raum entstehen. Sie gedeihen dort, wo Geschichte nicht erzählt, nicht verstanden und auch nicht reflektiert wird.