Protocol of the Session on December 4, 2017

LobbyControl warnt zum Beispiel, um es einmal zu veranschaulichen, dass in Heften die private Altersvorsorge ganz einseitig und als alternativlos dargestellt wird. Wenn im Unterricht das Thema Geld mit solchen Materialien, hinter denen etwa private Finanzdienstleister stecken, behandelt wird, dann wird den Schülerinnen und Schülern nahegelegt, ihr Geld in Aktien anzulegen. Das können sie sich gerne für später, irgendwann im Erwachsenenalter aufheben. Sie merken aber, wenn man den Kampf um Köpfe und Konsumverhalten so führen will, dann ist das sehr fragwürdig. Für uns ist das nicht hinnehmbar.

(Beifall von der LINKEN.)

Deshalb wollen wir eine Monitoring-Stelle für Unterrichtsmaterialien. Das gibt es in dieser Art und Weise auch in anderen Bundesländern. Das ist auch eine Forderung der GEW. Diese Stelle soll am Ministerium angedockt sein und dazu dienen, dass Lehrerinnen und Lehrer sich über kostenfreie Materialien informieren können und somit offensichtliche Lobbyarbeit und offensichtliche Werbung an den Schulen verhindert werden kann. Das kostet kein großes Geld. Es geht um eine Stelle. Es wäre ein wichtiges Zeichen und eine gute Idee, die wir wie gesagt in einen Abänderungsantrag gegossen haben. Ich erspare mir nun die Aufforderung, dem zuzustimmen. Ihre Ablehnungsreflexe sind leider allzu bekannt. Trotzdem bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der LINKEN.)

Vielen Dank. - Das Wort hat nun der Abgeordnete Jürgen Renner von der SPD-Landtagsfraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Besucherinnen, liebe Besucher! Ich ziehe einmal einen Strich unter den Beitrag der Abgeordneten Barbara Spaniol. In Vielem geht es nicht weit genug, aber im Wesentlichen sind wir uns in den Tendenzen der Bildungspolitik einig. Wir können wohl alle unterstreichen, dass die Bildungspolitik in diesem Land auf einem guten Weg ist, auch wenn es manchmal an der einen oder anderen Stelle noch hakt.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Wenn wir über Bildungspolitik und Bildung in diesem Land reden, dann müssen wir uns zunächst einmal zwei Dinge vergegenwärtigen. Zum einen braucht gute Bildungspolitik eine Vereinbarung aller am Bildungswesen beteiligten Akteure, dass Kinder und Jugendliche nicht Objekt von Bildung, von Interessengruppen, Lehrerverbänden und so weiter sind, sondern dass Kinder Subjekt ihres eigenen Handelns sind. Das bedeutet, Erziehung und Bildung haben den Auftrag, Kinder und Jugendliche zu befähigen, ihre eigenen Potenziale zu entdecken, zu entwickeln, zu schärfen und auszuschöpfen und ihren Platz in der Gesellschaft zu finden und auszugestalten und sich zu starken Persönlichkeiten zu entwickeln, die sich verantwortungsbewusst verhalten und verantwortungsbereit handeln.

Wenn wir über Bildungspolitik und Bildung reden, dann ist der zweite Aspekt, dass Bildung Nachhaltigkeit und Kontinuität braucht. Die Kunst in der Bildungspolitik besteht darin, zur richtigen Zeit die richtigen Entwicklungsimpulse zu setzen. Der große Fehler in der Bildungspolitik bestünde darin, zu schnell, zu viel und in zu kurzer Zeit zu wollen. Deshalb braucht es mitunter lange Entwicklungszeiträume, Frau Spaniol, auf dem Weg hin zu einer guten Bildungspolitik. Man muss sich aber schon auf diesen Weg machen. Deshalb bin ich ganz froh, dass wir auch in der zweiten Großen Koalition mit Bildungsminister Commerçon diesen Weg der Kontinuität beschreiten. Ich erinnere mich daran, dass Minister Commerçon 2012 der vierte Minister in fünf Jahren war. Ich glaube, es tut sowohl dem Ministerium für Bildung und Kultur wie auch der Bildungspolitik insgesamt gut, dass wir die Kontinuität auf dem Weg zu einer guten Bildungspolitik bewahren.

Auf diesem Weg kommen manche Veränderungen auch auf leisen Sohlen daher. Ich erwähne die individuelle Förderung, die zum Kernbestandteil der

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) )

Grundschule gehört, die ja eine Grundschule für alle ist. Die Grundschule ist sozusagen konstitutiv für die Gemeinschaftsschulen. In den Gymnasien haben wir mit der individuellen Lernbegleitung und mit der Werkstatt-Schule zwei Projekte, die bundesweit einmalig sind und die mit der Deutschen Schulakademie durchgeführt werden. Mit all diesen Maßnahmen und Projekten legen wir den Grundstein für eine neue Schul- und Lernkultur. Ich glaube, dies ist ein unumkehrbarer Prozess, der zu einer deutlichen Qualitätssteigerung und zu verbesserten Lernergebnissen führen wird. Auf diese Weise sichern wir auf Dauer Nachhaltigkeit von Bildung, erhöhen die Chancen und die Bildungsgerechtigkeit.

Das erfordert natürlich die entsprechenden Ressourcen. Frau Spaniol hat es angesprochen. Diese Ressourcen sind natürlich Geld, Personal und Zeit. Der Bildungsetat knackt in diesem Jahr zum ersten Mal die Milliarden-Marke, es sind 1,009 Milliarden. Das ist eine Steigerung um 3 Prozent, während der Gesamtetat nur um rund 1,5 Prozent steigt. Wir haben in unserem Koalitionsvertrag festgehalten, dass der Anteil der Bildungsausgaben am Gesamtetat prozentual stärker steigen wird. Das haben wir schon in der ersten Legislaturperiode im Koalitionsvertrag gehabt. Das haben wir jetzt auch in der zweiten Legislaturperiode im Koalitionsvertrag. Das heißt, wir halten auch in der neuen Legislaturperiode bei diesem Thema Wort.

Wenn ich sage, wir brauchen mehr Personal, dann lohnt sich ein Rückblick auf die Ausgangssituation der letzten Legislaturperiode. 588 Stellen sollen abgebaut werden, weil PwC in einer Prognose gesagt hat, die Schülerzahl sinkt bis 2021 auf ein gewisses Niveau. Damit werden Lehrerstellen quasi überflüssig oder können eingespart werden. Diese demografische Entwicklung ist so nicht eingetreten. Der Umstand zeigt, dass wir über so lange Zeiträume gar nicht planen können. Deswegen ist es gut, dass wir den Abbaupfad in der Anzahl der Stellen um 200 deutlich reduzieren und ihn zusätzlich strecken. Das gibt uns in dieser Situation, in der die Schulen mit Belastungen zu kämpfen haben, etwas Luft. Frau Spaniol hat das zu Recht angesprochen.

Aus meiner Sicht ist allerdings noch wichtiger, dass wir das System der bedarfsgerechten Personalermittlung beibehalten, sodass wir auch kurzzeitig nachsteuern können, je nachdem, wie die Entwicklung ist. Wir wissen, in den letzten Jahren hatten wir mehr Geburten zu verzeichnen, auch in unserem Bundesland. Gott sei Dank, das ist eine gute Entwicklung. Außerdem haben wir Zuzug in unserem Land. Darauf müssen wir reagieren. Im Übrigen bin ich froh, dass wir relativ rasch bei der Zuzugswelle reagiert haben. Ich wage mir nicht auszudenken, wenn wir an dieser Stelle noch großartig hätten kämpfen müssen. Was würde Frau Spaniol heute

über die Zustände an unseren Schulen sagen? Ich glaube, es war richtig so. Es ist auch richtig so, das in Zukunft beizubehalten.

Die Situation an Grundschulen und Gemeinschaftsschulen ist angesprochen worden. Es gilt hier festzuhalten, dass in der letzten Legislaturperiode das größte Entlastungspaket seit 15 Jahren in Angriff genommen wurde. Es gab eine Absenkung von Klassenteilern und die Verbesserung der Schüler-LehrerRelation. Wer sich die Statistiken anschaut, wird sehen, dass wir bundesweit bei der Schüler-LehrerRelation trotz Haushaltsnotlage an der Spitze liegen. Wir haben 260 sogenannte Vollzeitäquivalente an Förderlehrkräften in den Regelschulen. Die mobile Lehrerreserve wurde aufgestockt. Die Unterrichtsverpflichtung an Grundschulen wurde reduziert. Die Einrichtung von Konrektorenstellen hat stattgefunden. Zusätzliche Lehrerwochenstunden sind in belastete Schulstandorte gegeben worden.

Wenn ich vorhin das Stichwort lange Entwicklungslinien und Kontinuität angeführt habe, dann ist es gut, dass im Rahmen des Projektes „Zukunftssichere Landesverwaltung“ die Absenkung der Eingangsbesoldung beziehungsweise ihre Abschaffung ab 2020 in Angriff genommen wird. Auch das trägt zur Wertschätzung der Arbeit unserer Lehrkräfte und zu einem besseren Arbeitsklima an unseren Schulen bei.

Frau Spaniol, was das Thema einheitliche Besoldung angeht, glaube ich, dass wir in der Grundposition sehr einig sind. Ich glaube aber, dass es einem Haushaltsnotlageland nicht gut ansteht, in dieser Entwicklung vorzupreschen. Wir erleben das zurzeit in Berlin, Brandenburg und NRW, wo das Amt A 13 für Grundschullehrer eingeführt werden soll. Der Zug wird nicht aufzuhalten sein, vor allen Dingen dann, wenn wir in der Konkurrenz um Lehrkräfte bestehen wollen. Es wird à la longue kommen.

Diese Debatte zeigt allerdings auch, dass es falsch war, Anfang oder Mitte der 2000er-Jahre die bundeseinheitliche Lehrerbesoldung aufzugeben. Auch hier wird man auf Bundesebene an einen Punkt kommen, an dem man sagt, okay Leute, das hat sich nicht bewährt, wir müssen hier gegensteuern und wieder zu einer bundeseinheitlichen Besoldung von Lehrkräften in den Bundesländern zurückkommen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Beim Punkt Personal möchte ich erwähnen, dass wir auch bei der sozial indizierten Ressourcensteuerung - sprich Lehrerwochenstunden und Personal für besonders belastete Standorte - dazu kommen werden. Wir werden, das haben Sie erwähnt, Mittel für Projekte an sozial belasteten Standorten einstellen. Man kann natürlich sagen, das ist nicht genug. Ich behaupte, wenn wir Ihre Zahl eingestellt hätten, dann hätten Sie das Doppelte gefordert. Aber es ist

(Abg. Renner (SPD) )

an dieser Stelle ein Anfang gemacht. Diese Maßnahmen kommen den Schulen in belasteten Situationen zugute. Auch das ist ein Fortschritt in der saarländischen Bildungspolitik.

Geld, Personal, Zeit. Ich glaube, beim Faktor Zeit müssen wir nicht nur die ganze Geschichte mit Lehrerwochenstunden, Personalisierung und so weiter beobachten. Vielmehr müssen wir dabei auch im Blick haben, wie viel Zeit die Kinder und Jugendlichen haben, um zum gewünschten Bildungserfolg zu gelangen. Das war auch Gegenstand der Debatten im Wahlkampf. Kein Wunder. 2001 wurde G8 eingeführt; es ist seither umstritten. Wenn wir also über Schulfrieden reden, dann können wir festhalten, dass G8 nicht gerade zur Stärkung des Schulfriedens beigetragen hat. Die Debatte läuft.

Es läuft auch ein Volksbegehren, das aus meiner Sicht unzureichend ist, denn das Volksbegehren berücksichtigt nicht die Folgewirkungen auf die Gemeinschaftsschule, die wir seit 2012 sehr erfolgreich aufgebaut haben. Das Volksbegehren lässt die Frage außer Acht, wie wir vor allem die Gleichwertigkeit der beiden Säulen Gemeinschaftsschule und Gymnasium auf Dauer sicherstellen können. Es berücksichtigt nicht Fragen des Schulzugangs und der Schullaufbahnempfehlung. Es berücksichtigt auch nicht die Auswirkungen auf die Ausgestaltung der inzwischen beschlossenen Struktur der gymnasialen Oberstufe. Es berücksichtigt erst recht nicht Fragen der Unterrichtsqualität und Inhalte.

Bei allem Verständnis für die Initiatoren des Volksbegehrens muss man sagen, ein solch umfangreiches Vorhaben ist eben nicht mit einem Satz als Änderung im Gesetzestext zu bewerkstelligen. Deshalb haben wir die Expertenkommission eingerichtet. Wir werden dort die Argumente austauschen und auf die Kraft der Argumente zählen. Wir müssen die Balance des Gesamtsystems im Blick behalten. Anders geht es nicht. An der Stelle will ich auch ganz klar sagen: Wir können uns keine Art von Schulformegoismus erlauben. Also zu sagen, ich will zurück zu G9, was dann bei der Gemeinschaftsschule passiert, interessiert mich nicht. Frau Spaniol, wir waren zusammen bei der Landeskonferenz der GEW. Dort wurde gesagt, lasst das sein, sonst geht uns die Gemeinschaftsschule kaputt. Auf der anderen Seite werden die Nöte beim G8 nicht berücksichtigt. Wir müssen also aufpassen, dass wir in dieser Debatte nicht einem Schulformegoismus das Wort reden. Vielmehr müssen wir die Wechselwirkungen bedenken und die Gesamtbalance des Bildungssystems im Blick behalten.

Ähnlich verhält es sich mit dem Ganztag. Auch hier haben wir große Fortschritte zu verzeichnen. An 28 Standorten wird im Land im gebundenen Ganztag unterrichtet. Die Anzahl der Schülerinnen und Schüler im gebundenen Ganztag hat sich verdrei

facht. Es müssten derzeit rund 6.000 Schülerinnen und Schüler sein, die im gebundenen Ganztag unterrichtet werden. Auch hier verzeichnen wir zunächst oft Widerstände, wenn eine Gebundene Ganztagsschule eingerichtet wird. Wenn sie dann aber läuft, erlebt die Gebundene Ganztagsschule einen großen Zulauf. Manchmal fragt man sich im Nachhinein, warum eigentlich die Debatten geführt worden sind.

Da ist viel Verklärung im Spiel - keine Frage. Ich erinnere an den Standort Merchweiler und die Maxvon-der-Grün-Schule. Es hängt oft mit handelnden Personen vor Ort zusammen. Lange Zeit wurde sie dort schlechtgeredet; das muss man so sagen. Jetzt hat sich dort etwas geändert. Mittlerweile ist der Ansturm so groß, dass wir in der Nachbarschule - Gemeinschaftsschule Illingen - einen Ganztagszweig zusätzlich einrichten mussten, damit die Merchweiler Schule nicht überlaufen ist.

In Scheidt haben wir dasselbe. Es gab während einer langen Zeit Diskussionen. Die Schule wurde eingerichtet. Es herrscht eine große Nachfrage nach dem Angebot der Gebundenen Ganztagsschule, sodass die Schule schon überlegen muss, wie sie im nächsten Schuljahr mit den Anmeldungen zurechtkommt. Wir haben in diesen Tagen in der Saarbrücker Zeitung lesen können, dass in Siersburg ein gebundener Ganztagszweig eingerichtet worden ist. Auch dort gab es große Diskussionen.

(Zuruf von Minister Jost. - Sprechen und La- chen.)

Ich habe schon gedacht, Sie wollten das Ressort wechseln. - Wie kommentiert es die Saarbrücker Zeitung: Wir brauchen mehr Ganztag, wir brauchen mehr solcher Schulen, wir brauchen Wahlfreiheit. Deswegen führen wir das Investitionsprogramm für ganztägige Bildung und Betreuung fort. Es wird weitere neue Standorte geben, damit wir irgendwann einmal wirklich zu einer Wahlfreiheit kommen. Aber auch hier keine Art des Schulformegoismus, wir haben auch 290 Ganztagsstandorte in freiwilliger Form. Es kann uns auch hier nicht egal sein, was dort passiert. Wenn die Erkenntnis wächst, dass hier Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung notwendig sind, dann wollen wir dem gerne nachkommen. Wir werden auch in Modellschulen, Schulversuchen eruieren, wie wir dort zur Qualitätsverbesserung durch die Bereitstellung von Budgets und Modulen kommen können. Wir wollen das auch auswerten, um dann hinterher die Konsequenzen für die flächendeckende Qualitätsverbesserung an Freiwilligen Ganztagsschulen ziehen zu können.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch die beruflichen Schulen erwähnen. Hier gibt es auch Handlungsbedarf, es ist viel passiert, aber die Reform der Übergangssysteme ist bereits angespro

(Abg. Renner (SPD) )

chen worden. Was die Attraktivität der dualen Berufsausbildung angeht, haben wir noch einiges zu tun. Hier sind auch die Kammern in der Pflicht. Gute Arbeit braucht gute Rahmenbedingungen.

Ich möchte noch einen Punkt ansprechen. Die Kultur kommt immer zu kurz. Gestatten Sie mir, dass ich dennoch kurz darauf eingehe. Vor knapp drei Wochen wurde die Moderne Galerie im Saarlandmuseum neu eröffnet. Der Landtag hat sich lange mit diesem Thema beschäftigt, es gab große Auseinandersetzungen. Weil der Landtag sich so lange damit beschäftigt hat, ist das hier, glaube ich, ein Wort wert. Der Kultusminister hat hier einen Prozess in Gang gesetzt, an dessen Ende die Schönecker-Pavillons mit dem Erweiterungsbau - das museale Areal sozusagen - mit dem Stadtraum und vor allem die Anwohner und Museumsfreunde mit dem Gesamtprojekt versöhnt wurden. Die Besucherzahlen zeigen das und es ist an dieser Stelle angebracht, Ihnen hierfür recht herzlich zu danken. Die Museumspolitik, die Kulturpolitik in diesem Lande wird wieder unter positiven Vorzeichen gesehen. Das ist ein gutes Stück dem Kultusminister und seinem Team zu verdanken. - Herzlichen Dank dafür!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Herr Renner. - Das Wort hat nun der Fraktionsvorsitzende der AfD-Landtagsfraktion, Josef Dörr.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einige von Ihnen werden sicher wissen, dass ich außer in diesem Parlament auch noch in der Regionalversammlung bin, und das schon seit langen Jahren. So langsam stelle ich einen Unterschied fest, vor allem im Umgang der Kolleginnen und Kollegen miteinander. Wir haben im Augenblick in der Regionalversammlung sieben Parteien, unterschiedlicher kann es nicht sein. Wir haben das ganze Spektrum da. Aber alle Abgeordneten dürfen ihre Argumente in der Debatte äußern, es wird ihnen zugehört, sie werden nicht niedergeschrien. Man muss danach nicht unbedingt Applaus spenden oder dem Redner um den Hals fallen, aber es wird respektiert. Dann wird abgestimmt und die Sache ist erledigt. Man geht pfleglich miteinander um. Ich möchte hier feststellen, dass heute Morgen Herr Müller, mein Fraktionskollege, hier gestanden und seine Argumente, die ich teile, vorgetragen hat und dann niedergeschrien worden ist. Ich denke, es ist -

(Zurufe von den Regierungsfraktionen.)

Sagen wir „gerufen“, oder wie auch immer, er musste jedenfalls sehr laut reden, damit er am Mikrofon

noch gehört wurde. Ich denke, dass das nicht in Ordnung ist. In der Demokratie ist es natürlich sehr einfach, wenn ich immer meine eigene Meinung höre, dann kann ich auch immer applaudieren, aber die Demokratie macht es aus, dass man die Meinung des anderen hört. Die AfD ist eine Partei, die in der Bundesrepublik Deutschland inzwischen bei der Bundestagswahl immerhin mehr als 5 Millionen Stimmen errungen hat. Sie wird in der Zukunft auch noch mehr Stimmen erringen. Da ist es vielleicht ganz klug, wenn man sich die Argumente der AfD anhört. Ich bin auch allergisch dagegen, wenn jemand immer so betroffen und so entrüstet ist und sich fremdschämt. Das kenne ich aus anderen Verhältnissen. Ich bin der Meinung, wenn jemand den Hang hat, sich gerne schämen zu wollen, der soll sich doch für sich selber schämen, aber nicht für andere.

(Zurufe von den Regierungsfraktionen.)

Jeder schämt sich für sich selber und dann sehen wir klar.

Herr Dörr, ich möchte hier kurz eingreifen. Heute Morgen hat jeder seine Argumente liefern dürfen und es wurde niemand unterbrochen. Hier im Haus gilt: Keine Toleranz gegenüber Intoleranz. Das haben wir deutlich gemacht und das machen wir auch jetzt deutlich und ich würde mich freuen, wenn Sie zum Haushalt zurückkehren würden.

Ja, aber zuerst rede ich dann doch noch zur Intoleranz. Mir ist nichts aufgefallen, wo Herr Müller heute Morgen zur Intoleranz aufgerufen hätte. - Zur Sache, dem Haushaltsteil Bildung. Es ist hier viel Lobendes über unser System im Saarland gesagt worden. Dem kann ich mich ganz und gar nicht anschließen. Mein Motto, was Bildung betrifft - das ist eine Sache, bei der ich mich auskenne, ich habe Kinder großgezogen und war auch 45 Jahre im Schuldienst -, lautet: Für unsere Kinder ist die beste Schule gerade gut genug. Und davon sind wir im saarländischen Schulwesen nicht nur weit entfernt, davon sind wir meilenweit entfernt. Niemand von uns würde gerne, es sei denn, er ist ein Fan von alten Autos, ein Auto aus dem Beginn des vergangenen Jahrhunderts, von 1910 oder 1920, fahren. Aber unser Schulsystem, das wir im Augenblick noch haben, ist in wesentlichen Teilen noch genauso wie damals. Und da, wo es sich geändert hat, hat es sich verschlechtert.

Ich habe 1985, nach 27 Jahren als Lehrer und Schulleiter, ein kleines Büchlein geschrieben, ich habe es „Schule? Ja bitte!“ genannt, weil damals schon jeder gerne gesagt hätte: „Schule? Nein dan

(Abg. Renner (SPD) )

ke!“ Das sollte also schon ein Ausrufezeichen dagegen sein. Schule, ja bitte!