mangelhaft: Wir haben ein schlechtes Wirtschaftswachstum, wir haben eine Überschuldung, wir haben zu geringe Einnahmen. Insbesondere die Entwicklung bei den saarländischen Gemeinden ist katastrophal, auch darüber haben Sie kaum gesprochen.
Es stellt sich natürlich auch die Frage, wie Sie versucht haben, Ausgaben und Einnahmen in eine Balance bringen. Die saarländischen Gemeinden sagen dazu klar, dass Sie sich auch zulasten der Gemeinden saniert haben. Dazu ist eine Zahl genannt worden, die schon eine Rolle spielt: 600 Millionen Euro über zwölf Jahre, also 50 Millionen Euro pro Jahr. Diese Zahl nennt der Saarländische Städteund Gemeindetag. Aber auch das Institut PwC sagt, dass sich das Land zulasten der Gemeinden saniert hat. „Saniert“ ist hier sicherlich der falsche Begriff, man sollte besser sagen: Das Land hat im Rahmen seiner Sanierungsbemühungen auch die Gemeinden herangezogen. Das wäre wohl die richtige Beschreibung. Angesichts der finanziellen Situation der Gemeinden ist das natürlich eine Entwicklung, die niemand gutheißen kann.
Nun komme ich noch auf die Einnahmeseite zu sprechen. Auch hierzu aus Zeitgründen nur eine kurze Betrachtung. Sie haben, Herr Finanzminister, hier denselben Fehler gemacht, den schon die Vorgängerregierungen gemacht haben, Sie haben fröhlich Steuersenkungen begrüßt. Das kann man machen. Allerdings haben durch die Steuersenkungen in den zurückliegenden Jahren - das hat die Arbeitskammer schon vor einigen Jahren ausgerechnet - das Land 240 Millionen Euro und die Gemeinden 80 Millionen Euro pro Jahr verloren. Wenn wir auf diesem Wege weitergehen, wundern wir uns am Ende, wieso wir viel zu geringe Einnahmen haben. Denn Sie haben ja nicht nur die jetzigen Ansätze beziffert, sondern Sie haben sich auch dafür ausgesprochen, den „Steuerbauch“ abzuschaffen. Lassen Sie sich mal von Ihren Mitarbeitern sagen, was das kostet, wenn man einen wirklich linearen Tarif durchzieht. Und Sie haben gleichzeitig noch gesagt, man müsse den Soli abschaffen.
Wo wollen Sie denn das Geld herkriegen, um Ihre Ausgaben weiter finanzieren zu können? Ich habe für meine Fraktion Anträge zum Thema „Steuerbauch“ im Bundestag begründet, wir haben aber gleichzeitig gesagt, die Abschaffung ist nur möglich, wenn man auf der anderen Seite Vorstellungen davon hat, wie man die Staatskasse ins Gleichgewicht bringt. Wir haben die entsprechenden Vorschläge gemacht, die kennen Sie ja: höherer Spitzensteuersatz und eine andere Erbschafts- und Vermögenssteuer. Das kann man für richtig oder für falsch halten. Aber bei unserer totalen Überschuldung fröhlich kräftige Steuersenkungen zu befürworten - „Steuerbauch weg!“ haben Sie gesagt; er soll nicht nur ver
ringert werden, sondern ganz weg - und dazu noch die Abschaffung des Soli, ist für einen saarländischen Finanzminister nicht verantwortbar, wenn er nicht gleichzeitig dafür wirbt, dass im Länderkonzert ein Ausgleich geschaffen wird. Das ist einfach nicht verantwortbar!
Nun komme ich zur entscheidenden Größe des Landeshaushaltes überhaupt, den Investitionen. Auch da reden Sie sich die Welt schön, Herr Toscani. Es tut mir leid, so kann man nicht vorgehen. Sie haben beispielsweise gesagt, mit einer Quote von 8,8 Prozent - ich zitiere aus dem Kopf - sind wir noch ganz gut aufgestellt im Vergleich mit anderen Ländern. Die Frage ist aber, 8,8 Prozent wovon? Diese Quote nützt uns gar nichts. Was uns Auskunft darüber gibt, was Realität ist, sind die Pro-Kopf-Ausgaben der einzelnen Länder, also auch unsere, bei den Investitionen. Das ist die Aufgabe, der wir uns stellen müssen! Und bei den Pro-Kopf-Ausgaben bei den Investitionen liegen wir ganz, ganz weit hinten, je nach Statistik auf dem letzten oder auf dem vorletzten Platz. Wenn man die Zahlen des Bundesamts für Statistik heranzieht, hätten wir eine Lücke pro Kopf von 300 Euro, das wären 300 Millionen Euro für das Land, grob hochgerechnet. Wir haben nachgefragt, weil wir dachten, das kann nicht stimmen, die Zahl ist viel zu hoch. Die Zahl der Industrie- und Handelskammer, die auf 114 Euro pro Kopf kommt und die Sie angesprochen haben, ist auf jeden Fall eine richtigere Zahl. Der reale Wert ist eher noch etwas höher, man muss sehen, was die neueren Zahlen liefern. Dies zeigt, dass Ihre Erklärung einer Investitionsoffensive oder von einem „Jahrzehnt der Investitionen“ wirklich kalter Kaffee ist!
Sie haben erklärt, Sie wollen die Investitionen um rund 10 Prozent steigern, bei 365 Millionen Gesamtinvestitionen. Es ist in Ordnung, dass Sie diesen Weg gehen. Sie sagen auch, Sie wollen ab dem Jahr 2020 50 Millionen drauflegen. Es ist in Ordnung, dass Sie das weiter steigern. Ich habe Ihnen aber die Zahl von 114 Euro pro Kopf genannt - man muss wahrscheinlich einen Bereinigungsfaktor draufsetzen, denn die Berechnung liegt ja schon länger zurück -, die fehlen jedes Jahr! Es ist dann eine Investitionslücke von 1,2 Milliarden Euro aufgelaufen, wenn man diesen Betrag vorsichtig ansetzt. Selbst wenn Sie in Zukunft jedes Jahr dasselbe pro Kopf im Schnitt aufwenden würden, was die anderen Länder für Investitionen aufwenden, ist ja diese Lücke, von der die Industrie- und Handelskammer gesprochen hat, nicht ausgeglichen! Dann sind die Straßen weiter marode, dann sind unsere Schulgebäude weiter nicht saniert, dann fehlen diese Investitionen weiter an der Universität. Auch bei den Investitionen - das ist ja die Schlüsselgröße der wirt
schaftlichen Entwicklung - dürfen wir uns nicht täuschen, wir müssen endlich auf den Boden der Realität zurückfinden.
Wir müssen die große Investitionslücke, die da ist, zur Kenntnis nehmen. Der Rechnungshof hat ja Vorschläge gemacht, wie man das vielleicht mit einem Fonds ausgleichend finanzieren könnte. Sie können sich das ja mal ansehen.
Wenn Sie nie zuhören, kann ich Ihnen auch nicht helfen. Mir ist es zu dumm, immer wieder dasselbe zu erzählen. Das ist Ihre Sache, Herr Fraktionsvorsitzender.
Wir sind ja so redlich zu sagen: Wir können den Leuten nicht irgendetwas versprechen, ohne zu sagen, wie es finanziert werden soll.
Wenn man sich aber über Jahre scheut - und die Nicht-Steuererhöhung und das Verfolgen der schwarzen Null geht ja weiter -, eine Steuerstruktur einzuführen, die notwendig wäre, um die öffentlichen Aufgaben zu finanzieren, wird das weitergehen. Dann kann ich jedes Jahr mit bereinigten Zahlen hier dieselbe Rede halten, es ändert sich nichts. Wir hängen, das ist der entscheidende Punkt, bei der Schlüsselzahl des Saarlandes, bei der Schlüsselzahl jeder ökonomischen Entwicklung, und das sind nun mal die Investitionen, leider hoffnungslos hinterher!
Das wird auch noch verstärkt durch die schwache Investitionstätigkeit der Gemeinden, die ja Gott sei Dank auch öffentlich zum Thema gemacht worden ist. Die Analyse zeigt, dass die entscheidende Ursache dafür, warum die wirtschaftliche Entwicklung des Landes sich in den letzten Jahren so gestaltet hat, ist, dass das Land zu wenig investiert und die Gemeinden, die in der Regel in allen Ländern die Hauptlast der Investitionen tragen, am Ende sind. Ohne starke Investitionen auch - nicht allein, aber auch - der öffentlichen Hand gibt es keine gute wirtschaftliche Entwicklung!
Meine Damen und Herren, ich möchte zusammenfassen: Wir sind jetzt in einer Situation, in der wir wirklich eine Diskussion führen könnten, uns der Realität, uns der schwierigen Aufgabe zu stellen. Ich habe es begrüßt, dass der Innenminister - entschul
digen Sie, ich hoffe, dass Sie keine Schwierigkeiten bekommen, wenn ich das begrüße, Herr Innenminister - hier gesagt hat, er hat die Aussicht, und das ist meiner Meinung nach realistisch, bei den Kommunalfinanzen weiterzukommen. Es ist gut, wenn man mit Nordrhein-Westfalen einen Bündnispartner hat. So haben wir früher immer gearbeitet etwa im Bereich der Stahlindustrie oder des Bergbaus oder sonst wo. Es ist gut, wenn es gelingt, mit einem solch starken Bündnispartner im Bundesrat entscheidende Akzente zu setzen. Ich wäre der Erste, der dann hier ans Pult treten würde und sagen würde: Bei den Kommunalfinanzen hat sich etwas Entscheidendes getan.
Aber solange wir all diese Dinge ausklammern - und ich habe den Eindruck, Sie wollen das nicht an sich heranlassen -, so lange werden wir keine vernünftige wirtschaftliche Entwicklung dieses Landes zustande bringen. Wir sollten doch den Ehrgeiz haben, bei bestimmten Kennziffern etwas weiter nach vorne zu kommen. Wir sind doch alle verpflichtet, eine bessere Zukunft für das Land und für die Bevölkerung anzustreben. Das setzt zweierlei voraus: zum einen eine wahrheitsgemäße, nüchterne Analyse und zum Zweiten Entscheidungen, um die wirtschaftliche Situation des Landes zu verbessern.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem mein Vorredner hier ein wirklich verzerrendes Bild der Situation in unserem Land gezeichnet hat, tun wir sicher gut daran, den Blick wieder auf die Fakten zu richten und systematisch vorzugehen und nicht hier so ein wirres Zahlenspiel zu entwerfen, wie er es gemacht hat. Das entspricht eher der Art, wie diese Generaldebatte geführt werden sollte.
„Es war die beste aller Zeiten, es war die schlimmste aller Zeiten.“ Das hat Charles Dickens vor 150 Jahren geschrieben. Das ist ein Satz, der mir bei der politischen Diskussion dieser Jahre oft durch den Kopf geht. Es ist tatsächlich so, dass wir von autoritären Regimen auf der Welt umgeben sind, wir sorgen uns wegen politischer Unsicherheiten, die uns überall umgeben. Entwicklungen wie der Brexit oder die Flüchtlingskrise zeigen auch Differenzen innerhalb der Europäischen Union auf. Es ist klar, wenn wir dies in unserer Nachbarschaft erleben, machen wir uns große Sorgen, das gilt natürlich auch für die
Bevölkerung. Wenn wir Naturkatastrophen auf der ganzen Welt sehen, merken wir auch, dass der Klimawandel Realität ist. Das hat Auswirkungen, die wir noch lange nicht abschätzen können.
Wenn man dieses Bild sieht, kann ich schon verstehen, dass Sie hier in eine Schwarzmalerei verfallen, Herr Kollege Lafontaine. Aber man soll weder schwarzmalen noch schönfärben, man soll die Realität klar benennen, und das haben Sie hier in Ihrer Rede nicht getan!
Wir sollten vor allen Dingen nicht in Schönfärberei verfallen, weil es nicht den Anstrengungen gerecht würde, die in diesem Land in den letzten Jahren geleistet worden sind. Vor allen Dingen nicht den Anstrengungen, die unsere Landesbediensteten geleistet haben und denen ich an dieser Stelle für ihre Leistung danken möchte.
Aber gerade in solch schwierigen Zeiten müssen wir das Gute hervorheben. Dazu gehört einfach auch, dass Deutschland ein Stabilitätsanker in der Welt und in Europa ist. Die Wirtschaft in Deutschland und im Saarland boomt, das müssen Sie doch mal zur Kenntnis nehmen! Inzwischen ist der Fachkräftemangel die weit größere Sorge als der Wunsch nach Vollbeschäftigung, die faktisch schon längst erreicht ist.
Wir leben hier im europäischsten aller Bundesländer, da ist es keine Überraschung, dass inzwischen in der ganzen Europäischen Union die Wirtschaftsentwicklung anzieht, wie es der Finanzminister gestern klar geschildert hat. Man mag den europäischen Weg, den Sie immer kritisiert haben, mit Skepsis betrachten, dass man durch einen harten Kurs zu mehr Stabilität und Sicherheit kommen will, aber es war der richtige Weg, wie es sich inzwischen zeigt.
Schließlich die schwarze Null, die von Ihnen mit keinem Wort erwähnt wurde. Es war für Finanzpolitiker fast aller Partei jahrelang die größte Anstrengung, die man verfolgt hat. Die ist erreicht worden, aber Sie würdigen das Ganze mit keinem Wort. Ich muss schon sagen, das ist wirklich eine Verzerrung der Realität, die Sie hier vorgestellt haben.
Damit bin ich schon beim Landeshaushalt des Saarlandes angelangt, Sie sind nur in wenigen Punkten darauf eingegangen. Im Hinblick auf das, was ich eben ausgeführt habe, ist noch einiges festzuhalten: Noch nie ging es den Menschen in unserem Land so gut wie heute. Noch nie waren die Chancen im Saarland so Erfolg versprechend, wie sie es heute in vielen Bereichen sind. In keiner Jahresdebatte der
Jahre zuvor konnten wir davon ausgehen, dass der Weg der Haushaltskonsolidierung so sicher mit Erfolg gekrönt wird, wie es jetzt der Fall ist. So betrachtet gibt es für mich keine Zweifel, dass wir jetzt in einer guten Zeit für das Saarland leben. Ich werde in der weiteren Folge genau begründen, warum.
Man muss wirklich mal zur Kenntnis nehmen, dass gerade der Haushalt ohne Neuverschuldung ein großer Erfolg ist. Seien wir ehrlich, es war ein schwerer Weg, den wir seit 2012 gegangen sind, wir stehen bei der Haushaltskonsolidierung kurz vor dem Abschluss. Dass wir die Defizitobergrenze im letzten Jahr einhalten konnten und jetzt eine schwarze Null fest in der mittelfristigen Finanzplanung eingebaut ist, das ist wirklich ein Erfolg dieser Landesregierung und für alle, die daran mitgearbeitet haben.
Ja, es ist natürlich richtig, dass wir von einer günstigen Zins- und Wirtschaftsentwicklung profitiert haben, aber das ist auch das Glück des Tüchtigen, muss man im Endeffekt sagen, für alle, die dieses Wagnis eingegangen sind. Insbesondere die Wirtschaftsentwicklung können Sie hier nicht einfach außen vor lassen. Es ist kein Automatismus, dass sich die Wirtschaft nach oben entwickelt. Ganz im Gegenteil, durch den Weg, den wir gegangen sind, ist es uns gelungen, in den letzten Jahren die Wirtschaft eben nicht abzuwürgen, was eine große Gefahr ist, wenn man solche Sparanstrengungen verfolgt.
Ich möchte gerne noch auf das Beispiel der Investitionen eingehen, das Sie so prominent herausgestellt haben. Dass wir nicht investieren, ist eine weit verbreitete Legende hier im Landtag des Saarlandes. Ich kann mich an eine Debatte vor einigen Monaten mit dem Kollegen Ulrich erinnern. Einige kennen ihn noch, das war die Zeit, als hier auch am Nachmittag heftige Debatten in der Sache geführt worden sind.
Das mag man hier im Landtag des Saarlandes bedauern oder auch nicht. - Die hohen Investitionen, die wir im Land leisten und die noch höheren Investitionen, die wir in Zukunft machen werden, das ist die Gegenwart, das ist die Zukunft für unser Land.