Protocol of the Session on November 11, 2020

Ich will ausdrücklich das Verdienst der Bildungsministerin hervorheben, dass sie bei allen auch erforderlichen Diskussionen über Infektionsschutz, über Maskenpflicht ganz bewusst die Belange der Familien, der arbeitenden Eltern und auch der Frauen anführt, dass sie die Belange der Kinder in diese Debatte einbringt. Das macht auf der Landesebene in der Politik sonst kaum jemand so deutlich wie Christine Streichert-Clivot!

(Beifall von der SPD.)

Sie betont, dass Kinder Rechte haben, soziale Rechte, das Recht auf Bildung, dass Kinder und Ju

gendliche nicht Objekte staatlichen Handelns sind, sondern Subjekt ihres eigenen Handelns! Diesen Ansprüchen muss politisches Handeln, muss auch Regierungshandeln gerecht werden.

Die Ministerin macht wie kaum jemand anderes sonst deutlich, dass Bildungspolitik auch Sozialpolitik ist. Es ist ihr nicht hoch genug anzurechnen, dass sie die Perspektive der von den Strukturbrüchen besonders betroffenen Kinder und Jugendlichen und Familien einnimmt und ihnen auch eine Stimme in diesem Debattenwahnsinn gibt, der da draußen läuft!

(Beifall von der SPD.)

Frau Ministerin, darin verdienen Sie jede Unterstützung. Von unserer Fraktion haben Sie die auf jeden Fall! Sie haben nicht verdient, dass man Ihnen Knüppel zwischen die Beine wirft. Wie in kaum einer anderen Situation in den vergangenen Jahren wird in der Corona-Zeit deutlich, dass Bildung die soziale Frage berührt und dass Bildung einen wesentlichen, wenn nicht sogar entscheidenden Beitrag zur Antwort auf die soziale Frage gibt! Das wird hier deutlich.

(Beifall von der SPD.)

Deshalb müssen wir auch im Nachgang zu dieser Pandemie und auch jetzt schon alles dafür tun, dass solche Ereignisse nie wieder darüber entscheiden dürfen, wer Zugang zur Schule hat und wer nicht.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Manchmal liegen ja auch in den Krisen Chancen. Deshalb ist der Appell an die gemeinsame Verantwortung wichtig. Wir müssen die Verantwortung übernehmen, alle miteinander. Ich habe in der Aussprache zur Regierungserklärung darauf hingewiesen, dass wir es mit einer geteilten Verantwortung zu tun haben. Das heißt aber nicht, dass jeder für sich alleine läuft und macht oder nicht macht, sondern dass wir diese gemeinsame Verantwortung auch gemeinsam tragen und gemeinsam in Abstimmung handeln. Und da komme ich zu den Quarantänemaßnahmen.

Ich habe es am Wochenende einmal überprüft, in Rheinland-Pfalz haben sie, im Verhältnis zur Schülerzahl, zur Einwohnerzahl ähnliche Verhältnisse, was festgestellte Infektionen bei Lehrern und Schülern anbetrifft. Aber die Quarantänemaßnahmen sind bei uns unverhältnismäßig hoch. Deswegen ist es doch wichtig, dass man da noch einmal genau hinschaut, dass man zielgenauer definiert. Das ist doch keine Lockerung von Quarantänemaßnahmen, sondern das ist auch ein Beitrag zur Entlastung von Lehrpersonal, wenn wir unnötige Quarantänemaßnahmen verhindern, die zur Belastung anderer Lehrkräfte führen!

(Beifall von der SPD.)

(Abg. Renner (SPD) )

Bei der Forderung nach FFP2-Masken wird so getan, als sei die Bildungsministerin zuständig für die Gesundheitsämter. Ich kenne bislang nur die Haltung des zuständigen Ministeriums, dass FFP2-Masken dem medizinischen und dem pflegerischen Personal und den vulnerablen Gruppen vorbehalten sind. Wenn man das ändern will, dann muss man sich mit dieser Seite unterhalten und muss dort den Konflikt austragen, aber doch nicht an dieser Seite, die die Stimme für die Kinder und Jugendlichen in diesem Lande erhebt! Das alles bewegt mich und ich könnte jetzt noch viel mehr sagen, aber wir gehen ja auch noch in eine Aussprache.

Meine Damen und Herren, gehen Sie denen nicht auf den Leim, sorgen wir dafür, dass alle mitkönnen. Manchmal ist dafür als Voraussetzung auch ein deutliches Wort erforderlich. Das ist meine Bitte und mein Anliegen heute, dass wir uns da nicht auseinanderdividieren lassen, dass wir die Verantwortung gemeinsam tragen im Sinne der Kinder und Jugendlichen, dass hoffentlich alle wieder gesund aus dieser Situation herauskommen und dass wir dann den Blick auf das richten, was wir aus dieser Corona-Erfahrung als Konsequenz im bildungspolitischen Bereich ziehen. Denn ich bin es leid, an anderer Stelle im Sommer immer um zehn Lehrerstellen oder um sonst was kämpfen zu müssen. Ich bin das leid! Wir müssen die Konsequenzen auch für den Bildungsbereich ziehen, am besten haben wir das jetzt schon im Blick, dann kann das was werden. - Vielen Dank!

(Beifall von der SPD und bei der CDU.)

Herzlichen Dank. Bevor ich die Aussprache eröffne, gibt es eine Kurzintervention von Herrn Fraktionsvorsitzenden Dörr. Herr Renner, Sie könnten ja vielleicht am Rednerpult bleiben, falls Sie in 3 Minuten auf diese Kurzintervention antworten wollen. - Herr Dörr!

Ich habe eben sehr lange die Karte hochgehalten, Frau Präsidentin, wenn Sie nur einmal genickt hätten, dass Sie es gesehen haben, dann hätte ich die Hand runternehmen können. Das nur, damit es ein bisschen leichter geht.

Ach, haben Sie die Kurzintervention zurückgezogen?

Nein, nein. Ich habe lange die Karte hochgehalten und Sie haben mir kein Zeichen gegeben, dass Sie das gesehen haben.

Ach so!

Das wäre vielleicht hilfreich gewesen, das wollte ich nur einmal sagen.

Gut, okay!

Nun zum Herrn Renner. Herr Renner, ich hoffe, Sie sind mir dankbar dafür, dass ich Ihnen hier eine Bühne, einen Anlass gegeben habe zu einem sehr emotionalen Bewerbungsgespräch für eine etwas gehobene Position im Bildungsministerium! Das als Erstes. Als Zweites haben Sie bei meiner Rede überhaupt nicht zugehört, denn ich habe ganz klar gesagt, dass ich nie für eine Schulschließung war, und - ich rede auch nicht theoretisch - ich bin für die Kinder in der Schule. Ich habe das 45 Jahre gelebt, das muss man einfach mal feststellen! Ich brauche das nicht dauernd zu betonen. Das andere ist auch wichtig, ich habe nämlich am Schluss nicht aufgefordert, die Schulpflicht nicht zu beachten, ich habe nur appelliert, es nicht zu übertreiben mit der Ahndung der Schulpflicht. Das ist ein Unterschied. Das wollte ich nur ganz klar gesagt haben. Ich habe also nicht zu einer Straftat aufgefordert. - Danke schön.

Herr Renner, möchten Sie darauf antworten? Nein? Gut. - Dann eröffne ich die Aussprache und das Wort hat Barbara Spaniol von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Schulpflicht ist in der Tat ein Dauerthema der AfD-Fraktion für unsere Plenarsitzungen, eines von vielen. Aber das heute, lieber Herr Dörr - das war ironisch gemeint -, in diesem Kontext auf die Tagesordnung zu setzen, das ist wirklich das falscheste Signal, das muss ich wirklich sagen!

(Beifall von der LINKEN und der SPD.)

Ich unterstütze auch hier den Kollegen Jürgen Renner und hoffe, dass er sich wieder beruhigt. Es ist es nicht wert an dieser Stelle. Unser Engagement muss wirklich woanders hingehen. Wir hatten gestern eine sehr engagierte Diskussion mit der GEW und das macht dann auch Spaß, das führt zu Lösungen und das ist eine niveauvolle Diskussion. Ich kann nur sagen, auch den Herren der AfD, was wir erlebt haben. Den Kindern ist das alles egal. Die haben gesagt,

(Abg. Renner (SPD) )

Hauptsache, Kita und Schule auf, um jeden Preis! Und darum geht es und da bekommt man wirklich Gänsehaut, das muss ich Ihnen sagen, wenn Sie das erlebt haben, mit welcher Begeisterung die sich wieder getroffen haben. So sehen die das, sie haben ganz harte Zeiten hinter sich und sind noch mittendrin, das wird so schnell auch nicht besser.

Dafür braucht es Lösungen und dafür ist ein ganz wichtiger Baustein in unserem Land die allgemeine Schulpflicht. Sie steht so in unserem Schulordnungsgesetz, dazu gab es auch schon viele Anträge von Ihnen, die auch zu Recht hier im Hause abgelehnt worden sind. Das macht überhaupt keinen Sinn, es ist gut so, dass die Schulpflicht dort verankert ist, sie ist eine echte Errungenschaft. Man muss es anscheinend immer wieder sagen: Sie ist ein hohes Gut und das beste Mittel, das Recht auf Bildung durchzusetzen. Darum ist es auch gerade in der schwierigen Pandemiezeit so wichtig, dass es dieses Recht auf Bildung mit der Schulpflicht gibt.

Das zeige ich Ihnen auch gerne an einigen anderen traurigen Zahlen auf, um Ihnen einmal vor Augen zu führen, was es eigentlich bedeutet, dass Bildung leider immer noch ein unerreichbares Recht für Millionen Kinder weltweit ist. 17 Prozent der Heranwachsenden weltweit haben keinen Zugang zu Bildung, schätzt die UNESCO. Das wären 258 Millionen Kinder. Neun von zehn der Betroffenen leben in Afrika und Asien. Corona hat es noch schlimmer gemacht. Im April waren 1,5 Milliarden junge Menschen in 194 Ländern von Schulschließungen betroffen, so die UNESCO. Und diese Schulschließungen haben vor allem die getroffen, die am wenigsten privilegiert sind. Sie wurden weltweit in schwierigen Ländern mit schwierigen Bedingungen von bezahlbarem Essen, von einer sicheren Umgebung und sozialer Unterstützung ausgegrenzt. Das ist, was es bedeutet!

Online-Lernen, das haben wir erlebt, konnte und kann die Bildung in der Schule nicht ersetzen. Benachteiligte Schüler haben auch eine geringere Chance, von diesen Möglichkeiten zu profitieren. Das ist eben so und auch das bestätigt die UNESCO. Deren Direktor sagt, ihnen fehlen die richtigen Geräte, der Internetanschluss ist nicht verfügbar oder zu teuer und es fehlt ihnen schlicht die richtige Umgebung zum Arbeiten zu Hause.

Das kennen wir alles, das gilt nicht nur weltweit, das gilt auch hier bei uns im Land. Und in dieser Situation wollen Sie als AfD die allgemeine Schulpflicht schleifen, das ist es nämlich, was Sie immer wieder versuchen. Das kann kein Mensch mehr verstehen, denn um das Recht auf Bildung beneiden uns Kinder in der ganzen Welt!

(Beifall von der LINKEN.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es stimmt, dass die Vorbereitungen der Regierung für den Umgang mit Corona in der kalten Jahreszeit nicht befriedigend

waren. Es hätten schon viel früher Luftfiltergeräte in den Klassensälen ankommen müssen, wir haben das diskutiert, wir wissen das alles, wir wollen aber nicht dauernd Vorwürfe erheben, denn wir wissen auch, wie schwierig es ist, in dieser Zeit Entscheidungen zu treffen. Wir wissen auch, dass schon viel früher Klassenräume hätten vergrößert und Lerngruppen verkleinert werden müssen, um den Mindestabstand im Unterricht zu gewährleisten. All das stimmt.

Wir haben das bei uns im Kreistag zum Thema gemacht. Da hätte ich mir auch vielleicht einmal die eine oder andere Initiative der AfD gewünscht, in einem Kreistag zum Beispiel, wo es um die Schulträger ging. Der Kreis ist der Träger der weiterführenden Schulen. Das ist ein wichtiges Thema. Bei uns hat sich der Kreistag auf unsere Initiative hin damit befasst und der Landrat hat super Auskunft gegeben. Er hat seine Befindlichkeiten geschildert und hat erzählt, wie man darüber brütet, wie man das hinbekommt, dass man vielleicht Hallen anmietet oder Luftfilteranlagen möglichst schnell besorgen kann. Alles das sind Dinge, die ein Engagement voraussetzen, aber auch ein parlamentarisches Engagement, dass man eben bereit ist, auch konstruktive Initiativen einzubringen, und davon sind Sie wirklich meilenweit entfernt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt keinen Grund, die allgemeine Schulpflicht in irgendeiner Art auszusetzen. Das schadet in erster Linie den ohnehin Benachteiligten, denjenigen, die zu Hause keine akademisch ausgebildete Hilfe erwarten können und die sich keine teure Nachhilfe oder kostenpflichtige Online-Lernangebote leisten können. Die Schulschließungen im Frühjahr waren für die Kinder und Jugendlichen wirklich verheerend und die Rückstände, die diese Schließungen verursacht haben, sind noch lange nicht aufgeholt. Deshalb wäre es verantwortungslos, ausgerechnet in dieser schwierigen Zeit jetzt noch das Fernbleiben vom Unterricht und damit weiteren Unterrichtsausfall zu befördern.

Nun noch einen Blick auf den gestern Abend eingegangenen Antrag der Koalition. In der Tat, Sie waren wirklich sehr zeitnah am Plenum mit Ihrem Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, Sie geloben dahingehend einmal Besserung, das war wirklich knapp, um Viertel vor Sieben kam er an, das muss wirklich nicht sein. Sie haben genug Personal, um Ihre Anträge früher auf die Reihe bekommen zu können, finde ich, aber gut.

(Beifall von der LINKEN. - Sprechen. - Abg. Com- merçon (SPD) : Frechheit, oder?)

Wir teilen das Ziel, den regulären Schulbetrieb auch in der Pandemiezeit so lange wie möglich aufrechtzuerhalten. Wir teilen dieses Ziel, das Sie in Ihrem Antrag formuliert haben. Hören Sie zu! Die Schulschließungen im Frühjahr haben gerade die benach

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) )

teiligten Schüler und Schülerinnen betroffen, das hatte ich eben ausgeführt. Deswegen muss es unbedingt vermieden werden, dass es wieder so weit kommt. Dazu gehört ein Vorgehen, das nicht weiter zur Verunsicherung der Betroffenen führt. Hier muss einfach auch einmal Kritik erlaubt sein, auch das gehört zur Wahrheit und zur Debatte dazu. Wir haben ja eine ganz besondere Fürsorgepflicht, auch das haben wir gestern erörtert. Die Maskenpflicht im Unterricht war ein langes Hin und Her, das unnötig war. Zuerst ein kategorisches Nein, dann doch ab Klassenstufe 10, dann doch ab Klassenstufe 5. Bei allem Verständnis, eine vorausschauende Politik mit einem stimmigen Kurs war das nicht wirklich.

(Beifall von der LINKEN. - Zurufe von der SPD.)

Das müssen Sie sich auch einmal sagen lassen. Ich sage das wirklich ohne Schärfe, Herr Kollege. Sie wissen, ich mag Sie und ich schätze Sie, aber Sie müssen diese Diskussion auch zulassen! Das gehört auch zur Ehrlichkeit in der Schuldebatte dazu!

Dann die Quarantäneregelungen. Das geht nicht mit dem Bildungsministerium heim, das wissen wir auch. Hier sind die Gesundheitsämter, die Landkreise zuständig. Aber das Auf und Ab der Empfehlungen ist für die Lehrerinnen und Lehrer sehr schwer. Der SLLV hat heute gesagt hat, sie empfinden sich als Spielball der Entscheidungsträger. Auch hier muss man schauen, wie man das verbessern kann.

Letztes Stichwort: Die FFP2-Masken-Diskussion. Das ist kein Luxus, sondern - wir haben auch das gestern diskutiert - es ist möglich. Ich sehe das Land hier in der Pflicht, diese Masken flächendeckend zum Schutz der Lehrkräfte zur Verfügung zu stellen. Auch das haben wir gesagt.

Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist schon zu Ende und ich habe sie schon länger laufen lassen.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, das weiß ich zu schätzen! Ich habe noch einen letzten Gedanken, da schließe ich mich wiederum Jürgen Renner an: Es sind so viele Kinder gefährdet, sie brauchen den Schutz im Lebensraum Schule. Da macht es überhaupt keinen Sinn, in diesen Zeiten hier im Hause eine solche Diskussion zu führen, wie das die AfDFraktion möchte. Das macht keinen Sinn, das geht gegen das Wohl der Kinder!