Protocol of the Session on October 6, 2020

Sie sehen, wir haben einiges vor mit der Landesbauordnung. Wir wollen mehr Rechtssicherheit für die Antragsteller erreichen. Wir wollen schnellere Baugenehmigungen erreichen und wollen, dass die Leute wieder günstiger bauen können. Es gibt schon viele Bestimmungen wie die Energieeinsparverordnung oder eben Brandschutzanforderungen, die in Deutschland das Bauen sehr teuer machen. Hier

(Abg. Gillen (CDU) )

können wir mit unserer Landesbauordnung nur beschränkt eingreifen, aber wo wir es können, wollen wir es zukünftig auch tun.

Wir können uns in diesem Zuge dann gerne über Toiletten in Supermärkten unterhalten, aber auch über Toilettenanlagen im gesamten öffentlichen Raum, die dann unbedingt behindertengerecht, barrierefrei sein sollten. Es geht nicht nur um die ältere Bevölkerung, auch als Mutter ist man durchaus froh, wenn der Kinderwagen auch noch reinpasst und nicht mit den Wertsachen vor der Tür stehen muss. Von daher ist das ein Anliegen, das uns alle durchaus immer wieder beschäftigt. Ich bin selbst Mutter von zwei Kindern, die noch nicht so lange groß sind, dass ich es nicht noch lebhaft in Erinnerung hätte. Wie gesagt, im Zuge einer kompletten Änderung der Landesbauordnung - an dem Thema sind wir mittlerweile schon länger dran - können wir uns gerne über diese Toilettenanlagen unterhalten. Ich denke aber, das sollten wir nicht hier tun, sondern in dem zuständigen Fachausschuss. Von daher werden wir uns heute bei der Abstimmung enthalten und sagen zu, dass wir uns in naher Zukunft intensiv darüber unterhalten werden. - Danke.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. - Ich erteile als nächstem Redner dem Abgeordneten Rudolf Müller der AfD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Gillen hat eben lang und breit über die Schwierigkeiten des Baurechtswesens gesprochen, wie es sich hier ausdifferenziert hat. Ich habe selbst vor Kurzem mal wieder Erfahrungen gemacht, als es um eine kleine Gewerbeeinheit ging. Es ging genau gesagt um eine kleine Kindertagesstätte, die ich gerne zur Verfügung gestellt hätte. Baurechtlich war aber für zehn Kinder unbedingt eine zweite Toilette nötig. Das hat das Projekt zum Scheitern gebracht, es ist dann etwas anderes gemacht worden.

Es geht hier um Toilettenpflicht für Supermärkte. Um die Sache etwas aufzulockern: Mir ist dazu eine Episode aus Goethes „Italienische Reise“ eingefallen: Als Goethe in Italien auf der Reise war, etwa 1780 oder 1786, glaube ich, und mal ein entsprechendes menschliches Bedürfnis verspürte, fragte er einen Einheimischen nach so etwas wie einer Toilette. Der führte ihn hinters Haus, zeigte ihm die weite Landschaft und sagte: Da! - Von diesen Verhältnissen sind wir natürlich weit entfernt, aber die Supermärkte, die hier ausgestattet werden sollen beziehungsweise müssen, haben, glaube ich, ein solches Gesetz nicht nötig. In vielen Supermärkten gibt es nämlich bereits entweder eine Toilette oder eine Perso

naltoilette, die zur Verfügung gestellt wird, oder es gibt ein angegliedertes Restaurant, wo natürlich auch eine Toilette ist. Dann muss man noch bedenken, es gibt im Einzelhandel inzwischen einen sehr großen Wettbewerbsdruck, der dazu führt, dass der Service verbessert werden muss. Das sieht jeder Betrieb dieser Branche. Dazu gehört natürlich auch, wenn es irgendwie möglich ist und sinnvoll erscheint, eine Toilette zu bauen.

Aus den genannten Gründen halten wir dieses Gesetz für nicht nötig. Sie kennen ja den Spruch: Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen. - In diesem Sinne möchte ich begründet haben, dass wir diesem Antrag nicht zustimmen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall von der AfD.)

Danke, Herr Abgeordneter. - Als nächster Rednerin erteile ich Frau Abgeordneter Christina Baltes für die SPD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Frau Schramm, Sie haben recht, aus einem natürlichen Bedürfnis kann ganz schnell eine Notlage werden. Nicht nur Kinder müssen im Supermarkt plötzlich dringend mal auf die Toilette, auch Erwachsene stehen öfters vor dem Problem. Es ist dieser kleine unangenehme Notfall: Man steht zwischen Obst- und Kühlregal und verspürt den Drang, eine Toilette aufzusuchen. Ich glaube, jeder von uns war schon in so einer brenzligen Situation. Fragt man nach einer Kundentoilette, bekommt man die Antwort, das Geschäft verfüge nicht über ein Kunden-WC. Wie reagiert man in dieser für beide Seiten unangenehmen Situation? In manchen Supermärkten darf man vielleicht noch durch das Lager bis zum Personalraum, um die Toilette aufzusuchen. Dort liegen Waren, interne Daten, private Gegenstände, eigentlich kein Ort, an dem Kunden etwas zu suchen haben, und schon gar nicht alleine.

Ein pauschales Gesetz zur Toilettenpflicht im Einzelhandel gibt es bisher nicht. Grundsätzlich glauben Experten aber, dass der Einzelhandel nicht mehr um das Thema Kunden-WC herumkommt. Der Service entscheidet im Handel über den Erfolg. Ist es zeitgemäß, dass der Kunde in einem Supermarkt kein WC findet? Der Konkurrenzmarkt ist riesig und wird nicht mehr nur über Angebote und Preise geführt, sondern auch über Servicequalität. Dazu gehören oftmals auch Kundentoiletten.

Liebe Kollegen der Fraktion DIE LINKE, was aber in Ihrem Antrag zu kurz kommt, ist die Angabe der Verkaufsfläche, ab wie viel Quadratmeter Verkaufsflä

(Abg. Gillen (CDU) )

che es sinnvoll ist, eine Kundentoilette zu installieren. Während ein größerer Supermarkt oder ein Kaufhaus schon über Kundentoiletten verfügen sollte, hat der örtliche Lebensmittelmarkt oder der kleine Laden um die Ecke oft nicht genügend Platz, um ein Kunden-WC zu installieren. Die großen und teuren Umbaumaßnahmen machen auch alleine aus finanzieller Perspektive für kleine Geschäfte wenig Sinn. Grundsätzlich ist der Antrag nicht schlecht, und wir wollen ihm auch nicht im Wege stehen, aber eine Änderung der Landesbauordnung will gut überlegt sein und sollte gut vorbereitet werden. Uns wäre es auch sehr wichtig, sich zuerst mal von dem dafür zuständigen Ministerium in dem dafür zuständigen Ausschuss darüber informieren zu lassen, was hinsichtlich einer Neuregelung beziehungsweise Einführung von Kundentoiletten in Supermärkten geht oder nicht. Wir werden uns deshalb heute zu dem von Ihnen gestellten Antrag bei der Abstimmung enthalten. - Danke.

(Beifall von der SPD.)

Danke, Frau Abgeordnete. Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. - Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der DIE LINKE-Landtagsfraktion, Drucksache 16/1453. Es wurde beantragt, diesen Antrag in den zuständigen Ausschuss zu überweisen. Wer für die Annahme und Ausschussüberweisung des Antrages Drucksache 16/1453 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 16/1453 mit Stimmenmehrheit angenommen und in den zuständigen Ausschuss überwiesen ist. Zugestimmt haben die Fraktion DIE LINKE sowie die fraktionslose Kollegin Dagmar Ensch-Engel, dagegen gestimmt hat die AfD-Fraktion - den Kollegen Hecker habe ich jetzt nicht gesehen -, enthalten haben sich die SPD- und die CDU-Fraktion.

Wir kommen zu Punkt 8 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der CDULandtagsfraktion und der SPD-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Struktur im Wandel - Automobilindustrie auch weiterhin als Leitindustrie ausbauen (Drucksache 16/1455)

Zur Begründung des Antrages erteile ich Herrn Abgeordneten Hans Peter Kurtz das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit unserem Antrag

„Struktur im Wandel - Autoindustrie weiterhin als Leitindustrie ausbauen“ wollen wir den bevorstehenden Transformationsprozess systematisch und zielorientiert auch von der Landesregierung weiterhin aktiv vorantreiben lassen. Seit Bestehen des Saarlandes sind wir in unserer Region eigentlich ständig im Strukturwandel. Wir waren ständig gefordert. Ob das der Strukturwandel von Kohle und Stahl zum Automobil war, es gab in der industriellen Landschaft immer wesentliche Veränderungen in unserem Land. Wir sehen die nötigen Neuerungen und wollen uns auch dem rasanten Fortschritt nicht entgegenstellen, sondern wir denken und handeln nach vorne gewandt.

Tatsache ist, dass Deutschland und in besonderem Maße das Saarland sich in der Industrie seit vielen Monaten in einem gigantischen Transformationsprozess befinden. Aktuell, aber auch zukünftig werden diese Herausforderungen nicht nur zunehmen, sondern gerade im Bereich der Automobilindustrie werden sie sich noch massiv steigern. Es geht nicht nur um die Frage, welche Antriebsart das Auto der Zukunft hat oder wie es betrieben wird, sondern es geht auch um die Frage, wie das Auto produziert wird. Auch im Produktionsprozess gibt es wesentliche Veränderungen, Stichwort Digitalisierung. Hinzu kommt, dass durch die Ausbreitung des Coronavirus auch die Automobilindustrie leidet. Die Pandemie hat durch gravierende Nachfragerückgänge, eingebrochene Lieferketten und die damit verbundenen Umsatz- und Gewinneinbußen zum beispiellosen Rückgang der PKW-Produktion geführt.

Kolleginnen und Kollegen, für uns als Saarländerinnen und Saarländer zählt die Automobilindustrie mit ihren mehr als 42.000 unmittelbar Beschäftigten in über 200 Betrieben zusammen mit der Stahlindustrie zur Identität unseres Landes. Alleine an der Größe der Betriebszahl, die ich genannt habe, wird klar: Automobilindustrie ist nicht nur ZF, ist nicht nur Bosch, ist nicht nur Schaeffler, nein, das sind viele Betriebe hier im Land, die im Zulieferbereich tätig sind, auch im Bereich der kleinen und mittelständischen Industrie.

Unsere Devise ist, das machen wir auch in dem Antrag wieder deutlich: Das Saarland ist ein Industrieland und soll es auch bleiben. Mit ihrer hohen Produktivität und ihrer Innovationsstärke war die Automobilindustrie bisher ein Treiber des wirtschaftlichen und technologischen Fortschritts in unserem Land. Damit sie auch in Zukunft diese Ausstrahlungskraft hat, muss der Transformationsprozess so gestaltet sein, dass die saarländische Automobilindustrie auch weiterhin Leitindustrie sein kann. Dabei gilt es vor allem, einen harten Strukturwandel abzufedern und Strukturbrüche - wo möglich - zu vermeiden. Ich sage es hier ganz deutlich: Dies kann nur funktionieren, wenn die Unternehmen, die Wirtschaft und auch die Politik dies als eine gemeinsame Aufgabe wahr

(Abg. Baltes (SPD) )

nehmen. Hierfür hat die saarländische Landesregierung in Zusammenarbeit mit vielen Partnerinnen und Partnern aus der Wirtschaft bereits eine Vielzahl intelligenter Lösungen vorgebracht. Jetzt gilt es, diese Lösungsansätze zur Stärkung unseres Wirtschaftsstandortes zeitnah und gezielt umzusetzen.

Der pandemiebedingte Einbruch der Wirtschaftskraft in Deutschland, vor allem auch im Bereich der Automobilindustrie und ihrer Zulieferbetriebe hat die Situation noch verschärft und auch für uns im Saarland den Handlungsdruck erhöht. International angelegte Lieferketten geraten ins Stocken, der nationale Handel und die Exporte stagnieren. Der ökologisch hervorgerufene Regulierungsdruck nimmt insbesondere zulasten klassischer Antriebssysteme ständig zu. Insbesondere das Saarland als Industrieland, als Produktionsstandort hat hierunter besonders zu leiden.

Gerade in der saarländischen Automobilindustrie ist die Abhängigkeit vom Antriebsstrang des Verbrennungsmotors nach wie vor besonders ausgeprägt. Deshalb brauchen wir - das wird in unserem Antrag sehr deutlich - beim Wandel hin zu alternativen Antrieben und nachhaltigen Mobilitätskonzepten Technologieoffenheit. Das darf nicht schon vor Beginn des Prozesses festgelegt sein. Denn am Ende wird die Erreichung der Klimaziele nur durch eine breite Palette von Antriebsarten und Kraftstoffen möglich sein. Zweifelsohne spielen Elektrofahrzeuge hierbei eine große Rolle, aber Brennstoffzellenantriebe erweitern das Potenzial von Elektrofahrzeugen, da diese gegenüber batteriebetriebenen Antrieben einmal beim Tankvorgang, bei der Reichweite, aber auch beim Gewicht überlegen sind. Wir haben hier im Hause schon öfter diskutiert, dass Wasserstoff daher für die saarländische Automobilindustrie, für das Industrieland Saarland die technologische Brücke schlagen kann in eine wirtschaftlich erfolgreiche und nachhaltige Zukunft der Automobilindustrie im Saarland.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Plug-in-Hybride mit nachhaltigen, hochmodernen Verbrennungsmotoren leisten einen wesentlichen und wichtigen Beitrag zur Akzeptanz von Elektrofahrzeugen beim Kunden. Zur Erreichung der CO2Flottenziele in der Automobilindustrie sind sie unabdingbar. Darüber hinaus bieten sie die Möglichkeit, bestehende Konzepte und Wertschöpfungsketten weiter zu nutzen. Sie ermöglichen im Transformationsprozess einen gleitenden Übergang. Für den erfolgreichen und nachhaltigen Einsatz von Plug-inHybriden ist eine flächendeckende Ladeinfrastruktur auch in unserem Land notwendig.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Denn diese ermöglicht einen optimierten Einsatz des elektronischen Antriebsstranges. Neben den aktiven Maßnahmen zur Gestaltung des Strukturwandels

müssen darüber hinaus auch gesetzliche Rahmenbedingungen angepasst werden. Bei der Gestaltung von Transformationsprozessen ist die Wirtschaftsförderung ein maßgeblicher Impulsgeber. Unsere Zielsetzung muss es sein, zukünftig eine präventive Fördergebietspolitik zu betreiben, eine Förderungspolitik, die keine Strukturschwächen oder Struktureinbrüche behebt, sondern durch eine vorausschauende Strukturanpassungspolitik bereits von Anfang an ein erkanntes Problem vermeidet.

Deshalb ist es auch richtig und wichtig, dass in unserem Antrag der Landtag des Saarlandes die Europäische Kommission dazu auffordert, die Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur so auszuweiten, dass Präventivmaßnahmen zur Regel werden, anstatt nur auf bestehende Schwächen zu reagieren. In diesem Zusammenhang muss auch über die KMU-Definition nachgedacht werden. Sie muss geprüft werden. Die KMU-Definition muss nach unserer Meinung großzügiger angepasst werden.

Wir wollen aber auch, dass die Landesregierung einen Stabilisierungs- und Beteiligungsfonds schafft, um Unternehmen vor Schließung zu bewahren, die zwar einerseits in eine wirtschaftliche Schieflage geraten sind, die aber trotzdem entweder von ihrem Produkt oder von der Produktionsstruktur her zukunftsfähig sind. Das muss mit einer zuständigen Geschäftsstelle unterstützt werden, das heißt, die Strukturwandelinitiative Saar muss auch dadurch unterstützt werden, dass ein Ansprechpartner für die Agierenden in den Unternehmen und in der Wirtschaft vorhanden ist.

Das Saarland soll zur Modellregion für Wasserstoff werden. Dieses Ziel muss von uns auch weiterhin konsequent verfolgt werden. Denn wir brauchen hier wiederhole ich mich, weil es mir sehr wichtig ist - eine Technologieoffenheit für alle Antriebsarten. Dieser Leitgedanke hat für uns bei dem anstehenden Transformationsprozess Priorität. Unser Ziel ist es, den saarländischen Automobilstandort für die nächsten Jahre, ja für die nächsten Jahrzehnte zukunftsfähig zu machen, ihn innovativ, stabil und wettbewerbsfähig aufzustellen. Hierzu müssen von uns aber auch die passenden Rahmenbedingungen geschaffen und zielgerichtete Instrumente eingesetzt werden. Unsere oberste Maxime muss es in Zukunft sein, mehrere Optionen zu etablieren und dafür zu sorgen, dass diese nebeneinander existieren können, und dies immer angepasst an die Bedürfnisse der Verbraucherinnen und Verbraucher. Am Ende des Prozesses soll ein stabiler und fairer Wettbewerb entstehen - für Wohlstand und Beschäftigung in diesem Land. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, dem Antrag der CDU- und SPD-Fraktion zuzustimmen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

(Abg. Kurtz (SPD) )

Vielen Dank, Herr Kollege Kurtz. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat für die Fraktion DIE LINKE der Kollege Jochen Flackus.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns bereits in der September-Sitzung über das Auto und die Zukunft des Autos im Saarland unterhalten. Der jetzt vorgelegte Antrag hat natürlich viele richtige Elemente. Wir können ihm in den Generalaussagen auch zustimmen, wir sind ja sowieso alle, die wir hier sitzen, wenn ich das richtig sehe, Autofrauen und Automänner, wie es einmal ein berühmter Kanzler gesagt hat. Wir stehen natürlich auf jeden Fall für die Strukturen im Industrieland Saarland. Das ist keine Frage.

Gleichwohl möchte ich ein paar Details ansprechen, die mir nicht so gut gefallen und die ich zum Teil auch sehr diffus finde. Ein Element ist die gerade erwähnte zusätzliche Gesellschaft oder dieser zusätzliche Ansprechpartner. Wir haben das hier schon diskutiert. Wir haben im Technologietransferbereich Digitalisierung so viele Ansprechpartner, dass ich sie, obwohl ich mir Mühe gebe, nicht mehr überblicke. Ob ein weiterer Ansprechpartner das Ganze toppen kann, da bin ich skeptisch. Mir wäre es lieber, wir würden irgendwo einmal kritisch und solidarisch über diese Listen gehen und schauen, was man im Einzelfall machen kann.

(Beifall von der LINKEN.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Bofinger, seines Zeichens Wirtschaftsweiser und Professor für Volkswirtschaft in Würzburg, hat es vor gar nicht langer Zeit, nämlich letzte Woche, auf den Punkt gebracht, als er von Corona sprach: Die Wirtschaft ist stabil. Die Industrie ist schwach. - Das ist übrigens auch ein entscheidender Unterschied zur Finanzkrise. Da war es nämlich nicht so. Diese Situation - also Wirtschaft stabil, aber Industrie schwach - gilt mit Einschränkungen auch für das Saarland. Was ist eigentlich los in Deutschland in dieser Situation? Man kommt sehr schnell zu dem Punkt, dass das deutsche Geschäftsmodell im Krisenmodus ist. Das hat auch nichts mit Corona zu tun. Wir wissen, unsere industrielle Krise, vor allem im Bereich Automotive, gab es schon vor Corona. Das ist keine Neuigkeit. Man muss sich, so glaube ich, in Zukunft die drei Säulen, die unser Geschäftsmodell ausmachen, sehr kritisch anschauen.

Einmal ist da die Export-Orientiertheit. Wir alle wissen, dass wir seit vielen Jahren Exportweltmeister sind. Jetzt haben wir Handelskriege und den Brexit. Das ist auch für das Saarland von Bedeutung, denn der wichtige Handelspartner England ist quasi von der Bildfläche verschwunden. Wir haben als zweite

Säule die Industrie-Orientiertheit, die wir alle sicherlich begrüßen, unterstützen und auch weiter haben wollen. Sie ist in Krisen natürlich anfällig. Wenn wir Corona anschauen, so erkennen wir, dass die Industrie anfälliger als beispielsweise der Dienstleistungssektor ist, der sich auf das Homeoffice zurückziehen kann, keine Produktionsausfälle hat und wo keine Lieferketten zusammenbrechen. Das ist eine völlig andere Situation. Wir haben als dritte Säule den Schwerpunkt auf Automotive insgesamt. Hier haben die OEMs, die produzierenden Konzerne, die bekannten Strukturprobleme. Deshalb glaube ich, dass wir uns stärker auf grundlegende Gedanken orientieren müssen.

Ich will mehrere Punkte nennen, die ich wichtig finde. Klimaschutz und Politik stehen aus meiner Sicht nicht gegeneinander, sondern müssen zusammengeführt werden. Das ist ein wichtiger Bereich, wo die Politik Ergänzungen und auch Handlungskonzepte liefern muss. Der zweite wichtige Punkt: Wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen. Der Kollege Kurtz hat davon gesprochen. Ich nenne in diesem Zusammenhang noch einen anderen Punkt, nämlich die Energiepreise. Das ist für unsere industrielle Entwicklung wirklich ein big Point. Man muss schauen, wie man verlässliche Rahmenbedingungen schaffen kann. Der dritte entscheidende Punkt: Wir brauchen Investitionsanstrengungen auf allen Ebenen, sowohl bei dem, was wir mit unserem Haushalt tun, wie auch bei dem, was der Bund tut. Wir brauchen das auch in der Industrie. Es hilft nichts, wenn die Unternehmen Nettosparer sind. Das hatten wir als Phänomen über Jahre hinweg. Das war ein schwerer Fehler der deutschen Industrie. All das brauchen wir, um dann vielleicht als Zielfunktion eine gestaltende Industriepolitik zu bekommen. Wir brauchen eine Neuauflage der Industriepolitik insgesamt, aber wir brauchen auch eine gestaltende Industriepolitik.

Ihr Antrag, Herr Kurtz, hat viele gute Elemente. Das ist ganz klar. Auch den Industriefonds finden wir gut, darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Es hat sich im Wirtschaftsausschuss ja schon angedeutet. Wir schauen mal, wie die Kabinettsvorlage am Ende des Tages aussieht. Aber im Prinzip gibt es daran nichts auszusetzen. Auch dass Sie den europäischen Rahmen angesprochen haben, finde ich ausgesprochen wichtig. Die KMU-Definition ist eines, aber Sie sprechen auch die De-minimis-Regelung an, die ich für ein riesengroßes Problem halte. Hier im Saarland ist es ein großes Problem, weil man die Unternehmen nicht zwei Mal fördern kann, weil sie ihr Kontingent sozusagen schon auf dem Konto haben.