Das erkennen wir ausdrücklich an, ebenso wie wir anerkennen, dass zukünftig Strom- und Gassperren verhindert werden sollen, was wir als LINKE schon lange gefordert haben. Man darf aber die Kritik der Experten am Ergebnis auch nicht verschweigen. Armin Lang vom VdK hat die fehlende Verbindlichkeit der Maßnahmen kritisiert. Ich zitiere: An keiner Stelle steht, welches Ziel bis zu welchem Datum man mit welchem Ergebnis erreichen will und welche Maßnahmen man dazu ergreifen will. Wolfgang Edlinger von der Saarländischen Armutskonferenz hat erklärt, ich zitiere nochmals: Ich zum Beispiel kann es überhaupt nicht nachvollziehen, wenn zu bestimmten Maßnahmen immer gleich kommt: nur unter Finanzierungsvorbehalt. Dann können wir einpacken.
Auch die vielgepriesene Sozialquote von Neubauten steht wieder einmal unter einem Vorbehalt, ausschlaggebend ist die Angemessenheit aller wirtschaftlichen Belastungen. - Dann können wir einpacken, um Wolfgang Edlinger noch einmal zu zitieren.
Um einmal die Verhältnisse etwas geradezurücken: 150.000 Euro will diese Landesregierung ausgeben, um Kindern von Geringverdienern ein kostenfreies Mittagessen zu ermöglichen. Allein die Landeshauptstadt Saarbrücken gibt rund 100.000 Euro für ein kostenfreies Schulessen an fünf Schulen aus. Der Unterschied: Dort ist für alle Schülerinnen und Schüler das Essen kostenfrei, eine Auslese zwischen armen und reichen Kindern findet dort nicht statt. Der Kollege Renner von der SPD weiß das besonders gut, er hat das selbst mit ausgehandelt.
Gemessen daran ist das, was die Landesregierung plant, nicht wirklich beeindruckend. Da müssen Sie, Herr Renner, mir eigentlich zustimmen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die grundlegenden Probleme gehen CDU und SPD aber wieder einmal nichts an, etwa die Frage der wachsenden Ungleichheit, denn während immer mehr Menschen jeden Euro zweimal umdrehen müssen, machen sich ein paar die Taschen immer voller. Die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer ist jetzt so dringend wie nie zuvor.
Auch Erbschaften müssten stärker besteuert werden, fordert deswegen der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann. Als saarländischer DGB-Vorsitzender würde der Kollege Eugen Roth jetzt zustimmen, als SPD-Abgeordneter schweigt er.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist auch ein Problem, dass viele Beschäftigte schon zu Beginn ihres Berufslebens wissen, dass sie im Alter wieder auf staatliche Hilfe angewiesen sein werden. Ich denke da etwa an die Gebäudereiniger. Denn um nach 45 Beitragsjahren eine Rente oberhalb der Grundsicherung zu erhalten, braucht es einen Stundenlohn von 13 Euro. Auch viele der Menschen in den systemrelevanten Berufen bekommen weniger. Was nutzt ein gesetzlicher Mindestlohn, wenn er nicht armutsfest ist? Wieso bekommt ein Durchschnittsrentner in Deutschland monatlich 800 Euro weniger als in Österreich? - Die Antwort ist einfach: Weil dort alle in die Rentenkassen einzahlen, Selbstständige, Beamte und auch die Politiker.
Auch bezahlbarer Wohnraum fällt nicht vom Himmel. Es waren die CDU-geführten Landesregierungen der letzten Jahre, die hier versagt haben, die jahrelang keine neuen Sozialwohnungen gebaut haben, während alte Wohnungen aus der Mietpreisbindung fielen. 2005 gab es noch 5.000 Sozialwohnungen bei uns im Land, Ende Mai waren es noch 571.
Herr Funk, hören Sie zu. Der Bauminister wirft hier gerne ständig mit neuen Zahlen um sich. Es ist aber
ein Fakt, dass wir auch nach seinen Zahlen heute weniger Sozialwohnungen haben als vor seinem Wohnungsbauprogramm. Da waren es nämlich 701.
Wenn man dann liest, dass der Bauminister hofft, dass Wohnungen, die aus der Mietpreisbindung fallen, - jetzt kommt es, Herr Funk - nicht teurer werden, dann muss man wirklich feststellen, er hat ganz offenbar den Sinn von sozialem Wohnungsbau nicht verstanden und Sie, Herr Theobald, wohl auch nicht!
Ein gutes Beispiel, das können Sie jetzt auch einmal mitnehmen, liefert dagegen die Stadt Wien, die mit Hundertausenden städtischen und städtisch geförderten Genossenschaftswohnungen der größte Immobilieneigentümer der Stadt ist und wo deshalb die Mieten nicht explodieren.
Wien wird regelmäßig unter die liebenswertesten Städte der Welt gewählt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Probleme sind groß, darum brauchen wir mehr als das ständige Eigenlob der Regierung und mehr als nur ganz kleine Korrekturen!
Wir brauchen mehr sozialen Wohnungsbau. Das Ziel ist ganz einfach formuliert: Die Zahl der neuen Wohnungen mit Mietpreisbindung muss größer sein als die Zahl der Wohnungen, die im selben Jahr aus der Bindung herausfallen. Wir brauchen eine gerechte Verteilung von sozialem Wohnungsbau, um zu verhindern, dass in den einen Stadtvierteln vorrangig die Einkommensschwachen leben und in den anderen ausschließlich wohlhabende Menschen. Wir brauchen einen armutsfesten Mindestlohn von 13 Euro und sollten dabei im Land den Anfang machen mit der Änderung eines saarländischen Tariftreuegesetzes. Wir müssen den Aktionsplan gegen Armut ausbauen, die vorgestellten Maßnahmen können allerhöchstens ein ganz bescheidener Anfang sein. Wir brauchen höhere Löhne und bessere Renten und gerechte Steuern auf Millioneneinkommen, Vermögen und Erbschaften ebenso wie ein Verbot von Leiharbeit und sachgrundlosen Befristungen. Hier muss das Land auch selbst mit gutem Beispiel vorangehen und auf sachgrundlose Befristungen und Kettenbefristungen endlich verzichten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, eines ist sicher keine soziale Lösung gegen Armut: ein Eigenheimprogramm. Denn das nutzt den richtig Armen überhaupt nichts, freut aber die Immobilienbesitzer. Den Antrag der AfD lehnen wir daher ab, dem Antrag von CDU
und SPD können wir schon wegen des ausufernden Selbstlobs nicht zustimmen. - Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Ich eröffne nun die Aussprache, und zwar zu den Punkten 9, 10 und 16 der Tagesordnung. - Das Wort hat für die SPD-Fraktion der Kollege Dr. Magnus Jung.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren, sofern noch anwesend! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Nachdem nun Redner von drei Fraktionen unterschiedliche Anträge eingebracht haben, beginne ich mit der Aussprache zu diesen drei Tagesordnungspunkten, sicherlich gefolgt von der Ministerin, die auch einiges dazu zu sagen hat. Bevor ich zu den Inhalten komme: Frau Kollegin Schramm, was Sie hier vorgetragen haben, war das professionelle Jammern, wie wir es von Ihrer Seite kennen.
Keine konkreten Vorschläge, nichts von dem, was den Menschen im Saarland wirklich helfen würde. Wenn wir uns beim Armutspakt auf der gleichen Abstraktionsebene bewegt hätten wie Sie in Ihrer Rede, wäre es für niemanden im Saarland besser geworden. Wir haben das Gegenteil getan. Ich komme gleich dazu. Wir haben eine ganze Reihe konkreter Maßnahmen beschlossen, die zu großen Teilen auch schon in der Umsetzung sind und die vielen Menschen schon konkret helfen.
(Abg. Schramm (DIE LINKE) : Es kommt nur nicht an! - Ministerin Bachmann: Wir sind schon lange dabei, du hast es nur nicht gemerkt! - Zuruf des Abgeordneten Lander (DIE LINKE).)
Dass Sie das mal wieder nicht anerkennen wollen, sondern sich auf eine abstrakte Ebene stellen, bestätigt den Eindruck, den wir in den Parlamentsdebatten von Ihnen haben. Das hilft den Menschen im Saarland aber keinen Schritt weiter.
(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Abg. Lander (DIE LINKE) : Unsere Anträge werden von Ihnen aber immer schön abgelehnt! Jetzt hört es aber auf!)
Das Thema der Bekämpfung der Armut ist im Übrigen heute von den Regierungsfraktionen auf die Tagesordnung gesetzt worden, also von uns und nicht von anderen Fraktionen. Warum? - Weil uns das Thema Armut auch nach der Vorlage des Aktionsplans nach wie vor sehr bedrängt und bedrückt, denn das Thema ist als Problem ja nicht von der Tagesordnung verschwunden.
Herr Kollege, halten Sie sich mit Ihren Äußerungen zurück. Mich als Heuchler zu bezeichnen, empfinde ich als Beleidigung, das lasse ich mir von Ihnen nicht sagen!
Herr Kollege Lander, ich muss Ihnen einen Ordnungsruf erteilen. Das Wort hat im Parlament nichts verloren.
Dann nehmen Sie wenigstens regelmäßig an den Sitzungen des Sozialausschusses teil und fehlen nicht ständig. Bringen Sie sich in die Arbeit ein! Damit geht Politik los!
(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Abg. Schramm (DIE LINKE) : Wir sind in den Sitzungen des Sozialausschusses immer vertreten! - Abg. Lander (DIE LINKE): Wir sind immer anwesend!)
Uns geht es darum, dass ein Siebtel der Menschen im Saarland derzeit von Armut betroffen ist. Es ist aber nicht nur ein Siebtel der Bevölkerung betroffen, nein, über das ganze Leben hinweg sind viel mehr Menschen zumindest kurzzeitig von Armut betroffen. Wir können davon ausgehen, dass rund ein Drittel der Menschen in diesem Land - nicht nur im Saarland, sondern bundesweit - irgendwann im Leben für eine längere Zeit von Armut betroffen ist. Armut schränkt Zukunftschancen von Menschen dramatisch ein. Ich rede hier insbesondere von den Kindern. Armut am Ende des Lebens entwertet die Lebensleistung, wenn nach 30, 40 oder mehr Arbeitsjahren, das Geld, die Rente immer noch nicht reicht. Armut macht viele Menschen krank und arme Menschen sterben früher. Deshalb ist Armut ein ganz zentrales gesellschaftliches Problem. Deshalb sorgen wir als Sozialdemokraten dafür, dass dieses Thema immer wieder regelmäßig in der Mitte dieses Hauses besprochen wird.
Was uns natürlich auch bedrückt und womit wir nicht zufrieden sind, ist die Tatsache, dass die Armutsquote in den letzten Jahren in Deutschland und im Saarland nur leicht rückläufig war, obwohl wir ein Jahrzehnt der hervorragenden wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland hatten mit einem ganz deutlichen Rückgang der Arbeitslosenquote. Die Armutsquote, ich will jetzt nicht auf die Definition eingehen, denn es ist letztlich immer auch eine relative Armut, ist in diesen letzten zehn Jahren nur gering zurückgegangen, auch wenn diese statistische Entwicklung sicherlich auch dem Zuzug von vielen Mi
grantinnen und Migranten in die Gesellschaft geschuldet ist. Zu Beginn ihrer Anwesenheit hängen häufig sie erst einmal in den Sozialsystemen, bevor sie in Arbeit kommen.
Das gibt mir Gelegenheit kurz auf eine Bemerkung des Abgeordneten Müller einzugehen, der wie immer sozialpolitische Themen auch nutzt, um ausländerfeindliche Propaganda zu betreiben. Wenn Sie heute unterstellen, diejenigen, die zu uns kämen, würde nicht so fleißig arbeiten wie die Deutschen und deshalb in Zukunft auch wenig zur Sicherung der Rente beitragen - das war ja Ihre Philosophie -, dann kennen Sie die Zahlen nicht. Denn die belegen gerade das Gegenteil. Die Rente der meisten Deutschen, die heute Rente beziehen, wäre nicht zu finanzieren, wenn wir in den letzten Jahren und Jahrzehnten nicht so viele junge Menschen gehabt hätten, die in unser Land gekommen sind, die hier arbeiten und Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Die Zukunft unseres Rentensystems wäre ohne Migration erst recht nicht sicherzustellen. Deshalb ist das Gegenteil von dem, was Sie gesagt haben, die Wahrheit.
Die Tatsache, dass die Armutsquote in den letzten Jahren kaum zurückgegangen ist, verschleiert durchaus auch den Blick - das merkt man bei der Kollegin Schramm - auf das, was dort passiert ist. Denn die Politik sowohl auf Bundesebene wie auch auf Landesebene war alles andere als untätig. Ich will es kurz aufzählen: Wir haben im Bund in den letzten Jahren 18 Milliarden in den Kita-Ausbau gesteckt. Alleinerziehende sind eine große Risikogruppe für Armut. Was brauchen sie? - Sie brauchen Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder, damit sie arbeiten gehen können. Hier haben wir 18 Milliarden investiert! Wir haben die Gebühren zu großen Teilen abgebaut. Wir haben das System des Kinderzuschlags eingeführt, damit viele Menschen mit niedrigen Erwerbseinkommen nicht gleich in den Hartz-IVBereich abrutschen. Wir haben beim Unterhaltsvorschuss, wo es auch wieder um die Alleinerziehenden geht, erhebliche Milliarden zusätzlich in die Hand genommen. Wir haben mehrere Bildungs- und Teilhabepakete, gerade in diesem Jahr noch ein großes. Wir haben es geschafft, dass sich in den letzten 15 Jahren die Arbeitslosigkeit in Deutschland fast halbiert hat. Wir haben den Mindestlohn eingeführt, wir haben in diesem Jahr den Beschluss zur Einführung der Respekt-Rente gefasst. Da kann sich doch niemand hier vorne hinstellen und sagen, die Situation von Menschen in Armut in diesem Land wäre uns egal. Im Gegenteil, sie beschäftigt uns jeden Tag und wir haben auch schon viel geleistet, um das Leben dieser Menschen zu verbessern.