Protocol of the Session on June 24, 2020

Die andere Seite - das muss in der heutigen Debatte betont werden - ist, dass viele Menschen aufgrund der Krise bereits ihren Arbeitsplatz verloren haben. Viele arbeiten nach wie vor in Kurzarbeit. Viele Selbstständige wissen nicht, wie es weitergeht. Ich habe gerade gestern noch einmal mit einer Vertreterin der Veranstaltungsbranche gesprochen, die jetzt am Ende des Jahres an die Altersversorgung gehen muss, weil eben keine Aufträge hereinkommen. Da geht es wirklich um Existenzen.

Dabei ist der gesamte Schaden, den diese Pandemie angerichtet hat, noch überhaupt gar nicht offen zutage getreten. Wir ahnen, da kommt mehr. Wir wissen, die Wunde, die die Pandemie geschlagen hat, wird noch richtig weh tun. Wir werden das nicht verhindern können. Das muss man ganz ehrlich sagen.

Dennoch setzen wir alles daran, diese Wunde schnell zu verschließen. Wir müssen verhindern, dass unser Land an dieser Wunde ausblutet. Wir müssen verhindern, dass der jetzt entstandene Schaden ein chronischer Schaden wird und sich der Rückstand, den es in diesem Land gibt, verstetigt. Herr Kollege Lafontaine, Sie haben diesen Rückstand angesprochen und wie Sie ihn werten. Wenn Sie sagen, man muss die Dinge mit einem Anspruch vortragen, dass man die Wahrheit sagt, dass man sich an die Zahlen hält, dann muss man Zahlen nennen, die das Ganze darstellen. Sie haben sehr stark darauf abgezielt, was die Pro-Kopf-Investitionen im Land angeht.

Aber dabei darf man eben nicht nur die Kernhaushalte berücksichtigen. Man muss dabei auch die Extrahaushalte berücksichtigen. Gerade 2017 hat sich Bertelsmann das angeschaut. Wenn man die ProKopf-Investitionen im Saarland vergleicht inklusive der Extrahaushalte, dann liegen wir derzeit in einem Mittelfeld der westdeutschen Flächenländer.

Deswegen sage ich ganz deutlich, es braucht ja diese Investitionsoffensive, die wir sowieso auf den Weg gebracht haben, um den Schub zu bekommen, den wir benötigen, um dieses Abgehängt-Sein letztlich überwinden zu können. Das bedeutet noch einmal rund 70 Euro mehr an Investitionen pro Kopf. Ich bin sicher, dass es darüber hinaus durch diese Krise weitere Kraftanstrengungen braucht. Wir wer

(Abg. Commerçon (SPD) )

den es eben nur mit einer solchen außergewöhnlichen Kraftanstrengung leisten können.

Mit dem Nachtragshaushalt werden 2,1 Milliarden Euro zusätzliche Mittel im Land mobilisiert. Wir werden damit sicherlich auch nur einen ersten Schritt leisten können, um aufzuholen. Aber wenn man sich die pandemiebedingten Investitionen anschaut, die in diesem Nachtragshaushalt drin sind - jetzt einmal ganz vorsichtig geschätzt; nur, um nicht darauf festgenagelt zu werden -, bedeutet das noch einmal rund 100 Euro mehr pro Kopf an Investitionen, die in diesem Land fließen werden. Meine Damen und Herren, ich glaube, die Auswirkungen der CoronaKrise kann man heute nur in schwachen Konturen abschätzen.

Trotzdem braucht man jetzt eine konsequente Antwort. Deswegen haben wir seitens der Landesregierung eben nicht gesagt, wir machen jetzt einen Nachtragshaushalt, mit dem mal so ein bisschen die Testverfahren und die Masken und was wir so alles bestellt haben und ein paar Beatmungsplätze finanziert werden, sondern wir setzen jetzt ein Zeichen für mehr Investitionen, um den Schwung zu bekommen, den wir brauchen, um aus dieser Krise herauskommen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Meine Damen und Herren, ich will, um wirklich nicht dem Vorwurf zu unterliegen, die unschönen Dinge nicht zu nennen, sagen, es gibt ein düsteres Szenario, was die Entwicklung unserer Wirtschaft angeht. Man schaue sich an, was die Bundesregierung sagt: Da rechnet man mit einem Rückgang des Bruttoinlandsproduktes von 6,3 Prozent.

Im Saarland - das ist eben schon einmal genannt worden - sagt die IHK, man geht von einem Rückgang der Wirtschaftsleistung von 15 Prozent aus. Ich will an Folgendes erinnern, um das in der neueren Historie einzuordnen: Im Jahr 2009, als wir die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise hatten, brach die Wirtschaft im Saarland um 10,6 Prozent ein. Wir gehen jetzt möglicherweise von 15 Prozent aus. Das zeigt, wie dramatisch das Ganze letztendlich ist. Es ist in allen deutschen Schlüsselindustrien im Grunde zu sehen, was das bedeutet: Umsatz, Produktion, Auftragseingang - überall weit unter den Werten der Finanzmarktkrise 2008/2009.

Das bedeutet, da braucht man nicht zu sagen, mal schauen, wie es kommt, vielleicht ist alles nicht so schlimm. Wir sind jetzt schon auf dem Weg, dass sich das dramatischer abzeichnet als 2009. Wir haben bei der Automobilproduktion in den ersten fünf Monaten 2020 44 Prozent unter dem Vorjahreswert gelegen. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, was das für uns bedeutet. In der saarländischen Industrie ist der Umsatz in den ersten vier Monaten um rund 21 Prozent zurückgegangen, der Auftragseingang sogar um 25 Prozent. In der

Automobilindustrie lag der Umsatzrückgang bei 28 Prozent und der Auftragsrückgang bei 34 Prozent. Das sind nicht die Zahlen, die das volle Ausmaß darstellen, weil eben die ersten beiden Monate, die im Grunde ohne Auswirkung waren, drin sind, und weil diese Zahlen eben nur bis April beziehungsweise Mai überhaupt gerechnet werden.

Das zeigt, was da auf uns zukommt. Meine Damen und Herren, ich glaube, man muss es einfach sagen, dass hier im Saarland mit der Kurzarbeit und mit den Auswirkungen auf die Arbeitslosigkeit, die jetzt steigt, im Grunde jeder dritte Arbeitnehmer im Saarland von den Auswirkungen dieser Krise betroffen ist.

Warum schildere ich das? Ich tue es, um zum einen sicherlich zu widersprechen, dass wir seitens der Landesregierung nicht geneigt sind, die Dinge zu benennen, die etwas unschöner daherkommen, zum anderen aber auch, um es der Öffentlichkeit zu sagen. Wir sind hier in der Öffentlichkeit. Herr Kollege Dörr, das ist hier nicht irgendeine verschlossene Kammer, wo man plaudern kann. Vielmehr ist das, was wir hier sagen, an die saarländische Bevölkerung gerichtet. Man muss auch ungeschönt vor Augen führen, was alles auf uns zukommt. Wenn man eine exorbitante Summe von 2,1 Milliarden Euro in die Hand nimmt und wenn wir dem Parlament vorschlagen, diesem Entwurf zuzustimmen, dann muss man auch den Ernst der Lage darstellen.

Es ist also klar. Die Herausforderung ist größer als im Jahr 2009. Damals war das auch eine Krise der Finanzwirtschaft, die auf die Realwirtschaft ausstrahlte. Heute haben wir eine Krise, die im Grunde weite Teile unserer Realwirtschaft im Land lahmgelegt hat und die damit im Mark erschüttert ist. Ich will noch einmal sagen: Ob wir mit diesem 15-prozentigem Einbruch, den die IHK prognostiziert, überhaupt wegkommen, steht in den Sternen. Ich bin mir da nicht sicher.

Zumindest setzt es etwas voraus. Das ist, dass es eben nicht eine zweite Welle oder dritte Welle gibt, in der wir das Land möglicherweise in den Lockdown bringen werden. Das kann man sich ja gar nicht ausdenken, was passieren würde, was dann der Fall wäre. Deswegen müssen wir alles daransetzen, das umgekehrt zu vermeiden. Deshalb hat es einen guten Grund, dass wir bei allen Lockerungen, die wir bei unseren Maßnahmen machen, und bei allem riesigen Erfolg, den wir mit den Saarländerinnen und Saarländern erzielt haben, wenn man sich die Infektionszahlen anschaut, immer noch vorsichtig bleiben und sagen, das Thema COVID-19 ist nicht überstanden. Wir sind nicht über den Berg. Solche Hashtags wie Corona-Ende und so weiter machen wir nicht, weil wir eben immer noch davon ausgehen, dass es zu Rückschlägen kommen kann. Das lehrt uns auch der Blick nach Gütersloh, Göttingen

(Ministerpräsident Hans)

oder nach Südkorea, was passiert, wenn zweite Wellen ankommen.

Wir haben hier eine Neuverschuldung, die wir mit diesem Nachtragshaushalt vorsehen, die schon gewaltig ist. Die ist auch einzigartig in dieser Form und in dieser Art. Aber mit diesem milliardenschweren Zukunftspaket geht es eben gerade nicht um Statistiken zum BIP, es geht nicht um Produktivität oder Arbeitsmarktstatistiken. Bei unserem Zukunftspaket geht es um Menschen. Es geht um Familien, Zukunft, Lebensleistung und Lebensentwürfe von vielen Menschen, die aufgrund der Pandemie in einer ganz prekären Situation gelandet sind. Es geht auch um die Kommunen. Es geht darum, dass wir nicht aufs Spiel setzen, was wir mit Blick auf den Saarland-Pakt mobilisiert haben. Es geht um die Umwelt und unsere Heimat. Es geht um alles, was wir lieben und was das Land lebenswert macht. Es ist in den schillerndsten Farben eben noch einmal dargestellt worden, was es bedeuten würde, wenn wir jetzt eben nicht beherzt handeln würden. Deswegen geht es ums Ganze. Da darf man dann nicht sagen: „Hier ist uns der Preis zu hoch, um das anzugehen!“, und dann zögern und zaudern wir und legen nach und nach irgendwelche Nachtragshaushalte vor. Das ist nicht die Vorgehensweise dieser Landesregierung! Deswegen ist es gut, dass wir heute diesen Nachtragshaushalt in dieser Summe vorlegen und das Parlament damit befassen. Ich glaube, es gehört zur Ehrlichkeit dazu, es in diesen Kontext zu setzen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Dass wir das überhaupt können, hat natürlich damit zu tun, dass wir einen Landeshaushalt haben, der sich vom Grundsatz her in der Konsolidierungsphase befindet. Wir haben in den letzten Jahren konsolidiert, wir haben sparsam gehaushaltet. Sehr geehrter Herr Kollege Lafontaine, es ist nicht so, dass die Schuldenbremse die saarländische Erfindung per se ist. Es ist etwas, das bundesdeutsch angegangen wird.

Sie haben es etwas anders dargestellt, aber ich möchte noch mal eine andere Sichtweise auf diese Thematik geben. Viele Länder in der Europäischen Union haben schiere Angst, wenn sie sehen, dass die Bundesrepublik Deutschland aufgrund ihrer vergleichsweise konsolidierten Haushaltslage in der Lage ist, mehr Mittel aufzunehmen, mehr Schulden zu machen und sich einen größeren Vorsprung zu verschaffen. Es macht ihnen Angst, dass sie weiter zurückfallen. Das ist nachvollziehbar. Das hat hier überhaupt gar nichts damit zu tun, dass ich in irgendeiner Form schadenfroh wäre mit Blick auf diese Länder in der Europäischen Union, die unsere Partner und Nachbarn sind. Es zeigt aber, dass Deutschland es geschafft hat, auch in schwierigen Situationen einen Haushalt aufzustellen, der konsolidiert und sparsam war. „Spare in der Zeit, dann hast

du in der Not“ - da hat die alte Küchenweisheit vor diesem Hintergrund noch einmal eine andere Bedeutung.

Ich glaube, wenn wir nicht die Grundlagen dafür geschaffen hätten, die Maßgaben des Stabilitätsrats und die Kriterien der Schuldenbremse einzuhalten, würden wir heute nicht so dastehen und es wäre dem Finanzminister nicht möglich, vor den Stabilitätsrat zu treten und zu sagen: „Wir haben einen Nachtragshaushalt von 2,1 Milliarden Euro aufgelegt, auch mit Investitionen in Digitalisierung, Schulen, Breitbandausbau sowie die Krankenhauslandschaft und Bürgschaftsrahmen, die sich für die Industrie wirklich sehen lassen können.“ Deswegen, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist das ein Paradigmenwechsel, den wir heute mit diesem Nachtragshaushalt beschreiten. Ganz ohne Frage! Er steht auf soliden Füßen, nämlich einer guten Haushaltspolitik dieser Landesregierung in diesem Land.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das Zukunftspaket ist ein Paket, das diesen Namen verdient. Wir haben ihn absichtlich gewählt. „Ein Projekt zur Pandemiefolgenbekämpfung“ hätte man es auch nennen können, aber es geht uns eben nicht nur um die Bewältigung der aktuellen CoronaKrise. Wir wissen, dass die Saarwirtschaft nicht nur unter Corona leidet. Wir hätten diese Debatte auch vor Corona führen und feststellen können, dass es eine strukturelle Krise in der Wirtschaft gibt. Weil der Strukturwandel, der vor uns steht, durch die Krise verstärkt wird, müssen wir den Schwung, den Anlauf nehmen, den es braucht, um diese Strukturkrise nicht dauerhaft in unserem Land zu haben, um den Strukturwandel voranzutreiben, um uns an die Spitze zu stellen und ganz und gar auf Zukunft zu setzen.

Was wir jetzt brauchen, ist eben so etwas wie der kühne Sprung ans rettende Ufer. Dieses rettende Ufer heißt in diesen Tagen - das kann ich nicht ändern - Innovationen durch KI, die auf einer 50-jährigen Tradition in der Informatik fußt. Es hat sicherlich auch damit zu tun, dass wir in der KI nicht nur gesagt haben, dass wir bei den Standardthemen bleiben, sondern dass wir mit dem CISPA auf Cybersicherheit gesetzt haben. Wir setzen auch auf moderne Mobilität, wir machen das technologieoffen. Wir sagen: „Wer sich einen Ford Focus mit einem milden Hybrid kauft, hat auch ein elektrifiziertes Fahrzeug und setzt damit eine wichtige Weichenstellung, um Sprit, Kraftstoff und Energie einzusparen, möglicherweise mehr als jemand, der einen Boliden mit einer riesigen Batterie fährt.“ Wir setzen vor allen Dingen auch auf Wasserstofftechnologie, weil wir wissen, dass mit der Wasserstofftechnologie eine riesige Chance vor allem für die Stahl- und Kunststoffindustrie verbunden ist. Diese Chance werden wir nutzen. Wir werden Mittel im dreistelligen Millionenbereich

(Ministerpräsident Hans)

für diese Themen einstellen und verstetigen das dann im Doppelhaushalt. Damit werden wir uns hier noch einmal befassen. Die Eckdatenklausur der Landesregierung hat es jedenfalls auf den Weg gebracht. Ich glaube, das ist ein Zeichen dafür, dass wir diesen Nachtragshaushalt nutzen, um die Weichen in diesem Land Richtung Zukunft zu stellen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir setzen sehr viel auf das Thema Digitalisierung im Nachtragshaushalt, nicht, weil das die Allerheillösung für alles wäre, sondern weil wir in dieser Krise gemerkt haben, dass es da noch hapert. In Zeiten, in denen es auf Homeoffice und Anbindungen ankommt, hatten wir teilweise nicht genügend Endgeräte und VPN-Tunnel - der Finanzminister hat es gesagt. Deswegen muss an dieser Stelle investiert werden, nicht nur im Bereich der Landesverwaltung, weil den Menschen egal ist, ob die Dienstleistung vom Land, vom Landkreis oder der Kommune kommt. Es muss investiert werden, damit die Zufriedenheit der Mitarbeitenden, der Bürgerinnen und Bürger größer wird und - und das ist wichtig für Investitionen und wichtig, um Menschen in unser Land zu bringen - damit es schnellere Verfahren im Saarland als andernorts gibt. Da werden wir einen beherzten Schritt nach vorne kommen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wir setzen in diesem Nachtragshaushalt auch auf Wissenschaft und Forschung, nicht nur im Bereich KI und Cybersicherheit, sondern auch im Bereich der Medizin und Pharmazie, sehr geehrter Herr Lafontaine. Wir sind heute schon stark - ohne Frage -, aber wir wollen stärker werden. Deswegen gibt es noch einmal ein ganz klares Bekenntnis zum HIPS, dem Zentrum für pharmazeutische Medizin. Wir können dieses Zentrum weiterentwickeln und damit vielleicht einen erheblichen Beitrag leisten, sodass wir Wirkstoffe und Impfstoffe finden und helfen können, solche Krisen besser zu meistern. Wenn uns das gelänge, hätten wir einen riesigen Beitrag dazu geleistet, dass die Welt künftig für solche Herausforderungen besser gerüstet ist. Deshalb sind das Leitinvestitionen, die wir hier sehr beherzt angehen, die im Doppelhaushalt verstetigt und helfen werden, Wertschöpfungsketten neu anzugehen, die in den Laboren der Hochschulen beginnen und letztendlich in saarländischen Unternehmen vermarktet werden können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir setzen auch auf ein Thema, das in Zeiten von Corona besonders auf die Probe gestellt worden ist. Wir setzen auf die grenzüberschreitende Kooperation in einem zusammenwachsenden Europa, weil wir mit der Schiene Paris, Metz, Nancy, Straßburg, Luxemburg und Saarland zur Herzkammer europäische Innovationsdynamik werden können. Ich habe in vielen Gesprächen während Corona und in der jüngsten Zeit festgestellt, dass unsere Partnerinnen und Partner dazu

bereit sind. Ich sage: Seien wir auch bereit, diese Herzkammer in Europa zu werden und die Intensivierung unserer europäischen Zusammenarbeit voranzutreiben.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Meine Damen und Herren, liebe Saarländerinnen und Saarländer, wir nehmen für all das viel Geld in die Hand, mehr, als wir vor Corona geplant hatten. Ich sage es ganz offen: Wir lindern mit Milliardensummen nicht nur die schlimmsten Schäden im Hier und Heute, wir sehen die Chance, unser Land durch den Einsatz zusätzlicher Mittel für die nachhaltige Überwindung der Krise in eine wirklich lebenswerte Zukunft im Morgen und Übermorgen zu führen. Das macht, was die Schuldenlast anbelangt, ganz sicherlich einen nicht geringen quantitativen Unterschied aus. Das macht aber, was die Zukunftschancen als eigenständiges Bundesland betrifft, einen gewaltigen qualitativen Unterschied aus. Ich denke, das ist es wert, diesem Nachtragshaushalt zuzustimmen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Glück auf.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank. - Das Wort hat nun die Ministerin für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr Anke Rehlinger.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Saarländerinnen und Saarländer! Wir können heute in der Plenarsitzung auf die letzten Wochen und Monate der Pandemie zurückblicken. Allerdings können wir nicht über die Pandemie in der Vergangenheitsform sprechen, denn gerade die Ereignisse der letzten Tage haben gezeigt, wie fragil das Gebilde ist und wie schnell es wieder dazu kommen kann, dass uns allen erschreckend und schmerzlich in Erinnerung gerufen wird, dass wir zwar in Sachen Gesundheitsschutz für unsere Saarländerinnen und Saarländer und für die gesamte Republik ganz viel erreicht haben, aber dass es auf wackligen Füßen steht. Das Beispiel Gütersloh steht für vieles, es steht für viele notwendige gesellschaftspolitische Debatten in unserer Gesellschaft. Es mahnt uns auch dazu, weiterhin vorsichtig zu sein und natürlich die Zukunft in den Blick zu nehmen, aber auch nicht zu vergessen, mit welcher Angst wir zeitweise erfüllt gewesen sind, was die Ausbreitung von Corona angeht. Wir können auf die letzten Wochen und Monate zurückblicken und Schlüsse daraus ziehen. Wir sollten vor allen Dingen die Zukunft fest in den Blick nehmen, aber wir dürfen über diese Pandemie nicht in der Vergangenheitsform sprechen, denn solange der Impfstoff nicht gefunden ist, ist sie gegenwärtig. Wir spüren und sehen es vielleicht nicht jeden Tag

(Ministerpräsident Hans)

gleichermaßen. Ich hoffe, dass wir es wenig tun. Uns sollte klar sein, dass es auch anders werden könnte, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

So ist das auch mit diesem Nachtragshaushalt. Natürlich blickt er teilweise zurück, aber er blickt auch teilweise mutig in die Zukunft. Wir bilden mit diesem Haushalt ab, was an notwendigen Ausgaben ausgelöst worden ist. Wir zeichnen also ein wenig das Verhalten, das Handeln und die Entscheidungen der Vergangenheit nach, aber wir tun mehr, als nur Nachträge zu vermerken. Wir versuchen auch, ein Zukunftspaket zu schnüren. Wir als saarländische Landesregierung wollen den Hebel ein Stück weit auf Mut legen in einer Zeit, in der viele eher von Perspektivlosigkeit umgetrieben sind, was ihre eigene Branche, ihr eigenes Geschäft, ihren eigenen Arbeitsplatz, vielleicht auch ihre eigene Gesundheit oder die Gesundheit von Familienangehörigen und Freunden angeht.

Das ist kein Zustand, in dem wir verharren dürfen. Wir müssen ihn zur Kenntnis nehmen und ihm etwas entgegensetzen. Meine Antwort auf diesen Zustand ist, zu sagen: Lasst uns mutvoll in die Zukunft blicken, denn mit Entscheidungen, die wir heute treffen, und mit Verhalten, das wir gemeinsam in der Vergangenheit an den Tag gelegt haben, sind wir berechtigt, diesen Mut, diese Hoffnung und diese Zuversicht zu haben, nicht nur in der Gestalt, dass wir hier darüber reden. Es ist nicht der Mut der Verzweifelten, sondern der Optimismus und der Glaube an unsere eigene Stärke. Es ist der Glaube daran, dass wir in der Lage sind, die richtigen Entscheidungen zu treffen, die uns das berechtigt tun lassen. Das ist heute auch durch diesen Nachtragshaushalt dokumentiert, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das ist Ausdruck unserer Verantwortung sowie von Mut und von Zuversicht. Deshalb werbe ich an allererster Stelle dafür, dass er verabschiedet wird, wie er vorgelegt worden ist.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Es ist eine stolze Summe. Ich komme nachher noch einmal darauf zurück, wie man das letztendlich einordnen kann. Ich hätte mir ganz bestimmt nicht eine derartige Krise gewünscht, um an dieser Stelle über diese Summen für viele Projekte, für die wir auch schon viele gute Ideen entwickelt haben, reden zu dürfen. Wir müssen an der Stelle sagen, dass es eine Chance ist, aus dieser Krise etwas zu machen. Es kann in den Bereichen, die wir identifiziert haben, tatsächlich dazu genutzt werden, dass es uns einen kraftvollen Schub gibt, um aus dieser Krise herauszukommen. Wir haben mittlerweile Hilfsgelder in Höhe von 150 Millionen Euro in diesem Land mobilisiert und verausgabt, um diejenigen zu stützen, mit denen wir aus der Krise rausgehen wollen. Das ist eine stattliche Summe. Das sind Bundes- und Lan

desgelder. Leider muss man aber auch sagen, dass jeder Euro ein notwendiger Euro gewesen ist, um die Existenzen zu sichern, Ängste zu nehmen und Zuversicht zu geben, die wir uns für das ganze Land wünschen.

Wir haben es nicht nur nachvollzogen, sondern auch überlegt, was wir zukünftig über das hinausgehend tun wollen, was jetzt schon angelegt ist, auch über das hinausgehend, was die Bundesregierung in ihrem Konjunkturpaket angelegt hat. Da ist eine meiner Kernüberlegungen - ich freue mich, dass das zur gesamten Haltung der Landesregierung geworden ist -, dass wir tatsächlich in Rechnung stellen müssen, dass wir in wesentlichen Bereichen, die unsere Wirtschaft im Saarland abbilden, eine deutlich höhere Vorbelastung hatten als andere Regionen in Deutschland. Dazu zählt der Brexit als isoliertes Ereignis, der viele schon vorher getroffen hat. Dazu zählt, dass wir an einer Grenze liegen, was ganz oft ein großer Vorteil für uns ist und für die Zukunft insofern genutzt werden sollte. In Zeiten, in denen man aber die Grenze zumacht, ist es ganz klar ein Nachteil. Der Einzelhandelsumsatz in Saarbrücken stellt sich mit 25 Prozent so dar, dass es Franzosen sind, die hierüber kommen. Wenn die Grenze zu ist, wirkt sich das im Besonderen negativ aus. So gibt es auch viele andere Bereiche. Insofern war die Situation dort eine zusätzliche Belastung, denn andere Bundesländer, die eine solche Grenze oder ein solches Grenzregime nicht haben, haben darunter nicht gelitten.

Es ist natürlich auch die Exportabhängigkeit, die uns besonders krisenanfällig macht. Es ist die Situation, dass wir uns in ganz vielen Bereichen schon vorher in einer schwierigen Phase der Transformation befunden haben. Diese Krise kann sicherlich nie zu einem guten Zeitpunkt kommen, aber gerade für die saarländische Wirtschaft ist sie zu einem maximal schlechten Zeitpunkt eingetreten, weil gerade viele Unternehmen dabei waren, sich neu auszurichten und zu gucken, was man dort tun kann und wo die neuen Geschäftsfelder sind. In einer solchen Zeit braucht man Sicherheit, klare Rahmenbedingungen und natürlich auch ein stabiles Wirtschaftsumfeld, damit man investieren kann. Außerdem braucht man Geld, um zu investieren. All das ist durch die Krise im besonderen Maße infrage gestellt worden.