Protocol of the Session on May 13, 2020

Ich schwöre, mein Amt unparteiisch, getreu der Verfassung und den Gesetzen zum Wohle des Volkes zu führen.

Ich danke Ihnen. - Ich bitte nun Herrn Justizrat Hans-Georg Warken zum Rednerpult. Ich bitte Sie, die linke Hand auf die Verfassung des Saarlandes zu legen, die rechte Hand zu erheben, die Eidesformel zu wiederholen und zu schwören, mit oder ohne religiöse Beteuerung.

Justizrat Warken:

Ich schwöre, mein Amt unparteiisch, getreu der Verfassung und den Gesetzen zum Wohle des Volkes zu führen. Ich schwöre, so wahr mir Gott helfe.

Ich danke Ihnen. - Ich bitte nun Herrn Prof. Dr. Stephan Weth zum Rednerpult. Herr Prof. Dr. Weth, ich bitte auch Sie, die linke Hand auf die Verfassung des Saarlandes zu legen, die rechte Hand zu erheben, die Eidesformel zu wiederholen und zu schwören, mit oder ohne religiöse Beteuerung.

Herr Prof. Dr. Weth:

Ich schwöre, mein Amt unparteiisch, getreu der Verfassung und den Gesetzen zum Wohle des Volkes zu führen, so wahr mir Gott helfe.

(Präsident Toscani)

Ich danke Ihnen. Ich darf Sie bitten, wieder Platz zu nehmen. - Meine Damen und Herren, wir kommen nun zur Abgabe der Regierungserklärung. Ich erteile Herrn Ministerpräsidenten Tobias Hans das Wort zur Abgabe seiner Regierungserklärung. Die Regierungserklärung hat das Thema:

„Unser gemeinsamer Weg durch die CoronaKrise“

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Saarländerinnen und Saarländer! Seit mehr als drei Monaten nun wird unser politisches und quasi das gesamte öffentliche Leben in unserem Land von der Corona-Krise beherrscht. Diese Krise überzieht mittlerweile fast den gesamten Erdball. Ihre globalen wie auch lokalen Folgen sind derzeit kaum absehbar. Klar ist nur: Die Herausforderung, in der wir stehen, ist bislang einzigartig für dieses Land, aber auch in globaler Hinsicht.

Nachdem im Saarland Anfang März die erste COVID-19-Infektion im Saarland bekannt wurde und danach die Fallzahlen täglich in die Höhe schnellten, mussten wir das Schlimmste befürchten. Das Schlimmste konnten wir andernorts beobachten, vor allem in der italienischen Stadt Bergamo. Wir sahen überlastete Krankenstationen mit Patienten auf den Fluren - Patienten, die nicht mehr behandelt werden konnten. Wir sahen ärztliches Personal, das verzweifelt über Leben und Tod entscheiden musste. Militärfahrzeuge transportierten Särge in die Krematorien benachbarter Regionen, weil auch diese Kapazitäten vor Ort überlastet waren. Es waren schreckliche Bilder, wie wir sie in unserem hochindustrialisierten und hochzivilisierten Europa niemals für möglich gehalten hätten. Niemand konnte garantieren, dass diese Bilder nicht auch bei uns schon wenige Wochen später zur Realität werden.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, in ihrer Regierungserklärung am 11. März 2020 versprach Ministerin Monika Bachmann den Menschen im Saarland, dass wir alles in unserer Macht Stehende tun werden, um die Epidemie einzudämmen und auch die Menschen zeitnah und umfassend über die Entwicklung und unsere Maßnahmen zu unterrichten. Zwei Monate, nachdem wir offensiv den Kampf gegen die Pandemie aufgenommen haben, können wir sagen, wir haben jederzeit die Menschen im Saarland über jeden Schritt der Pandemiebekämpfung informiert und all unsere Maßnahmen detailliert begründet. Wir haben eine Hotline und einen News-Room eingerichtet, in denen zum Teil im Drei-Schicht-Betrieb sieben Tage die Woche Fragen von Bürgerinnen und Bürgern be

antwortet wurden. Und das Wichtigste: Wir haben das Infektionsgeschehen erheblich eingedämmt. Dieses Infektionsgeschehen vollzog sich im März mit täglichen Steigerungsraten von um die 50 Prozent sehr viel dynamischer als im Bundesschnitt. Es drohte uns schon in wenigen Wochen eine Situation ähnlich wie in Bergamo oder im südlichen Elsass. Das war zum damaligen Zeitpunkt alles andere als ein unwahrscheinliches Szenario. Aus diesem Grund sahen wir uns verpflichtet, unseren Weg aus der Krise entschlossener und energischer zu beschreiten, als es in anderen Bundesländern der Fall war. Man muss sich überlegen, dass es in den östlichen Bundesländern teilweise keine oder ganz wenige Infizierte zu diesem Zeitpunkt gegeben hat.

Bereits vor dem ersten Corona-Fall haben wir im Saarland einen Krisenstab und eine Hotline eingerichtet und auf unseren Saarland-Kanälen umfassende Informationen zu Corona zur Verfügung gestellt. Zudem haben wir die Bevölkerung über infektionsvermeidende Verhaltensweisen aufgeklärt und dazu aufgerufen, diese möglichst zu befolgen. Zu diesem Zeitpunkt waren uns die Maßnahmen noch nicht in Fleisch und Blut übergegangen. Am 11. März 2020 - die Zahl der gemeldeten Infizierten war bereits auf 22 angestiegen - erfolgte das Verbot von Großveranstaltungen mit über 1.000 Besuchern, die Absage von allen Klassenfahrten und die Verschiebung der Vorlesungszeit an Uni und htw um vier Wochen. Auch in den darauffolgenden Tagen sahen wir uns aufgrund weiterhin stark ansteigender Fallzahlen zu zusätzlichen Maßnahmen gezwungen, die schließlich am 20. März 2020 in der Allgemeinverfügung zu den Ausgangsbeschränkungen mündeten. Mit diesem Schritt sind wir gemeinsam mit Bayern gegenüber allen anderen Bundesländern weit vorgeprescht. Dies nicht zuletzt deswegen, weil bei uns ebenso wie in Bayern die Zahl der Infizierten sehr viel schneller anwuchs als im Rest des Bundesgebietes. Hierbei orientierten wir uns nicht nur an einzelnen Faktoren wie dem R-Faktor oder der Zahl der Neuinfektionen. Wir berücksichtigten darüber hinaus, unter Hinzuziehung von Expertenmeinungen aus der Wissenschaft, mehrere Parameter wie etwa auch die Zahl der aktiven Infektionen, die Intensivund die Beatmungsplatzbelegung genauso wie die Infektionszahlen in Einrichtungen.

Heute, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, sehen wir, dass das befürchtete Schreckensszenario ausgeblieben ist. Unsere Maßnahmen zeigen eine deutliche Wirkung. Das Infektionsgeschehen ist fast zum Erliegen gekommen. Unsere Krankenhäuser haben den Stresstest mit Bravour bestanden. Die Zahl der freien Intensiv- und Beatmungskapazitäten in unseren Krankenhäusern, die wir erheblich ausgebaut haben, beträgt ein Vielfaches der Zahl der Schwererkrankten. Wir haben die Pandemie in unserem Land in einem Maße unter Kontrolle gebracht, wie wir es vor zwei Monaten

kaum zu hoffen wagten. Das ist nicht zuletzt auch das Ergebnis der hervorragenden Arbeit unseres gemeinsamen Krisenstabs aus Innenministerium und Gesundheitsministerium unter der Leitung der Staatssekretäre Stephan Kolling und Christian Seel. Allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Krisenstab, die teilweise Tag und Nacht arbeiteten, möchte ich an dieser Stelle mein herzliches Dankeschön im Namen der gesamten Landesregierung und sicherlich auch in Ihrem Namen aussprechen.

(Beifall des Hauses.)

Mein ganz besonderer Dank gilt allerdings den Menschen im Saarland. Sie haben zu einem überwiegenden Teil bereits vor unseren Maßnahmen ihr Alltagsverhalten an die neue Gefahrenlage angepasst. Sie haben unsere Verfügungen akzeptiert. Mit Umsicht und Geduld haben sie auf Abstands- und Hygieneregeln geachtet. Auf diese Art trugen sie maßgeblich, wenn nicht entscheidend zur Eindämmung der Pandemie bei. All das - und das sage ich entgegen manch anderslautender Stimmen - hat nichts mit einem Hang zum Gehorsam gegenüber dem Staat zu tun, es hat einzig und allein mit Vernunft und Verantwortungsbewusstsein zu tun, das die Saarländerinnen und Saarländer in diese Situation unter Beweis gestellt haben. Meine Damen und Herren, wir können nicht hoch genug anerkennen, dass die Menschen die Maßnahmen mitgegangen sind. Das ist die Grundlage des Erfolges, den wir heute betrachten können.

(Beifall des Hauses.)

Dies vor allem auch angesichts der Tatsache, dass nun in der Phase der umfangreichen Erleichterungen umso mehr auf die Abstands- und Hygieneregeln geachtet wird, ohne Verantwortungsbewusstsein geht es nicht. Ich beobachte tagtäglich, wie sehr die Menschen beispielsweise die Maskenpflicht ernst nehmen, auch heute beim Eintreten in diesen Saal. Das ist kein Schauspiel! Das ist das, was tagtäglich auch in anderen Situationen praktiziert wird. Wir als Landesregierung haben in einer einzigartigen Aktion insgesamt 5 Millionen Masken im Saarland verteilt. Dass davon nun rege Gebrauch gemacht wird, zeugt ebenfalls von der Vernunft und dem Verantwortungsbewusstsein der Saarländerinnen und Saarländer.

Meine Damen und Herren, in dieser Situation melden sich aber auch zunehmend kritische Stimmen zu Wort, die die Notwendigkeit unserer Maßnahmen bezweifeln. Hier kann ich nur sagen: Solange alles gut geht, werden wir natürlich nie wissen, ob die eine oder andere Maßnahme tatsächlich notwendig war. Mit dieser Ungewissheit müssen wir leben. Mit dieser Ungewissheit können wir aber auch leben, denn wir haben unser zentrales Ziel in dieser Pandemie erreicht, nämlich die Pandemie einzubremsen und den Erkrankten zu jedem Zeitpunkt eine vollum

fängliche medizinische Versorgung zu gewährleisten. Dieses Ziel stand von Anfang an an oberster Stelle. Es hatte oberste Priorität, dass wir die Menschen versorgen können - und das ist uns auch gelungen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall des Hauses.)

Dabei war uns immer schmerzlich bewusst, welch gravierende Grundrechtseinschränkungen - der Präsident ist zu Beginn der Sitzung darauf eingegangen - unsere Maßnahmen bedeuten. Aus diesem Grund haben wir, als sich das Infektionsgeschehen deutlich abgemildert hatte, erste Erleichterungen vorgenommen. Zunächst betraf das den Einzelhandel. Als nächster Schritt folgte wenige Tage später die Lockerung des Versammlungs- und Demonstrationsverbotes. Ich merke hier an: Wir waren das erste Bundesland, das aus Respekt vor den Grundrechten dieses Königsrecht der Demokratie wieder in Kraft gesetzt hat. Am 28. April haben wir dann einen Paradigmenwechsel in der Landesregierung beschlossen, als die allgemeine Ausgangsbeschränkung mit klar definierten Ausnahmen durch eine grundsätzliche Ausgangserlaubnis mit einschränkenden Ausnahmen ersetzt wurde. Meine Damen und Herren, für uns war immer klar: Wir greifen nur solange und so weit in die Grundrechte ein, wie es absolut notwendig ist. Erleichterungen von unseren Maßnahmen müssen erfolgen, sobald die Infektionslage dies zulässt.

Als dann am gleichen Tag der Saarländische Verfassungsgerichtshof sein Urteil fällte, war das größtenteils eine Bestätigung unseres Vorgehens, auch wenn er in einzelnen Punkten weiterging, als wir es für diesen Zeitpunkt vorgesehen hatten. Für uns war das ein Beleg für die Funktionsfähigkeit unseres Rechtsstaates, zu dessen Wesenskern es nämlich gehört, dass die Rechtsprechung das Regierungshandeln bisweilen korrigiert. Dies umso mehr in einer Ausnahmesituation wie dieser, wo die Abwägung zwischen untereinander konkurrierenden Grundrechten einer permanenten Gratwanderung gleichkommt. Diese Gratwanderung werden wir noch eine geraume Zeit auf uns nehmen müssen. Dabei geht es darum, dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit während einer Pandemie den Vorrang gegenüber anderen Grundrechten einzuräumen. Dass dies eine gewisse Zeit verfassungsrechtlich geboten ist, darüber herrscht auch unter Verfassungsrechtlern weitgehend Einigkeit. Allerdings darf der Zustand der Grundrechteeinschränkung nur so lange währen, wie es absolut notwendig erscheint. Insofern sind, meine Damen und Herren, die nun vorgenommenen Erleichterungen bei dem derzeit geringen Infektionsgeschehen eben auch verfassungsrechtlich geboten. Sie sind auch keine Belohnung für eine willfährige Bevölkerung, die gut mitgemacht hat. Grundrechte werden vom Staat nicht huldvoll gewährt, Grundrechte sind vielmehr

(Ministerpräsident Hans)

unauflöslich mit dem Menschsein verbunden. Ihnen muss stets höchstmögliche Geltung zukommen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Denjenigen hingegen, denen unsere Erleichterungen nicht schnell genug gehen, sage ich: Wir haben die Pandemie längst noch nicht besiegt! Zu schnelle, zu unbedachte Öffnungen gefährden das bisher Erreichte. Aus diesem Grund bleibt uns nichts anderes, als weiterhin behutsam und in aller Vorsicht unseren Weg in eine neue Normalität zu beschreiten.

Ich will hier aber auch klarstellen: Mit „neuer Normalität“ ist nicht gemeint, dass die Einschränkung von Grundrechten als Normalität begriffen werden soll. Dies kann und darf selbstverständlich immer nur ein Ausnahmezustand sein. Als Normalität gelten hier vielmehr all die Vorsichtsmaßnahmen, die noch eine ganze Zeit lang unser Alltagsverhalten begleiten werden. Dass das so ist, muss man offen und ehrlich kommunizieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, ganz ohne Zweifel wird das Europa der offenen Grenzen im Zuge der Corona-Pandemie auf eine wirklich harte Probe gestellt. Dennoch waren die Maßnahmen, die seit dem 16. März vom Bundesinnenminister angeordnet wurden, die Grenzkontrollen, für die Unterbrechung von Infektionsketten in der Not dienlich. Dies umso mehr, als die Region Grand Est, unsere Nachbarregion, am 11. März vom Robert Koch-Institut als Risikogebiet ausgewiesen wurde und dort aufgrund der stark angestiegenen Infektionen quasi über Nacht drastische Lockdowns eingeführt wurden - Geschäfte geschlossen wurden, Restaurants geschlossen wurden, Schulen geschlossen wurden - und damit eben auch eine andere Strategie der Bekämpfung des Virus als bei uns eingeleitet wurde. Bitte erinnern Sie sich daran, dass zu diesem Zeitpunkt auch die Testungen ausgesetzt wurden.

Diese Krise hat uns daher bestätigt, wie wichtig die Zusammenarbeit in Europa ist. Ich habe von Anfang an mehrfach mit der politischen Führung in Grand Est und in Luxemburg die Lage beraten. In der Großregion haben wir eine „Task Force Corona“ eingerichtet, in der sich die Partner in einer wöchentlichen Videokonferenz austauschen; anders geht es ja im Moment auch im Saarland kaum. Durch diese regelmäßigen Konsultationen konnten zahlreiche der vor Ort bestehenden Probleme gelöst werden.

Vor allem konnten wir, und es freut mich sehr, dass das gelungen ist, in saarländischen Krankenhäusern viele Schwerstkranke aus Grand Est intensivmedizinisch behandeln. Staatspräsident Emmanuel Macron hat sich bei mir in einem persönlichen Schreiben für diese Hilfsaktion bedankt. Ich möchte an dieser Stelle diesen Dank und auch meinen Dank, meinen Respekt an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

der Kliniken in Homburg, Saarbrücken und Völklingen weitergeben: Sie haben Menschenleben gerettet und Sie haben mit Ihrer Leistung einen großartigen Beitrag für die deutsch-französische Freundschaft geleistet. Das wird bleiben. Ich bin stolz darauf, dass es uns im Saarland gelungen ist, diese Menschen zu retten.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Meine Damen und Herren, wir sind uns in der Großregion einig: Wir werden diese Kooperation nach der Corona-Krise weiter vertiefen. Das ist jedenfalls das einmütige Signal unserer Videokonferenz mit den Exekutiven der Großregion, die ich am 28. April als Gipfelpräsident geleitet habe. Wir werden die Zusammenarbeit vertiefen, in der Krise, aber auch nach der Krise. Und von diesem Weg werden wir uns durch nichts und niemanden abbringen lassen.

Aus diesem Grund habe ich auch immer darauf gedrungen, die Einschränkungen an der Grenze auf ein absolutes Mindestmaß zu reduzieren. So haben wir zum frühestmöglichen Zeitpunkt - bereits am 16. April - hier im Saarland die Quarantäne-Verordnung abgeändert, dies dahingehend, dass zahlreiche Ausnahmeregelungen festgelegt wurden. So wurde etwa, was das Zusammenleben von Familien im Grenzraum angeht, festgelegt, dass für diese die Quarantäne-Vorschrift aufgehoben ist. Auch habe ich mich frühzeitig bei der Bundeskanzlerin und dem Bundesinnenminister dafür eingesetzt, dass möglichst viele Grenzübergänge für den Pendler- und Warenverkehr offen gehalten wurden.

Seit Montag gibt es nun, liebe Kolleginnen und Kollegen, in Frankreich ein vergleichbares Regelsystem wie in Deutschland. Auch in Frankreich sind die Infektionszahlen zurückgegangen, auch dort gibt man jetzt Erleichterungen an die Bürgerinnen und Bürger weiter. Daher habe ich schon am Freitag in einem Brief an Bundesinnenminister Seehofer und an den französischen Innenminister Castaner darauf gedrungen, neben der Öffnung der derzeit noch gesperrten Grenzübergänge auch die permanenten Grenzkontrollen auszusetzen.

Für mich ist klar: Wir müssen nun schnellstmöglich wieder zur Schengen-Normalität der offenen Binnengrenzen zurückkehren. Dies bedeutet eben nicht nur die Wiederherstellung der Reisefreiheit ohne Quarantänisierung für Bürgerinnen und Bürger im Schengen-Raum. Dies bedeutet auch ein besser abgestimmtes Vorgehen in der Nachverfolgung von Infektionsketten für künftige Wellen der Pandemie. Ich bin sicher, dass es uns so gelingen wird, künftig dauerhafte Grenzkontrollen zu vermeiden. Grenzschließungen sind, liebe Kolleginnen und Kollegen, immer ein notgedrungener Akt, nie ein Zeichen von Stärke. Stärke dagegen entsteht durch abgestimmtes Handeln. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man auch vielleicht in Berlin und wenn man auch

(Ministerpräsident Hans)

vielleicht in Paris noch nicht ganz so weit ist, ich bin der festen Überzeugung: Unsere Großregion, gerade diese Grenzregion, kann, was ein gemeinsames Grenzmanagement angeht, als Modellregion dienen: Französische Polizistinnen und Polizisten gemeinsam mit deutschen Polizistinnen und Polizisten in unseren Städten statt stationär an den Grenzen dahin wollen wir kommen. Das schlagen wir vor, das kann das Saarland als Angebot leisten.

(Beifall der Regierungsfraktionen.)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben jetzt die erste Phase dieser Epidemie hinter uns. Die konsequente Fokussierung der Landesregierung auf die epidemischen Entwicklungen war zu Beginn der Corona-Pandemie richtig und unausweichlich. Wie alle Regierungen in den Ländern und im Bund mussten wir zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit unserer Bürgerinnen und Bürger schnell und entschieden handeln.

Die Fraktionen hier im Haus - genauer: im Landtag; wir sind ja heute in einem anderen Haus - haben dies mitgetragen. Sie haben die Maßnahmen, die die Landesregierung schnell treffen musste, im sogenannten Corona-Ausschuss stets positiv begleitet und unterstützt. Dafür möchte ich allen Mitgliedern des Hohen Hauses namens der Landesregierung herzlich danken. Mein Dank schließt dabei die Opposition ausdrücklich ein. Mit dem Oppositionsführer und ehemaligen Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine durfte ich mich mehrmals unterhalten und habe ich mich über die Entwicklungen ausgetauscht. Für diese Gelegenheit bin ich, Herr Kollege, wirklich außerordentlich dankbar.

Nach der Phase der unmittelbaren Krisenbewältigung ist in unserer parlamentarischen Demokratie jetzt besonders wichtig, dass bei den kommenden Maßnahmen zur Bewältigung der Krise und zum Wiederaufbau von Wirtschaft und Gesellschaft das Parlament seine übliche und zugleich besondere Rolle einnimmt. Auch das ist eine Aufgabe, für die es kein Drehbuch gibt, ebenso wenig wie für die hinter uns liegende Phase.

In dieser schwierigen Situation brauchen wir jetzt mehr denn je den Blick aufs Ganze, der auch die mittel- bis langfristigen Folgen der Krise nicht außer Acht lässt. Dies schließt eben auch die gewaltigen Belastungen ein, die wir kommenden Generationen durch die Rettungsprogramme, die wir schon aufgelegt haben und die wir auch noch weiter brauchen werden, aufbürden.

Der Landtag des Saarlandes muss sich ebenso wie die Landesregierung dieser Verantwortung einer umfassenden Abwägung stellen. Wir müssen unsere Entscheidungen in einer so komplexen Lage gut begründen und sie nachvollziehbar für die Menschen im Saarland darstellen. Nur so kann man einer Polarisierung innerhalb der Bevölkerung, die wir jetzt ja

schon beobachten müssen, und einem Glaubwürdigkeitsverlust der Politik insgesamt entgegenwirken.

Dem, was auf die Wirtschaft, die Kommunen und die Gesellschaft im Saarland jetzt zukommt, müssen sich alle Saarländerinnen und Saarländer gemeinsam stellen. Wir wollen und müssen den erprobten Weg gehen, den wir hier im Haus und im Land insgesamt als den „saarländischen Weg“ kennen: In der Krise stehen wir zusammen. Alle wichtigen Interessengruppen üben den Schulterschluss, von den Wirtschafts- und Arbeitnehmervertretern über die Sozialverbände, die Kirchen, die Jugendorganisationen bis hin zur öffentlichen Hand und zur Politik. Ich appelliere deshalb an alle, die im Saarland Verantwortung tragen: Helfen Sie bitte mit, damit wir gut aus dieser Krise kommen! Leisten auch Sie Ihren Beitrag, damit wir auch die Chancen dieser Krise für unser Land nutzen können!

Für die vor uns liegende Zeit, für die zweite Phase der Pandemie, verfolgt die Landesregierung im Kern folgende Strategien: Erstens werden wir weiterhin Vorsorge betreiben für den Fall, dass sich die Infiziertenzahlen wieder erhöhen sollten. So müssen bis auf Weiteres beispielsweise 35 Prozent der Intensivbeatmungsbetten für COVID-19‑Patienten freigehalten werden. Die Krankenhäuser müssen bei ihrer Belegungs- und Leistungsplanung gewährleisten, dass sie innerhalb von 48 Stunden wieder im Krisenmodus COVID‑19 arbeiten können.