Protocol of the Session on March 11, 2020

(Abg. Renner (SPD) : Das ist die Gesellschaft, die Sie suchen. - Unruhe.)

Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte um etwas mehr Disziplin. - Das Wort hat der Herr Fraktionsvorsitzende Josef Dörr.

Sie waren in Chemnitz nicht dabei. Ich war dabei ‑ ‑

(Zuruf von der SPD: Genau! - Lautes Sprechen.)

Ja, genau. Aber eigentlich ‑ ‑ Das wissen wir ja. Ich war dabei und ich konnte auch sehen - und das ist auch eine Kritik meines Kollegen Rolf Müller gewesen - und verfolgen, dass über dieses Ereignis sehr falsch berichtet worden ist.

(Zuruf des Abgeordneten Scharf (CDU).)

Ich habe es hier schon einige Male gesagt, die weiße Rose - das habe ich die Woche noch im Fernsehen gesehen, Frau Merkel hat auch eine weiße Rose geholt - ist allgemein als Zeichen der Trauer anerkannt. Das habe ich mir inzwischen sagen lassen, ich bin nicht so oft auf Beerdigungen.

(Abg. Renner (SPD) : Reden Sie sich doch nicht so jämmerlich raus!)

Ich habe mich hier überhaupt nicht, Herr Renner, rauszureden. Sie sind Brandstifter, Sie, die SPD, sind Brandstifter. Ja. Es kann doch nicht sein, dass ein Beamter, der Hoheitsaufgaben hat, sich parteipolitisch, in Uniform auch noch, sodass jeder sieht, dass er Beamter ist, betätigt beziehungsweise, um es genau zu sagen, den politischen Gegner verleumdet.

(Abg. Renner (SPD) : Er hat das Grundgesetz gegen Sie in Schutz genommen.)

(Vizepräsident Heinrich)

Herr Kollege Renner, ich bitte um etwas mehr Ruhe und Disziplin.

Niemand kann das über einen von der AfD behaupten. Das ist gelogen, einwandfrei gelogen. Ich war 45 Jahre Lehrer. Ich war immer in einer Partei, aber es ist mir im Traum nicht eingefallen, in der Schule Parteipolitik zu machen.

(Sprechen.)

Politische Gemeinschaftskunde war bei mir ein Hauptfach und die Kinder haben viel gelernt. Wenn ich einen SPD-Bürgermeister eingeladen habe, habe ich einen Tag später einen CDU-Landrat eingeladen. Ich habe versucht, immer neutral zu sein. Und ich denke, es ist eine Pflicht, dass man neutral ist. Wozu führt die Haltung, die man jetzt hier verteidigt? - Das ist nämlich der eigentliche Skandal. Sagen wir einmal, es findet eine AfD-Veranstaltung in Kaiserslautern statt. Ich fahre dahin und fahre etwas zu schnell. Dann werde ich von dem Polizisten angehalten und - wie es richtig ist - zur Ordnung gerufen und bezahle mein Geld. Dann kommt jemand, der auch angehalten wird, weil er zu schnell gefahren ist. Er wird gefragt: „Wo fahren Sie denn hin?“ Er antwortet: „Ich fahre zur Gegendemo nach Kaiserslautern.“ Es wird gesagt: „Das ist ja eigentlich eine gute Tat, da sind wir mal nicht so genau.“

(Lachen. - Zuruf: Unfassbar! - Abg. Ren- ner (SPD) : Nicht zu fassen! - Sprechen.)

Das ist das, was da kommen kann. Jetzt gehen wir einmal einen Schritt weiter. Was ist denn mit dem Beamten so Schreckliches geschehen?

(Unruhe.)

Er ist zu einem Sensibilisierungsgespräch eingeladen worden. So nennt man das heute. Man hat ihm dann wahrscheinlich gesagt: „Hör mal, also so geht es jetzt nicht. Du machst mal ein bisschen zart.“ Das hat er aber nicht gemacht. Er hat nicht ein bisschen zart gemacht, sondern hat danach verkündet, dass er dasselbe noch einmal sagt, nämlich dieselben Verleumdungen, aber diesmal ohne Uniform. Wo ist denn jetzt der Unterschied?

(Zuruf des Abgeordneten Renner (SPD). - Sprechen.)

Erstens weiß jetzt jeder, wer dieser Herr ist, ob er Uniform trägt oder nicht. Jetzt weiß es jeder. Zweitens, selbst wenn er keine Uniform trägt, ist er dann

weniger Beamter? Ich habe nie eine Uniform getragen.

(Zuruf des Abgeordneten Renner (SPD).)

Ich war Beamter und habe dieses Neutralitätsgebot eingehalten, egal wer bei mir war, ob Schüler oder Eltern von Schülern, egal woher sie kamen, egal welchen Rang sie hatten et cetera. Ich habe diese Neutralität strikt eingehalten und ich denke, es müsste hier in diesem Haus Konsens sein, dass unsere Beamten, die von den Leuten bezahlt werden, für die Leute da sind, und zwar unabhängig davon, welche politische Meinung sie haben. Und vor allen Dingen sollen sie ihre politische Meinung dort äußern, wo es angebracht ist. Es hat doch niemand etwas dagegen, wenn ein Polizeibeamter im Gemeinderat, im Landtag oder sonst wo sitzt, aber er muss andere Leute doch nicht beschimpfen.

(Abg. Rehlinger (SPD) : Hass und Hetze sind keine politische Meinung. - Beifall.)

Es ist ja schön, Frau Rehlinger, dass Sie sich da hinten hingesetzt haben, damit Sie auch einen Zwischenruf machen können. Das tun Sie ja sonst immer von der Regierungsbank.

(Abg. Rehlinger (SPD) : Ich habe es nicht mehr ausgehalten, Ihnen zuzuhören.)

Ich habe mir ein paar Sachen rausgeschrieben. Hass und die Hetze, ich kann das gar nicht, ich kann gar nicht hassen, ich habe das bisher nicht fertiggebracht. Hass und Hetze kommen nicht von der AfD,

(Zurufe - Unruhe)

sie treffen die AfD und da braucht man überhaupt nicht weit zu gehen. Es ist noch keine acht Tage her, da ist das Auto unseres Bundesvorsitzenden, Tino Chrupalla, abgefackelt worden und er selbst hat sich beim Versuch, es zu löschen, verletzt. Er hat im Krankenhaus gelegen.

Das ist von heute: Brandanschlag auf Auto eines AfD-Politikers.

(Abg. Berg (SPD) : Denken Sie einmal an Hanau, wie viele Menschen dort gestorben sind. Das ist eine Frechheit!)

Das Auto des kommissarischen Berliner AfD-Landesvorsitzenden Nicolaus Fest ist durch einen Brandanschlag beschädigt worden. Das teilte die AfD am Dienstag mit. Die Polizei nannte den Namen des Besitzers nicht, bestätigt aber eine Brandstiftung mit einer „möglichen politischen Tatmotivation“ - und so weiter und so fort.

Frau Berg, was Sie gesagt haben, ist genau wieder der Punkt. Wenn ein Psychopath, ein anerkannt psychisch schwer Kranker, eine grausame Tat irgendwo verübt, dann versucht man, das der AfD anzuhängen. Wieso denn das? Wieso steht jetzt überall „von der AfD initiiert“, „bösartiger Anschlag“ oder weiß Gott was? - Der hat mit der AfD überhaupt nichts zu tun. Null, Null!

(Abg. Renner (SPD) : Sie haben die geistige Grundlage gelegt.)

Es wird aber jetzt ohne Kritik überall verbreitet. Ich habe gehört, der Vater von dem armen Menschen ist GRÜNER gewesen oder ist GRÜNER. Das erfährt man nirgends. Obwohl das auch keine Bedeutung hat.

(Abg. Rehlinger (SPD) : Eben! - Sprechen.)

Wenn das aber ein AfD-Vater wäre, wäre es fürchterlich. Ich lese Ihnen einmal ein paar Zahlen vor, die von offizieller Seite kommen: Keine andere Partei in Deutschland ist so häufig das Zielobjekt politisch motivierter Gewalt wie die AfD. Das ergibt sich aus der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage des Abgeordneten Martin Hess (AfD) an die Bundesregierung. Von 52 Angriffen auf Parteibüros richtete sich demnach genau die Hälfte - also 26 gegen AfD-Einrichtungen, während es die CDU viermal, die GRÜNEN fünfmal, die SPD sowie DIE LINKE je siebenmal traf. Bei den Plakatzerstörungen ist das Bild noch deutlicher. Von 905 registrierten Straftaten trafen 450 die AfD, gefolgt von der CDU mit 165 - und so weiter und so fort. Hass und Hetze gehen also nicht von der AfD aus, Hass und Hetze treffen die AfD.

(Beifall von der AfD.)

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die CDULandtagsfraktion Herrn Abgeordneten Alwin Theobald das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich eines klarstellen: Ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass unsere Landesregierung ganz grundsätzlich Recht und Gesetz walten lässt und dies auch in dem Fall gilt, den wir heute hier diskutieren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen und der LINKEN.)

Die Wortwahl in der Begründung des vorliegenden Antrages und auch Ihren Beitrag eben, Herr Dörr, finde ich hingegen schon ein Stück weit infam, dreist und anmaßend. Ich würde mir sehr wünschen, liebe Herren von rechts, dass gerade auch manche Anhänger und Vertreter Ihrer Partei in all ihren Äußerungen und all ihrem Auftreten Recht, Gesetz und moralische Maßstäbe des Miteinanders in unserer freiheitlichen und liberalen Demokratie im Blick hätten.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Genau!)

Ja, es ist richtig: Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte dürfen sich in der Öffentlichkeit in Dienstkleidung nicht politisch betätigen. Das sage nicht ich, das sagt unser Saarländisches Beamtengesetz. Auch dort, wo der Status der Beamtinnen und Beamten in den Ländern geregelt ist, dem Beamtenstatusgesetz, steht zu lesen - ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten -: „Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt.“ Das Beamtenstatusgesetz sagt aber auch - und das sollte nicht verschwiegen werden -: „Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.“

Warum lese ich Ihnen das vor, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen? - Ich lese es Ihnen vor, weil wir heute über den privaten Facebook-Post eines Polizeibeamten reden, einen Facebook-Post, der augenscheinlich so treffend und zutreffend war, dass eine bestimmte Klientel ein weiteres Mal in sozialen Netzwerken Maß und Ziel verloren hat und durch Beleidigungen und Drohungen möglicherweise zum Teil auch die Grenzen zur Strafbarkeit überschritten hat.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Dabei hat der Beamte nicht viel Neues gesagt. Er hat sich in seinem Facebook-Post vor allem besorgt gezeigt, dass ein fast vergessen geglaubter Hass in neuen Parolen offenbar wieder einen Teil der Bevölkerung erreicht. Er hat sich besorgt gezeigt, weil aus bösen Worten immer öfter auch wieder böse Taten werden. Er hat sich gegen eine Erosion des Rechtsstaats gewandt und somit durchaus etwas getan, was das Beamtenstatusgesetz von ihm fordert. Er bekannte sich zu unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes

(Abg. Dörr (AfD) )

und benannte Entwicklungen, die sie in Gefahr bringen könnten.

Weil ich selbst Beamter bin, weiß ich, dass von einem Beamten in Uniform auch erwartet wird, dass er bestimmte, enge Grenzen einhält und dass er keinesfalls den Eindruck erweckt, es gebe in unserem Land eine politische oder zumindest eine politisierte Polizei. Diese Grenzen hat David Maaß am Ende seiner ganz grundsätzlichen Aussagen in einem Satz überschritten. Er hat ein ganz bestimmtes Beispiel für geistige Brandstifter genannt. Auch wenn die Vertreter der Partei, die er namentlich genannt hat, tatsächlich von vielen Menschen als Brandstifter empfunden werden, auch wenn Teile dieser Partei wahrscheinlich nicht ohne guten Grund vom Verfassungsschutz beobachtet werden, in Uniform hat ein Beamter parteipolitisch neutral zu agieren. Mit diesem einen Satz hat David Maaß tatsächlich einer guten Sache einen schlechten Dienst erwiesen.