Protocol of the Session on February 12, 2020

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind sehr gespannt auf die Expertenanhörung im Ausschuss. Wir werden das ganze natürlich kritisch begleiten, aber dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf können wir natürlich so nicht zustimmen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN.)

Danke, Herr Abgeordneter. - Ich erteile nun für die CDU-Fraktion der Kollegin Ruth Meyer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Minister Strobel hat uns eben die vorgesehenen Änderungen im Polizeirecht vorgestellt. Mit diesen Änderungen geben wir unserer Polizei wichtige neue Ermittlungsmöglichkeiten und passen die polizeilichen Rechtsgrundlagen an das aktuelle Datenschutzrecht an. Gleichzeitig wird die Gesetzessystematik so verändert, dass alle datenbezogenen Rechtsgrundlagen der Polizeiarbeit aus dem bestehenden SPolG herausgezogen und ergänzt durch die neuen datenschutzrelevanten Eingriffsbefugnisse im neuen Gesetz über die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Polizei zusammengefasst werden.

Das sieht nicht nur sehr umfangreich aus, dahinter steckt auch sehr viel Arbeit. Daher darf ich allen, die im Innenministerium an diesem Gesetzesvorhaben mitgewirkt haben, dafür danken, dass sie trotz der Vielzahl an Vorschriften ein übersichtliches, lesbares und durchdachtes Gesetz vorgelegt haben.

(Beifall von der CDU.)

Es wird Sie nicht verwundern, dass ich als Vertreterin einer Partei und einer Fraktion, die seit jeher für einen starken Rechtsstaat stehen, die für den Gedanken eintreten, dass nur derjenige, der sicher ist, auch frei sein kann, die deshalb für eine handlungsfähige Polizei eintreten, dass ich als CDU-Abgeordnete und innenpolitische Sprecherin meiner Fraktion dieses Gesetz außerordentlich begrüße und für die

(Abg. Lander (DIE LINKE) )

ses Gesetz werbe. Ebenso wenig verwundert der Reflex der LINKEN, dieses Gesetz als Teufelszeug abzutun. Wir sind aber doch nicht gewählt, um hier unseren Reflexen nachzugehen. Wir haben vielmehr eine vernünftige Politik für unser Land zu machen.

(Beifall von der CDU.)

Ich will Ihnen nun gar nicht im Detail darlegen, weshalb ich zutiefst davon überzeugt bin, dass Bodycams unsere Polizeibeamtinnen und -beamten auch dort schützen müssen, wo sie am stärksten bedroht sind, nämlich in privaten Wohnungen. Nicht zuletzt die Erläuterungen in der letzten Sitzung des Innenausschusses über die zunehmende Zahl an Widerstandshandlungen mit der Folge von Dienstunfähigkeit sprechen quasi für die Zwangsläufigkeit dieser Maßnahme.

Natürlich bin ich auch davon überzeugt, dass wir unserer Polizei die Überwachung von und die Fahndung nach schweren Straftätern mit sinnvoller Technologie erleichtern müssen, sei es, dass eine elektronische Fußfessel statt eine große Zahl von Beamten kontrolliert, ob sich ein Krimineller einem Opfer nähert, sei es, dass eine automatische Kennzeichenerfassung die Polizei auf die Spur eines flüchtigen Gewalttäters bringt, sei es, dass mittels Quellen-TKÜ Verbrechen aufgeklärt oder vereitelt werden können.

In der Anhörung werden wir ausreichend Gelegenheit haben, Juristen, die Polizei, Gewerkschaften und auch die Datenschutzbeauftragte, die auch heute hier zugegen ist, zu befragen, wie wir diesen neuen Techniken effizient und rechtssicher einsetzen können.

Ich möchte Sie heute stattdessen einladen, mir bei ein paar philosophischen Überlegungen zu folgen, Überlegungen zum Thema „Vertrauen und Vertrauenswürdigkeit“. Das ist die vielleicht wichtigste Frage für eine funktionsfähige Demokratie. Gerade in diesen Tagen und gerade in den Fällen, in denen es um Sonderrechte geht oder um automatisierte Verfahren und digitale Prozesse, sind wir auf Vertrauen angewiesen. Wir in der Politik müssen alles daransetzen, dieses Vertrauen zu rechtfertigen.

Wenn wir im Alltag Zweifel hegen, ob wir vertrauen können, verfahren wir oft nach dem Grundsatz „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“. Wie aber können wir im Falle automatisierter, digitaler Verfahren die Demokratie wahren, wenn wir gar nicht wissen, wer genau hinter den Prozessen steckt und wer sie steuert? Onora O’Neill, Philosophin und parteiloses Mitglied im britischen House of Lords, dem Oberhaus, hat dazu interessante Überlegungen angestellt. Wer

sich dafür interessiert, kann dazu zum Beispiel in ihrem Buch „Gerechtigkeit über Grenzen“ nachlesen. Ihre These lautet, dass man nur dort vertrauen kann, wo Vertrauenswürdigkeit besteht.

Nichtsdestotrotz schenken wir auch im Alltag regelmäßig Vertrauen und geben einen Vertrauensvorschuss, obwohl wir Menschen gar nicht kennen und nicht wissen, ob sie vertrauenswürdig sind, obwohl wir wissen, dass der Mensch gar nicht immer nur gut ist. Wir sind darauf angewiesen, uns auch ohne diese Kenntnis auf andere zu verlassen. O’Neill nennt dafür ein schönes Beispiel; schade, dass Bernd Wegner gerade nicht im Saal ist: Sie nennt das Beispiel des Schuhmachers. Ihm geben wir auch ein sehr teures Paar Schuhe, damit er die Flecken hinten wechselt, und gehen dabei selbstverständlich davon aus, dass er die Schuhe, wenn wir sie in einer Woche abholen wollen, nicht verkauft hat. Das ist ein Beispiel für Vertrauen; auch ohne, dass wir ihn kennen, verlassen wir uns auf seine Kompetenz und seine Ehrlichkeit.

Sich auf Kompetenz und Ehrlichkeit zu verlassen, fällt aber sehr viel schwerer, wenn es nicht um das Vertrauen von Mensch zu Mensch geht, sondern um das Vertrauen in Institutionen, in weltweite Prozesse oder in komplexe Technologien und Datenströme. Hinzu kommt, dass der Schaden, der hierbei durch Missbrauch zugefügt werden kann, oft nur schwer absehbar ist. Deshalb reichen Vertrauensapelle nicht aus, deshalb müssen wir die Vertrauenswürdigkeit transparent machen, müssen Kontroll- und Revisionsmöglichkeiten gezielt einbauen. O’Neill spricht diesbezüglich von intelligentem statt blindem Vertrauen. Sie meint damit, dass man auf Kompetenz, Ehrlichkeit und Verlässlichkeit nie ganz und generell vertrauen kann, sondern nur aus der gemachten Erfahrung heraus. So wissen wir aus der Erfahrung heraus, dass, wenn wir am Herd am Knopf drehen, die Platte warm wird. Auch wenn wir dahinterstehende Technologie nicht begreifen, verlassen wir uns darauf. Ein anderes Beispiel ist, dass wir manche Dinge nur in einem bestimmten Kontext nutzen: Ein Fahrrad ist nicht generell ein gutes Transportmittel, wenn der Weg sehr steil ist oder wir viel zu transportieren haben, ist es nicht geeignet. In bestimmten Kontexten, in bestimmten Situationen, erfüllt es aber seinen Zweck.

Was hat das nun mit unserem Gesetz zu tun? Diese Erkenntnisse verlangen uns in der Politik ab, regelmäßig zu prüfen, ob und unter welchen Bedingungen die von uns eingesetzten Systeme auch tatsächlich funktionieren und helfen, und daraus einen situativ reflektierten Einsatz abzuleiten. Ebenso ist es essenziell, dass wir uns darum bemühen, Trans

(Abg. Meyer (CDU) )

parenz zu schaffen, sei es durch Berichtspflichten im Ausschuss oder durch die Arbeit unserer Enquetekommission.

Ist ein solches Grundvertrauen aber erst einmal gewachsen, sind Menschen bereit, auch einen Vertrauensvorschuss zu geben, selbst wenn sie in Einzelfällen schlechte Erfahrungen gemacht haben. So vertraut man als Eltern einem Kind immer wieder, selbst wenn man weiß, dass es einen Fehler gemacht hat.

Wir von der CDU haben ein Grundvertrauen, wir haben dieses Urvertrauen in unsere Polizei. Wir geben der Polizei, der Staatsgewalt, grundsätzlich einen Vertrauensüberschuss und stehen daher vollständig hinter den neuen Eingriffsmöglichkeiten. Dennoch bleiben wir kritisch: Wir hinterfragen und kontrollieren bekannte oder absehbare Schwachstellen. Alle diese Grundsätze sehen wir mit dem uns vorliegenden Gesetzentwurf umgesetzt. Es finden sich die notwendigen Vorgaben im Sinne eines reflektierten Einsatzes der neuen Verfahren, zu Einsatzvoraussetzungen, zu Löschfristen und Kontrollelementen. Daher ist das Vertrauen in die Verwendung der personenbezogenen Daten gerechtfertigt.

Die „Alternative“, die Sie, Herr Lander, anbieten, ist meines Erachtens keine Alternative. Ihr grundsätzliches Misstrauen in unsere Polizei verhindert, dass die Polizei besser und effektiver arbeiten kann.

Meine Damen und Herren, so, wie sich auch die Medizin-Ethik wandelt und wir heute Dinge zulassen und sogar Hilfe erwarten, gegen deren Einsatz wir uns vielleicht vor einem Jahrzehnt noch verwahrt hätten, wandelt sich auch die Sicherheitstechnik. Es ist gut und wichtig, diesbezüglich sorgsam vorzugehen und offen zu diskutieren.

Die CDU-Landtagsfraktion ist der festen Überzeugung, dass wir mit diesen neuen Eingriffsmöglichkeiten ein Mehr an Sicherheit für unsere Bevölkerung bieten und die Arbeit unserer Polizei qualitativ verbessern und erleichtern. Dieses Gesetz stärkt die Polizei und ist gut für unser aller Sicherheit. Deshalb bitte ich Sie um Ihr Vertrauen und um Zustimmung zum Gesetzentwurf in Erster Lesung.

(Beifall von der CDU und bei der SPD.)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. - Das Wort hat nun für die AfD-Fraktion der Kollege Lutz Hecker.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Die Landesregierung

bringt ein Gesetz zur Neuregelung der polizeilichen Datenverarbeitung im Saarland ein. Damit wird die EU-Richtlinie 2016/680 in Landesrecht umgesetzt. Kern des Entwurfs ist das Gesetz über die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Polizei. Entsprechende Anpassungen im Saarländischen Polizeigesetz werden vorgenommen.

Insgesamt bewegt sich das Gesetz im Spannungsfeld zwischen Informationsfreiheit, Datenschutz und effizienter Strafverfolgung. Viele Regelungen des bisherigen Saarländischen Polizeigesetzes tauchen im Gesetz über die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Polizei wieder auf. Weitere Regelungen sind aus anderen Gesetzen, auch Bundesgesetzen, übernommen, zum Beispiel aus dem Bundeskriminalamtsgesetz. § 32 regelt zum Beispiel Bild- und Tonaufzeichnungen und greift dabei Regelungen aus dem alten Polizeigesetz auf beziehungsweise modifiziert diese. Auch wird hier der Einsatz von Bodycams innerhalb von Wohnungen erstmals geregelt.

Neu ist die Möglichkeit der vollzugspolizeilichen Befugnis, sogenannte Kriminalitätsbrennpunkte mittels Bildaufzeichnungstechnik nunmehr auch ohne konkreten Anlass zu überwachen. Das ist ein Punkt, den wir ausdrücklich mittragen.

Im Weiteren wird die Erhebung, Überwachung und Speicherung aller Arten von Daten geregelt, angefangen von Sprechfunk und Telekommunikation über die elektronische Aufenthaltsüberwachung bis hin zur anlassbezogenen automatischen Kennzeichenüberwachung und polizeilichen Beobachtung. Die Teile 4 und 5 schließlich befassen sich mit der Übermittlung und besonderen Regeln für die Verarbeitung personenbezogener Daten.

Beim Durcharbeiten des Gesetzes ist mir aufgefallen, dass mehrfach Regelungen aus anderen Bundesländern übernommen wurden, die bereits einer höchstrichterlichen Überprüfung standgehalten haben.

Die Notwendigkeit dieser Neuregelung erscheint plausibel. Letztlich ist auch die erweiterte Berichtspflicht der Landesregierung zu begrüßen. Die AfDFraktion stimmt der Überweisung in den Innenausschuss zu.

(Beifall von der AfD.)

Danke, Herr Abgeordneter. - Das Wort hat nun für die SPD-Fraktion der Kollege Stefan Pauluhn.

(Abg. Meyer (CDU) )

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Obwohl Intention wie Notwendigkeit der vorliegenden Änderung der saarländischen Polizeigesetze schon angesprochen wurde, erscheint es mir dennoch wichtig, insbesondere zwei Aspekte nochmals zu unterstreichen und auch auf drei Knackpunkte in der Debatte einzugehen.

Die Datenschutzgrundverordnung sowie die sogenannte JI-Richtlinie der Europäischen Union und vor allem das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum BKA-Gesetz erfordern zwingend den größten Teil dieser Novellierung im Saarländischen Polizeigesetz. Es war darum folgerichtig, dass auch weitere Erwägungen im Zusammenhang einer Fortentwicklung der saarländischen Polizeigesetzgebung Eingang in den vorliegenden Gesetzentwurf gefunden haben. Grundlagen dafür waren die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages, erkannte Defizite im Hinblick auf polizeiliche Befugnisse, Forderungen aus der polizeilichen Praxis sowie die Umsetzung des Programms 2020 der sogenannten Saarbrücker IT-Agenda.

Ich will in aller gebotenen Kürze auch die aus Sicht der SPD-Fraktion beinhalteten drei Knackpunkte dieser Vorlage beleuchten. Ich will es in aller Kürze tun, weil sicherlich die folgende Debatte im Innenausschuss dazu noch weitere Erkenntnisse liefern wird, die dann auszuwerten sind und möglicherweise in den Entwurf einfließen werden. Es sind dies erstens die generelle Systematik des Gesetzes, zweitens Gesichtspunkte berechtigter Interessen des Datenschutzes und drittens natürlich, das wurde von allen Rednern angesprochen, die Ausweitung des Einsatzspektrums der Bodycam.

Zur Gesetzessystematik. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Normen des Saarländischen Polizeigesetzes - SPolG -, die die Datenverarbeitung regeln, aus dem SPolG herausgelöst werden und sich zusammen mit der Anpassung an die JI-Richtlinie sowie anderen Neuerungen in einem neuen Gesetz zur polizeilichen Datenverarbeitung, dem SPolDVG, verdichten. Das heißt, wir haben zukünftig in unserem Land zwei umfassende gesetzliche Regelwerke, die Befugnisse, Handlungsoptionen, Rahmen und Schranken polizeilicher Eingriffsmöglichkeiten regeln, beschreiben, erlauben und beschränken. Es gibt dann also zwei wichtige saarländische Polizeigesetze, die somit auch einiges an Querverweisen beinhalten und die Komplexität der Anwendung des gesetzlichen Rahmens nochmals vergrößern. Die Alternative wäre die Einarbeitung in das bestehende

SPolG gewesen. Die Entscheidung für den gesplitteten Weg fiel im Ministerium nach intensiver Debatte und wurde mit allen Fachabteilungen sowie in interner und externer ministerieller Anhörung abgewogen. Man wird aber genau dieser Entscheidung, zukünftig noch ein zusätzliches Gesetzeswerk zu haben - ich will ihr gar nicht widersprechen -, im Verfahren nochmals Aufmerksamkeit schenken müssen.

Auf jeden Fall - so oder so - wird auch ein zusätzlicher und anspruchsvollerer Fortbildungsbedarf für unsere Polizeibeamtinnen und -beamten entstehen. Es wird sicherlich noch einmal eindrucksvoll unterstrichen, dass der Beruf des Polizisten und der Polizistin ohnehin mit einem enorm hohen Anspruch an Ausbildung und Tätigkeit sowohl für die aktuellen Vollzugsbeamten als auch für zukünftige PVB verbunden ist. Insofern ist dieses Gesetz sicher auch ein Statement für hohe Ausbildungsvoraussetzungen, einen hohen Ausbildungsgrad und ein anspruchsvolles Studium im Polizeiberuf, um Polizist/ Polizistin zu werden. Es ist ein Statement für einen ohnehin nicht vergleichbaren Beruf, den Beruf des Polizisten/der Polizistin. Das ist eine Aufgabe, die sich täglich dem Spannungsfeld zwischen Begegnung und Abwehr von Gewalt und Gefahren, der ständig notwendigen Abwägung der Einsatzmittel und damit der permanenten Abwägung von Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen ausgesetzt sieht. Das geht einfach nicht mit billig! Das geht nur mit gut!

Das Gesetz ist damit, wie ich finde, auch ein Statement für die Notwendigkeit der Ausbildung im gehobenen Dienst. Zumindest sehen wir als SPD-Fraktion das so. Deshalb weisen wir an dieser Stelle noch mal darauf hin: Die Anforderungen an den Polizisten/die Polizistin von heute sind in den letzten Jahrzehnten so enorm gewachsen, dass, wer eine gute Polizei möchte, wer für ein sicheres Land und die Durchsetzung von Recht und Gesetz ist, auf den höchsten Standard an Ausbildung setzen muss. Deshalb war es, wie ich finde, eine gute Entscheidung der Vergangenheit, die zweigeteilte Laufbahn auch im Saarland einzuführen.

(Beifall von der SPD.)

Polizist/Polizistin bedeutet Verantwortung, jeden Tag, jede Stunde, ja beinahe in jeder Minute der Verwendung. Wenn wir bei der Verwendung sind, sind wir auch schon bei den Einsatzmitteln und damit auch der Frage, wann und wo darf, kann und soll die Bodycam eingesetzt werden. Die Koalitionsfraktionen haben sich bereits 2017 in der Grundlagenschaffung ihrer Zusammenarbeit, im Koalitionsvertrag, darauf verständigt, eine Erweiterung des An

wendungsbereichs zu prüfen. Diese Einsatzmöglichkeit und damit eine Befugniserweiterung entsprach sowohl dem Wunsch der betroffenen Beamtinnen und Beamten aus dem Einsatzgeschehen heraus als auch der Forderung aller Polizeigewerkschaften. Im vorliegenden Gesetzentwurf ist nun eine Grundlage für einen entsprechenden Einsatz in § 32 Abs. 3 vorgesehen.

Im Saarland haben wir schon einmal im Jahr 2015 über den Einsatz von Bodycams im öffentlichen Raum diskutiert. Der Hintergrund war, dass die Zahl der Angriffe auf Polizistinnen und Polizisten gestiegen war und man sich allein schon durch das Tragen einer solchen Bodycam eine deeskalierende Wirkung erhoffte und damit Straftaten gegen Beamtinnen und Beamte prophylaktisch begegnen wollte. Mittlerweile wissen wir nach Auswertung des Abschlussberichtes zum Einsatz von Bodycams, dass die Anzahl der Angriffe auf Polizistinnen und Polizisten tatsächlich gesunken ist. Das Tragen wirkt, das zeigen Untersuchungen nicht nur bei uns, sondern auch in allen anderen Bundesländern, in denen solche Untersuchungen stattgefunden haben. Es ist also ein eindeutiges Bild in der gesamten Republik.

Es stellt sich die Frage, ob man mit diesem Einsatzmittel nun auch in dem hochsensiblen Bereich der Privatsphäre einwirken kann, darf und soll, und was möglicherweise dort eine vertretbare Gesetzesschwelle wäre. Dazu setzt die höchstrichterliche Rechtsprechung enge Grenzen. Gleichwohl wiesen unsere Beamtinnen und Beamten darauf hin, dass gerade im Einsatzgeschehen in privaten Wohnungsräumen die Verdichtung von Gefahrenpotenzialen und aggressivem Handeln enorm ausgeprägt ist und permanent besteht. Damit war sicher nicht der Ruf zu einer nächtlichen Ruhestörung gemeint, aber Einsätze bei bekannter Waffenaffinität, bekannter Gewaltbereitschaft oder bereits klar analysierter und möglicherweise bereits stattgefundener Gewaltanwendung machen klar, die Polizei kann auch hier von diesem Einsatzmittel profitieren, prophylaktisch alleine durch das Tragen, abwehrend und deeskalierend durch die sichtbare Beweisführung und schließlich auch mit der Dokumentation verübter schwerer Straftaten.

100-prozentigen Schutz gibt die Bodycam nicht. Das ist klar. Viel wichtiger sind ordentliche Personalisierung und Ausbildung, Einsatztraining und Schulung gewaltdeeskalierender Einsatztaktiken. Aber sie kann in engem Rahmen Hilfe sein. Dies sollten wir unserer Polizei auch im Einsatz nicht verweigern. Die Polizei hat in ihrem täglichen Einsatz im Grunde jedes Hilfsmittel dringend nötig, das wir gesetzlich für diesen Einsatz vertreten können.