Protocol of the Session on November 20, 2019

Die Völklinger Hütte ist eine Erfolgsgeschichte, trotz der Tatsache, dass wir Haushaltsnotlageland sind. In allen anderen Bereichen der Industriekultur und des Museumswesens herrscht aber Ladehemmung. Der Entscheidungswille zugunsten der Industriekultur in diesem Land geht gegen Null.

Am Standort Reden herrscht Stillstand. Kritik aus dem Ortsrat oder vom Betreiber des Prähistoriums wurde laut: Hier weiß niemand, wie es weitergehen soll. Das Land hat für die Zeit nach 2021 keine Zukunftsprognose mehr für diesen Standort. Man geht dort sogar davon aus, dass das Land Reden alleinlassen wird. Wie konnte es so weit kommen? Bekommt man es schlichtweg nicht hin, sich ein einheitliches Konzept zu überlegen und dieses umzusetzen?

So kommen wir nun auch zu den Verantwortlichen in Politik und Ministerien. Lippenbekenntnisse aus dem Koalitionsvertrag der Regierungsparteien muten in diesem Gesamtzusammenhang eher kurios an. Laut Vertragstext möchte man mindestens einen Standort

(Abg. Dr. Jung (SPD) )

in Gänze ausbauen und bei den weiteren prioritären Standorten einzelne Anlagenteile dauerhaft erhalten und in Wert setzen. Halten Sie sich endlich an den Vertrag und setzen Sie das um!

Was ist bislang geschehen? Ständig werden die Zuständigkeiten verschoben. Im Wirtschaftsministerium unter Frau Rehlinger passierte nichts, nun geht es im Kultusministerium so weiter. Wenn der ehemalige Kultusminister Commerçon zwar für eine „Industriekultur aus einer Hand“ plädiert, sich aber am Ende niemand auf einen Erinnerungsstandort festlegen will oder kann, kommt man auch nicht weiter. Bekannt sind die Möglichkeiten schon lange: Itzenplitz, Velsen, Luisenthal, Reden. Im Gutachten von R. Höhmann und J. Daube aus dem Jahr 2013 wurden gerade dem Standort Saarland alle Voraussetzungen für ein Gelingen einer solchen Industriekulturstrategie bescheinigt. Das Saarland hat Potenzial. Deshalb kann man Ihre Untätigkeit nur als beschämend bezeichnen.

Ein Blick auf unser Nachbarland Frankreich und die an das Saarland angrenzende Region, die ein ähnliches Erbe hat, zeigt, wie man es machen kann, wenn man wirklich will. Zu nennen ist zum Beispiel das Lothringer Bergbaumuseum.

Zumindest der Leitfaden „Leitlinien der Industriekultur im Saarland“ aus dem Jahr 2018 lässt insoweit hoffen. Drei große Felder der Industriekultur im Saarland wurden dabei ermittelt: Leuchtturm UNESCO-Weltkulturerbe Völklinger Hütte, Denkmäler des Steinkohlebergbaus und Denkmäler aus anderen industriellen Bereichen. Nun muss nur noch das, was erkannt wurde, auch umgesetzt werden.

In Erinnerung rufe ich, dass das öffentliche Interesse der Bevölkerung an der Erhaltung von IndustrieerbeDenkmälern zur saarländischen Geschichte und Identität groß ist. Wir sind ein Bergbauland und müssen nun, nachdem diese Ära des Bergbaus vorbei ist, unser Erbe erhalten - nicht nur aus Gründen der Nostalgie und der Erhaltungsfreude, sondern auch vor dem Hintergrund einer erfolgreichen Tourismusstrategie. Das industrielle Erbe aus der Montanzeit ist ein Alleinstellungsmerkmal des Saarlandes, um das uns andere Regionen beneiden. Schauen Sie sich aber auch einmal die Zeche Zollverein in Essen an, dort weiß man, wie man das nutzen kann.

Die AfD-Fraktion steht für den Erhalt unseres industriellen Erbes und hat deshalb bereits im Globalantrag zum Haushalt 2019/2020 auf die Notwendigkeit des Erhalts und der Weiterentwicklung hingewiesen. Wir werden die weitere Entwicklung der Industriekultur im Saarland und Ihre diesbezüglichen Aktivitäten

kritisch verfolgen. Wir erwarten, dass Sie jetzt tätig werden. - Danke.

(Beifall von der AfD.)

Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat der Abgeordnete Sascha Zehner von der CDU-Landtagsfraktion.

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen! Sehr geehrte Herren! Lassen Sie mich zunächst einmal eines klarstellen: Es ist für jeden, der kulturaffin ist, unerträglich, hier zu hören, die Museen im Saarland seien de facto nicht existent. Ich kann nur sagen: In der letzten Sitzung des Bildungs- und Kulturausschusses hat Herr Dr. Mönig eindrucksvoll dargestellt, dass das Saarland eines der wenigen Bundesländer sei, in denen noch ein eigener Ankaufsetat bestehe, in denen die Sammlung ausgebaut werde nicht nur über Drittmittel, sondern indem eine eigene engagierte Arbeit stattfinde auch aus dem Wenigen, das zu leisten uns zur Verfügung steht. Deshalb: Die Museumslandschaft im Saarland, meine Damen und Herren, und insbesondere die Hochkultur, ist aus Sicht der Christdemokraten mit Sicherheit nicht das, was es hier an erster Stelle zu kritisieren gilt!

(Beifall von den Regierungsfraktionen und bei der LINKEN.)

Verfolgt man mit ein wenig Aufmerksamkeit die hier im Hohen Hause mit diesem Antrag von Ihnen, Herr Dörr, regelrecht angeprangerte Industriekultur im Saarland, so führen die Darlegungen Ihrer Fraktion, die sich für den heutigen Tag offenbar vorgenommen hat, die Zukunft der Industriekultur zu debattieren, dazu, dass man wird konsentieren können und müssen, dass wir als Abgeordnete wie auch die Vertreter der Regierung seit vielen Jahren klargemacht haben, wie selbstverständlich für uns als Saarländerinnen und Saarländer unser kulturelles Erbe ist, inkludiert selbstverständlich auch die Industriekultur. Die Industriekultur ist ein Stück weit in der saarländischen DNS verwurzelt, sie ist etwas, womit wir aufgewachsen sind, womit wir groß geworden sind. Ich kann nur eines dazu sagen: Völlig unabhängig, ob ich da mit meinem Vater rede, der sich bester Gesundheit erfreut, allerdings ein paar Jahre älter ist als ich, oder ob ich mit der heute aktiven Jungen Union rede, alle Menschen sind sich dessen bewusst, was Industriekultur bedeutet!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

(Abg. Dörr (AfD) )

Für uns bedarf es keines Schaufensterantrags und keiner Pressemeldung, die schon im Versuch scheitern, die Pflege dieses Erbes zu diskreditieren. Sie, Herr Dörr, beginnen Ihre Pressemitteilung - ich habe mir die Mühe gemacht, sie zu lesen, es war wirklich mehr Müh als sal -

(Vereinzelt Heiterkeit)

sinnigerweise mit einem Zitat aus dem Johannesevangelium, Kapitel 13 Vers 36, und darauf aufbauend dem Titel des gleichnamigen Romans des polnischen Literaturnobelpreisträgers Henryk Sienkiewicz, „Quo vadis“ - Quo vadis Industriekultur? Meine Herren Antragsteller, ehe Sie Ihren Pressemitteilungen zu Anträgen einen Literaturnobelpreisträger und sogar die Bibel voranstellen, müssten Sie überlegen, ob es sich um etwas von so entscheidendem Gewicht handelt - das kann man bei Industriekultur durchaus mit guten Gründen vertreten -, oder ob es sich, und das haben wir in dieser Legislaturperiode ja leider ständig erlebt, um einen wenig substantiierten Antrag handelt, der sich auf drei Zeilen beschränkt, drei magere Zeilen! Streichen Sie bitte das Zitat raus, dann bleibt nicht mehr viel übrig, drei magere Zeilen, in denen postuliert wird, dass ein Arbeitspapier des Kultusministeriums sozusagen hier im Hohen Hause geadelt und als Richtschnur festgeschrieben werden soll.

Ich kann nur sagen: Wie arm muss es da um die Substanz bestellt sein, wenn man buchstäblich im Internet suchen muss, damit man Kulturleitlinien der Industriekultur findet und sich darauf bezieht - Sie haben es ja an vielen Stellen schön vorgetragen, Herr Dörr.

(Zuruf.)

Es sind Beschlüsse von uns.

(Abg. Commerçon (SPD) : Es sind Beschlüsse des Kabinetts.)

Ja, Beschlüsse des Kabinetts. - Sie merken, es herrscht doch eine große Einigkeit zwischen dem, wie die Regierung handelt und wie die Koalitionsfraktionen agieren.

(Abg. Commerçon (SPD) : Das spricht für Kontinuität! - Heiterkeit.)

Genau! - Was ist also die erste Erkenntnis, wenn die AfD versucht, die Positionen der Regierungsfraktionen so zu modifizieren, dass sie in ihrem eigenen engen Ereignishorizont gerade noch Platz finden? Dann gehen ihr offenbar die Themen aus. Es ist nicht an mir, meine Damen und Herren von der AfD nein, meine Herren von der AfD, die Damen sind Ihnen ja abhandengekommen -, Sie zu beraten. Ich

glaube, würde man seriöser arbeiten, würde man sich als Abgeordneter einen ehrlichen Überblick verschaffen, würde man an dieser Stelle zum Instrument der Anfrage greifen, statt einen Antrag zu stellen, der nach meiner Überzeugung nur in die Gewaltenteilung eingreift und mithin gleichsam als Appell vom Gesetzgeber fordert, die Rolle der Exekutive ein Stück weit mit zu übernehmen. Herr Commerçon hat zu Recht eben gesagt, es handelt sich um einen Beschluss des Ministerrats, nicht des Landtages. Diese Trennung ist etwas, was uns sehr wichtig ist. Ich zitiere wörtlich: Es geht darum, die „Leitlinien von 2018 durchzusetzen und mit den Kreisen abzustimmen“. Ich unterstelle, Sie meinen in dem Fall die kommunalen Gliederungen, die Landkreise. Mithin läuft nach meiner Auffassung in Ihrem Demokratieverständnis doch das ein oder andere nicht so, wie man sich das wünscht.

Natürlich können wir buchstäblich über alles reden, aber es ist für mich ein Gebot, dass wir es den Bürgerinnen und Bürgern, in deren Auftrag und auf Basis deren Mandats wir hier handeln, ganz konkret schulden, uns nicht in einer Art und Weise mit Dingen zu befassen, die den Themen nicht angemessen ist. Kurz gesagt: Debattieren ja, diskutieren immer gerne, aber ich will das Wort „schwadronieren“ hier in diesem Hohen Hause nicht in die Debatte einführen, deshalb formuliere ich es so: fantasieren nie!

Gestatten Sie mir auch die Bemerkung, meine Damen und Herren, dass wir uns hier weniger an Henryk Sienkiewicz und seine große Literatur erinnert fühlen als an Michael Endes nicht weniger große Literatur mit Jim Knopf. Ich kann da nur sagen: Mir kommt das vor wie der Riese Herr Tur Tur, der, je näher man ihm kommt, immer kleiner wird, und irgendwann kommt man eben auf einen Antrag von drei Zeilen, der von dem Scheinriesen des AfD-Antrags zur Industriekultur übrigbleibt.

Wir, diese Koalition, bekennen uns ohne Wenn und Aber zur Förderung der Kultur und Industriekultur im Saarland, und selbstverständlich ist Industriekultur ein entscheidender Baustein, ja sie ist mehr, sie ist die unmittelbare DNA, ich habe es eben angedeutet, unseres kulturellen Erbes, nämlich der Industrie. An dieser Stelle gebührt vielen Akteuren ein Dank, sei es den von der SPD-geführten Regierungen in den 1990er-Jahren, sei es den Kultusministerinnen und Kultusministern wie auch den Wirtschaftsministerinnen und Wirtschaftsministern, die gerade in der schwierigen Zeit des Strukturwandels weg von Kohle und Schwerindustrie hin zu einem modernen Standort der Produktion und der Dienstleistung bis in die Jetztzeit der Postmoderne im digitalen Zeital

(Abg. Zehner (CDU) )

ter Verantwortung getragen haben. Hier ist es sogar gelungen, dieses Erbe der Industriekultur als synästhetisches Erlebnis für alle erlebbar und fassbar zu machen.

Ich will an dieser Stelle ausdrücklich Herrn Professor Meinrad Maria Grewenig danken. Professor Grewenig hat zu Recht immer wieder herausgearbeitet, dass Kultur, ob Musiktheater oder Museen, von der Inszenierung lebt und von den Leuchttürmen, die das Interesse der Menschen auf sich ziehen. Unser Leuchtturm in der Industriekultur ist und bleibt das große Ensemble des Weltkulturerbes Völklinger Hütte. Wir haben dieses von der UNESCO in seiner Einmaligkeit geschützte Erbe einerseits in der von mir erwähnten Funktion des Leuchtturms. Es hat diese einmalige Stellung, die uns gebietet, dieses Erbe weiter zu bespielen, weiter fortzuführen und nicht nur sozusagen ein Schild dranzuhängen: Weltkulturerbe, kommt mal vorbei! Im Gegenteil, was würde denn eine rein konservatorische Leistung nutzen, die statisch festschreibt, was einmal war! Die höchste Leistung der Kultur ist doch, eben diese Leuchttürme zu nutzen, um die Gegenwart für die zukünftigen Generationen zu sichern, um diese Industriekultur durch die Nutzung als kulturelle Spielstätte einer neuen, einer echten Mehrwertigkeit zuzuführen.

Betrachten wir doch einmal das Weltkulturerbe näher. Wer in den Abendstunden im Saarland zwischen Saarbrücken und Merzig, zwischen Völklingen und Homburg unterwegs ist, der sieht schon an der herausragenden Inszenierung des Weltkulturerbes Völklinger Hütte durch die Illumination, buchstäblich durch das gute Licht, in das uns dieser Leuchtturm rückt, wie wichtig die Industriekultur ist. Das lassen wir hier auch nicht durch einen - Sie sehen mir die Formulierung nach - schnodderig runtergeschriebenen Antrag zerreden.

Da findet augenscheinlich Ihre Fraktion, die nicht nur im Landtag ganz rechts sitzt, ein Papier des Kultusministeriums, einen Beschluss des Ministerrats, greift ihn auf, nimmt die Leitlinien und sagt, was 2018 gut war, kann 2019 nicht falsch sein. Grundsätzlich ist das auch ein richtiger Ansatz, allerdings, was die Aufgabe des Ministerrates ist, ist noch lange nicht die Aufgabe des Parlamentes. Deshalb haben wir Gewaltenteilung.

Ich werde an dieser Stelle darauf verzichten, Herr Dörr, den Referenten zu spielen, der die im Papier dargelegten drei Felder der Industriekultur en détail erneut aufführt. Ich habe exemplarisch das UNESCO-Weltkulturerbe betrachtet. In der Tat haben Höhmann und Daube bereits 2013 und 2016

unterstrichen, wie wichtig die vier weiteren Standorte Velsen, Itzenplitz, Luisenthal und Camphausen als prioritäre Standorte sind, und dass die Denkmäler aus anderen industriellen Bereichen auch Berücksichtigung erfahren müssen. Die Publikation ist im Internet nachzulesen, ich muss sie, wie gesagt, hier nicht runterrattern. Wer in der vergangenen Sitzung des Kulturausschusses zugegen war, der weiß, die Regierung arbeitet konstant und mit Hochdruck an der Stärkung und Bewahrung der Industriekultur für Velsen, Itzenplitz, Luisenthal und Camphausen.

Damit bin ich nach diesem Parforceritt durch die Industriekultur des Saarlandes wieder beim UNESCOWeltkulturerbe Völklinger Hütte. In den Jahren, in denen dieses Industriedenkmal konstituiert wurde, haben wir ein Symbol der gelingenden Konversion von Kohle und Stahl zu Glasfaser und neuen Materialien geschaffen. Die Illumination macht das zum Beispiel deutlich, aber auch die Veranstaltungen, die dort stattfinden. Wir lassen uns das nicht kleinreden. Hier haben einerseits die Regierung und andererseits natürlich an der Spitze des Organisationsteams Professor Grewenig es geschafft, wie zum Beispiel mit der aktuellen Ausstellung „Pharaonengold“, Hunderttausende interessierte Besucherinnen und Besucher nicht nur auf den Inhalt der Ausstellung aufmerksam zu machen, sondern genauso die Chance zu nutzen, über die Jahre einem Millionenpublikum en passant Industriekultur zu vermitteln und - die Behauptung wage ich, ohne zu zögern - eine riesige Anzahl von Menschen vom Wert der konstitutiven Wirkung dessen zu überzeugen, was Industriekultur ausmacht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir als CDU-Fraktion handeln schon aus Respekt vor dem Grundgesetz und der Landesverfassung nicht gleichsam als Nebenregierung, die vermeintlich alles besser weiß als die Verwaltung und als die Regierung. Diese hat damals mit Minister Commerçon an der Spitze für die Kultur verantwortlich gezeichnet und damit die Industriekultur auch erstritten. Wir wünschen uns, wir wünschen Ihnen, sehr verehrte Frau Streichert-Clivot sowie dem neu antretenden Team, dieselbe Fortune, die Professor Grewenig in Kooperation mit den Landesbehörden hatte, ebenso die Chance, diesen Leuchtturm, die Völklinger Hütte als UNESCO-Weltkulturerbe, das sogar unter der Haager Konvention geschützt ist, weiter als Symbol der Industriekultur aufrechtzuerhalten. Industriekultur ist jedoch das, was uns in die DNS geschrieben ist, dafür brauchen wir keinen Antrag der AfD-Fraktion, der aus drei mageren Zeilen besteht. - Ich danke Ihnen für Ihre Geduld.

(Beifall von der CDU und bei der SPD.)

(Abg. Zehner (CDU) )

Vielen Dank. - Das Wort hat die Abgeordnete Astrid Schramm von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben im Saarland viele beeindruckende Stätten, die einen guten Einblick in die Lebenswirklichkeit und den harten Arbeitsalltag der Bergleute, der Stahlkocher und Industriearbeiter verschaffen und für künftige Generationen erhalten werden sollten. Sei es, um neben dem Aushängeschild Völklinger Hütte, das die Stahlgeschichte unserer Region repräsentiert, auch ein Denkmal für den Bergbau im Land zu schaffen. Sei es aber auch, um alte Industriestätten einer neuen Ordnung zuzuführen als Orte für Kunst, Kultur oder Gemeinschaft. Wir alle können stolz auf unser industriekulturelles Erbe sein. Dieses Erbe macht uns für Besucher aus anderen Gegenden attraktiv, ist also ein bedeutender Bestandteil der Tourismusförderung. Gleichzeitig ist es wichtig, dass die jüngeren Saarländerinnen und Saarländer durch diese Stätten der Industriekultur mit der Tradition von Kohle und Stahl verbunden sind, mit der harten Arbeit ihrer Vorfahren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, leider werden die im Bereich der Industriekultur vorhandenen Möglichkeiten noch viel zu wenig ausgeschöpft. Leider steht noch viel zu sehr das Geld im Vordergrund, während für andere Bereiche wie Vierter Pavillon, HTW-Neubau oder Meeresfischzucht ausreichend Geld vorhanden war und ist. Wer sich einmal mit den Aktiven aus den vielen verschiedenen Initiativen und Vereinen unterhält, die sich täglich für die Industriekultur vor Ort einsetzen, erfährt von sehr vielen neuen und interessanten Ideen. Beispielsweise von einer Besucherbahnverbindung zwischen Luisenthal und der Völklinger Hütte oder von einem Schutz von Bergehalden als Naturdenkmale mit entsprechender Darstellung. Noch ist alles möglich, weil die Gleise noch liegen und die Halden die Landschaft prägen.

Dass nicht jede Idee vom Land mit seinen bekannten finanziellen Problemen bezahlt werden kann, das ist klar. Es wäre jedoch viel getan, wenn sich die Verantwortlichen beispielsweise für Förderungen etwa durch EU oder die RAG-Stiftung einsetzen würden. Der Schutz von Bergehalden muss das Land auch erst mal nichts kosten. Die LINKE hat im Zuge der Änderung des Denkmalschutzgesetzes letztes Jahr vorgeschlagen, historische Kulturlandschaften als schützenswerte Denkmäler im Gesetz aufzunehmen. Der Förderverein „Historische Grubenanlage lt

zenplitz“ hatte diesen Vorschlag gemacht, weil historische Kulturlandschaften Identifikationsräume für kulturelle Einheiten sind. Dies gilt etwa für die Landschaft der Industriekultur Nord, die Bergbaufolgelandschaft oder den Saarkohlenwald. Leider wurde damals unser Entwurf abgelehnt. Dabei steht die Weiterentwicklung der Arbeiten im Bereich der Industrienatur auch in den Leitlinien der Industriekultur im Saarland von 2018. So heißt es darin beispielsweise: Die im Rahmen des EU-geförderten Projektes „Regionalpark Saar“ begonnenen Maßnahmen zur Inwertsetzung der saarländischen Halden- und Absinkweiherlandschaft im Saarkohlenwald und im Warndt bedürfen der Fortsetzung und Weiterentwicklung. - Aber Papier ist bekanntlich geduldig.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn die AfD nun fordert, dass die Leitlinien der Industriekultur im Saarland aus dem Jahr 2018 umgesetzt werden sollen, dann fordert sie damit eigentlich im Wesentlichen eine Umsetzung noch älterer Ideen, nämlich der 2013 entwickelten Premium-Standort-Strategie des Landes. Im Juni 2018 erklärte der damalige Kultusminister: Wir gehen jetzt in die Konkretisierungsphase. Das stimmte viele hoffnungsvoll. Aber das Ergebnis seitdem ist doch recht überschaubar. Vor ziemlich genau einem Jahr hat die Völklinger Oberbürgermeisterin Christiane Blatt mit Blick auf die Tagesanlage Luisenthal erklärt, der Premiumstandort sei wertlos, wenn in Luisenthal nichts Konkretes geschehe. Tatsächlich kam dort bislang vor allem der Abriss voran. Für Freizeit und Naherholung, für ein Gedenken an die Opfer des Grubenunglücks von 1962, für Kultur, für Veranstaltungen und Gewerbe, wie es in Luisenthal eigentlich dringend erforderlich ist, fehlt offenbar das Geld. Doris Döpke hat im Januar 2019 in der Saarbrücker Zeitung kommentiert: Gebäude verfallen, wenn man sie nicht nutzt, mögen sie auch Denkmäler sein. Menschen wenden sich ab von Orten, die zwar wichtig sind, aber keine erkennbare Zuwendung erfahren. „Premium“ hin oder her ohne Taten, ohne handfeste Förderung sterben Orte wie Luisenthal einfach an Vernachlässigung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es muss deutlich mehr passieren bei der Förderung der Industriekultur im Land, damit uns das industrielle Erbe nicht einfach wegbröckelt und verfällt. Deshalb springt es auch zu kurz, die Umsetzung der Leitlinien von 2018 zu fordern. Cathrin Elss-Seringhaus hat in der Saarbrücker Zeitung zu diesen Leitlinien im vergangenen Jahr geschrieben - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis -: „Hier wird die Macht des Faktischen zur Richtschnur politischen Handelns. Was bereits entwickelt wurde, soll weiterlaufen, was bisher ruhte, wie beispielsweise der großartige Hammerkopfturm in Camphausen,

darf weiter im Dornröschen-Status bleiben. Denn es gibt weder mehr Geld für Denkmäler noch werden bahnbrechende neue Projekte initiiert geschweige denn neue Zielvorstellungen formuliert. Wie auch mit 50.000 Euro im Kultur-Haushalt? Nein, ein Mobilisierungs- und Vitalisierungs-Schub geht von diesem ‚Konzept‘ nicht aus. Enttäuschend? Das ist es durchaus, aber auch ehrlich.“ - So Frau Elss-Seringhaus.