Protocol of the Session on October 30, 2019

Es gab auch Überlegungen, die saarländische Stahlindustrie zu privatisieren. Aus bestimmten Erwägungen heraus kann man zu solchen Überlegungen kommen, aber das wäre nicht aufgegangen. Wir hätten allenfalls ein Minimum an Produktion hier gehabt. Angesichts der Bewegung der Beteiligten war ganz klar, dass der größte Teil der Produktion abgewandert wäre. Wir haben also gesagt, das muss hierbleiben. Aber damit haben wir uns nicht begnügt, denn das alleine hätte überhaupt nichts gebracht, sondern es musste etwas mehr dahinterstecken. Das Hierbleiben hatte zwei ganz wichtige strategische Ansätze, die uns die Möglichkeit gaben, überhaupt weiterzuarbeiten. Der erste Ansatz war, wenn die Entscheidungen hier getroffen werden und kein fremder Anteilseigner Geld herauszieht, dann muss das Unternehmen eben das verdiente Geld hier im Land behalten. Das hat sich mehr als rentiert, denn wir haben mittlerweile Stahlunternehmen an der Saar, die die höchste Eigenkapitalquote haben. Die zweithöchste hat Salzgitter, allerdings gibt es dort auch eine staatliche Sperre. Ich will das nur in Erinnerung rufen. Ich will damit nur anregen, darüber nachzudenken, ob es nicht Bereiche gibt, wo man andere Ansätze haben könnte.

Sie haben ganz zu Recht, Herr Kollege Commerçon, etwas zur Belegschaftsbeteiligung gesagt, zur Mitbestimmung. Ich bin nach wie vor der Meinung, die Belegschaftsbeteiligung muss noch stärker ausgebaut werden als bisher, nicht nur in der Stahlindustrie, sondern auch in anderen Betrieben.

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) )

(Beifall von der LINKEN.)

Wir wollten, dass die Rücklagen, das heißt das Eigenkapital, so stark wie möglich werden. Das haben wir erreicht. Das war ein Langfristprojekt. Das zweite Langfristprojekt war, die Investitionsquote im Vergleich zu den Wettbewerbern zu erhöhen. Auch dieses Langfristprojekt ist erreicht worden. Denn wenn wir das nicht geschafft hätten, wenn beispielsweise die Investitionen gegenüber anderen Wettbewerbern zurückgeblieben wären, wäre doch klar gewesen, dass wir noch weiter zurückgefallen wären und unsere jetzige Position überhaupt nicht behauptet hätten.

Wie das alles zusammenhängt, meine Damen und Herren, das können Sie bei Thyssen sehen - und damit möchte ich meine jetzige Einbringungsrede beenden ‑, Thyssen hat das schlechteste Eigenkapital aller Stahlbetriebe. Es sind etwa 8 Prozent. Damit kann man nicht überleben. Aber Thyssen hat auch weil es eben nicht die Vorschrift gab, die wir hier verankert haben - Milliarden in den USA versenkt und Milliarden in Brasilien versenkt.

Stellen Sie sich vor, wir hätten hier in irgendeiner Form eine Zeit lang andere Anteilseigner gehabt, die dann gesagt hätten, wir machen auch Ausflüge nach Südamerika oder in die Vereinigten Staaten oder sonst wohin. Das war also schon eine langfristige Projektion, eine langfristige Strategie, die uns jetzt erlaubt zu sagen - das ist ein strategischer Ansatz, ich will das nur andeuten -, wir können jetzt länger durchhalten, die Krise eher bewältigen als andere mit uns konkurrierende Betriebe. Das ist eine gute Ausgangsbasis, aber sie löst natürlich noch nicht alle Probleme. So weit also zu meiner Einbringungsrede.

Was also auch bei uns fehlt, ist der strategische Ansatz des Landes, wenn sich das wieder so aufbaut, wie es bisher war. Die zweite - richtige - Forderung ist die vom Kollegen Commerçon. Auch das Unternehmen ist gefordert, als Strategie mehr aufzuzeigen als Personalabbau.

(Beifall von der LINKEN.)

Vielen Dank. - Zur Begründung des Antrags der AfDLandtagsfraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Rudolf Müller das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sollten uns ab und zu einmal daran erinnern, warum

es das Saarland überhaupt gibt. Demnächst jährt sich zum 100. Mal die Entstehung des Saarlandes beziehungsweise des Saargebietes. Die Sieger des Ersten Weltkrieges wollten dieses wichtige und wirtschaftlich höchst interessante Gebiet unter ihre Kontrolle bringen. Vor allem Kohle und Stahl waren das Ziel ihrer Begehrlichkeiten. Auch heute noch sind wir im Vergleich etwa zur Westpfalz und anderen deutschen Gebieten etwas Besonderes, unter anderem wegen unserer immer noch wichtigen und auch in Zukunft wichtigen Stahlindustrie, die unser Land historisch, politisch und nicht zuletzt kulturell geprägt hat. In der saarländischen Industrie und insbesondere in der Stahlindustrie zeichnen sich schwerwiegende Probleme ab, worüber wir gerade reden. Für fast ein Viertel der Beschäftigten sind Entlassungen angekündigt. Zusätzlich sollen befristet Beschäftigte nicht übernommen werden.

Probleme in der Stahlindustrie sind nicht ganz selten. Deshalb sind sie aber nicht weniger dramatisch. Vor allem Konjunkturschwankungen, aber auch Energie- und Rohstoffpreise können das Geschäft verhageln. Daran lässt sich nicht viel ändern. Was sich allerdings vonseiten der Regierung ändern lässt, sind allerlei Vorschriften, Verordnungen und Gesetze, die sich mehr oder weniger als Förderung auswirken können, die sich aber meistens als zusätzliche Belastung erweisen, als zusätzliche Bürokratie, zusätzliche Nachweispflichten, zusätzliche Umweltauflagen, Statistiken und so weiter, die letztlich zusätzliche Risiken für Arbeitsplätze, Wohlstand und Freiheit der Bürger mit sich bringen. Das ist hier passiert.

Die Bundesregierung hat eine neue Steuer erfunden, eine Steuer auf heiße Luft, eine Steuer auf CO2, das bei der Erzeugung von Hitze und heißer Luft eben entsteht. Um den verhassten Begriff einer neuen Steuer zu vermeiden, wurde von Bepreisung gesprochen. Und um die Sache für den Normalbürger noch ein bisschen unverständlicher zu machen, wurden sogenannte Emissionszertifikate und ein betrugsanfälliges Handelssystem mit diesen Zertifikaten erfunden. Im Saarland führt dies nun dazu, dass die Erzeugung von Roheisen und Stahl künstlich enorm verteuert wird.

Die Vorstände der saarländischen Stahlindustrie haben lange vor den verheerenden Folgen gewarnt ohne Erfolg. Sowohl die Regierung Kramp-Karrenbauer als auch die Regierung Hans sind lieber dem grünen Zeitgeist nachgelaufen. Man will das Klima auf der ganzen Welt, in den Wüsten und den Tropen, an Land und auf den Meeren, am Nordpol und am Südpol, Berg und Tal, bei Tag und Nacht auf gewünschte Temperaturen einstellen. Ist es auch

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) )

Wahnsinn, so hat es doch Methode - eine kleine Anleihe bei William Shakespeare. Der Wahnsinn ist jedenfalls in Gang gesetzt worden ohne genügende saarländische Gegenwehr. Jetzt haben wir den Salat auch hier bei uns im Saarland! Die Stahlindustrie hat Massenentlassungen angekündigt wegen zu hoher und steigender Kosten, wobei insbesondere und immer wieder diese Zertifikate-Kosten genannt werden.

Was ist also zu tun im Rahmen des vorgegebenen Wahnsinns? Wenn man denn Klimaschutz betreiben will, dann ist das eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Kosten dürfen sich nicht auf eine oder zwei Branchen der Wirtschaft und speziell deren Arbeitnehmer niederschlagen. Deshalb fordern wir, dass die Kosten für heiße Luft, also die Kosten für Emissionszertifikate, aus Mitteln des Bundes den Saarhütten und Gießereien erstattet werden. Die europarechtliche Möglichkeit zur Hilfe für Industrien ist gegeben auf der Grundlage des Artikels 107 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union und aufgrund der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung. Das sind Bestimmungen, die eine Sonderwirtschaftszone ermöglichen.

Solche Zonen, meine Damen und Herren, gibt es zum Beispiel in dem EU-Land Polen. Warum also nicht eine Sonderwirtschaftszone auch bei uns? Warum nicht? Das heißt, eine Zone, in der bestimmten Betrieben oder bestimmten Wirtschaftsbereichen, Wirtschaftsbranchen durch steuerliche Maßnahmen geholfen wird, weil sonst Schäden drohen, gesamtwirtschaftliche Schäden, die wichtiger sind als die Einhaltung gewisser Prinzipien. In den einzelnen Bestimmungen und Voraussetzungen für eine Sonderwirtschaftszone ist viel Pro und Contra niedergeschrieben und es gibt eine ganze Menge Literatur zur Auslegung und zum Verständnis. Worauf es aber letztlich ankommt, ist der politische Wille. Der muss hier formuliert werden. Dieser politische Wille muss vom Saarland aus vorgetragen und durchgesetzt werden. Dazu dienen nicht allzu leise vorgetragene Forderungen an den Bund, etwa so wie Herr Bouillon heute in der SZ zu einem anderen Thema redet. Dazu dienen unsere drei Stimmen im Bundesrat und dazu dienen beziehungsweise müssten dienen unsere Spitzenpolitiker in der Bundesrepublik, wenn sie nicht eigene persönliche Karriereinteressen in den Vordergrund stellen würden und wenn sie nicht vergessen würden, woher sie kommen.

Noch ein paar Worte zur Wasserstofftechnologie. Die als angeblicher Ausweg ins Spiel gebrachte Wasserstofftechnologie - da werde ich ganz deutlich im Gegensatz zu Ihnen, Herr Lafontaine - ist reines

Wunschdenken, denn dafür würde massenhaft Strom benötigt, der einfach nicht da ist. Dafür würden Leitungen benötigt, die auch nicht da sind. Und für die Umrüstung der Stahlwerke wären Milliardeninvestitionen nötig, die natürlich auch nicht da sind. Kein Investor, der wirtschaftlich auch nur bis drei zählen kann, würde seine Mittel für so etwas einsetzen. Die Alternative heißt also mittelfristig - bis zur Aufzehrung des Eigenkapitals - das Ende der Stahlindustrie an der Saar oder Ersatz der willkürlich herbeigeführten Kosten für Emissionszertifikate und natürlich der Schutz vor unfairem Wettbewerb. Wir fordern die Landesregierung dazu auf, in diesem Sinne tätig zu werden. - Ich danke Ihnen.

(Beifall von der AfD.)

Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat nun Marc Speicher von der CDU-Landtagsfraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte meinen Ausführungen einige Zahlen als Faktengrundlage voranstellen. Die Bedeutung der Stahlindustrie ist jedermann hier im Hause bekannt. Trotzdem möchte ich sie mit einigen Zahlen unterlegen. Wir reden über einen Umsatz bei uns im Saarland in Höhe von 4,6 Milliarden Euro per annum, wir sprechen von 13.000 direkt Beschäftigten und mindestens 22.000 indirekt Beschäftigten. Die Stahlindustrie ist großer Auftraggeber für unsere Region. Es geht um 700 Millionen Euro, die jedes Jahr durch den Bezug von Waren und Dienstleistungen in die Saarwirtschaft fließen. Insgesamt beträgt das Einkaufsvolumen pro Jahr 2,9 Milliarden Euro. Der Anteil am Gesamtumsatz der Industrie beträgt über 20 Prozent. Die saarländische Stahlbranche ist größter privater Ausbilder und Schlüsselindustrie unseres Landes. Wir reden von einer Bruttowertschöpfung in Höhe von 8,5 Milliarden Euro. Das sind drei Viertel des gesamten produzierenden Gewerbes. Es betrifft 98.000 Beschäftigte insgesamt in dieser Branche.

Die Tragweite der Stahlindustrie geht weit über den eigentlichen Bereich des Stahls und die Produktion von Stahl hinaus. Es betrifft viele weitere Wirtschaftszweige, die für uns im Saarland, aber auch für die gesamte Bundesrepublik von grundlegender Bedeutung sind. Ich möchte mich auf drei Branchen beschränken. Zuvörderst möchte ich den Umsatz in der Automobilindustrie nennen. Wir reden hier von 425 Milliarden Euro pro Jahr und von 841.000 Beschäftigten. Das sind mehr als in den Städten Frank

(Abg. Müller (AfD) )

furt am Main und Frankfurt an der Oder zusammen wohnen. Die Vorleistungsquote des Stahls beträgt 12 Prozent. Ähnlich ist es im Bauhauptgewerbe mit 109 Milliarden Euro Umsatz pro Jahr und 817.000 Arbeitsplätzen. Dort beträgt die Vorleistungsquote des Stahls 10 Prozent. Der deutsche Maschinenbau, der auch bei uns im Saarland wichtig ist, beschäftigt über 1 Million Männer und Frauen und hat eine Vorleistungsquote des Stahls von 20 Prozent. Das macht deutlich, dass wir nicht nur über den Stahlbereich reden, sondern über eine Grundstoffindustrie, die weit hinaus strahlt in andere, insbesondere für uns im Saarland wichtige Bereiche.

Trotzdem ist der Stahl mehr als die reine Produktion. Er ist für uns auch ein Stück Identität. Er ist für uns im Saarland Teil unserer Kultur. Wir werden im nächsten Jahr, wie eben schon angesprochen wurde, 100 Jahre Saarland feiern. Die Begründung, dass wir ein eigenständiges Gebilde wurden und heute eigenständiges Bundesland sind, hat mit unserer Montangeschichte zu tun. Sie hat mit Kohle und Stahl zu tun und auch damit, dass die Schwerindustrie bei uns eine hohe Bedeutung hat. In diesen 100 Jahren haben wir eigentlich dauerhaft in einem Strukturwandel gesteckt. Die 100 Jahre waren geprägt davon, dass sich Männer und Frauen immer wieder neu einstellen mussten. Der abstrakte Begriff des Strukturwandels hat bei uns Spuren hinterlassen. Spuren in der Landschaft, was wir an den Fördertürmen sehen, die teilweise noch stehen. Und auch an den Kohlehalden, die es noch gibt. Der Strukturwandel hat aber auch Spuren hinterlassen in den Biografien und Erinnerungen der Menschen. Wenn wir in diesen Tagen Diskussionen darüber führen und hören, was bei Ford an Stellenabbau passiert ist, wenn wir die Meldungen aus dem Automotive-Zulieferbereich hören, wenn wir hören, was bei Saarstahl und bei der Dillinger Hütte geplant ist, dann kommen die Erinnerungen, was vor 30 oder 40 Jahren passiert ist, wieder hoch. Damals hatten wir Massenarbeitslosigkeit und gebrochene Biografien. Diese Erinnerungen spielen bei uns eine Rolle. Sie sind Teil unserer Identität geworden. Wir haben aber auch bewiesen, dass wir Strukturwandel können und den Strukturwandel beherrschen.

Teil dieser Kultur ist auch die Unternehmenskultur. Eines der ersten Gesetze, das die CDU 1951 verabschiedet hat, war die Vollparität, die Montanmitbestimmung. Es ist die am weitesten gehende Form der Mitbestimmung, die damals unter Konrad Adenauer eingeführt worden ist. Sie ist Teil unserer Mitbestimmung bei Saarstahl und der Dillinger Hütte. Die Art und Weise, wie man hier den Stellenabbau

verkündet hat, ist ein Stück weit ein Bruch mit dieser gewachsenen Struktur.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Trotzdem gibt es zwischen dem Strukturwandel von vor 30/40 Jahren und dem heutigen eklatante Unterschiede. Im Jahr 2019 liegen erfolgreiche Jahre hinter uns. Wir haben den Strukturwandel bewältigt. Wir haben heute so viele sozialversicherungspflichtig Beschäftigte wie nie zuvor. Zur Stunde sind es 390.000. Die Arbeitslosigkeit ist halb so hoch wie vor 30 oder 40 Jahren. Wir haben es mit dem Bund-Länder-Finanzausgleich erreicht, dass wir auf eigenen Füßen stehen können. Wir bekommen pro Jahr 500 Millionen Euro mehr. Vor wenigen Minuten haben wir dafür gesorgt, dass wir eine kommunale Teilentschuldung beherzt angehen können, und dies mit einem Rekordvolumen.

Wirtschaftlich betrachtet ist der entscheidende Unterschied, dass wir es im Gegensatz zu den Siebziger- und Achtzigerjahren nicht mit nachfrageinduzierten Überkapazitäten zu tun haben. Damals musste man in Deutschland und Europa schauen, welche Stahlwerke und Hochöfen stillgelegt werden. Heute ist es andersherum. Heute ist es so, dass Staaten wie China, Russland, die Türkei mit anderen Wirtschafts- und Gesellschaftsmodellen, aber auch mit einem anderen Demokratieverständnis, um es einmal höflich zu formulieren, dafür verantwortlich sind, dass Kapazitäten künstlich hoch gehalten werden.

Heute kommen mehr als 50 Prozent des weltweit erzeugten Roheisens und mehr als 50 Prozent des weltweit produzierten Stahls aus China. Im Jahr 2017 waren das über 700 Millionen Tonnen. Das war doppelt so viel wie im Jahr 2007. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass China doppelt so viel Stahl produziert wie die neun Staaten, die als Stahlproduzenten auf den Plätzen 2 bis 10 kommen, dass China doppelt so viel Roheisen produziert wie die Vereinigten Staaten, Deutschland, Iran, die Ukraine, Japan, Brasilien, Indien, Südkorea und Russland zusammen, dann hat das wenig mit fairem Wettbewerb zu tun, sondern viel damit, dass hier die Preise vom Staat künstlich niedrig gehalten werden und dass man in anderen Dimensionen denkt. Unsere Unternehmen denken in Quartalen, die Politik denkt bisweilen in Legislaturperioden. In China denkt man in langfristigen Horizonten. Das ist der Versuch, mittelbis langfristig dafür zu sorgen, dass es eine Monopolstellung in wesentlichen Schlüsselindustrien gibt, eine Monopolstellung im Bereich des Roheisens und des Stahls.

(Abg. Speicher (CDU) )

Wir müssen die Grundsatzfrage beantworten, wie wir damit umgehen. Ich bin dankbar, dass Ulrich Commerçon eben den Begriff der Industriepolitik ins Spiel gebracht hat. Erstens weil es seit zwei Jahren einen Sprecher für Industriepolitik in der CDUFraktion gibt, meines Wissens die einzige Fraktion, die diese Position hat. Zum Zweiten weil es Peter Altmaier gewesen ist, der im Februar dieses Jahres eine nationale Industriestrategie auf den Weg gebracht hat.

(Zuruf des Abgeordneten Commerçon (SPD).)

Ich erinnere an die öffentlichen Debatten und die Anfeindungen, denen sich Peter Altmaier aufgrund dieser Industriepolitik ausgesetzt sah. Aus den Reihen des Mittelstandes und der Wirtschaft gab es massive Kritik. Dieser Kritik hat er sich gestellt. Er hat ein klares Zeichen gesetzt und Industriepolitik wieder in die öffentliche Debatte gebracht. Deswegen möchte ich Peter Altmaier - wohl im Namen von allen hier - Genesung und gute Besserung wünschen und ihm dafür danken, dass er Industriepolitik betreibt.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ich bin ein glühender Anhänger der sozialen Marktwirtschaft. Es war die Partei, für die ich mich seit über 20 Jahren engagiere, die zum Teil gegen massive Widerstände das Modell der sozialen Marktwirtschaft durchgesetzt hat. Diese Widerstände gab es politisch und gesellschaftlich, aber die CDU war es, die diese ordnungspolitischen Leitprinzipien durchsetzen konnte. Deshalb ist auch die Frage, wie wir mit dem umgehen, was wir heute auf den Weltmärkten erleben. Die weltweite Produktion von Stahl ist heute so hoch wie nie. Auch das ist ein Unterschied zur Situation von vor 30 oder 40 Jahren. Heute ist die weltweite Stahlproduktion, die Roheisenproduktion um ein Vielfaches höher. Wir müssen uns die Grundsatzfrage stellen, wie wir mit diesen unfairen Wettbewerbsbedingungen umgehen. Ich glaube, was in der Diskussion gesagt wurde, dass es nämlich dem Klima völlig egal sei, wo CO2 entsteht, in der EU-Außenhandelspolitik und bei der Frage eine Rolle spielen muss, wie wir CO2, das im Ausland entstanden ist, bepreisen. Ich glaube, es wäre ein Treppenwitz der Geschichte und eine Schande, wenn wir unseren sauberen, sozialen Stahl, der in Deutschland produziert worden ist, ad acta legen und dafür dreckigen Stahl aus Drittstaaten, aus China, der Türkei, aus der Ukraine und Russland importieren. Das wäre ein Bärendienst für unser Klima, meine Damen und Herren!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Selbst wenn es so wäre, dass China fairen Wettbewerb betreiben würde, würde ich grundsätzlich Bedenken anmelden, wenn ein Spieler Marktanteile von weit über 50 Prozent hat. Das ist hier nämlich der Fall. Die CO2-Grenzabgabe ist in unserem Antrag erwähnt. Wir greifen auf, was letzte Woche auf der Ministerpräsidentenkonferenz beschlossen wurde. Ich erinnere an den 01. März letzten Jahres, als wir Tobias Hans zum Ministerpräsidenten gewählt haben. Praktisch mit dem Hinausgehen aus dem Saal hat er das Thema Stahl als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz auf die Agenda gesetzt.

Die Brüsseler Erklärung wurde 14 Tage später verabschiedet. Sie hat damals den Stahl erstmals in der nationalen Öffentlichkeit zum Thema gemacht. Damals wurde man in Deutschland aufmerksam, was den Stahl betrifft. Die Brüsseler Erklärung wurde einstimmig verabschiedet. Darauf fußt das Neun-Punkte-Programm, das in der vergangenen Woche in Elmau verabschiedet worden ist. Exemplarisch möchte ich Folgendes nennen: Es geht um die Vermeidung von Folgen des europäischen Emissionshandels für wichtige Grundstoffindustrien wie der Stahlindustrie. Es geht um eine Verlängerung der Kompensation für emissionshandelsbedingte Strompreiserhöhungen bei besonders energieintensiven und außenhandelsabhängigen Wirtschaftszweigen. Es geht aber auch darum, dass Großforschungsprojekte für eine CO2-ärmere oder am Ende vielleicht sogar CO2-neutrale Stahlproduktion geschaffen werden.

Mir ist wichtig, dass ich im Namen des Parlamentes Danke sage an Jürgen Lennartz, aber auch an Tobias Hans, die es geschafft haben, diesen Beschluss durchzusetzen. Seien Sie gewiss, das Parlament steht hinter diesem Beschluss. Wir werden ihn in unserem Wirkungskreis unterstützen.

(Vereinzelt Beifall.)

Es geht um Geschlossenheit. Eben ist Peter Altmaier angesprochen worden, ich will darauf zurückkommen. Es wird kein Gramm Stahl mehr produziert, es wird kein Arbeitsplatz mehr gehalten, wenn wir versuchen, diese wichtige industriepolitische Diskussion um den Stahl dafür zu nutzen, parteipolitische Scharmützel zu betreiben. Hier steht Heiko Maas als Außenminister genauso in der Verantwortung wie Peter Altmaier. Es geht darum, dass wir gemeinsam als Parlament unseren Einfluss nutzen. Es wird einen CO2-Fonds bei der Bundesumweltministerin geben. Wir müssen schauen, dass wir das Geld zu uns ins Saarland bekommen. Das ist sehr wichtig.

(Abg. Speicher (CDU) )

Es geht um Geschlossenheit. Das betrifft die Politik, die Wirtschaft, aber auch die Gewerkschaften. Ich sehe Ralf Cavelius und Kolleginnen und Kollegen des Betriebsrats. Es geht darum, dass wir auch hier für Einheit sorgen. Es ist leider so, das muss man auch andeuten, dass die Frontlinie nicht eins zu eins verläuft. Es gibt zum Beispiel in der Autoindustrie den Stahlbereich betreffend gegensätzliche Interessen. Es gibt dort Vertreter, die sagen, na ja, der günstige Stahl aus dem Ausland ist vielleicht für die Automobilproduktion nicht schlecht. Hier müssen wir an einem Strang ziehen. Deswegen müssen wir als Politik, Wirtschaft und Gesellschaft geschlossen auftreten.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Weil es um Geschlossenheit geht, will ich ausdrücklich Anke Rehlinger und das Wirtschaftsministerium nennen. Der nationale Stahlgipfel im Herbst vergangenen Jahres hat bundesweit einen weiteren Meilenstein gesetzt. In der Wirtschaftspresse, aber auch darüber hinaus war das ein großes Thema. Die Stahlallianz, aber auch das, was an Prominenz auf dem Stahlgipfel vertreten war, war enorm. Das waren die Spieler der großen Unternehmen, aber auch Gewerkschafter und Politiker. Es geht um viel. Es geht um Arbeit, um Wohlstand und Wertschöpfung und vor allem um Arbeitsplätze.

Die Dillinger Hütte und Saarstahl haben bekannt gegeben, dass 250 Millionen Euro eingespart werden müssen. Das Besondere daran war, dass man die Zahlen der betroffenen Arbeitsplätze eigentlich ohne Einbeziehung der dafür gewählten Betriebsräte genannt hat. 1.500 sollen abgebaut und 1.000 outgesourct werden. Das ist in der Form nicht in Ordnung, wie es passiert ist.