Protocol of the Session on September 18, 2019

Natürlich sind diese Berufswünsche nur in sehr begrenztem Umfang exakt so verwirklicht worden, Prinzessin ist meines Wissens keine geworden, aber die Berufswahl bleibt auch später stark beeinflusst von Vorbildern im direkten Umfeld, von Schulfächern und Lehrern, die begeistert haben und denen es gelungen ist, diese Begeisterung durch Höhen und Tiefen der Schullaufbahn zu retten.

Warum erwähne ich das? Die Fraktionen von CDU und SPD haben heute einen gemeinsamen Antrag „MINT-Ausbildung stärken“ vorgelegt, bei dem wir auch ausgehen von der Frage, wie wir es schaffen können, dass sich mehr Kinder, vor allem mehr junge Mädchen, für einen Beruf aus dem MINT-Bereich entscheiden. Wie können wir es schaffen, bei einem größeren Teil unserer Kinder als bisher früh ein Feuer für MINT zu entfachen, das Feuer über die Schullaufbahn hinweg am Lodern zu halten und in eine MINT-Ausbildung und in einen Beruf münden zu lassen, für den sie möglichst ein Leben lang brennen?

Deshalb setzt dieser Antrag auch schon im Kindergartenalter an. Mit Magneten experimentieren, Himmelskörper entdecken, mit Formen und Größen arbeiten - um Begeisterung für Naturwissenschaften, in diesem Fall für Physik und Mathematik im ganz Kleinen, zu entdecken, ist es nie zu früh. Hier passiert schon ganz viel in unseren Kitas, aber hier können wir noch stärker mit konzeptionellen Angeboten und so weiter unterstützen. Wir wollen mit unserem Antrag in diesem Bereich deutlichere und verbindlichere Schwerpunkte setzen.

Um Konzepte generell geht es auch in der zweiten Forderung, die die Koalitionsfraktionen hier formuliert haben. Wir brauchen zeitnah ein Konzept dafür, wie wir informatische Bildung in allen Schulformen im Unterricht verbindlich etablieren können. Wir als CDU haben uns bereits im letzten Jahr für ein starkes Schulfach Computing in der Fläche ausgesprochen. Ich bin überzeugt, wir müssen die Informatik aus der Nische in die Breite holen. Bei der Umsetzung der Oberstufenreform ist das noch nicht vollständig gelungen, auch wenn es schon intendiert war. Wir brauchen vor allen Dingen einen Ansatz, der sich wie ein roter Faden durch unser Bildungssystem zieht und der sich sinnvoll aufbaut, Schritt für Schritt, aber konsequent. Deshalb geht es mir auch nicht darum, wie dieses Baby am Ende heißt, sondern darum, dass wir uns auf den Weg machen.

Mancher mag sich fragen, warum wir eine starke Informatik so dringend brauchen. Künstliche Intelligenz und Digitalisierung prägen unseren Alltag, wir alle hier im Raum wissen das, heute schon weit mehr, als vielen bewusst ist. Für mündige Bürger ist es unerlässlich zu wissen, wie die Systeme funktionieren, die ihr Leben beeinflussen. Es ist wichtig, allen Schülern ein Grundverständnis mitzugeben, wie die Algorithmen und Geschäftsmodelle funktionieren, denen wir unser Leben in vielen Fragen anvertrauen. Wenn unsere Kinder heute in der Schule Französisch lernen und die Sprache verstehen, kommen sie in Frankreich besser zurecht, können sie mit unseren Nachbarn kommunizieren, können einkaufen, Small Talk machen, sie können die Speisekarte nicht nur lesen, sondern wissen bestenfalls auch, was gleich auf ihrem Teller liegt. Wenn unsere Kinder Programmiersprachen „sprechen“, kommen sie in der digitalen Welt besser zurecht. Sie verstehen, was im Hintergrund von Facebook, Instagram und WhatsApp abläuft, warum ihnen im Netz bestimmte Inhalte angezeigt werden und andere nicht, wie sie mit solchen Mechanismen umgehen, wie sie sie sich zunutze machen können. Sie wissen, was Alexa zu Hause so alles treibt, was für den unbedarften Anwender eben nicht immer offensichtlich ist, um nur einige Beispiele zu nennen. Sie begreifen also im übertragenen Sinne, was ihnen da serviert wird und wie sie gegebenenfalls in Prozesse eingreifen und diese mitgestalten können.

Verstehen Sie mich recht, ich als Lehrerin für Deutsch und Französisch bin normalerweise nicht verdächtig, hier Fächer gegeneinander ausspielen zu wollen. Genau das ist mir wichtig, deswegen habe ich auch diese Beispiele einander gegenübergestellt. Ich will nicht die Geistes- und Gesellschaftswissenschaften den Naturwissenschaften und der Informatik gegenüberstellen, ich will sie vielmehr bewusst nebeneinanderstellen. Wir brauchen beides heute mehr denn je.

Aber mündige Bürger von heute und erst recht von morgen müssen in der Lage sein, ihre digitale Zukunft selbst zu gestalten, aktiv zu gestalten und nicht nur zu konsumieren. Wir sind dafür verantwortlich, dass Schule unseren Kindern das Rüstzeug dafür mit auf den Weg gibt, um in dieser digitalen Welt zu bestehen. Deshalb ist eine Stärkung der MINT-Fächer und vor allem das Etablieren von Informatik in allen Schulformen zukunftsentscheidend für alle unsere Kinder.

In der Grundschule kann ich mir in Sachen informatische Bildung beispielsweise das Arbeiten in Modulen vorstellen. Heute fahren Kinder für einen gewissen Zeitraum in die Verkehrsschule, genauso kön

(Abg. Schmitt-Lang (CDU) )

nen sie in Blöcken spielerisch an Grundlagen der Logik herangeführt werden, können sie einfache Programme schreiben und testen. Der Auftrag an die Landesregierung ist, zu prüfen, wie wir solche Inhalte in den Schulformen implementieren können. An den weiterführenden Schulen werden wir, das ist meine Überzeugung, ein entsprechendes verbindliches Schulfach für alle Schüler brauchen. Für die beruflichen Schulen gilt das allemal unter Berücksichtigung der jeweiligen Schwerpunkte, Berufsbilder und Anforderungen der einzelnen Schulen. Ich bin froh, dass wir uns in der Koalition abgesehen vom Bildungsbereich auch in diese Richtung bewegen. Die Wirtschaftsministerin hat unsere Forderung am Wochenende ebenfalls aufgegriffen und sich für Informatik stark gemacht.

Natürlich ist das Brett, dass wir hier gemeinsam bohren müssen, ein dickes, das ist mir völlig bewusst. Nicht zuletzt, weil wir Lehrkräfte entsprechend aus- und weiterbilden müssen, und auch weil es schulorganisatorisch viele Umstellungen mit sich bringen wird. Aber wir müssen uns gemeinsam auf den Weg machen. Erst recht, wenn durch den DigitalPakt Schule, durch die Ausstattung die Möglichkeiten andere sind, bessere sind. Um diesen Weg sinnvoll einzuschlagen, fordern wir eben die Landesregierung auf, die Einrichtung eines Lehrstuhls für Didaktik an der Universität des Saarlandes zu unterstützen. Denn der Didaktik wird eine wesentliche Bedeutung dabei zukommen, dass diese Umsetzung gelingt und dass das Feuer der Begeisterung für das Fach weitergetragen wird, von Studenten und Lehrern, die ebenfalls begeistert sind.

Es ist aber nicht nur die Informatik. Als weltweit führender Industrie- und Hochleistungsstandort ist es für uns zukunftsentscheidend, dass viele junge Menschen sich für Berufe aus den Naturwissenschaften und im technischen Bereich begeistern, dass wir nicht nur Informatiker, sondern auch Ingenieure bekommen, dass sich Menschen für Mathematik und Naturwissenschaften begeistern, dass sie sich zutrauen, den Weg einzuschlagen und vor allem auch in der Lage sind, ihn erfolgreich bis zum Ende zu gehen, um ihre Ausbildung oder ihr Studium erfolgreich abzuschließen. Wir dürfen es dabei nicht hinnehmen, dass sich nach wie vor viel zu wenige Mädchen und junge Frauen für Berufe im MINT-Bereich entscheiden. Gerade hier müssen die Angebote auf den Prüfstand. Gerade hier wird aber deutlich, warum es so wichtig ist, möglichst früh die Neugierde der kleinen Forscherinnen und kleinen Naturwissenschaftlerinnen zu entfachen. Wir dürfen nicht hinnehmen, dass MINT-Berufe und MINT‑Themen nach wie vor als unattraktiv gelten, obwohl sie unglaubli

che Chancen und Möglichkeiten mit sich bringen. Wir dürfen nicht hinnehmen, dass MINT‑Fächer an den Hochschulen nach wie vor überdurchschnittliche Abbruchraten verzeichnen, trotz vieler guter Hilfsangebote in der Vorbereitung und studienbegleitend. Auch deshalb ist es wichtig, unsere Bemühungen zu verstärken und im schulischen Bereich solide Grundlagen für alle im Bereich Naturwissenschaften und Mathematik zu legen, und hier eben noch eine Schippe draufzulegen. Grundlagen für alle einerseits, gezielte Förderung von besonderen Stärken und Talenten andererseits.

Die Bundesbildungsministerin hat dieses Jahr einen MINT-Aktionsplan auf den Weg gebracht, von dem auch wir profitieren können, um unsere Bemühungen im Saarland zu verstärken. Ja, unsere Hochschulen und Schulen haben viele großartige Angebote, Wettbewerbe und Olympiaden in Mathematik und Naturwissenschaften, Patenprogramme, Juniorstudiengänge und weitere starke Initiativen und Kooperationen. Viele davon nennen wir in unserem Antrag und zeigen damit auf, dass hier schon einiges angestoßen wurde. Trotzdem können und müssen wir hier noch mehr tun.

Gerade zur Förderung der besonders starken Schülerinnen und Schüler im MINT‑Bereich kann ich mir beispielsweise auch eine engere Kooperation und eine noch engere Verzahnung mit unserer Beratungsstelle Hochbegabung Saarland vorstellen, um positive Effekte zu erzielen und den Weg in ein entsprechendes Studium noch geradliniger zu bahnen. Eines ist jedenfalls klar, wir müssen unsere Anstrengungen zur Stärkung der MINT-Fächer weiter intensivieren. In Freundebüchern von morgen muss nicht überall stehen, dass Kinder Informatikerin, Astrophysikerin oder Maschinenbauer werden wollen, da darf gerne weiter Prinzessin oder Baggerfahrer stehen, aber wir müssen es schaffen, mehr Kinder dafür zu begeistern, ihre Neugierde für die MINT‑Fächer zu wecken, ihnen das Rüstzeug auf den Weg zu geben, erfolgreich eine Ausbildung oder ein Studium in dem Bereich zu bestreiten. Denn MINT hat Zukunft und MINT gestaltet Zukunft. Deshalb bitte ich um Unterstützung für unseren Antrag. - Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ich eröffne die Aussprache und rufe auf Frau Barbara Spaniol für die LINKE-Landtagsfraktion.

(Abg. Schmitt-Lang (CDU) )

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich beginne mal mit dem Zitieren des Ist-Zustandes aus einem bestimmten Blickwinkel, und zwar geht es um einen Gastbeitrag von Olaf Köller, der das LeibnizInstitut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik in Kiel leitet. Er bringt es in seinem Intro eines Gastbeitrags eigentlich sehr gut auf den Punkt, der Titel lautet: „Wie können Mint-Fächer attraktiver werden?“ Er sagt: „Es dürfte keine zweite Fächergruppe geben, die so stark in der Medienberichterstattung vertreten ist wie der Mint-Bereich (…) “. - Diese Medienberichterstattung über den MINT-Bereich - Mathematik, Informatik, Biologie, Chemie, Physik und Technik - trägt nämlich dazu bei, zu reflektieren, wo die Defizite sind und was noch fehlt. Er sagt weiter: „Der Duktus ist dabei immer der gleiche: Die Fächer werden in der Schule vernachlässigt, die Mädchen verschreckt und traumatisiert, und am Ende bleiben zu wenige Mint-Auszubildende, zu wenige Mint-Studenten, zu viele Mint-Studienabbrecher; und der Industrie- und Hochtechnologiestandort Deutschland ist gefährdet, wenn sich nichts grundlegend im Bildungssystem ändert.“ - Meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, so weit würde ich nicht gehen, aber in diesem Gastbeitrag steckt schon viel Wahrheit. Ich komme später kurz darauf zurück.

Ich komme zu Ihrem Antrag. Natürlich kann man überhaupt nichts dagegen sagen. Er beschreibt viele Allgemeinplätze, wird an einigen Stellen aber auch konkret. Wir werden zustimmen. Wie gesagt, dagegen gibt es nichts zu sagen. Erlauben Sie mir trotzdem einige Anmerkungen, die einem dann doch durch den Kopf gehen. Es ist klar, die Ausbildung in den wichtigen Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik muss gestärkt werden, gerade an unserem Industriestandort Saarland. Man muss auch immer wieder schmunzeln, wie Sie als Koalitionsfraktionen engagiert und mit Verve Ihre eigene Koalitionsregierung auffordern, tätig zu werden.

(Heiterkeit und Sprechen.)

Aber ich finde es irgendwo interessant, das mal wieder zu lesen. Wie gesagt, mit Verve werben Sie dafür und fordern Ihre Regierung auf, tätig zu werden.

Der Antrag heißt „MINT‑Ausbildung stärken“. Stärken bedeutet eigentlich verstärkte Anstrengungen, und deshalb sind wir ziemlich gespannt, wie es weitergeht. Denn es ist auch festzustellen, dass nicht wirklich alles immer eitel Sonnenschein ist. Natürlich gibt es sinnvolle Initiativen und Projekte, aber es gibt auch einen erheblichen Verbesserungsbedarf. Die

Wirtschaftsministerin befürwortet jetzt die Einführung von Informatik an den Schulen. Im vergangenen November gab es große Kritik, weil an den Schulen die Stundenzahl der Informatikgrundkurse halbiert wurde. Das passt nicht wirklich zu einer Stärkung der MINT‑Ausbildung. Das war damals irgendwo der Tenor, das ist doch klar. Damals hat Professor Backes vom Helmholtz CISPA vorgeschlagen, ab der ersten Klasse ein Pflichtfach „Computing“ einzuführen. Wir erinnern uns an diese Diskussion. Unterstützung bekam Herr Backes damals von der CDU, der Kollege Wagner sagte damals ziemlich euphorisch, welches Bundesland wäre besser geeignet, sich als Modellregion für die Einführung von „Computing“ an Schulen zu präsentieren?

(Beifall bei der CDU.)

Das SPD-geführte Bildungsministerium hielt von dem CDU-Vorstoß relativ wenig, das sei alles derzeit so nicht vorgesehen, man arbeite aber daran, oder so ähnlich.

(Lachen und Sprechen.)

Und jetzt soll der Landtag die Regierung lediglich auffordern zu prüfen, wie informatische Inhalte in allen Schulformen im Unterricht verbindlich etabliert werden können. Das ist doch eigentlich ziemlich wenig. Zumal die Regierung fast ein Jahr Zeit gehabt hätte, genau zu prüfen.

Kolleginnen und Kollegen, wir wissen aber auch, dass das Saarland im Ländervergleich bei der Ingenieurausbildung zurückliegt. Die IHK hat wiederholt darauf hingewiesen, dass es gerade in dem Bereich der Ingenieure, Techniker und IT-Spezialisten bereits einen Mangel an Fachkräften gibt. Auch das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Deswegen ist es völlig klar, dass die MINT-Ausbildung unbedingt gestärkt werden muss. Das ist vollkommen richtig. Einiges ist, wie gesagt, konkret, einiges wirkt wie unverbindliche Prüfaufträge. Da müssen Sie noch nachbessern. Wir werden trotzdem zustimmen.

Ich möchte noch einen Blick in diesen Gastbeitrag werfen, der einiges sehr gut auf den Punkt bringt. Dort heißt es, dass Informatik als Schulfach in vielen Bundesländern ein Mauerblümchendasein fristet. Bei uns wird es offensichtlich bald besser. Wir werden es sehen. Dann wird darauf eingegangen, woher die Informatiklehrkräfte kommen sollen. Auch das ist eine Frage, die wir uns ernsthaft stellen müssen. Hier sind die Länder und Universitäten gefordert, vermehrt Lehrstühle für die Lehramtsausbildung im Fach Informatik einzurichten. Einen Schritt in diese Richtung gehen Sie ja, deswegen wollte ich das auch erwähnen. Frauen und MINT, das Problem

haben Sie auch erwähnt, Frau Kollegin, das wird weiterhin so bleiben. Insofern gebe ich der Bildungsministerin in Rheinland-Pfalz recht, die vor ein paar Tagen wirklich gut gesagt hat, um Mädchen und Jungen - beide - für MINT-Fächer zu begeistern, brauche es eine passgenaue Ansprache. Ich glaube, in der heutigen Zeit ist das genau der Punkt. Noch immer sind die Frauen wie gesagt unterrepräsentiert. Das muss sich ändern. Da sind wir uns einig. Insofern geht Ihr Antrag in Teilen schon in die richtige Richtung. - Danke schön.

(Beifall von der LINKEN.)

Herr Abgeordneter Lutz Hecker hat das Wort für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Ich finde es ein bisschen schade, dass der Wissenschaftsminister bei dieser doch wichtigen Debatte nicht anwesend ist. Aber immerhin haben wir unsere neue Bildungsministerin da, die das Ganze ja auch weitgehend angeht.

Ich fange einmal mit dem letzten Punkt Ihrer Forderungen an die Landesregierung an, der da lautet, weitere Maßnahmen auf den Weg zu bringen, um mehr Mädchen und junge Frauen für die MINT-Fächer zu begeistern. Dazu möchte ich zitieren aus einer der letzten Sitzungen des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Technologie - mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident -, in der wir uns mit dem Thema beschäftigt haben. Dort hat ein Vertreter einer unserer großen Hochschulen gesagt, bei den naturwissenschaftlich und ingenieurwissenschaftlich ausgerichteten Fächern bestehe ein Überhang an Männern. - So weit keine Überraschung. Weiter heißt es, aber auch da sehe man keine wirklichen Veränderungen, es lägen seit 30 Jahren stabile Muster vor. - Ich will damit gar nicht sagen, dass man nicht versuchen sollte, mehr Mädchen und Frauen für die MINT-Fächern zu begeistern. Aber eine signifikante Änderung der Geschlechterverteilung erwarten wir dadurch nicht.

Völlig unstrittig ist, dass bei der Vielzahl der Studienangebote in Deutschland der dringend benötigte Bedarf an Absolventen in den MINT-Fächern nur noch unzureichend gedeckt wird und das Problem sich in der Zukunft verschärfen wird. Damit sind diese Fächer aber nicht allein. In vielen Bereichen gibt es sich tendenziell verschärfende Personalengpässe,

ob das im Handwerk ist, bei der Pflege, bei den Busfahrern, bei den Lehrern. Selbst bei der Polizei sinken die Bewerberzahlen massiv, wie wir wissen, um nur einige Beispiele anzuführen.

Nun nutzt es jedoch wenig, die einzelnen Bereiche gegeneinander auszuspielen. Wie ich an dieser Stelle bereits ausgeführt habe, ist es dringend erforderlich, dass ministerienübergreifend unter Einbeziehung weiterer Akteure zusammengearbeitet wird, um Bedarfe zu erfassen und gegebenenfalls auch zu gewichten, um daraus zielgerichtete Maßnahmen ableiten zu können. Natürlich wird der Bedarf an MINT-Absolventen in einer solchen Priorisierung immer weit oben stehen müssen, denn für die Sicherung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit unseres Standortes spielen diese Absolventen eine herausragende Rolle. Sie schreiben, in den Schulen sind MINT-Themen von der Grundschule an ein fester Bestandteil der Lehrpläne.

Nach wie vor - die Kollegin Spaniol hat es schon erwähnt - drücken Sie sich jedoch vor einer klaren Äußerung zur Forderung von Professor Backes nach einem Fach Computing ab der Grundschule. Ich habe diese Forderung für meine Fraktion von dieser Stelle bereits mehrfach unterstützt. Auch wenn der Informatikbereich innerhalb der MINT-Fächer verhältnismäßig gut ausgeprägt ist, gilt es doch gerade vor dem Hintergrund der Bestrebungen, diesen als Keimzelle der Entwicklung neuer Wirtschaftszweige zu fördern, auch diese Forderung eines seiner wichtigsten Exponenten mit den Möglichkeiten politischen Handelns in Umsetzung zu bringen.

Ich selbst bin vor vielen Jahren einmal in den Genuss von staatlicher Förderung gekommen, indem ich aufgrund der Wahl meines Studienfachs - das war damals Physik - nur einen verkürzten Grundwehrdienst leisten musste. Das hieß damals „volkswirtschaftlich wichtige Studienrichtung“. Das Fächerspektrum war durchaus vergleichbar mit dem, was wir heute als MINT bezeichnen. Genutzt hat diese staatliche Intervention jedoch nichts mehr, denn der betreffende Staat hat wenige Monate später aufgehört zu existieren. Nun verbietet es sich, Vergleiche zum immer noch auf der Basis einer sozialen Marktwirtschaft funktionierenden demokratischen Gemeinwesen zu ziehen. Als Warnung darf man ein solches historisches Geschehen hingegen durchaus verstehen.

Fazit. Die zielgerichtete Förderung von Maßnahmen zum Erhalt ausreichender Absolventenzahlen in den MINT-Fächern als Voraussetzung der Sicherung von Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit muss hohe Priorität genießen. Eine solche

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) )

Schwerpunktsetzung wird durch die AfD-Fraktion im Landtag begrüßt. Wir werden daher Ihrem Antrag zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall von der AfD-Fraktion.)

Für die SPD-Fraktion rufe ich Herrn Abgeordneten Jürgen Renner auf.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Spaniol, ich finde, man kann das nicht so einfach abtun. Ich glaube, man kann nicht oft genug über dieses Thema MINT-Förderung reden. Wir wissen alle, Strukturwandel wird heute nicht mehr bewältigt, Strukturwandel findet permanent statt. Es ist ein permanenter Prozess und es geht darum, dass sich unsere Kinder und Jugendlichen in der digitalen Welt zurechtfinden, dass sie einen souveränen Umgang finden und dass sie die Zukunftschancen, die damit verbunden sind, auch für sich nutzen können. Ich glaube, deshalb ist es jede Auseinandersetzung, auch hier im Plenum, wert.

Die Kollegin Schmitt-Lang hat vieles genannt, was auch im Antrag selbst erwähnt wird. Wir wollen damit einen Rahmen vorgeben, innerhalb dessen sich alle Beteiligen - nicht nur das Bildungsministerium, auch das Wissenschaftsministerium, andere Akteure - bewegen und innerhalb dessen wir dann auch zu Ergebnissen kommen müssen.

Im letzten Jahr, im Dezember, hat das „Zukunftsbündnis Fachkräfte“ ja einen Maßnahmenkatalog vorgelegt. Im Mittelpunkt steht immer die Frage, wie man präventiv einem Fachkräftemangel im MINTBereich entgegenwirken kann. Das ist eine wichtige Initiative, aber am besten kommt es natürlich erst gar nicht so weit, dass man sich diese Gedanken machen muss, sondern am besten nimmt man von Anfang an die ganze Bildungskette in den Blick Kindertagesstätten, Grundschulen, weiterführende Schulen, berufliche Schulen, Universität -, um die MINT-Ausbildung hier zu stärken.

Wir haben ja in den letzten Jahren viele Impulse gesetzt und Vorhaben auch in Gang gebracht, um Kinder qualifiziert beim Entdecken, Forschen und Lernen zu begleiten. Ich denke da an das „Haus der kleinen Forscher“, an das Bildungsprogramm für Kitas mit den entsprechenden Handreichungen. Wir haben in den Grundschulen kompetenzorientierte Lehrpläne im Sachunterricht mit MINT-Inhalten implementiert. Wir sind bei der informatischen Bildung in den Grundschulen gar nicht so weit weg, wie das

manchmal scheint, wenn ich etwa an den Einsatz von Calliope denke. Und in den weiterführenden Schulen bemühen wir uns, die zeitlichen Lücken zu schließen, in denen Schülerinnen und Schüler ohne MINT-Inhalte zurechtkommen, unterrichtet werden und so weiter und so fort. Da sind viele Dinge in Gang gesetzt worden.

Wir haben auch mit dem Landeskonzept Medienbildung genau diesen einen Aspekt in den Mittelpunkt gerückt, souveräner Umgang in der digitalen Welt, die Förderung von Mädchen und jungen Frauen im MINT-Bereich, Girls’ Day, UniCamp, Mädchen-Technikkompetenz, Mädchen-Technikaktionstage und so weiter und so fort. Wir stärken auch den Experimentalunterricht mit unserem Netzwerk an Schülerlaboren und Schülerforschungszentren, im Übrigen eines der dichtesten Netzwerke an entsprechenden Einrichtungen im südwestdeutschen Raum.