Protocol of the Session on September 18, 2019

(Ministerin Bachmann)

dann verliert er seinen Jagdschein. Wenn ein LkwFahrer mit seinem privaten Pkw in ähnlicher Weise auffällt, verliert er seinen Führerschein. Wenn ein Pilot so ertappt wird, verliert er seinen Pilotenschein. Das ist so geregelt, weil diese Leute mit gefährlichen Dingen umgehen und ihre Zuverlässigkeit nicht in Zweifel geraten darf.

Der Arzt, um den es hier geht, hat damals an einem sogenannten Interventionsprogramm für suchtkranke Ärzte teilgenommen. Dass die Reha-Klinik eine weitere Therapie für erforderlich hielt, wurde weder an die Ärztekammer noch an die Approbationsbehörde im Gesundheitsministerium gemeldet.

In allen drei Fällen hat das Meldewesen nicht funktioniert. In allen drei Fällen sind vorhandene Informationen entweder nicht weitergegeben oder nicht sachgerecht behandelt worden, was zu schwerwiegenden Konsequenzen geführt hat.

Der Ruf jetzt nach weiterer Kontrolle und Bürokratie ist natürlich leicht zu artikulieren. Wenn aber, wie hier zu sehen, vorhandene Regeln, Ordnungen und Gesetze nicht greifen, ist wohl doch zum Beispiel an eine unabhängige Meldestelle zu denken - an eine unabhängige Meldestelle! -, die auf vertrauliche oder anonyme Hinweise hin in Aktion treten kann. Denn oft, das kennt man, meine Damen und Herren, aus dem Leben ganz allgemein, wird der Überbringer der schlechten Nachricht attackiert, statt die gemeldeten Umstände selbst ins Visier zu nehmen. In jedem Fall sind das Gesundheitsministerium und die Staatskanzlei gefordert, eine effektive Kontrolle und Rechtsaufsicht über das saarländische Gesundheitswesen sicherzustellen. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit!

(Beifall von der AfD.)

Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat für die CDU-Landtagsfraktion Herr Abgeordneter Hermann Scharf.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das mutmaßliche Fehlverhalten eines Pflegers in der SHGKlinik in Völklingen, der mutmaßliche Missbrauch in der Kinder- und Jugendpsychiatrie im Universitätsklinikum Homburg und das mutmaßliche Fehlverhalten eines niedergelassenen Pathologen haben unser Land erschüttert. Es gilt, dieses Fehlverhalten aufzuklären und daraus auch die entsprechenden Lehren zu ziehen. Viele Player sind mit der Aufarbeitung be

schäftigt, in einem Fall haben wir einen Untersuchungsausschuss eingesetzt.

Der Antrag der AfD wirft das alles in einen Topf. Und Ihre Rede, Herr Müller, zeigt, dass Sie das System nicht verstanden haben.

(Beifall von den Regierungsfraktionen und bei der LINKEN.)

Wir unterscheiden im Aufsichtsbereich zwischen der Rechtsaufsicht und der Fachaufsicht.

(Ministerin Bachmann: Genau so ist es!)

Beim Besuch unseres Ausschusses vor wenigen Wochen im für Soziales und Versorgung zuständigen Landesamt ist gerade dieser Aspekt sehr ausführlich behandelt worden. Allerdings haben Sie, meine Herren von der AfD, als Einzige durch Abwesenheit geglänzt. Deshalb verwundert es auch nicht, dass Sie auch in diesem Zusammenhang erneut nur verunsichern wollen. Wir lehnen daher Ihren Antrag ab.

Eine Überlegung wäre es allerdings auch, die AfD in diesem Lande unter eine Rechts- oder Fachaufsicht stellen zu lassen. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Als weitere Rednerin rufe ich Frau Astrid Schramm für die DIE LINKE-Landtagsfraktion auf.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Antrag der AfD-Fraktion stellt ein Paradebeispiel für das Agieren dieser Partei dar. Da werden drei völlig unterschiedliche Fälle zusammengepackt, etwas Kritik am Staatsversagen oben draufgesetzt und dann wird dieses konstruierte Problem ohne eigene Lösungsansätze abgeschickt. Dies geschieht einzig mit dem Ziel, Emotionen zu schüren und das Bild von den „Unfähigen da oben“ weiterzuzeichnen. Aber meine Herren von der AfD, dies lassen wir Ihnen, gerade auch hinsichtlich der von Ihnen angedeuteten Skandale im Gesundheitsbereich, so nicht durchgehen!

Redlich ist es, diese Fälle und ihre jeweilige Entwicklung differenziert zu betrachten. Da gibt es zum einen die Fälle von Kindesmissbrauch an der Universitätsklinik, die uns alle schockiert haben. Dass es diesbezüglich eine Reihe von Ungereimtheiten, falschen Entscheidungen und auch eine mangelhafte Kontrolle gegeben hat, das ist offensichtlich. Ge

(Abg. Müller (AfD) )

rade deshalb haben wir ja auch einen Untersuchungsausschuss eingesetzt. Denn die Saarländerinnen und Saarländer, insbesondere die betroffenen Kinder und Eltern, haben ein Anrecht auf lückenlose Aufklärung. Es muss sichergestellt werden, dass künftig bei ersten Anzeichen von Missbrauch umgehend zum Schutz der Kinder gehandelt wird.

Im zweiten Fall, dem Fall des Pathologen aus dem Saarpfalz-Kreis, hat das Gesundheitsministerium allerdings direkt nach Kenntnisnahme der Vorwürfe reagiert und ihm umgehend die Approbation entzogen. Ein Versagen der Rechtsaufsicht ist hier, zumindest nach dem aktuellen Kenntnisstand, also überhaupt nicht festzustellen. Vielmehr muss die Ärztekammer hinterfragen, ob ihre Entscheidung, die ihr bekanntgewordene Suchterkrankung des Arztes nicht an die zuständige Approbationsbehörde zu melden, die richtige Entscheidung war. Wie ich gestern vernommen habe - man konnte das nachlesen -, wurden bei der Ärztekammer mittlerweile auch Konsequenzen gezogen, das Verfahren soll ab sofort geändert werden. Künftig sollen mindestens zwei Suchtmediziner beurteilen, ob die Suchterkrankung einer Kollegin oder eines Kollegen möglicherweise die Patientensicherheit gefährdet und deshalb die Approbationsbehörde eingeschaltet werden muss.

Der dritte Fall betrifft den unter mehrfachem Mordverdacht stehenden Ex-Krankenpfleger. Auch in diesem Fall sind noch einige offene Fragen zu klären, beispielsweise warum der Mann trotz laufender klinikinterner Ermittlungen und diverser an den Tag gelegter Verhaltensauffälligkeiten überhaupt so lange ungestört Zugang zu Patientinnen und Patienten hatte. Dies aufzuklären ist zum einen natürlich Aufgabe des ermittelnden Staatsanwalts, zum anderen tragen aber auch wir Verantwortung, diesen schrecklichen Fall genauestens zu überprüfen und Mittel und Wege zu suchen, das Begehen ähnlicher Verbrechen künftig zumindest zu erschweren.

Denn eines muss uns allen auch klar sein: Keine Rechts- und keine Fachaufsicht kann verhindern, dass solche Taten geschehen. Man kann nur Konsequenzen daraus ziehen und die Aufsichtspraxis permanent hinterfragen und gegebenenfalls nachjustieren. Daher ist auch der Satz in Ihrem Antrag, in jedem der drei Fälle hätte eine funktionierende Aufsicht erhebliche Schäden bis hin zu Todesfällen verhindern können, ebenso naiv wie falsch.

Zusammengefasst: Dieser Antrag ist allein schon deshalb abzulehnen, weil er darauf abzielt, etwas zu beschließen, das in einem Fall gar nicht passt und in den beiden anderen Fällen zu unverbindlich bleibt. Gerade wenn es um das Wohl und die Gesundheit

der Menschen geht, sollte man sensibler und gründlicher arbeiten. Des Weiteren ist der Antrag abzulehnen, weil er die traurigen Schicksale der Menschen instrumentalisiert, um ein Generalversagen der Rechtsaufsicht zu konstruieren und Ängste und Wut zu schüren. Nicht mit uns! Wir lehnen diesen Antrag ab.

(Beifall von der LINKEN.)

Für die SPD-Landtagsfraktion rufe ich die Abgeordnete Martina Holzner auf.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Gestern war der Internationale Tag der Patientensicherheit mit dem Schwerpunktthema „Sicherheitskultur auf allen Ebenen“. Ich finde, dieser Titel passt gut in die aktuelle Diskussion, denn die Vorfälle der vergangenen Wochen haben uns alle verunsichert und betroffen gemacht.

Wir alle kennen es, wenn ein Angehöriger unerwartet ins Krankenhaus muss: Das Umfeld ist ungewohnt, alle Beteiligten sind gestresst und sorgen sich sehr. Krankenhausaufenthalte sind immer Sondersituationen für die Patienten. Deshalb bedarf es einer besonderen Sicherheitskultur, die sich nicht darin erschöpft, die ganze Verantwortung an irgendeiner Stelle zu bündeln. Wir brauchen vielmehr das Hinschauen von allen - Patienten, Pflegern, Ärzten, Aufsichtsgremien. Dafür müssen wir überall dort, wo das erforderlich ist, Strukturen und Verfahren überprüfen und gegebenenfalls auch verändern.

Unser Gesundheitssystem ist hochkomplex, vielschichtig und arbeitsteilig angelegt. Dass der vorgelegte Antrag der AfD, der die schlimmen Vorfälle in saarländischen Kliniken, die in den zurückliegenden Monaten bekanntwurden, einzig als Ergebnis eines Mangels der Rechtsaufsicht ansieht, ist eine drastische Verkürzung des gesamten Sachverhalts. Herr Müller, lassen Sie mich das kurz erläutern: Gemäß Saarländischem Krankenhausgesetz unterliegen die Krankenhäuser der Rechtsaufsicht des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie als Krankenhausaufsichtsbehörde, wobei das Universitätsklinikum im Besonderen der rechtlichen Aufsicht der Staatskanzlei unterliegt. Diese Aufsicht erstreckt sich auf Beachtung sowie Einhaltung der für die Krankenhäuser geltenden Rechtsvorschriften. Diese Vorschriften weisen als gesetzliche Ziele gerade die Förderung der Entschluss- und Verantwortungsfreudigkeit der Krankenhäuser aus. Es geht hierbei also

(Abg. Schramm (DIE LINKE) )

ausschließlich um eine Kontrolle hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Aufgabenwahrnehmung, gerade aber nicht um eine tatsächliche Kontrolle des Personals oder eine Überprüfung einzelner Verhaltensweisen.

Wenn Sie, Herr Müller, in Ihrer Antragsbegründung hierzu anführen, dass in allen Fällen durch eine funktionierende Aufsicht erhebliche Schäden hätten verhindert werden können, ist dies nicht nur rechtlich falsch, sondern Sie instrumentalisieren diese furchtbaren Taten für Ihre eigenen politischen Zwecke. Das wird den Opfern nicht gerecht, da spielen wir als Koalitionsfraktionen nicht mit!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Natürlich bedarf es einer weitreichenden Aufklärung durch geeignete Maßnahmen, da die Vorkommnisse betroffen machen und es wichtig ist, ein sicher bei einigen Patienten und Bürgern gestörtes Vertrauensverhältnis zu Ärzten und Krankenhäusern wieder bestmöglich herzustellen. Ihr Ansatzpunkt, hierbei pauschal von Mängeln der Rechtsaufsicht zu sprechen und diese per se für die Vorkommnisse verantwortlich zu machen, ist dabei völlig verfehlt, da Sie die jeweiligen Zuständigkeiten und Kompetenzen komplett außer Acht lassen. Zudem existiert, wie Sie eben selbst festgestellt haben, zu den Missbrauchsfällen am UKS bereits ein Untersuchungsausschuss, welcher eben gänzlich aufklären soll, wo genau ein Fehlverhalten lag. Mit Ihrem Antrag nehmen Sie ein Untersuchungsergebnis vorweg, was meiner Meinung nach noch mal verdeutlicht, dass es Ihnen nicht um wirkliche Aufklärung im Sinne der Betroffenen geht.

Mit Blick auf die jeweiligen Vorfälle erscheint die Unterstellung von strukturellen Mängeln in der Rechtsaufsicht alleine schon nicht zielführend. So sieht § 15 Abs. 5 des Saarländischen Krankenhausgesetzes gar keine Meldepflicht bei einem begründeten Verdacht auf einen Verstoß gegen Berufspflichten bei Krankenpflegerinnen und -pflegern vor. Und im Fall des niedergelassenen Pathologen ist es ja gerade dem Hinweis einer Ärztin zu verdanken, dass dieser Fall nun näher untersucht wird. Dazu kommt noch, dass das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Familie gar keine Rechtsaufsicht über einen niedergelassenen Pathologen ausübt, Ihr Antrag bei diesem Fall also gänzlich ins Leere läuft. Vielmehr ist hier die Ärztekammer für die Überwachung der Berufsausübung zuständig, und es war auch die Ärztekammer, die diesen Montag Veränderungen in ihren Verfahren angekündigt hat.

Die Betroffenen und ihre Angehörigen haben es verdient, dass jeder Fall einzeln überprüft und nicht aus

politischen Gründen alles in einen Topf geworfen wird. Daher werden wir Ihren Antrag ablehnen. - Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der AfD-Landtagsfraktion Drucksache 16/992. Wer für die Annahme dieser Drucksache ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt haben die Mitglieder der AfD-Fraktion, abgelehnt haben die Mitglieder der Koalitionsfraktionen sowie die DIE LINKE-Landtagsfraktion.

Wir kommen zu Punkt 16 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der CDULandtagsfraktion und der SPD-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: MINTAusbildung stärken (Drucksache 16/998)

Zur Begründung des Antrages erteile ich Frau Abgeordneter Jutta Schmitt-Lang das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte kürzlich beim Aufräumen zu Hause mein Schulfreunde-Buch aus Grundschultagen in Händen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Jung (SPD). - Abg. Commerçon (SPD): Das ist bei ihr noch nicht so lange her wie bei dir. - Große Heiterkeit.)

Richtig. Ich bin umgezogen, falls Sie das beruhigt. Ich räume nicht ständig zu Hause auf. - Beim Durchblättern bin ich bei der Frage hängengeblieben „Was ich werden möchte, wenn ich groß bin.“ Bei den Mädels stand da ganz oft Tierärztin, Lehrerin, Kindergärtnerin, Prinzessin. Bei den Jungs oft Feuerwehrmann, Polizist, Baggerfahrer. Im Freunde-Buch meiner Tochter finden sich heute nahezu die gleichen Antworten wie damals bei mir. Warum antworten Kinder über viele Jahre hinweg so ähnlich auf diese Frage? Nun, Kinder nennen erst mal Berufsbilder, die sie kennen und unter denen sie sich etwas vorstellen können, die ihnen aus dem familiären Umfeld bekannt sind oder aus ihren Kinderbüchern, die sie irgendwie begeistern konnten. Und zumindest macht

(Abg. Holzner (SPD) )

diese zugegebenermaßen nicht ganz repräsentative Umfrage unter den Schulfreunden klar, dass auch traditionelle geschlechterspezifische Rollenbilder nach wie vor eine Bedeutung haben.

Natürlich sind diese Berufswünsche nur in sehr begrenztem Umfang exakt so verwirklicht worden, Prinzessin ist meines Wissens keine geworden, aber die Berufswahl bleibt auch später stark beeinflusst von Vorbildern im direkten Umfeld, von Schulfächern und Lehrern, die begeistert haben und denen es gelungen ist, diese Begeisterung durch Höhen und Tiefen der Schullaufbahn zu retten.