Protocol of the Session on September 18, 2019

Meine Damen und Herren, die Leistungen der sozialen Entschädigungen richten sich bislang nach dem Bundesversorgungsgesetz für Kriegsopfer. Ohne genauer in jene Thematik einzusteigen, kann man sich sicher vorstellen, dass diese Regelungen nicht mehr der heutigen Zeit entsprechen und durchaus überholt werden müssen. Sie bedürfen daher einer dringenden Neujustierung. Doch wovon genau rede ich? Durch die soziale Entschädigung werden Menschen

unterstützt, die durch ein schädigendes Ereignis eine Beeinträchtigung ihrer Gesundheit mit der Folge einer Gesundheitsstörung erlitten haben. Dabei werden diese drei ausschlaggebenden Voraussetzungen in einem kausalen Zusammenhang betrachtet.

Ich will es anhand eines Beispiels etwas verständlicher aufzeigen. Ein Messerstich in die Brust verursacht nicht nur eine Schädigung der äußerlichen Körperhülle, sondern auch der Lunge, die nicht folgenlos verheilt, sondern zu einer langfristig anhaltenden Funktionseinschränkung des Geschädigten führt. Dieses Beispiel zeigt nicht bloß den vorhin genannten Kausalzusammenhang auf, sondern stellt auch auf einen Aspekt ab, der in unserer heutigen Diskussion von wesentlicher Bedeutung ist, nämlich auf den Umstand der körperlichen Gewalt und den daraus resultierenden Folgen und Schädigungen für den Verletzten oder das Opfer.

Neben der körperlichen Gewalt ist auch die psychische Gewalt ein Umstand, der in unserer heutigen Gesellschaft - und hier muss ich wirklich sagen: leider - immer mehr an Bedeutung gewinnt. Die psychische Schädigung ist im bisherigen Entschädigungsrecht noch überhaupt nicht vom Gewaltbegriff umfasst gewesen. Dies hat zur Konsequenz, dass Opfer von Straftaten wie beispielsweise Stalking für die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der psychischen Gewalteinwirkung sowie den daraus resultierenden seelischen und geistigen Folgen keinen Ausgleich erhalten. Das ist ein Umstand, der mit den aktuellen Gegebenheiten der Gesellschaft nicht mehr vereinbar ist, und schon gar nicht entspricht dies unseren Werten und Vorstellungen von einem sozialen und kümmernden Rechtsstaat.

Gewaltopfer, völlig unerheblich ob von psychischer oder körperlicher Gewalt, müssen in unserem Staat die gesetzlichen Rahmenbedingungen vorfinden können, um den Ersatz von finanziellen, gesundheitlichen und seelischen Schäden beanspruchen zu können. Einen solchen Rechtsanspruch ist ein sozialer Rechtsstaat seinen Bürgerinnen und Bürgern nicht nur schuldig, nein, er ist geradezu dazu verpflichtet, Opfern von Gewalteinwirkung - gleich welcher Art - die benötigte Unterstützung zu gewähren.

Ein weiterer nicht beinhalteter Tatbestand war bisher die Tatbegehung mit einem Kraftfahrzeug. Dies wird nicht vom Sozialen Entschädigungsgesetz erfasst. Schon Vorkommnisse wie in Nizza 2016 und spätestens die Terrortat auf dem Breitscheidplatz in Berlin zeigten uns leider, dass es Täter gibt, die sich eines Fahrzeugs zur Ausführung ihrer kranken Ideologien und Vorstellungen bedienen und als Tatwerkzeug missbrauchen, um anderen Menschen größtmögli

(Abg. Schramm (DIE LINKE) )

chen Schaden zuzufügen. Aber auch erweiterte Suizide werden nicht selten mit einem Kraftfahrzeug begangen. Immer wieder gibt es Amokfahrten wie zum Beispiel in Münster oder absichtliche Geisterfahrer, die sich töten wollen und anderen, unbeteiligten Menschen dabei erheblichen Schaden bis hin zur Tötung zufügen.

Man mag darauf mit durchaus effizienten Sicherheitsmaßnahmen reagieren, aber immer verhindern wird man dies nicht können. Umso wichtiger ist es also, den Hinterbliebenen und Verletzten so die Möglichkeit einzuräumen, Schadensersatz für wirtschaftliche, gesundheitliche oder auch seelische Folgen zu beanspruchen, auch wenn seelische Narben davon natürlich nicht heilen. Das will ich an dieser Stelle auch nicht verharmlosen oder kleinreden.

Die Statistiken des Bundesministeriums für Soziales und Arbeit zeigen leider, dass das Soziale Entschädigungsrecht kein Nischenrecht für einige wenige ist. Die Zahlen sind leider schon etwas älter, aber so gab es im September 2013 über 170.000 Versorgungsberechtigte nach dem Bundesversorgungsgesetz und noch einmal über 20.000 nach dem Opferentschädigungsgesetz. Das sind Zahlen, die meiner Meinung nach deutlich zu hoch sind, dennoch sprechen sie eine klare Sprache.

Trotz dieser hohen Zahlen sind aber auch die Hürden immer noch zu hoch. Wir dürfen nicht verkennen, dass sich die Opfer von Straftaten in einem psychischen Ausnahmezustand befinden. Kein Außenstehender kann sich in ihre Lage hineinempfinden. Daher ist es umso wichtiger, dass Betroffene die Möglichkeit haben, Hilfe in Anspruch zu nehmen und die Antragstellung so einfach wie möglich am eigenen Wohnsitz vorzunehmen. Die Kollegin Dagmar Heib ist schon auf einige andere Punkte des Gesetzes eingegangen, aber ich glaube, das war jetzt etwas, das noch nicht ganz so klar herausgekommen ist. Dort soll auch eine größere Unterstützung stattfinden. Auch diese Änderungen und Hilfeleistungen werden den Geschädigten nach der Reform des Entschädigungsgesetzes nun zustehen. Es wird ihnen zustehen, um zusätzliche Strapazen zu vermeiden und weitere seelische Belastungen in ihrem sowieso bestehenden Ausnahmezustand zu verringern.

Es scheint vor dem Hintergrund der Diskussion körperlicher und seelischer Schäden zwar fast nichtig, ist aber dennoch etwas, was in diesem Zusammenhang erwähnt werden muss: Es ist auch wichtig, die Entschädigungsleistung an sich zu erhöhen, auch das wird durch die Reform des Entschädigungsgesetzes nun berücksichtigt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Gesetz soll erst im Jahr 2024 in Kraft treten, um so den Verwaltungen ausreichend Zeit einzuräumen, sich auf die wichtigen und weitreichenden Änderungen einzustellen. Allerdings wird die Reform zumindest teilweise rückwirkend ab 2018 wirken, sodass zwischenzeitlich Betroffene ihre Ansprüche zwar spät, aber dennoch erheben können, die ihnen auch zustehen werden. Meiner Meinung nach ist das ein sehr wichtiger Schritt in diesem gesamten Verfahren.

Im Wesentlichen hat der Bundesgesetzgeber dann im Sozialen Entschädigungsrecht die Anspruchsgrundlagen geschaffen, nach denen der Staat gegenüber dem Bürger für gesundheitliche, wirtschaftliche und seelische Schäden infolge einer Gewalttat aufkommt. Das dann vorliegende Soziale Entschädigungsrecht resultiert somit aus unserem in der Verfassung verankerten Sozialstaatsprinzip und trägt zu einer näher an den Bürgerinnen und Bürgern ausgerichteten und zeitgemäßen Rechtsordnung bei. Daher bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. Vielen Dank!

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Für die AfD-Landtagsfraktion rufe ich auf den Abgeordneten Rudolf Müller.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Diskussion, wie sie bisher verlaufen ist, und andererseits in der schriftlichen Begründung finde ich einen gewissen Widerspruch oder zumindest eine Unklarheit. Soweit es um körperliche Gewalt geht, gibt es Entschädigung, das ist ganz klar. Wenn es jetzt weiter um psychische Gewalt geht, dann ist in Ihrem Antrag keine Rede davon, dass es psychische Gewalt ist aufgrund von vorangegangener körperlicher Gewalt. Das habe ich hier nicht entdeckt. Das habe ich ein wenig bei Frau Heib herausgehört. Wenn das der Fall ist, dann kann man hier weitgehend zustimmen. Wenn es allerdings nur um diesen relativ neuen Begriff „psychische Gewalt“ geht, dann ist da noch ein großer Diskussionsbedarf gegeben.

Psychische Gewalt ist, wenn man so will, etwas, was es schon immer gegeben hat. Die Sache ist in diesem Fall auch juristisch abgedeckt, also Bedrohung, Erpressung, Nachstellung, Beleidigung, üble Nachrede. Das sind alles Dinge, die juristisch geregelt und juristisch abgedeckt sind. Ich habe das einmal nachgeschaut: § 241 StGB - Bedrohung -, § 253

(Abg. Zimmer (SPD) )

StGB - Erpressung -, § 238 StGB - Nachstellung, neudeutsch Stalking -, § 185 StGB - Beleidigung -, § 186 StGB - üble Nachrede. Diese Dinge sind also alle geregelt und können bei nennenswerten Vorfällen dieser Art gerichtlich verfolgt werden. Allerdings ist hier in der schriftlichen Begründung nur davon die Rede, jedenfalls ist nicht die Rede von vorausgegangener körperlicher Gewalt, wie beispielsweise bei durch irgendwelche Gewalttaten entstandenen Traumata. Für die soll es natürlich durchaus eine Entschädigung geben, wenn es da wirklich festgestellte seelische Schäden gibt. Das ist allerdings, wie gesagt, einfach unklar. Wenn es nur darum geht, reine Folgen von Bedrohung, Erpressung, Beleidigung und so weiter anschließend auf Kosten der Allgemeinheit zu bezahlen, sehen wir das schon etwas kritisch. Wenn die Rede von umfassender psychischer Betreuung ist, denkt man doch gleich an ein Beschäftigungsprogramm für Psychologen und ähnliche Seelenhelfer. Wenn es das ist, bin ich eher sehr skeptisch.

Am Schluss Ihres Antrages heißt es, dass der Gesetzgebungsprozess konstruktiv begleitet werden soll. Wenn das bedeutet, dass der Prozess mit Vernunft begleitet wird, dann gerne. Wir von der AfD möchten uns das zuerst einmal ankucken, wie konstruktiv und mit wie viel Vernunft da w a s begleitet wird. Wir werden uns deshalb enthalten. - Ich danke Ihnen.

(Beifall von der AfD-Fraktion.)

Für die Landesregierung rufe ich Frau Monika Bachmann auf.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Man muss natürlich erwähnen, dass wir nicht erst seit gestern, sondern seit vielen Jahren bundesweit unterwegs sind, um über die Novellierung des Sozialen Entschädigungsrechts zu diskutieren. Ich bin auch froh und dankbar, dass Gerhard Müllenbach, der Vorsitzende des Weißen Ringes Saar, da ist. Die Probleme bleiben nicht vor den Grenzen des Saarlandes stehen, wir müssen ernsthaft darüber diskutieren und in diese Diskussion müssen sich auch die anderen Länder und die einzelnen Organisationen wie der Weiße Ring mit einbringen. Ende 2018 gab es den ersten Referentenentwurf.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, seit wenigen Wochen ist der Kabinettsentwurf des sogenannten SGB

XIV durch die Bundesregierung beschlossen. Dieser Entwurf beinhaltet eine Vielzahl von diskussionswürdigen Punkten. Der Kabinettsentwurf hat das bisherige System des Sozialen Entschädigungsrechts weiterentwickelt und unserer Meinung nach auch zukunftsfähig gemacht. Warum sage ich „zukunftsfähig“? Das Recht wurde an die geänderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und neuen Regelungen angepasst. Ich will gar nicht verschweigen, dass es sicherlich auch Punkte gibt, bei denen nicht nur wir als saarländisches Sozialministerium, sondern auch die Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bundesländern Verbesserungsbedarf sehen, aber insgesamt betrachtet ist das SGB XIV doch ein Meilenstein in der Entwicklung des Sozialen Entschädigungsrechts und wird von uns natürlich auch befürwortet.

Dass die Heilbehandlung für Angehörige mit entsprechenden Härtefallregelungen weiterhin im Sozialen Entschädigungsrecht verankert ist, unterstützen wir selbstverständlich. Die Abgeordnete Frau Dagmar Heib hat das eben in der Gänze auch dargestellt. Erwähnenswert ist auch, dass der sogenannte Berufsschadensausgleich beibehalten wird. Auch Partner in nicht ehelichen Lebensgemeinschaften können nun Leistungen wie schnelle Hilfen, Trauma-Ambulanzen sowie besondere psychotherapeutische Leistungen in Anspruch nehmen. Und das, Herr Müllenbach, ist genau der Bereich, in dem wir ganz eng mit dem Weißen Ring zusammenarbeiten, um im Saarland in diesen Fällen auch wirklich zeitnah Hilfe für Männer, Frauen und Jugendliche anzubieten, damit sie einen Platz bekommen, damit ihnen geholfen werden kann und sie nicht monatelang warten müssen.

Teilhabeleistungen sollen grundsätzlich ohne die Anrechnung von Einkommen und Vermögen gewährt werden. Diese Stärkung der Teilhabe auf allen Gebieten - zum Beispiel im Arbeitsleben und auch soziale Teilhabe in der Bildung - ist ein wesentlicher Baustein für eine wirklich gute Zukunft der geschädigten Menschen. Durch die neue Auslegung des Gewaltbegriffs - Dagmar Heib hat eben dargestellt, dass der Gewaltbegriff nun auch psychische Gewalt umfassen soll - und durch die Neuregelung der Anerkennungsvoraussetzung und der anspruchsbegründeten Kausalität wurde der Kreis der Berechtigten nicht unerheblich erweitert. Das ist gut so. In allen Bereichen, in denen wir mit diesen Menschen zusammen sind, sagen die Menschen, die psychische Gewalt erleiden: Bei mir sieht man es nicht, man sieht keine blauen Flecken, man sieht auch nicht irgendetwas anderes am Körper, aber ich bin

(Abg. Müller (AfD) )

psychisch sehr angegriffen. - Es ist gut, dass das nun geregelt ist.

Insbesondere Opfer von sexueller Gewalt, aber auch Kinder, die erheblich vernachlässigt wurden, sollen künftig einen Anspruch auf Leistungen nach dem Sozialen Entschädigungsrecht haben. Hierdurch wird ein großer Teil der Opfer von körperlicher und psychischer Gewalt in den Kreis der Anspruchsberechtigten aufgenommen, die bisher keine oder nur einen Teil der Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz erhalten konnten. Ich gehe davon aus, Herr Lafontaine wird dem mit Sicherheit auch so zustimmen, wenn er mir denn zugehört hat. Die verschiedenen monatlichen Entschädigungszahlungen wurden einerseits wesentlich zusammengefasst, aber andererseits auch erhöht. So betragen diese Zahlungen zwischen 400 Euro und circa 2.400 Euro bei einem Grad der Schädigungsfolgen von 100 Prozent, also bei schwersten Schädigungsfolgen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, hinsichtlich der Hinterbliebenenversorgung wird es auch keine Verschlechterung geben. Das ist wichtig. Hinterbliebene Ehepartner und -partnerinnen oder Hinterbliebene aus einer eheähnlichen Gemeinschaft erhalten monatlich zwischen 500 und 1.055 Euro, wobei es für minderjährige im Haushalt lebende Kinder jeweils einen Zuschlag von 50 Euro geben soll. Auch die Pflege des Verstorbenen wird, wenn sie länger als 10 Jahre geleistet worden ist, mit einem Aufschlag von 20 Euro pro zusätzlichem Jahr berücksichtigt. Das betrifft insbesondere Witwen und Witwer, die ihren Ehepartner über viele Jahre gepflegt haben und dadurch eventuell nicht berufstätig waren. Von ihnen gibt es sehr viele. Es kommt zu einer wesentlichen finanziellen Unterstützung und Anerkennung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das SGB XIV sieht auch die Möglichkeit einer Abfindung vor, die für einen Zeitraum von fünf Jahren ausgezahlt werden kann. Das Selbstbestimmungsrecht der Opfer von Gewalt wird hierdurch stärker berücksichtigt, da der Einzelne einen großen Handlungsspielraum haben wird. Das neu einzuführende Fallmanagement wird die Situation der Betroffenen wesentlich verbessern. Insbesondere in schwerwiegenden Fällen wird ein besonders qualifizierter Mitarbeiter der Sozialen Entschädigungsbehörde den Betroffenen beim Antrags- und Leistungsverfahren unterstützen, über diese Verfahren informieren und auf diesem Weg begleiten.

Die Aufsplitterung der Leistungen auf die Kranken-, Pflege- und Unfallkassen und natürlich die Soziale Entschädigungsbehörde erscheint weder für den Bürger noch für die Verwaltung sinnvoll. Zu viele An

sprechpartner werden das Verfahren natürlich nicht vereinfachen. Unfallkassen sollten gemäß dem Leitspruch „Versorgung aus einer Hand“ auch für die Heilbehandlung und Pflege zuständig sein. Diese Länderforderung wird vom Bund aber weiterhin kritisch gesehen. Da sind wir mit unserer Argumentation noch lange nicht am Ende.

Die gesetzliche Normierung der Trauma-Ambulanzen sehen wir positiv. Seit 2012 haben wir im Saarland bereits Trauma-Ambulanzen für Erwachsene, seit einigen Monaten haben wir auch eine TraumaAmbulanz für Kinder und Jugendliche. Mit diesem Netzwerk aus Trauma-Ambulanzen können wir den Gewaltopfern und deren Angehörigen eine schnelle psychotherapeutische Hilfe - zum Beispiel 15 Sitzungen - garantieren, um psychische Gesundheitsstörungen und deren Chronifizierung zu verhindern. Deshalb war es gut, dass wir Verträge mit diesen Kliniken abgeschlossen haben. Ich schaue den Vorsitzenden vom Weißen Ring an, mit dem wir schnelle Hilfe leisten können, zu dem wir die Menschen sofort in Behandlung geben können. Die im SGB XIV vorgesehenen Vorgaben bezüglich der Vereinbarungen mit den Trägern der Trauma-Ambulanzen, bei denen es sich um eine Bundesverordnung handelt, sollen unserer Meinung nach den Bundesländern den notwendigen Spielraum geben, vor Ort adäquate Vereinbarungen mit den Anbietern abzuschließen. Das sollte nicht erschwert werden, indem in die Verwaltungshoheit der Länder eingegriffen wird. Auch das will ich hier erwähnen.

Bereits rückwirkend zum 01. Juli 2018 werden die Waisenrenten für Berechtigte sowie die Erstattungskosten erhöht, die Übernahme von Überführungskosten verbessert sowie inländische und ausländische Opfer einer Gewalttat gleichbehandelt. Die Kosten hierfür trägt im Wesentlichen der Bund. Die weiteren Bestandteile treten zum 01. Januar 2014 in Kraft. Als Landesregierung unterstützen wir die Änderung des Sozialen Entschädigungsrechts und befürworten den Kabinettsentwurf des SGB XIV. Es berücksichtigt lang gehegte Forderungen der Bundesländer und der Verbände, wenngleich noch einige Punkte aus meiner bescheidenen Sicht und aus der Sicht derer, die mit uns arbeiten, geändert werden müssten oder sollten. Hierzu wurden seitens der Länder bereits einige Änderungsvorschläge gemacht, die in Bundesratsverfahren eingebracht worden sind. Unabhängig davon stellt das SGB XIV in Gänze eine durchdachte Lösung dar, die das bisherige Recht und die notwendigen Änderungen in einen guten Ausgleich zueinander bringt. - Ich danke Ihnen bei diesem Thema sehr für Ihre Aufmerksamkeit.

(Ministerin Bachmann)

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich danke der Frau Ministerin. Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Koalitionsfraktionen Drucksache 16/994 ‑ neu. Wer für die Annahme der Drucksache16/994 ‑ neu ‑ ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache16/994 ‑ neu ‑ mit Stimmenmehrheit angenommen ist. Zugestimmt haben die Koalitionsfraktionen, abgelehnt hat die Landtagsfraktion DIE LINKE, enthalten hat sich die AfD-Landtagsfraktion.

Wir kommen zu Punkt 15 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der AfDLandtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Rechtsaufsicht im Gesundheitswesen sicherstellen (Drucksache 16/992)

Zur Begründung des Antrages erteile ich Herrn Abgeordneten Rudolf Müller das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In den vergangenen drei Monaten wurde das Saarland, insbesondere das Gesundheitswesen im Saarland von drei Skandalen erschüttert. Das Ansehen vieler in der Medizin für uns Tätigen wurde in Mitleidenschaft gezogen. In diese Kerbe möchte ich auf keinen Fall hauen, denn 99 Prozent oder fast 100 Prozent der Mediziner, Ärzte, Pfleger, Krankenschwestern und aller anderen machen eine verantwortungsvolle, seriöse, hochangesehene und für uns alle wichtige Arbeit. So mancher von uns wäre ohne ihre Leistung überhaupt nicht mehr da.

Dennoch sind sie natürlich auch nur Menschen. Es kann Ausfälle geben, es kann Fehler geben, es kann auch Kriminalität geben. Dafür wiederum muss es Vorkehrungen geben, damit möglichst kein Schaden entsteht, beziehungsweise damit entstehender Schaden schnellstmöglich abgestellt wird. Solche Vorkehrungen gibt es auch, aber sie haben in drei wesentlichen, wichtigen Fällen offenbar versagt.

Im ersten Fall hat ein offenbar pädophil veranlagter Arzt während und außerhalb seiner Tätigkeit als Arzt eine größere Anzahl von Kindern - im Dutzendbereich - missbraucht. Der Vorgang beziehungsweise die Vorgänge liegen mehrere Jahre zurück und wurden nur durch Zufall überhaupt bekannt. In einer

fünfstündigen Sondersitzung des Sozial- und Gesundheitsausschusses wurde eine solche Menge an Hinweisen und Fehlentscheidungen bekannt, dass man sich wirklich nur wundern kann. Dabei liegen die Fehler nicht nur im Bereich des Universitätsklinikums des Saarlandes, sondern auch im Bereich staatlicher Organe, die mit dem Fall befasst waren. Es ist ein Fall, der trotz seiner Dimensionen - wie gesagt - nur zufällig überhaupt bekannt wurde und mit dem sich jetzt ein eigens geschaffener Untersuchungsausschuss des Landtages zu beschäftigen hat.

Im zweiten Fall, der ebenfalls jahrelang zurückliegt, über drei Jahre, und der auch erst jetzt bekannt wurde, wird gegen einen Pfleger der Intensivstation der Völklinger SHG-Klinik wegen fünffachen Mordes und zweifachen Mordversuchs ermittelt. Auch hier gab es Hinweise aus dem beruflichen Umfeld des Pflegers. Demnach gab es eine unerklärliche Häufung von Fällen der plötzlich notwendigen Reanimation bei eigentlich eher stabilen Patienten. Es waren solche, bei denen der verdächtige Pfleger vorher allein im Raum war. Auffälligkeiten wurden der Stationsleitung gemeldet, diese meldete es weiter an ihre Vorgesetzten und ein später in Auftrag gegebenes Gutachten - noch ist unklar, mit welchen Vorgaben kam zu keinem Ergebnis beziehungsweise zu keinem weiteren Verdacht. Wegen - wie es heißt - illoyalem Verhalten wurde diesem Pfleger dann gekündigt. Meine Damen und Herren, Pfleger ist bekanntlich ein absoluter Mangelberuf. Wenn da einem gekündigt wird, muss es schon einigermaßen schwerwiegende Gründe gegeben haben. Trotzdem erhielt dieser junge Mann ein befriedigendes Zeugnis und konnte erst mal in seinem Beruf weitermachen, ohne dass der neue Arbeitgeber über Auffälligkeiten unterrichtet wurde. Eine Gemengelage aus Arbeitsrecht, Datenschutz, hoher Belastung, Fachkräftemangel und krimineller Energie hat sich im Endeffekt gegen Patientenschutz und Patientensicherheit ausgewirkt - so ist es zurzeit zu vermuten.

Im dritten Fall hat ein niedergelassener Facharzt für Pathologie und Rechtsmedizin massenhaft Fehldiagnosen gestellt und damit nachgewiesenermaßen unnötige Operationen veranlasst. Zu vermuten ist, dass gleichzeitig notwendige Operationen wegen Fehldiagnosen unterblieben sind. Dieser Facharzt war seit Jahren polizei- und justizbekannt. 2014 hatte er unter Medikamenteneinfluss einen Unfall verursacht, war zu einer Geldstrafe und acht Monaten Führerscheinentzug verurteilt worden.

Meine Damen und Herren, wenn zum Beispiel ein Jäger im Straßenverkehr mit Drogen-, Medikamenten- oder Alkoholeinfluss erwischt wird und auffällt,

(Ministerin Bachmann)