Protocol of the Session on May 24, 2017

Ich denke, das muss auch unser Anspruch für die kommenden fünf Jahre sein. Ich will dabei den Blick auf Akteure, auch außerhalb der Regierung, und Regierungshandeln nicht verschließen. Den schwierigen Weg der Konsolidierung auch mit Blick auf den Personalbestand des Landes verantwortungsvoll zu gehen, wäre ohne das Mitwirken und den Diskussionsprozess der Gewerkschaften nicht möglich gewesen. Höchstwahrscheinlich hätte dieser Weg nie so erfolgreich beschritten werden können ohne einen unserer Kollegen, Eugen Roth, in seiner besonderen Verantwortung für dieses Land insgesamt auf der einen Seite und seine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Besonderen auf der anderen Seite.

Wahrscheinlich würde dieses Land heute auch weit weniger günstig dastehen, hätte es nicht geradezu eine Neubesinnung auf seinen Kern, auf alte Werte, die saarländische Industrie, gegeben. Nach Jahren des Industrie-Bashings, insbesondere der sogenannten Old Economy, hatte die wirtschaftspolitische Neujustierung unter Anke Rehlinger mit Beginn vor fünf Jahren die heutige Situation der Zukunftsfähigkeit ermöglicht, und zwar mit einer Fokussierung auf dem, was das Saarland ausmacht: Arbeitsplätze in der Industrie, zweifelsfrei auch im Handwerk und im Mittelstand, mit Produkten vom Focus bis hin zu Teilen für die Ariane. Akteure innerhalb und außerhalb der Regierung haben diesen Weg beeinflusst und somit die Basis für die heutige Ausgangslage, die keine schlechte ist, gelegt, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Das Saarland ist ein attraktives Land. Ich hoffe, zumindest darin sind sich alle hier in diesem Hause einig. Es ist ein Land, in dem die Menschen gerne leben. Gerade weil wir das kleinste Bundesland sind, das dazu noch im Zentrum Europas mit verschiedenen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Identitä

(Abg. Dörr (AfD) )

ten liegt, müssen wir auch in Zukunft verantwortungsvoll handeln, dabei nicht nur kurzfristige Entscheidungen, sondern auch mittel- und langfristige Konsequenzen in den Blick nehmen. In unserem Bundesland ist die Heimatverbundenheit, die Identifizierung mit der Heimat ausgesprochen hoch. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten von uns, dass diese Heimat erhalten bleibt, dass das Saarland eigenständig bleibt. Vor allem erwarten die Menschen, die hier leben, eine langfristige Perspektive, sei es in Sachen Bildungschancen, im Erwerbsleben, im Ehrenamt oder im Vereinsleben, in der Jugend oder im Alter. In der Gesellschaft, wie wir sie uns vorstellen, muss jede, muss jeder die gleichen Chancen auf Teilhabe und Mitbestimmung haben. Auch das muss unser Anspruch bleiben.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Aus diesem Grund ist die SPD in die Regierungsverantwortung gegangen. Aus diesem Grund gibt es wieder die Große Koalition in diesem Land. Wir wollen und werden unseren Beitrag dazu leisten, dass Probleme in unserem Land gelöst werden, dass das Saarland zukunftssicherer wird und seine Eigenständigkeit erhalten bleibt. Den Koalitionsvertrag für die nächsten fünf Jahre haben wir unter den Leitspruch gestellt: „Für die Zukunft unseres Landes. Solide wirtschaften - mutig gestalten - mehr investieren.“ Wir zeigen damit, dass wir unsere politische Linie des Sanierens bei gleichzeitigem Investieren und Gestalten fortsetzen werden, damit die Menschen im Saarland auch weiterhin ein gutes Leben haben. Wir wollen, dass das Land vorankommt, dass die Versprechen, die wir vor der Wahl gegeben haben, auch umgesetzt werden. Wir wollen aber auch, dass die Schulden, die unser Land bedrücken, endlich abgebaut werden. Dazu müssen Lösungen gefunden werden, damit die Schulden auch wirklich abgebaut werden können. Ich finde, der Weg zur Haushaltskonsolidierung, zu zeigen, wozu dieses kleine Land fähig ist, war der Grundstein für weitere Verhandlungen um die Zukunft dieses Landes mit Blick auf die Schulden.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Da liegt zugegebenermaßen noch ein hartes Stück Arbeit vor uns. Wir müssen uns daranmachen. Wir besprechen nicht alles, was wünschenswert ist, sondern nur das, was sinnvoll und machbar ist. Ich füge hinzu: Wir wollen von dem, was wir versprechen, auch alles umsetzen. Der Koalitionsvertrag trägt daher auch in Kernen sozialdemokratische wie christdemokratische Handschrift. Er ist ein Kompromiss.

Bereits in der letzten Legislaturperiode ist es der Landesregierung gelungen, die Nettokreditaufnahme im Zeitraum 2012 bis 2017 um 78 Prozent zu reduzieren. In der neuen Legislaturperiode nutzen wir die Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen

und starten ein Jahrzehnt der Investitionen; darauf wurde bereits hingewiesen. Wir investieren vor allem in Bildung, Infrastruktur und Verkehr. Aber an allererster Stelle investieren wir bei allen diesen Themen doch in eines: in die Köpfe der Menschen, in die Köpfe der Saarländerinnen und Saarländer. Und das ist Zukunftsinvestition im wahrsten Sinne des Wortes.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen Arbeit schaffen. Das Saarland ist geprägt von seiner Industrie. Die Industrieunternehmen in unserem Land sind der Motor unserer Wirtschaft und weltweit bekannt für die hohe Qualität ihrer Produkte. Damit das im internationalen Vergleich auch so bleiben kann, setzen wir uns für die Arbeitsplätze in den Industrieunternehmen ein, und das gerade vor dem Hintergrund der Entwicklungen in der Stahlbranche.

SPD und CDU konnten sich darauf einigen, dass der Stellenabbau auch im öffentlichen Dienst nun verringert werden kann und bei der Polizei gar gestoppt wird. Der saarländische Mindestlohn findet schon lange Anwendung. Seit 2013 haben wir im Saarland eines der wirksamsten Tariftreuegesetze, mit dem wir Lohndrückerei und Wettbewerbsverzerrungen den Kampf angesagt haben. Ganz wichtig: Dabei werden durch dieses Gesetz die Guten belohnt und die Bösen bestraft. Unternehmen, die von der Vergabe ausgeschlossen wurden, werden in einem Register geführt. Das erleichtert es, dass bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen die gesetzestreuen Unternehmen erst den Zuschlag bekommen. Wir ziehen Schranken für den ungebremsten Wettbewerbskannibalismus ein, der immer und zu allererst zu Lasten der Beschäftigten geht. Das war vor fünf Jahren ein Anspruch dieser Koalition und das bleibt er auch in dieser Legislatur.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Zu ASaar ist schon einiges gesagt worden. Ich will noch einmal einen Punkt nennen. 15 Millionen neu in das Programm zu geben ist mit Blick auf die geringen Haushaltsspielräume, die dieses Land nach wie vor hat, ein riesiges Pfund. Dass das noch einmal zustande gekommen ist, ist auch den Verhandlungen der beiden Koalitionäre zu verdanken. Es kommt Langzeitarbeitslosen zugute, die dann wieder eine Perspektive auf Beschäftigung haben, eine Perspektive auf selbstbestimmtes Leben, eine Perspektive, in diesem Land Zukunft zu gestalten.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Der Begriff Gute Arbeit kreuzt im Alltag häufig unseren Weg und er findet sich auch im Papier des Koalitionsvertrages. Das bedeutet aber nicht, dass wir damit bereits unser Ziel erreicht hätten. Gute Arbeit ist viel mehr als nur eine Floskel, sie ist für die SPD

(Abg. Pauluhn (SPD) )

ein Leitbild in unserer Arbeitswelt. Menschliche Arbeitsbedingungen in unserer schnelllebigen Welt, Jobs, die nicht zur Belastung werden, und ein guter Ausgleich zwischen Freizeit und Beruf, das ist es, was uns dabei auch am Herzen liegt. Im Koalitionsvertrag haben wir daher den Blick auf Arbeit in einer zentralen Säule der Gesellschaft festgeschrieben, in der Pflege. Dieser Berufszweig hat einen unschätzbaren Wert für unsere Gesellschaft. Alleine schon darum dürfen die Beschäftigten bei der Betrachtung von Guter Arbeit nicht im Regen stehen bleiben. Wir müssen gemeinsam diesen Wert der Arbeit in der Pflege, in einem Bereich höchst sensibler und belastender Arbeit mit Menschen für Menschen wieder erlernbar und gerade für die Beschäftigten wieder erfahrbar, wieder spürbar machen. Ich halte das für eine zentrale Aufgabe von Politik, auch der im Saarland.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Aber auch in anderen Bereichen sollen neue Perspektiven neue Horizonte öffnen. Gerade um die Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Ausbildung zu stärken, wollen wir neue Anreize schaffen. Das tun wir mit dem Meisterbonus. Auch dies ist etwas Neues im Land, das einen Impuls gibt für Menschen, die aus dem Handwerk kommen und sich weiterbilden wollen, aber auch einen Impuls für das Handwerk insgesamt, ein, wie ich finde, herausragender Punkt in diesem Koalitionsvertrag.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

„Wir schaffen Sicherheit“ - in diesen Tagen ein immer wieder zitierter Satz. Deshalb muss sich Politik auch über die Grenzen dieses Landes hinaus, in Deutschland, in Europa insgesamt, permanent Gedanken machen, wie wir unseren Sicherheitsapparat - die Behörden, die Polizei - weiterentwickeln, ohne dabei das Gleichgewicht von persönlicher Einschränkung für das Individuum und den Sicherheitsaspekt für unsere Gesellschaft ganz aus dem Auge zu verlieren.

Aber ich glaube, in einem Punkt ist dieses Haus sich einig: Der Personalabbau bei der Polizei muss gestoppt werden. Das können wir nun tun mit dem Haushalt 2018, wenn auch erst mit Wirksamkeit im Jahre 2021, weil junge Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte drei Jahre ausgebildet werden müssen; man kann nicht wie in anderen Bereichen auf dem Markt draußen einkaufen. Aber mit der Entscheidung heute, im nächsten Haushalt so viele einzustellen, wie dann 2021 in den Ruhestand gehen werden oder vielleicht auch das Instrument der Elternteilzeit verstärkt nutzen werden - wodurch sich die Situation verschärfen wird, weil sie halt nicht da sind -, geben wir das Signal: Schluss mit dem Personalabbau bei der Polizei. Wir stehen zur Polizeipräsenz in der Fläche. Wir wollen in jeder saarländi

schen Kommune einen Polizeistandort erhalten. Und dies, meine sehr geehrten Damen und Herren, mit echten Polizistinnen und Polizisten, mit echter Polizei.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wir schaffen Bildungschancen. Der Weg in die Beitragsfreiheit bei Krippen und Kitas ist geebnet, der Anfang wird gemacht. Ein erster wichtiger Schritt zur Schaffung gleicher Bildungschancen und besserer Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist der Einstieg in die Beitragsfreiheit bei den Krippen und Kitas. Bis zum Jahr 2021 werden wir dazu die Elternbeiträge um rund 25 Prozent, also um ein Viertel, reduzieren. Wir haben dann den Einstieg in die Beitragsfreiheit geschafft. Das war das Versprechen. Wir hoffen nun auch auf die Bundespolitik, dass in absehbarer Zeit, nach der Bundestagswahl, noch ein weiterer Schritt hinzukommen kann. Der wird dann nicht mit dem saarländischen Programm „verrechnet“, sondern der käme dazu. Wir stehen zu unserem Verbrechen - Entschuldigung, zu unserem Versprechen.

(Sprechen und vereinzelt Heiterkeit.)

Der Anfang ist gemacht, Eltern werden zukünftig von hohen Elternbeiträgen für Kitas und Krippen spürbar entlastet.

(Beifall bei den Regierungsparteien. - Zurufe und Heiterkeit.)

Ja, das war ein Freudscher Versprecher. - Es wird auch in Zukunft die Förderung des Ausbaus der Krippen- und Kitaplätze geben. Wir haben in der letzten Legislatur schon vieles erreicht, in vier Jahren schon tausend zusätzliche Plätze. Das war eine enorme Kraftanstrengung, aber damit darf nicht Schluss sein. Es gibt weitere Anforderungen, auch weil mehr Kinder da sind, Gott sei Dank, aber nicht nur deshalb. Eine gute Betreuungslandschaft macht unser Bundesland für junge Familien attraktiver. Qualitativ hochwertige Betreuungsangebote sind hierfür Voraussetzung. Wir schaffen sie weiter, denn sie bedeuten Sicherheit für junge Familien und sie sind ein wichtiger Beitrag zur Chancengleichheit für Kinder. Ich glaube, in diesen Bereich kann man nicht genug investieren.

Meine Damen und Herren, unsere Schullandschaft bleibt klar gegliedert. Wir stehen zum zweigliedrigen Schulsystem. Es steht auch im Koalitionsvertrag, dass wir uns die Rahmenbedingungen von G8 noch einmal genau ansehen und sie noch einmal genau untersuchen werden, weil bei einer übergroßen Zahl von Eltern sowie Schülerinnen und Schülern die Webfehler bei der Einführung von G8 immer noch nicht überwunden sind. Das ist nach wie vor ein Thema. Deshalb wollen wir uns dem auch stellen.

Werte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben in den letzten fünf

(Abg. Pauluhn (SPD) )

Jahren schon viel umgesetzt, wir haben aber noch viel mehr vor, damit unser Land zukunftsfähig und eigenständig bleibt. Genau wie in einem kleinen Ökosystem breiten sich Veränderungen auch in einem kleinen Bundesland besonders intensiv aus. Wir wollen schmerzhafte Brüche vermeiden. Wir müssen unser Bundesland durch das Vorantreiben im investiven Bereich gerade bei der Bildung und der Infrastruktur ständig fit machen für die Zukunft. Mit unserer besonderen Lage in Europa können wir eine Vorreiterrolle bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit einnehmen. Das ist eine Chance, die nicht viele haben und die wir nicht aus dem Auge lassen dürfen. Wir haben auch wegen der Offenheit unserer Gesellschaft gute Voraussetzungen dafür, wir müssen es nur anpacken. Die Saarländerinnen und Saarländer haben eine wirkliche Perspektive auf Europa. Den Blick auf ein geeintes Europa, diese Chance müssen wir hier nutzen.

Der Koalitionsvertrag ist eine solide Basis, auf der wir die Zukunft unseres Bundeslandes aufbauen. Er ist kein Selbstzweck, sondern Auftrag und Zielbeschreibung. Mit ihm haben wir nun für die nächsten fünf Jahre Zeichen und Ziele gesetzt. Wir wollen diese Ziele weiter mutig angehen und wir wollen das Land weiter gestalten. Das ist der Auftrag der Regierung und der sie tragenden Koalitionsfraktionen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Saarländerinnen und Saarländer leben gerne in diesem Bundesland und unser Gestaltungsspielraum trägt dazu bei, dass das auch in Zukunft so bleibt. In diesem Sinne: Glück auf und herzlichen Dank!

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Und Siri noch einmal Danke für den Hinweis auf die abgelaufene Zeit.

Der Präsident entscheidet unabhängig von Systemen. - Das Wort hat für die Landesregierung Frau Ministerin Anke Rehlinger.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Saarländerinnen und Saarländer! Lassen Sie mich zunächst einmal den Versuch unternehmen, noch einmal einzuordnen, was uns in den nächsten fünf Jahren erwartet. Was ist die Idee neben vielen Einzelprojekten, die Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden haben und die für die jeweils Betroffenen von großer Bedeutung sind? Dazu müssen wir noch einmal den Blick dafür schärfen, was eigentlich in den letzten fünf Jahren unsere Aufgabenstellung war und was sich daraus für die vor uns liegenden fünf Jahren ergibt.

Nach meiner Lesart war die Aufgabenstellung der letzten fünf Jahre - mit Blick auf den erreichten Kom

promiss -, dafür zu sorgen, dass man uns genau diese Chance gibt, die wir brauchen, um in den kommenden fünf Jahren die Rahmenbedingungen für die Menschen in diesem Land so auszugestalten, dass alle, die hier leben wollen, auch sagen können: Hier will ich gerne sein, das ist der Ort, der für mich Heimat ist, hier will ich hin. Das ist die Aufgabe, die wir in den nächsten fünf Jahren haben. Dafür haben wir die letzten fünf Jahre gearbeitet und ich finde, wir sollten diese Aufgabe annehmen. Sie ist noch nicht erledigt, aber wir haben die Chance, sie vernünftig zu erledigen. Das ist der Auftrag, den wir uns alle miteinander geben sollten.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Meine Damen und Herren, wir leben heute in der Zukunft von gestern - auch das als Brücke -, also von dem, was in den letzten fünf Jahren gewesen ist, und von dem, was in den nächsten fünf Jahren sein wird. Wir haben diesem Koalitionsvertrag eine Überschrift gegeben, die da lautet: Für die Zukunft unseres Landes solide wirtschaften, mutig gestalten, mehr investieren. Es ist eben angeklungen, dass uns mutiges Gestalten anscheinend nicht von jedem gleichermaßen zugetraut wird. Ich will an dieser Stelle einmal feststellen: Einfach über etwas zu reden, was heute nicht da ist, was man sich aber vielleicht gewünscht hätte, ist nicht die größte Form von Mut, sondern Mut bedeutet, das anzunehmen, was man hat. Mut bedeutet, mit dem zu arbeiten, was man vorgefunden hat, und mutig ist es, sich der Realität zu stellen. Ich hätte auch genug Zeit gehabt, ein weiteres Zitat dieses offensichtlich wichtigen griechischen Philosophen hinzuzufügen, ich will mich aber auf etwas anderes beschränken, auch wenn es vielleicht nicht ganz so hochtrabend ist. Peer Steinbrück hat einmal gesagt: Hätte, hätte, Fahrradkette. Ich finde, meine Damen und Herren, wir sollten uns nicht um „Hätte, hätte, Fahrradkette“ kümmern, sondern um das, was ist. Das ist unser Auftrag, das ist die Aufgabe, die diese Landesregierung mit den sie tragenden Fraktionen in den nächsten fünf Jahren erledigen wird.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich will auch betonen, dass es unser ausdrücklicher Anspruch als Landesregierung ist, das für alle Saarländerinnen und Saarländer zu tun. Man könnte vielleicht der Versuchung erliegen - bei dieser großen Zustimmung für die Große Koalition, die vor der Wahl in Umfragen ja zum Ausdruck gebracht worden ist -, einfach zu sagen: Es ist ja alles in Ordnung, zumindest für den ganz überwiegenden Teil der Saarländerinnen und Saarländer, und um die anderen kümmern wir uns auch noch irgendwie, aber erst einmal kümmern wir uns um das, was in Ordnung ist, und loben uns kräftig dafür und freuen uns jeden Tag aufs Neue. - Ich glaube, damit würden wir dem Wählerauftrag am wenigsten gerecht.

(Abg. Pauluhn (SPD) )

Denn sicher geht es darum, das zu tun, was notwendig ist, damit es allen, denen es heute gut geht, auch in Zukunft gut gehen wird. Aber vornehme Aufgabe ist es natürlich auch, an die zu denken, denen es heute nicht gut geht oder die Angst haben, dass es ihnen morgen nicht mehr gut gehen könnte, und entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, damit das entweder nicht eintritt oder sich ihre Situation zum Guten hin verbessert.

Es geht also darum, nicht nur da zu sein für diejenigen, die uns schon gut fanden und die uns gewählt haben. Ehrlich gesagt geht es vor allem darum, auch für die da zu sein, die uns nicht gewählt haben. Die sind nämlich offensichtlich mit etwas nicht zufrieden in ihrem Leben. Ich finde, da müssen wir Abhilfe schaffen. Das geht natürlich am besten, indem wir in erster Linie dafür sorgen, dass die gute wirtschaftliche Lage in Deutschland und im Saarland stabil bleibt. Ich will mich nicht auf Nachkommastellen einlassen, aber wir müssen schon feststellen, dass es vielen auch in diesem Land sehr gut geht. Politik kann aber immer nur zum Erfolg führen, wenn sie mit dem notwendigen Maß an sozialer Gerechtigkeit und sozialer Teilhabe einhergeht, und das nicht nur für die meisten, sondern am besten für alle. Und da sollten wir uns nicht nur von den guten Meldungen zufriedenstellen lassen, die uns Mut machen und die uns bestätigen in diesem Weg, sondern sie sollten Ansporn sein für mehr. Wir sollten nicht nur die guten Geschichten in diesem Land erzählen. Ja, die sollen wir auch erzählen, denn sonst erzählen wir von einem Land, das ein Bild abgibt, in dem die meisten gar nicht leben. Aber wir dürfen eben auch die anderen Anteile nicht ausblenden.